Spruch:
Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.
Die beklagte Partei ist schuldig, der erstklagenden Partei die mit 447,98 EUR (darin enthalten 74,66 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der ‑ in den Vorentscheidungen namentlich bezeichnete ‑ gemäß § 17 Abs 1a Poststrukturgesetz (PTSG) der Erstklägerin dienstzugewiesene Bundesbeamte übt zugleich die Funktion eines Personalvertreters im beklagten Zentralausschuss und des Bundesvorsitzenden der Fraktion F***** aus (in der Folge kurz Personalvertreter genannt).
Am 7. 10. 2010 erhob die Erstklägerin bei der Di***** eine Disziplinaranzeige gegen den Personalvertreter, in der sie ‑ neben anderen im Revisionsverfahren nicht mehr relevanten Beschuldigungen ‑ den Vorwurf geltend machte, er habe entgegen der als Weisung zu qualifizierenden Car‑Policy, Punkt 2.7 bis Punkt 4.1, ein Dienstfahrzeug, welches von ihm genutzt werde, ohne ihre Zustimmung mit Aufklebern bzw Werbeplakaten seiner wahlwerbenden Fraktion F***** versehen; dies ungeachtet der Tatsache, dass er in der Vergangenheit mehrmals zur Einhaltung einer rechtskonformen Verhaltensweise ausdrücklich angehalten habe werden müssen und worden sei, wie zB mit E‑Mail vom 5. 7. 2010. Mit Schreiben vom selben Tag (7. 10. 2010) übermittelte die Erstklägerin die Disziplinaranzeige dem Beklagten und ersuchte um Zustimmung zur disziplinären Verfolgung des Personalvertreters bis spätestens 15. 10. 2010. Der Beklagte entsprach diesem Ersuchen nicht.
Den Mitgliedern des Beklagten stehen bei der Erstklägerin mehrere Fahrzeuge zur Verfügung. Auf einem davon von den Angehörigen der Fraktion F***** benützten PKW war auf der Heckscheibe ein Aufkleber angebracht. Die Aufschrift bestand auf der linken Seite der Heckscheibe aus den in großer Schrift applizierten Großbuchstaben „F*****“, unterhalb in kleinerer Schrift „F***** Liste ***** ‑ Mehr Mensch ‑ weniger Partei“ und darunter in einer mittleren Schriftgröße etwas schräg gehalten der Schriftzug „Dein ***** Team on Tour“. Die rechte Seite des Aufklebers bestand aus einem überdimensionalen „Stimmzettel für die PV‑Wahl und GPF‑Wahl vom 21. bis 23. September“, wobei bei der Liste *****, der F***** bereits ein Kreuz gesetzt war (Abbildung im Ersturteil auf Seite 6/31 und 6/32).
Mit E‑Mail vom 5. 7. 2010 forderte die Erstklägerin den Personalvertreter auf, die am Fahrzeug angebrachten Werbefolien unverzüglich zu entfernen, weil sie ihre ‑ gemäß Punkte 2.7 bzw 4.1 der Car‑Policy ‑ notwendige Zustimmung nicht erteilt habe.
Die Kläger begehrten mit der vorliegenden Klage ‑ soweit im Revisionsverfahren relevant ‑ die Feststellung, dass die dem Personalvertreter in der Disziplinaranzeige vom 7. 10. 2010 vorgeworfenen Handlungen, nämlich ua das Anbringen von Aufklebern und Werbeplakaten seiner wahlwerbenden Fraktion F***** auf dem von ihr zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeug, nicht in Ausübung seines Mandats als Mitglied der Beklagten erfolgt seien. Das ‑ im Übrigen weisungswidrige, weil gegen die Punkte 2.7 bis 4.1 der Car‑Policy verstoßende ‑ Anbringen von Aufklebern und Werbeplakaten der Fraktion F***** auf einem von ihr der Personalvertretung zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeug sei eine wahlwerbende Maßnahme, die als rein gewerkschaftlich‑fraktionelle Einzelaktion außerhalb jeglichen Zusammenhangs mit der Mandatsausübung iSd Post‑Betriebsverfassungsgesetzes (PBVG) stehe. Der Beklagte habe die gemäß § 70 Abs 1 PBVG notwendige Zustimmung zur dienstrechtlichen Verfolgung des Personalvertreters daher zu Unrecht verweigert.
Der Beklagte bestritt dies und wendete dazu ein, dass erst dann über die Frage, ob der betroffene Personalvertreter die ihm vorgeworfenen Handlungen tatsächlich in Ausübung des Mandats vorgenommen habe, entschieden werden könne, wenn festgestellt worden sei, welche Handlungen er konkret gesetzt habe. Der Personalvertreter stünde aber mit der Aufbringung von Werbefolien nicht im Zusammenhang und es handle sich auch nicht um sein Dienstfahrzeug, sondern er habe dieses Fahrzeug, auf dem von einer unbekannten Person ein Aufkleber angebracht worden sei, lediglich benutzt. Außerdem habe der Aufkleber nach erstmaliger Aufforderung durch die Erstklägerin vollkommen spurenfrei wieder entfernt werden können.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren der Zweit‑ und Drittklägerin zurück. Mit Wirkung zwischen der Erstklägerin und des Beklagten stellte es hingegen fest, dass die dem Personalvertreter in der Disziplinaranzeige vom 7. 10. 2010 vorgeworfene Handlung, nämlich das Anbringen von Aufklebern und Werbeplakaten seiner wahlwerbenden Fraktion F***** auf dem von der Erstklägerin zur Verfügung gestellten Dienstfahrzeug nicht in Ausübung seines Mandats als Mitglied des Beklagten erfolgt sei. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren der Erstklägerin bezüglich weiterer dem Personalvertreter vorgeworfener Handlungen wies es ab. Die dem Personalvertreter vorgeworfene Beklebung eines Dienstfahrzeugs mit den festgestellten Wahl‑Stickern könne nicht als Mandatsausübung gesehen werden, weil es sich um reine Wahlwerbemaßnahmen gehandelt habe.
Das Berufungsgericht gab sowohl der gegen den klageabweisenden Teil der Entscheidung gerichteten Berufung der Erstklägerin als auch der gegen den klagestattgebenden Teil der Entscheidung gerichteten Berufung des Beklagten nicht Folge. Die Zurückweisung der Klage blieb von der Zweit‑ und der Drittklägerin unbekämpft. Das Klagebegehren sei nicht schon deshalb unschlüssig, weil in der Disziplinaranzeige behauptet werde, der Personalvertreter habe nicht nur die Klebefolie angebracht, sondern sie auch trotz mehrfacher Aufforderung nicht entfernt, im Feststellungsbegehren in der Klage aber nur den Vorwurf des Anbringens der Klebefolie erhoben werde. Es mache eine Klage nicht unschlüssig, wenn nur Teile eines möglichen Anspruchs oder nur einzelne von mehreren möglichen Ansprüchen geltend gemacht werden. Die Frage, ob der Disziplinarbeschuldigte das ihm vorgeworfene Verhalten tatsächlich gesetzt habe und ob es gegebenenfalls ein Disziplinarvergehen darstelle, sei im Rahmen einer Entscheidung nach § 70 Abs 3 PBVG nicht zu klären. Damit ein Verhalten der Mandatsausübung zugerechnet werden könne, müsse der Personalvertreter intentional im Interesse der Belegschaft gehandelt haben. Da die Mandatsschutzklausel die Funktion habe, PersonalvertreterInnen bei Handlungen außerhalb des betriebsverfassungsrechtlich Zulässigen zu entlasten und das mit ihrer Tätigkeit insoweit verbundene besondere Risiko zu verringern, greife sie gerade dann, wenn die betriebsverfassungsrechtlich eingeräumten Kompetenzen überschritten würden. Eine Mandatsausübung sei daher schon dann zu bejahen, wenn der Personalvertreter bei objektiver Betrachtung der Meinung habe sein dürfen, in Ausübung des Mandats tätig zu sein. Die am Fahrzeug der Erstklägerin angebrachte Klebefolie sei ihrer Form und Aufmachung nach als reine Werbung für die Fraktion F***** anzusehen. Die überdimensionierte Abbildung eines Stimmzettels, bei dem bereits ein Kreuz bei einer bestimmten Fraktion gesetzt sei, sei ein typisches Wahlwerbesubjet für die betreffende Fraktion, hinter dem ein allfälliger Informationsgehalt völlig zurücktrete. Die Aufmerksamkeit auf den Stimmzettel werde durch den überdimensionierten Schriftzug „F*****“ völlig in den Hintergrund gedrängt. Die rein fraktionelle Tätigkeit ohne weitere Informationsinteressen im Rahmen der Personalvertretung falle jedoch keinesfalls unter den Begriff der Mandatsausübung.
Die ordentliche Revision gemäß § 502 Abs 1 ZPO ließ das Berufungsgericht mit der Begründung zu, dass insbesondere zur Frage der Benutzung elektronischer Medien im Rahmen der Personalvertretungstätigkeit keine höchstgerichtliche Judikatur existiere und die Bedeutung dieser Rechtssache im Hinblick auf den zunehmenden Einsatz dieser Medien im Arbeitsleben über den konkreten Einzelfall hinausgehe.
Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem auf gänzliche Klageabweisung gerichteten Abänderungsantrag. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Erstklägerin beantragte, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die vom Berufungsgericht als erheblich bezeichnete Rechtsfrage stellt sich nicht mehr, weil die Erstklägerin die abweisliche Berufungsentscheidung nicht bekämpft. Der Oberste Gerichtshof ist bei Prüfung der Zulässigkeit der Revision an den Ausspruch des Berufungsgerichts nach § 500 Abs 2 Z 3 ZPO nicht gebunden (§ 508a Abs 1 ZPO). Aber auch mit ihren Überlegungen, ob der dem Personalvertreter in § 70 PBVG eingeräumte Schutz im Sinne der Mandatsschutzklausel des § 120 ArbVG zu interpretieren sei, zeigt die Revisionswerberin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf. Die vorliegende Rechtsfrage kann mit Hilfe der insbesondere in 8 ObA 76/07w erarbeiteten Leitlinien gelöst werden (vgl 4 Ob 110/12y; Zechner in Fasching/Konecny² § 502 ZPO Rz 70 mwN). Die Zurückweisung der ordentlichen Revision kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 Satz 4 ZPO).
Auch unter Anlegung der zu § 28 Abs 2 Bundes‑Personalvertretungsgesetz (PVG) ‑ der Wortlaut dieser Bestimmung entspricht praktisch jenem des § 70 Abs 3 PBVG ‑ ergangenen Grundsätze ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Personalvertreter habe durch das Anbringen der Werbefolie seiner wahlwerbenden Fraktion F***** auf dem von der Erstklägerin zur Verfügung gestellten Fahrzeug nicht in Ausübung seines Mandats als Mitglied des Beklagten gehandelt, jedenfalls vertretbar. Nach ständiger Spruchpraxis der Personalvertretungsaufsichtskommission (PVAK), an der sich der Oberste Gerichtshof bereits in 8 ObA 76/07w orientiert hat, gehört zur Ausübung der Personalvertreterfunktion all das, was nach dem Wortlaut des Bundes‑Personalvertretungsgesetzes Personalvertretungs-tätigkeit ist. So die Teilnahme an Sitzungen des Personalvertretungsorgans, dem der Personalvertreter angehört, die Teilnahme an Verhandlungen mit dem Dienstgeber und an Dienststellenversammlungen, ebenso die Teilnahme an unverbindlichen Besprechungen, die vom Dienstgeber für notwendig gehalten wurden, sowie alle Geschäftsführungshandlungen für das Personalvertretungsorgan. Entscheidend ist, ob die Tätigkeit im weitesten Sinn der Personalvertretertätigkeit im Sinn der Vertretung der Interessen der Bediensteten gegenüber dem Dienstgeber oder der Vertretung dienlichen Vorbereitungs- und Hilfstätigkeit zu werten ist (A19‑PVAK/04). Funktionsausübung ist überdies jede Tätigkeit eines Personalvertreters, die dem Personalvertretungsorgan dem er angehört, als Geschäftsführungshandlung zuzurechnen ist, weil ihn das Gesetz für das Organ zu Handlungen berufen hat. Die Ausübung der Funktion als Personalvertreter geht allerdings weit über die Vorbereitung von und die Teilnahme an formellen oder durch Mitteilung an den Dienstvorgesetzten formell abgegrenzten Veranstaltungen hinaus. Die Personalvertreter haben schon zur Erlangung der zur Beschlussfassung erforderlichen persönlichen Informationen insbesondere auch Kontakte zu anderen Personalvertretern und Dienstgebervertretern, vor allem aber auch zu den zu vertretenden Bediensteten herzustellen. Sie haben auch die vom Organ gefassten Beschlüsse zu vollziehen. Ferner sind sie verpflichtet, Anfragen, Wünsche, Beschwerden, Anzeigen und Anregungen der zu vertretenden Bediensteten entgegenzunehmen und zu beantworten bzw dem Ausschuss, dem sie angehören, weiterzugeben. Es ist aber auch selbstverständlich, dass die demokratisch gewählten Personalvertreter, die sich gegebenenfalls einer Wiederwahl stellen, jedenfalls aber ihre Aufgaben pflichtgemäß erfüllen und die Wahlberechtigten davon überzeugen wollen, berechtigt sind, auch von sich aus die Kontakte zu den Bediensteten herzustellen und ihnen ihre Standpunkte und Auffassungen darzulegen. Schließlich können die Wählergruppen sehr unterschiedliche Auffassungen vertreten und Wert darauf legen, dass die Bediensteten ihre Standpunkte und die Gründe hiefür erfahren (A11‑PVAK/08; A11‑PVAK/06; Schragel, PVG, § 28 Rz 5). Auch die Vorbereitung und Durchführung der Wahl der Personalvertreterinnen und Personalvertreter sind Aufgaben der dazu befugten Personalvertretungsorgane (vgl §§ 28 ff PBVG, §§ 20 ff PVG; vgl auch §§ 54 ff ArbVG). Es liegt im Wesen der in § 28 PVG den Personalvertretern eingeräumten Immunität, dass auch gewisse Pflichtverletzungen sanktionslos zu bleiben haben, wenn sie in Ausübung der Funktion als Personalvertreter erfolgen. Sie müssen aber mit dieser in untrennbarem Zusammenhang stehen. Handlungen, die sich trennen lassen, sind zu trennen und gesondert rechtlich zu beurteilen (A41‑PVAK/11; A19‑PVAK/10; A14‑PVAK/07; A21‑PVAK/01 uva).
Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, bei der gegenständlichen Klebefolie handle es sich schon nach Form und Aufmachung um ein Wahlwerbeplakat der Fraktion F*****, zumal die darin enthaltene Informationen über das Datum der Wahl und die Namen der wahlwerbenden Parteien deutlich in den Hintergrund treten, ist jedenfalls vertretbar. Für einen objektiven Betrachter kann insbesondere wegen des bei der als wahlwerbenden Partei auftretenden Fraktion F***** bereits gesetzten Kreuzes am abgebildeten Stimmzettel kein Zweifel daran bestehen, dass es sich dabei um eine Werbemaßnahme der Fraktion F***** handelt und nicht um eine bloße Ankündigung der Personalvertretungswahl und der Gewerkschaftswahl. Damit soll erkennbar der (unvoreingenommene) wahlberechtigte Arbeitnehmer zur Wahl der Fraktion F***** animiert werden. Bei dieser letztlich rein fraktionellen Tätigkeit handelt es sich, ebenso wie bei einer gewerkschaftlichen Maßnahme (vgl A14‑PVAK/07), um eine Tätigkeit, die unabhängig von der Ausübung der Personalvertretertätigkeit erfolgt (vgl Schragel aaO), mit der Ausübung der Funktion als Personalvertreter also nicht in untrennbarem Zusammenhang steht. Es ist zwar richtig, dass ‑ so die Revision ‑ die Wahlwerbung einer demokratischen Wahl immanent ist, doch ist diese nicht vom Mandat des § 28 Abs 2 PVG bzw § 70 Abs 3 PBVG umfasst.
Eine Tätigkeit, die inhaltlich keine Funktionsausübung ist, wird aber auch nicht dadurch zur Funktionsausübung, dass der betroffene Personalvertreter Kenntnisse und Möglichkeiten ‑ wie hier die Verwendung des von der Erstklägerin zur Verfügung gestellten Fahrzeugs ‑ ausnutzt, die er nur wegen seiner Personalvertretungsfunktion hat (A14‑PVAK/07).
Die vom Berufungsgericht zutreffend gelöste Frage der Schlüssigkeit des Klagebegehrens wird zuvor in der Revision aufgeworfen, richtigerweise aber nicht als erhebliche Rechtsfrage releviert (RIS‑Justiz RS0116144).
Da die Revisionswerberin keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist ihre Revision zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 Abs 1 ZPO. Da im Revisionsverfahren nur mehr eines von ursprünglich vier ‑ von den Klägern nicht gesondert bewerteten ‑ Begehren gegenständlich ist, ist es mangels näherer Anhaltspunkte mit einem Viertel des gesamten Streitwerts zu bewerten (vgl 2 Ob 189/09x; 6 Ob 266/06w mwN; Obermaier Kostenhandbuch2 Rz 115). Für die Revisionsbeantwortung gebührt kein Streitgenossenzuschlag (§ 15 RATG), weil die Revision der Beklagten nur die Erstklägerin betraf (vgl 9 ObA 49/04b; Obermaier, Kostenhandbuch² Rz 640).
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