OGH 12Os124/12w

OGH12Os124/12w31.1.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 31. Jänner 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Pausa als Schriftführerin in der Strafsache gegen Marko C***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Marko C***** sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft in Ansehung dieses Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau als Jugendschöffengericht vom 9. Mai 2012, GZ 29 Hv 25/12v-45, sowie die Beschwerde des Angeklagten C***** gegen den unter einem gefassten Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten C***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Marko C***** der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB als Beteiligter nach § 12 zweiter Fall StGB (B./1./ und 2./) und des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 129 Z 1, 130 (richtig:) vierter Fall, 15 StGB (C./I./ und II./) schuldig erkannt.

Danach hat er am 28. Februar 2012 in W*****

B./ gemeinsam mit Kadir P***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Toni D***** dazu bestimmt, mit Gewalt gegen eine Person oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe anderen fremde bewegliche Sachen wegzunehmen, und zwar dadurch

1./ dass sie Nikolinka M***** als Opfer auswählten und ihn anwiesen, der Genannten eine schwarze Handtasche und eine Geldbörse sowie persönliche Gegenstände wegzunehmen, wobei er ein Bundesheermesser gegen ihren Hals richtete und forderte „Gibst du mir deine Tasche!“,

2./ dass sie ein unbekannt gebliebenes Opfer auswählten und ihn anwiesen, ein Mobiltelefon wegzunehmen, wobei er diesen an der Jacke packte, gegen ein parkendes Auto drückte, ein Küchenmesser gegen dessen Körper richtete und forderte „Gib mir dein Geld!“,

und in beiden Fällen „Aufpasserdienste auf der gegenüberliegenden Straßenseite“ geleistet;

C./ im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit Kadir P***** und Toni D***** als Mittäter mit dem Vorsatz, sich durch die Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, Nachgenannten fremde bewegliche Sachen durch Einbruch

I./ weggenommen, und zwar

1./ Adolf W***** einen Ring in nicht mehr feststellbarem Wert durch Einschlagen der Fensterscheibe zum Haus M*****gasse *****;

2./ Leopold G***** eine Nachtsichtkamera und ein Messer im Wert von etwa 100 Euro durch Aufbrechen des Fensters zum Haus M*****gasse *****;

II./ wegzunehmen versucht, und zwar einem unbekannt gebliebenen Geschädigten durch Aufbrechen des Fensters zu dessen Haus M*****gasse *****, wobei sie in der Absicht handelten, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen richtet sich die auf Z 3, 5 und 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Marko C*****, der keine Berechtigung zukommt.

Die im Hauptverhandlungsprotokoll enthaltene Formulierung „StA sowie sämtliche Verteidiger sind mit der Verlesung ihrer Aussage vor der Polizei einverstanden“ lässt dem aus Z 3 erhobenen Einwand zuwider bei verständiger Lesart keine andere Deutung zu, als dass sich die Zustimmung auf die Verantwortung der Angeklagten im Ermittlungsverfahren bezogen hat. Im Übrigen wurde mit Blick auf die Vernehmung aller Angeklagter in der Hauptverhandlung kein durch § 252 Abs 1 StPO verpöntes Unmittelbarkeitssurrogat geschaffen (RIS-Justiz RS0110150; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 230).

Die Tatrichter haben die auch dem Angeklagten Marko C***** zu Schuldspruchpunkt C./ zur Last gelegte gewerbsmäßige Tendenz aus den tristen Einkommens- und Vermögensverhältnissen gemeinsam mit der Häufigkeit und Dauer der Handlungen erschlossen (US 16) und überdies darauf hingewiesen, dass sie sich „deutlich“ aus dem Vorliegen einer Mehrzahl von Vermögensdelikten ergebe (US 12 f). Entgegen dem Vorwurf offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) ist diese Argumentation unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden. Dass es sich bei der Verwendung des Wortes „deutlich“ um keine bloße „Scheinfloskel“ handelt, zeigt schon dessen Bezugnahme auf ein konkretes Sachverhaltssubstrat.

Mit der Berufung auf den „Zweifelsgrundsatz“ (in dubio pro reo) wird keine Nichtigkeit aus Z 5 aufgezeigt (RIS-Justiz RS0102162).

Soweit der Nichtigkeitswerber aus seiner von ihm behaupteten Alkoholisierung im Wege eigenständiger Beweiswerterwägungen die gewerbsmäßige Begehung zu widerlegen trachtet, bekämpft er nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) wendet sich einerseits, gestützt auf spekulative Überlegungen zum Grad seiner Alkoholisierung, gegen die Annahme von Bestimmungstäterschaft zu den Raubtaten und unmittelbarer Täterschaft bei den Einbruchsdiebstählen, gesteht jedoch in beiden Fällen einen von ihm geleisteten sonstigen Tatbeitrag, der zu Schuldspruchpunkt B./ von den Tatrichtern ohnedies als erwiesen angenommen wurde (vgl US 3, 12), zu. Angesichts der Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen (vgl RIS-Justiz RS0089433; Fabrizy in WK2 § 12 Rz 119 ff) berührt sie damit keine für die Lösung der Schuldfrage entscheidende Tatsache (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 474; RIS-Justiz RS0117604).

Der formelle Nichtigkeitsgrund des § 281 Abs 1 Z 5a StPO greift seinem Wesen nach erst dann, wenn aktenkundige Beweisergebnisse vorliegen, die nach allgemein menschlicher Erfahrung gravierende Bedenken gegen die Richtigkeit der bekämpften Urteilsannahmen aufkommen lassen. Eine über die Prüfung erheblicher Bedenken hinausgehende Auseinandersetzung mit der Überzeugungskraft von Beweisergebnissen - wie sie die Berufung wegen Schuld des Einzelrichterverfahrens einräumt - wird dadurch nicht eröffnet (vgl RIS-Justiz RS0119583). Die Tatsachenrüge verweist in Ansehung der Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung auf die bereits in der Mängelrüge dargestellten Einwände, ohne damit derartige sich aus den Akten ergebende Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden Tatsachen zu erwecken.

Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (Z 9 lit a bis c) oder eine andere rechtliche Unterstellung (Z 10) bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (RIS-Justiz RS0118580; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600).

Allein der Hinweis auf seine Verantwortung, er sei jedenfalls stark betrunken gewesen, und der Einwand, es „wären jedenfalls Feststellungen über den Grad der vorliegenden Alkoholisierung aufgrund eines eventuell vorliegenden Schuldausschließungsgrundes unumgänglich gewesen“, wird diesem Erfordernis ebenso wenig gerecht wie das Begehren, hiezu weitere Erhebungen zu pflegen, und die Behauptung einer seiner Ansicht nach unrichtigen tatrichterlichen Beweiswürdigung.

Mit der Forderung, derartige Konstatierungen wären auch im Hinblick auf § 35 StGB indiziert gewesen, spricht die Rüge ein Berufungsvorbringen an.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung gemäß § 285d Abs 1 StPO sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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