OGH 11Os113/12w

OGH11Os113/12w15.1.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. Jänner 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Dr. Parapatits als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Bernhard B***** und Norbert W***** wegen des Verbrechens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 29. März 2012, GZ 31 Hv 51/10y-84, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters der Generalprokuratur, Generalanwalt Mag. Höpler, der Angeklagten sowie des Verteidigers des Zweitangeklagten Mag. Rienmüller zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache an das Landesgericht Salzburg verwiesen.

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Bernhard B***** und Norbert W***** von der wider sie erhobenen Anklage, sie hätten am 7. Februar 2009 in T*****/Deutschland in einverständlichem Zusammenwirken mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz die Geschäftsführerin der V***** GesmbH & Co KG, Susanne S*****, durch die Vorgabe, die B***** GmbH sei eine zahlungsfähige Leasingnehmerin, somit durch Täuschung über Tatsachen, zum Abschluss eines Leasingvertrags über ein Rennfahrzeug für die Dauer von 24 Monaten zu einem monatlichen Entgelt von 10.698,10 Euro, somit zu einer Handlung verleitet, welche die V***** GesmbH & Co KG in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag von insgesamt 235.358,20 Euro am Vermögen schädigte, gemäß § 259 Z 3 StPO (verfehlt auch von der rechtlichen Kategorie; vgl Lendl, WK-StPO § 259 Rz 1) freigesprochen.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft ist im Recht.

Nach den wesentlichen Feststellungen (US 3 bis 6) befand sich die B***** GmbH in der zweiten Jahreshälfte 2008 in erheblichen Zahlungsschwierigkeiten. Am 7. Februar 2009 schlossen die Angeklagten namens der genannten Gesellschaft mit der von Susanna S***** vertretenen V***** GesmbH & Co KG einen Leasingvertrag über einen Rennwagen samt Ersatzteilpaket. Bei Vertragsschluss waren die Angeklagten zuversichtlich und sicher, die vereinbarten Zahlungen leisten zu können. „Nachdem“ es für die B***** GmbH notwendig geworden war, für die Aufnahme des Rennbetriebs 35.000 Euro in das Fahrzeug zu investieren, konnte aufgrund dessen schlechten Zustands kein Rennen erfolgreich beendet werden. Zwei Fahrer kündigten ihre Verträge, weil ihnen das Fahrzeug nicht konkurrenzfähig erschien. Die Angeklagten leisteten nur zwei Leasingraten für die Monate Februar und März 2009 und bezahlten die weiteren 22 Raten in Höhe von insgesamt 235.358,20 Euro nicht.

Die Annahme fehlenden Betrugsvorsatzes leiteten die Tatrichter aus dem für die Angeklagten nicht vorhersehbaren rennuntauglichen Zustand des Fahrzeugs und deren Vertrauen auf die Erfüllbarkeit ihrer vertraglichen Zahlungspflichten ab, wobei sie diese Erwägungen auf die Verantwortung der Angeklagten, auf erzielbare Einnahmen durch bereits bestehende Fahrerverträge und erwartete Sponsoreinnahmen aufgrund eines mit dem Weingut S***** vorgesehenen „Gegengeschäfts“ stützten.

Zutreffend zeigt die Beschwerdeführerin auf, dass diesen - von den Tatrichtern als notwendige Bedingung für die Verneinung vorsätzlichen Handelns erachteten (vgl RIS-Justiz RS0116737 [T5], RS0099507, RS0116877; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 410) - Urteilserwägungen eine Reihe von Begründungsmängeln (Z 5) anhaftet.

So unterließ das Erstgericht die gebotene Auseinandersetzung (Z 5 zweiter Fall) mit den - dem konstatierten Vertrauen auf den Erhalt eines rennfertigen Fahrzeugs entgegenstehenden - Angaben des Angeklagten W*****, wonach dieser bei einer zwei Tage vor Vertragsabschluss stattgefundenen Besichtigung festgestellt habe, dass der Rennwagen in einem „katastrophalen Zustand“ gewesen sei und „Unsummen investiert“ werden müssten, um diesen „überhaupt einsetzbar“ zu machen (ON 42 S 12 f).

In Betreff der nach Ansicht der Tatrichter zum Zeitpunkt des Abschlusses des Leasingvertrags (7. Februar 2009) bereits bestehenden Fahrerverträge blieb unerörtert, aus welchem Grund die diesbezüglichen schriftlichen Vereinbarungen (Beilagen zu ON 42) Datumsangaben aufweisen, die nach dem eingangs erwähnten Vertragszeitpunkt liegen.

Schließlich wurde auch die Existenz von Sponsorvereinbarungen in Form von „Gegengeschäften“ mit dem Weingut S***** unzureichend begründet (Z 5 vierter Fall). Aus den hiefür allein ins Treffen geführten „Unterlagen“ (US 7; vgl Beilagen „M 13 bis M 15“ zu ON 42) lässt sich ein logisch und empirisch einwandfreier Schluss auf zu erwartende „Eingänge in einem Ausmaß von (vorerst) Euro 50.000“ (US 4) nicht ziehen. Abgesehen davon, dass diese Schriftstücke ebenfalls mit nach Vertragsschluss liegenden Datumsangaben versehen sind, ist ihnen auch eine über die Zurverfügungstellung von Getränken hinausgehende Sponsorzusage nicht zu entnehmen. Die weiters darauf befindlichen handschriftlichen Vermerke sind undatiert und geben den Schriftverfasser nicht bekannt.

Gründet das Gericht einen Freispruch auf die Annahme, dass ein Tatbestandsmerkmal nicht erfüllt sei, und trifft es - wie hier - demnach keine Aussage zu den übrigen Tatbestandsmerkmalen, ist insoweit unter Berufung auf derartige Feststellungen indizierende und in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse - zusätzlich zur (hier erfolgten) Bekämpfung der den Freispruch begründenden Annahme - ein Feststellungsmangel (Z 9 lit a) geltend zu machen (RIS-Justiz RS0118580 [T20], RS0127315).

Auch diesen Aspekt nimmt die Staatsanwaltschaft in der Rechtsrüge (Z 9 lit a) ausreichend in den Blick, indem sie auf - in Richtung der Erfüllung auch der objektiven Tatbestandsmerkmale der §§ 146, 147 Abs 3 StGB weisende - Beweisergebnisse zum vorliegenden Vertragsab-schluss trotz mangelnder finanzieller Ausstattung und Absicherung der B***** GmbH hinweist.

Das Urteil war daher - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft aufzuheben, eine neue Hauptverhandlung anzuordnen und die Sache an das Erstgericht zu verweisen (§ 288 Abs 2 Z 1 StPO).

Die von der Staatsanwaltschaft (angemeldete - ON 85) Berufung war jedoch zurückzuweisen, weil die Strafprozessordnung ein solches Rechtsmittel gegen Freisprüche eines Schöffengerichts nicht vorsieht.

Der Kostenausspruch gründet auf § 390a Abs 1 StPO.

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