OGH 3Ob10/13m

OGH3Ob10/13m20.2.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und durch die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Zöchbauer und Dr. Andreas Frauenberger, Rechtsanwälte in Wien, gegen die verpflichtete Partei M***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Ruggenthaler, Rest & Borsky Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Unterlassung, über die außerordentlichen Revisionsrekurse beider Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 19. November 2012, GZ 46 R 306/12h-76, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 15. Dezember 2011, GZ 24 E 5347/11t-52, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wird zurückgewiesen.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Mit dem am 19. Jänner 2009 beim Handelsgericht Wien abgeschlossenen Vergleich verpflichtete sich (unter anderem) die Verpflichtete, es ab sofort bei sonstiger Exekution im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen, beim Vertrieb und/oder der Verbreitung von periodischen Druckwerken die Teilnahme an Gewinnspielen, bei denen nicht unbedeutende Preise gewonnen werden können, anzukündigen und/oder zu gewähren, sofern der Kauf des Druckwerks für die Teilnahme an diesem Gewinnspiel förderlich ist und/oder erscheint. Das Erstgericht bewilligte der Betreibenden über deren Antrag die Exekution nach § 355 EO infolge behaupteter Titelverstöße aufgrund vier verschiedener Strafanträge (Nr 20 bis 23) und verhängte jeweils Geldstrafen von 100.000 EUR, insgesamt daher 400.000 EUR.

Das Rekursgericht bestätigte über Rekurs der Verpflichteten die Strafbeschlüsse in Ansehung dreier Strafanträge (Nr 20 bis 22) und wies den Strafantrag in Ansehung des weiteren Strafantrags (Nr 23) ab. Hier sah es nach den von der betreibenden Partei beanstandeten Zugabenankündigungen in beiden Fällen keinen Titelverstoß, weil nach dem Inhalt der Werbeankündigungen für die Teilnahme an den als Zugabe angekündigten Gewinnspielen weder der Kauf der Zeitung notwendig gewesen sei oder auch nur förderlich erschienen wäre. Einerseits sei die Teilnahme am Gewinnspiel ausschließlich vom Bezug eines zweiwöchigen kostenlosen Testabos abhängig gemacht worden, andererseits sei die Teilnahme an dem Gewinnspiel nicht nur unter Verwendung des mitabgedruckten Coupons sondern auch durch Absendung einer Postkarte mit der richtigen Antwort oder über Beantwortung der Frage auf der Website der Verpflichteten ermöglicht worden.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Verpflichteten, mit dem sie nach Zurückziehung der Strafanträge Nr 21 und 22 (ON 74 und 75) die Abweisung des einzigen aufrecht gebliebenen Strafantrags (Nr 20) anstrebt, ist jedenfalls unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Betreibenden, mit dem sie die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Strafbeschlusses in Ansehung des Strafantrage Nr 23 anstrebt, ist mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO unzulässig.

Zum Revisionsrekurs der Verpflichteten:

Gemäß dem auch im Exekutionsverfahren anzuwendenden (RIS-Justiz RS0002511) § 528 Abs 2 Z 2 ZPO ist die Anfechtung bestätigender Beschlüsse des Rekursgerichts - abgesehen von hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen - nicht zulässig. Eine teilweise bestätigende Entscheidung ist dann zur Gänze anfechtbar, wenn der bestätigende und der abändernde Teil in einem derart engen Zusammenhang stehen, dass sie voneinander nicht gesondert werden können und deshalb die Zulässigkeit ihrer Anfechtung nur einheitlich beurteilt werden kann. Mehrere Strafanträge nach § 355 EO, also unterschiedliche Verstöße gegen den selben Exekutionstitel sind gesondert zu beurteilen (3 Ob 90/95 uva; RIS-Justiz RS0044257 [T52]). Das Rechtsmittel gegen bestätigende Entscheidungen über einzelne Strafanträge ist daher jedenfalls unzulässig (3 Ob 195/04d; 3 Ob 163/09f). Der vom Rekursgericht bestätigte Strafbeschluss des Erstgerichts über den 20. Strafantrag vom 24. November 2011 ist daher nicht anfechtbar und der Revisionsrekurs der Verpflichteten zurückzuweisen.

Zum Revisionsrekurs der Betreibenden:

Entgegen der von der Betreibenden vertretenen Auffassung widerspricht die Verneinung der Titelverstöße durch das Rekursgericht im vorliegenden Fall nicht der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs.

Bei der Bewilligung der Unterlassungsexekution gemäß § 355 EO gilt der Grundsatz, dass es für die Frage, ob die Exekution zu bewilligen ist oder ob Strafen zu verhängen sind, nicht darauf ankommt, was der Verpflichtete nach dem Gesetz, sondern darauf was er nach dem Exekutionstitel zu unterlassen hat (RIS-Justiz RS0000279). Nach dem den Exekutionstitel bildenden Vergleich verpflichtete sich die Verpflichtete zur Unterlassung von Gewinnspielankündigungen, sofern der Kauf des Druckwerks für die Teilnahme an diesem Gewinnspiel förderlich ist und/oder erscheint. Ob ein kaufunabhängiges Gewinnspiel vorliegt, richtet sich nach dem Verständnis der angesprochenen Kreise (vgl 4 Ob 57/08y = SZ 2008/96 = RIS-Justiz RS0079282 [T6]). Es bildet daher keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Rekursgericht bei Ankündigung eines zweiwöchigen Testabos - ohne dass ausdrücklich darauf hingewiesen wurde - davon ausgeht, dass die angesprochenen Verkehrskreise dies aufgrund notorischer Branchenübung im Sinn eines kostenlosen Testabos verstehen. Es widerspricht der Lebenserfahrung, im Sinn der Argumentation der Betreibenden davon auszugehen, dass die angesprochenen Leser hier vom entgeltlichen Erwerb der Zeitung ausgehen.

Ob die Ankündigung einer alternativen Teilnahmemöglichkeit nach den im Einzelfall gegebenen Umständen den gleichen Auffälligkeitswert hat wie die Teilnahmemöglichkeit über den Warenbezug hat regelmäßig keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung und wirft daher keine erhebliche Rechtsfrage nach § 528 Abs 1 ZPO auf (vgl 4 Ob 136/00d).

Eine Postkarte wurde bereits als gleichwertige Alternative zu einer der Ware beiliegenden Antwortkarte angesehen (4 Ob 17/08s mwN). Auch in diesem Zusammenhang ist daher kein Widerspruch zur Rechtsprechung zu erkennen.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Betreibenden ist daher mangels Aufzeigens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Stichworte