European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00244.12M.0124.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Ob eine festgestellte Verletzung von Verwalterpflichten so schwer wiegt, dass § 21 Abs 3 WEG die Abberufung des Verwalters durch einen Minderheitseigentümer rechtfertigt, kann immer nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden und wirft in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage auf (RIS‑Justiz RS0042763; RS0111893).
2. Die Begründung der Rekursentscheidung entspricht der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, wonach bei einer Mehrzahl von Pflichtverletzungen des Verwalters in einer Gesamtschau zu beurteilen ist, ob sie ‑ mögen auch einzelne für sich allein genommen minder bedeutend erscheinen ‑ insgesamt eine so gravierende Störung der Vertrauensbasis bewirkt haben, dass die Abberufung auch durch einen einzelnen Wohnungseigentümer gerechtfertigt ist (RIS‑Justiz RS0111894).
3. Eine gegen diese Grundsätze verstoßende Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen, die im Interesse der Rechtseinheit und Rechtssicherheit durch den Obersten Gerichtshof korrigiert werden müsste, zeigt der Revisionsrekurswerber nicht auf:
3.1 Das Rekursgericht hat hervorgehoben, dass für die Abrechnungsjahre 1999 bis 2005 aufgrund rechtskräftiger Entscheidungen bindend feststeht, dass unzählige Positionen aus den Abrechnungen zu entfallen haben. Betroffen sind nicht lediglich unbedeutende Bagatellbeträge, sondern ein Gesamtbetrag von weit mehr als 100.000 EUR (S 38 des erstinstanzlichen Sachbeschlusses).
3.2 Ob die Mehrheit der Wohnungseigentümer die Jahresabrechnungen mit Mehrheitsbeschluss „nachträglich genehmigten“, ist für die Entscheidung nicht maßgeblich: Der Rechnungslegungsanspruch des Wohnungseigentümers gemäß § 20 Abs 3 WEG iVm § 34 WEG ist als reines Individualrecht konzipiert. Dementsprechend kann auch nur der Wohnungseigentümer über diesen seinen Anspruch verfügen, was der Senat bereits in einem ebenfalls den Antragsgegner betreffenden wohnrechtlichen Außerstreitverfahren klargestellt hat (5 Ob 3/12w).
3.3 Eine „günstige Zukunftsprognose“ (vgl RIS‑Justiz RS0101593) kann schon deshalb nicht erstellt werden, weil auch die Jahresabrechnungen ab 2006 Gegenstand anhängiger Gerichtsverfahren sind und daher ‑ unabhängig vom Ausgang dieser Verfahren ‑ kein Substrat für eine „günstige Zukunftsprognose“ vorliegt.
3.4 Schließlich kann sich der Antragsgegner auch nicht darauf berufen, dass ihm die Mehrheit der Mit‑ und Wohnungseigentümer das Vertrauen ausgesprochen hätte: Liegt eine gravierende, die Vertrauensbasis zerstörende Pflichtverletzung vor, kann jeder einzelne Wohnungseigentümer das ihm durch § 21 Abs 3 WEG eingeräumte Individualrecht ausüben. Anders als im Anlassfall der vom Revisionsrekurs zitierten Entscheidung 5 Ob 83/99p, bei dem hervorgehoben wurde, dass nur eine Wohnungseigentümerin die Abberufung des Verwalters beantragte, haben im hier zu beurteilenden Fall im Übrigen neun Wohnungseigentümer die Abberufung des Verwalters wegen gravierender Pflichtverletzungen geltend gemacht.
4. Der Revisionsrekurs war daher mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückzuweisen.
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