OGH 10Ob54/12g

OGH10Ob54/12g29.1.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj S***** L*****, geboren am *****, vertreten durch das Land Oberösterreich als Jugendwohlfahrtsträger (Bezirkshauptmannschaft Linz‑Land, 4020 Linz, Kärntnerstraße 16), wegen Unterhaltsvorschuss, über den Revisionsrekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Linz, gegen den Beschluss des Landesgerichts Linz als Rekursgericht vom 14. August 2012, GZ 15 R 275/12k‑163, womit infolge Rekurses des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Linz, der Beschluss des Bezirksgerichts Traun vom 8. Mai 2012, GZ 1 Pu 213/09h‑155, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Die am ***** geborene mj S***** ist die Tochter der M***** W***** und des H***** L*****. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Traun vom 27. 5. 2009, GZ 1 Ps 213/09h‑65, wurde dem Vater H***** L***** die Obsorge über die mj S***** entzogen und auf dessen (nach der Aktenlage von ihm nunmehr getrennt lebende) Ehegattin M***** L***** übertragen.

Der mj S***** wurden mit Beschluss des Bezirksgerichts Traun vom 22. 1. 2010 monatliche Unterhaltsvorschüsse vom 1. 6. 2009 bis 31. 5. 2012 in Höhe von 130,90 EUR gemäß den §§ 3, 4 Z 1 UVG gewährt. Mit Beschluss vom 14. 4. 2011 wurden die Unterhaltsvorschüsse gemäß § 19 Abs 1 UVG ab Gewährung (ab dem 1. 6. 2009) auf 130 EUR herabgesetzt.

Am 3. 5. 2012 beantragte das Land Oberösterreich als Jugendwohlfahrtsträger (die Bezirkshauptmannschaft Linz‑Land) die Weitergewährung der Unterhaltsvorschüsse. Gleichzeitig wurde mit dem Antrag ein Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz‑Land als Organ der Landesverwaltung in erster Instanz vom 22. 12. 2011 übermittelt, mit dem M***** L***** zur Erleichterung der mit der Pflege und Erziehung verbundenen Aufwendungen ab 1. 1. 2012 bis zur Beendigung der fremden Pflege, längstens jedoch bis zur Erreichung der Volljährigkeit des Pflegekindes ein Betreuungsbeitrag von monatlich 469,90 EUR zuzüglich Sonderzahlung und eine jährliche Bekleidungshilfe in Höhe von 665,60 EUR zuerkannt wurde.

Das Erstgericht gewährte der mj S***** vom 1. 6. 2012 bis 31. 7. 2014 die Unterhaltsvorschüsse weiter. Rechtlich ging es davon aus, es lägen keine Anhaltspunkte vor, dass die Voraussetzungen der Vorschussgewährung nicht mehr gegeben seien.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Bundes, vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Linz nicht Folge. Grundlegende Voraussetzung für die Möglichkeit der Versagung von Unterhaltsvorschüssen nach § 2 Abs 2 Z 2 UVG sei, dass die Unterbringung „auf Grund einer Maßnahme“ der Jugendwohlfahrtspflege (oder Sozialhilfe), somit einer entsprechenden Anordnung mit Kostenfolge erfolge. Eine „Maßnahme der vollen Erziehung“ nach dem öffentlichen Jugendwohlfahrtsrecht sei aber dann nicht gegeben, wenn ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ die Obsorge den Eltern entzogen und ohne Antrag der Behörde auf eine andere Person (etwa einen Verwandten) übertragen werde. Auch wenn gemäß dem seit 1. 10. 2011 in Kraft getretenen § 18 Abs 2 des Oö. JWG zur Erleichterung der mit der Pflege und Erziehung verbundenen Aufwendungen ein Betreuungsbetrag in Höhe von 75 % der Leistungen gemäß § 27 Oö. JWG gebühre und hinsichtlich der Kostentragung, des Kostenersatzes und des Übergangs von Rechtsansprüchen die Regelungen gemäß den §§ 45 bis 48 JWG ‑ die eine aufgeschobene Legalzession beinhalten ‑ sinngemäß gelten, stelle dies keinen Fall für eine Einstellung der Unterhaltsvorschüsse nach § 2 Abs 2 Z 2 UVG dar. Der Gesetzgeber habe § 18 JWG nicht zum Anlass genommen, einen neuen Ausnahmetatbestand in § 2 Abs 2 Z 2 UVG zu schaffen. Auch vor Einführung des § 18 Abs 2 Oö. JWG habe es Fälle der Legalzession ohne Einstellung von Unterhaltsvorschüssen gegeben. Auch eine analoge Anwendung der Ausschlussbestimmung des § 2 Abs 2 Z 2 UVG scheide aus, da im vorliegenden Fall die mj S***** nicht aufgrund einer Maßnahme (im weitesten Sinn) aus öffentlichen Mitteln voll versorgt werde.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Revisionsrekurs zulässig sei, weil keine oberstgerichtliche Rechtsprechung zu § 2 Abs 2 Z 2 UVG iVm den §§ 18, 48 Oö. JWG idF LGBl 74/2011 bestehe.

Der Revisionsrekurs des Bundes (vertreten durch den Präsidenten des Oberlandesgerichts Linz) ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Der Revisionsrekurswerber macht geltend, bei dem von der Minderjährigen bezogenen Betreuungsbeitrag in Höhe von 469,90 EUR handle es sich um einen Betrag, der anstelle des Unterhalts ausbezahlt werde. Im Gegensatz zur bisherigen Rechtslage werde nunmehr der volle Richtsatz angewiesen, „im Gegenzug“ gingen Unterhaltsansprüche des Kindes kraft Gesetzes auf den Kostenträger über. Die analoge Anwendung des § 2 Abs 2 Z 2 UVG sei auch im vorliegenden Fall geboten. Es liege eine volle Versorgung aus öffentlichen Mitteln vor, weil „der gesamte Geldunterhalt“ im Betreuungsbeitrag enthalten sei. Der Unterhaltsbedarf des Kindes sei in vollem Ausmaß gedeckt, sodass kein Grund bestehe, zusätzlich mit Unterhaltsvorschüssen in Vorlage zu treten. Es sei nicht Aufgabe des UVG, den Anspruch des Jugendwohlfahrtsträgers auf Rückersatz des Betreuungsbeitrags zu decken.

Rechtliche Beurteilung

Dazu ist auszuführen:

1. Gemäß § 2 Abs 2 Z 2 UVG besteht kein Anspruch auf Unterhaltsvorschüsse, wenn das Kind aufgrund einer Maßnahme der Sozialhilfe oder der vollen Erziehung nach dem öffentlichen Jugendwohlfahrtsrecht in einer Pflegefamilie, in einem Heim oder in einer sonstigen Einrichtung untergebracht ist.

1.1. Diese Einschränkung soll ‑ so die Materialien im Justizausschussbericht (II‑199 BlgNR 14. GP, 5) ‑ sicherstellen, dass die Kosten der Unterbringung eines Kindes in einem Heim oder bei Pflegeeltern nicht vom Träger der Jugendwohlfahrtspflege oder Sozialhilfe, den diese Kosten nach der geltenden Rechtslage treffen, auf den Bund überwälzt werden (RIS‑Justiz RS0111606). Dies findet seine Begründung darin, dass der Unterhalt des Kindes durch öffentlich‑rechtliche Leistungen der Sozialhilfe oder Jugendwohlfahrtspflege, die vom Unterhaltspflichtigen zu ersetzen sind, abgedeckt ist (RV 172 BlgNR 17. GP, 24), also das Kind aus öffentlichen Mitteln „voll versorgt wird“. Die Bestimmung soll demnach nur hindern, dass ein Kostenaufwand, den die Länder zu tragen haben, „faktisch auf den Bund überwälzt werde“, sodass nur zu prüfen ist, ob die Länder ungeachtet etwaiger Ersatzrechte gegen das Kind oder Dritte zunächst verpflichtet sind, die Kosten zu bezahlen (6 Ob 27/00i mwN; 7 Ob 224/99p mwN).

1.2. Voraussetzung für die Möglichkeit der Versagung von Unterhaltsvorschüssen ist somit, dass eine Fremdunterbringung vorliegt und diese Unterbringung aufgrund einer Maßnahme der Jugendwohlfahrtpflege oder der Sozialhilfe erfolgt. Erforderlich ist also eine entsprechende (hoheitliche) Anordnung mit Kostenfolge für den Jugendwohlfahrts‑ oder Sozialhilfeträger (3 Ob 549/90; 7 Ob 224/99p; RIS‑Justiz RS0112860 [T1]). Allein der Umstand, dass Sozialhilfeleistungen erbracht werden, genügt somit nicht. Vielmehr muss die Unterbringung selbst aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen über die Sozialhilfe angeordnet werden (RIS‑Justiz RS0076026). Für die Unterbringung „auf Grund einer Maßnahme“ der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe ist die bloße Übertragung der Obsorge nicht ausreichend, sofern nicht auch die Pflege und Erziehung eines Kindes in einer Pflegefamilie ausdrücklich als Maßnahme der vollen Erziehung statuiert und erfasst wird (7 Ob 224/99p; Neumayr in Schwimann 4 § 2 UVG Rz 24).

1.3. Eine hoheitliche Anordnung der Unterbringung mit Kostenfolgen ist im vorliegenden Fall nicht erfolgt:

Gemäß § 37 Oö. JWG 1991 LGBl 111/1991 (Oö. JWG 1991) ist dem Minderjährigen „volle Erziehung“ in Form einer Unterbringung in Einrichtungen gemäß § 19 Abs 1 Z 1 (in einer Pflegefamilie, bei Personen gemäß § 27 Abs 1 zweiter Satz, in einem Heim oder in einer sonstigen Einrichtung, wie zB in einem Kinderdorf, einer sozialpädagogischen Einrichtung, wie zB einem Kinderdorf, einer sozialpädagogischen Wohngemeinschaft, durch nicht ortsfeste Formen der Pädagogik udgl) zu gewähren. Volle Erziehung im Sinne diese Landesgesetzes liegt vor, sofern der Jugendwohlfahrtsträger zumindest mit der Pflege und Erziehung betraut wurde.

1.4. Eine volle Erziehung iSd § 37 Oö. JWG 1991 oder ein sonstiges Pflegeverhältnis, das aufgrund des Erziehungsrechts des Jugendwohlfahrtsträgers begründet wurde, ist im vorliegenden Fall aber nicht gegeben. Da es zur Übertragung der Obsorge aufgrund eines Gerichtsbeschlusses kam, liegt ‑ wie schon das Rekursgericht ausgeführt hat ‑ keine Unterbringung aufgrund einer Maßnahme der Jugendwohlfahrtspflege oder der Sozialhilfe vor, wie sie die Ausschlussbestimmung des § 2 Abs 2 Z 2 UVG voraussetzen würde.

2.1. Nach der Rechtsprechung ist eine analoge Anwendung des § 2 Abs 1 Z 2 UVG immer dann zu erwägen, wenn das Kind in gleicher Weise wie bei den in § 2 Abs 2 Z 2 UVG angeführten Fällen aufgrund einer Maßnahme (im weitesten Sinn) aus öffentlichen Mitteln versorgt wird und eine Gebietskörperschaft eine primäre ‑ nicht subsidiäre ‑ gesetzliche Verpflichtung zur Tragung der Kosten trifft. Maßgeblich ist also die Vollversorgung des Kindes und die Pflicht zur Kostentragung (Neumayr aaO § 2 UVG Rz 29 f). Eine Doppelalimentation durch parallele Gewährung von Leistungen der Sozialhilfe und von Unterhaltsvorschüssen soll vermieden werden. Wird etwa das Kleinkind während der Strafhaft der Mutter gemäß § 74 Abs 3 StVG in der Strafanstalt versorgt, ist eine Analogie zu § 2 Abs 2 Z 2 UVG anzunehmen (RIS‑Justiz RS0076029). Andererseits wurde eine Analogie bei Verhängung der Untersuchungshaft über das unterhaltsberechtigte Kind mit der Begründung abgelehnt, dass in der Untersuchungshaft nicht in gleicher Weise wie bei einer Maßnahme der Sozialhilfe oder der Jugendwohlfahrt für die Bedürfnisse des Kindes gesorgt sei. In der Strafanstalt würden nur die notwendigsten Lebensbedürfnisse eines Untersuchungshäftlings abgedeckt, außerdem würden Fixkosten ‑ wie etwa für die Wohnung ‑ weiterlaufen (3 Ob 536/91). Nach der nunmehr ständigen Rechtsprechung ist dann, wenn von den Ländern nach ihren Jugendwohlfahrtsgesetzen bloß aufgrund von „Kannbestimmungen“ und somit ohne Rechtsanspruch Pflegegelder gewährt werden, denen kein bescheidmäßiger Zuweisungsakte zugrunde liegt, eine Einstellung der Unterhaltsvorschüsse nicht gerechtfertigt (RIS‑Justiz RS0112821).

2.2. Um beurteilen zu können, ob die im vorliegenden Fall aufgrund des Oö. JWG 1991 erbrachten Leistungen eine „volle Kostentragung“ darstellen, sind vorerst dessen relevante Bestimmungen darzulegen:

2.2.1. Nach § 18 Abs 2 Oö. JWG 1991 („Dienste für Pflege‑ und Adoptiveltern“) gebührt Personen iSd § 27 Abs 1 zweiter Satz, die einen Minderjährigen pflegen und erziehen, ohne dass eine volle Erziehung oder ein Pflegeverhältnis zu Grunde liegt, das sonst aufgrund des Erziehungsrechts des Jugendwohlfahrtsträgers begründet wurde und denen vom Gericht die Obsorge, zumindest aber die Pflege und Erziehung zur Gänze übertragen wurde, zur Erleichterung der mit der Pflege und Erziehung verbundenen Aufwendungen ein Betreuungsbeitrag in Höhe von 75 % der Leistungen gemäß § 27. Gemäß § 27 Abs 1 Öo. JWG werden Pflegegeld und Bekleidungshilfe zur Durchführung der vollen Erziehung oder wenn das Pflegeverhältnis sonst aufgrund des Erziehungsrechts des Jugendwohlfahrtsträger begründet wurde, gewährt. Die Höhe des Pflegegeldes und der Bekleidungsbeihilfe hat die Landesregierung durch Verordnung festzusetzen. Im Übrigen gelten hinsichtlich der Gewährung, Höhe, Neufestsetzung und Einstellung des Betreuungsbeitrags und des Übergangs von Rechtsansprüchen die Regelungen der §§ 45 bis 48 Oö. JWG sinngemäß:

Nach § 47 Oö. JWG 1991 haben die unterhaltsverpflichteten Eltern die Kosten nach bürgerlichem Recht zu ersetzen. Nach § 48 Oö. JWG 1991 („Übergang von Rechtsansprüchen“) geht ein dem Minderjährigen gegen einen Dritten zustehender Rechtsanspruch auf Geldleistung zur Deckung des Unterhalts bis zur Höhe der Ersatzforderung auf den jeweiligen Kostenträger über, wenn und sobald dem Dritten die Gewährung schriftlich angezeigt wird.

2.2.2. Aus den Gesetzesmaterialien zum Oö. JWG 1991 (BlgOöLT NR 434/2011 27. GP, 71) ergibt sich, dass das Oö. JWG 1991 im Zuge der Überführung sämtlicher Fälle von Pflegegeld, die bisher unter § 16 Abs 3 Z 1 lit c Oö. Sozialhilfegesetz 1998 (Oö. SHG 1998) fielen (das sind Fälle, in denen andere Personen als die Eltern ein Kind unter 16 Jahren pflegen und erziehen), entsprechend zu ändern war. Es soll in Hinkunft zwei Kategorien von Geldleistungen für Pflegepersonen im Oö. JWG 1991 geben. Einerseits das Pflegegeld und die Bekleidungshilfe nach § 27 Oö. JWG 1991 für jene Pflegepersonen, die ein Kind im Auftrag des Jugendwohlfahrtsträgers pflegen und erziehen (volle Erziehung, Amtsobsorge für Findelkinder, uneheliche Kinder Minderjähriger etc). Andererseits soll anstelle des bisherigen Pflegegeldes nach § 16 Abs 3 Z 1 lit c Oö. SHG 1998 eine neue Leistung im Oö. JWG 1991 für sonstige Personen geschaffen werden, die ein fremdes Kind betreuen, dies aber nicht im Auftrag des Jugendwohlfahrtsträgers tun. Darunter fallen rein privatrechtliche Pflegeverhältnisse, in denen Eltern ihr Kind durch andere Personen zB bei Großeltern, sonstigen Verwandten, einer befreundeten Familie etc pflegen und erziehen lassen wollen. Als weitere einschränkende Voraussetzung für diesen Anspruch soll aber normiert werden, dass er nur solchen Pflegepersonen zukommt, denen vom Gericht die Obsorge, zumindest aber die Pflege und Erziehung zur Gänze für das Pflegekind übertragen wurde (§§ 154 und 186a ABGB).

An anderer Stelle der Gesetzesmaterialien wird ausgeführt, beim Betreuungsbeitrag handle es sich um eine präventive Geldleistung für Pflegepersonen, die ein fremdes Kind ohne zugrunde liegenden Auftrag des Jugendwohlfahrtsträgers pflegen und erziehen. Zur Abgrenzung von Pflegegeld und Bekleidungsbeihilfe nach § 27 werde diese Leistung als „Betreuungsbeitrag“ bezeichnet (BlgOöLT 434/20 11 27. GP, 75).

2.3. Wie sich aus § 18 Abs 1 Oö. JWG 1991 ergibt, wird der Betreuungsbeitrag nicht bloß aufgrund von „Kannbestimmungen“ und somit ohne Rechtsanspruch gewährt, sondern besteht ein Rechtsanspruch, dem ein bescheidmäßiger Zuweisungsakt zugrunde liegt („gebührt“ ‑ siehe oben Pkt 2.1).

2.4. Die Gewährung des Betreuungsbeitrags führt jedoch nicht zur vollen Versorgung des Kindes aus öffentlichen Mitteln:

Nach den Gesetzesmaterialien zum Oö. JWG 1991 (BlgNR 434/2011 27. GP, 75) ist die Normierung des Betreuungsbeitrags deshalb gerechtfertigt, da ‑ sollte sich die Pflegeperson zur Aufnahme der betroffenen Kinder und Übernahme der Obsorge nicht bereit erklären ‑ ein Handlungsauftrag für die öffentliche Jugendwohlfahrt entstünde, der regelmäßig höhere Kosten zur Folge hätte. Zur teilweisen finanziellen Entlastung für die Aufwendungen, die das Pflegekind verursacht, solle deshalb diesen Pflegepersonen ein Betreuungsbeitrag gebühren. Der Anspruch steht aber nur in Höhe von 75 % der Leistungen nach § 27 zu, da Kinder, bei denen wegen Kindeswohlgefährdung bereits ein Handlungsauftrag des Jugendwohlfahrtsträgers vorliegt, durchschnittlich höhere Aufwendungen verursachen (BlgNR 434/2011 27. GP, 75).

2.5. Dient der Betreuungsbeitrag demnach nur zur teilweisen finanziellen Entlastung des mit der Obsorge Betrauten, ist ersichtlich, dass nicht in gleicher Weise wie bei einer Maßnahme der Sozialhilfe oder der Jugendwohlfahrt für die Bedürfnisse des Kindes (umfassend) gesorgt ist. Die Höhe des Betreuungsbeitrags beträgt zudem nur 75 % des in der Oö. JWG‑Richtsatzverordnung festgelegten „vollen Richtsatzes“ und findet ihren Grund darin, dass im Fall eines Handlungsauftrags der öffentlichen Jugendwohlfahrt höhere Kosten entstünden. Im Hinblick darauf liegt auf der Hand, dass nicht von einer „vollen“ Versorgung bzw Kostentragung gesprochen werden kann.

Mangels Vollversorgung des Kindes ist eine Doppelalimentation durch parallele Gewährung von Leistungen nach dem Oö. JWG 1991 und von Unterhaltsvorschüssen zu verneinen.

Es ist demnach von keiner planwidrigen Unvollständigkeit des UVG auszugehen, die durch Analogie zu § 2 Abs 2 Z 2 UVG zu schließen wäre.

Der Revisionsrekurs erweist sich somit als erfolglos.

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