OGH 9ObA131/12y

OGH9ObA131/12y17.12.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Rohrer als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf und Hon.-Prof. Dr. Kuras als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch Mayer & Herrmann, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei E***** H*****, vertreten durch die Muhri & Werschitz Partnerschaft von Rechtsanwälten GmbH in Graz, wegen 17.147,31 EUR sA und Feststellung (Streitwert 12.248,88 EUR; Gesamtstreitwert 29.396,19 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei (Revisionsrekursinteresse 12.248,88 EUR) gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. September 2012, GZ 6 Ra 69/12g-13, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht vom 27. August 2012, GZ 32 Cga 78/12g-5, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs der klagenden Partei wird gemäß § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Richtig ist, dass es sich bei dem vom Rekursgericht zitierten § 502 Abs 2 Z 3 ZPO um ein Fehlzitat handelt. Erkennbar gemeint war § 500 Abs 2 Z 3 ZPO. Danach ist in Verbindung mit dem vom Rekursgericht zutreffend genannten § 526 Abs 3 ZPO auszusprechen, ob der ordentliche Revisionsrekurs nach § 528 Abs 1 ZPO zulässig ist. Dieser Ausspruch des Rekursgerichts ist - im Sinn einer Verneinung der Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage - erfolgt.

Die Revisionsrekurswerberin stützt die Zulässigkeit ihres außerordentlichen Revisionsrekurses auf zwei Punkte. Mit keinem wird eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO aufgezeigt, die nur dann vorläge, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhinge, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist. Dies ist hier nicht der Fall.

Entgegen der Behauptung im Revisionsrekurs hat das Rekursgericht die insbesondere in RIS-Justiz RS0065514 dokumentierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht verkannt, sondern vielmehr seiner rechtlichen Beurteilung zugrundegelegt. Danach gilt Folgendes:

Wurde - wie im vorliegenden Fall - eine Forderung im Insolvenzverfahren vom Insolvenzverwalter anerkannt und von keinem hiezu berechtigten Gläubiger bestritten, so hat dies nach § 109 IO die Wirkung einer rechtskräftigen Entscheidung über den Bestand der Forderung. Die Einleitung eines Rechtsstreits ist dadurch ausgeschlossen. Eine - hier nicht einmal vorliegende - Bestreitung durch den Schuldner ist nur für die Zeit nach der Insolvenzaufhebung von Belang (RIS-Justiz RS0065514 ua). Wenn der Schuldner eine Insolvenzforderung nicht ausdrücklich bestritten hat, bindet ihre Feststellung die Gerichte und, wenn besondere Gesetze nichts anderes bestimmen, auch die Verwaltungsbehörden. Leistungsklagen über solche Forderungen bleiben zulässig (§ 60 Abs 2 IO). Die Forderungsfeststellung im Insolvenzverfahren bildet ein Prozesshindernis für spätere Klagen auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens einer angemeldeten und unbestritten gebliebenen Forderung; für spätere Leistungsklagen auf Rückforderung einer überhöhten Ausschüttung hat sie aber wie für spätere Leistungsklagen von Gläubigern nur Bindungswirkung (RIS-Justiz RS0041131 ua).

Die Auffassung der Revisionsrekurswerberin, dass nach der Insolvenzaufhebung - auch bei einem Anerkenntnis der Forderung durch den Insolvenzverwalter und bei Fehlen einer Bestreitung der Forderung durch einen Gläubiger und/oder den Schuldner - eine Feststellungsklage des Schuldners bezüglich des Nichtbestehens der Forderung zulässig sei, kann sich daher nicht auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs stützen, sondern steht vielmehr mit dieser im Widerspruch.

Auch die Annahme der Revisionsrekurswerberin, dass zur Frage, ob und inwieweit das Nichtbestehen der Forderung - trotz eines Anerkenntnisses durch den Insolvenzverwalter und trotz Fehlens einer Bestreitung der Forderung durch einen Gläubiger und/oder den Schuldner (zB bei nachträglichem Herauskommen einer Überzahlung mangels Bestehens der Forderung) - vom Schuldner gerichtlich geltend gemacht werden könne, bisher Rechtsprechung fehle, trifft nicht zu. Der Oberste Gerichtshof verwies bereits darauf, dass die Bindungswirkung nur mit den Mitteln des Prozessrechts beseitigt werden kann. Hiefür steht insbesondere die Wiederaufnahmsklage und gegebenenfalls die Nichtigkeitsklage zur Verfügung. Dieser Weg wurde allerdings von der Klägerin nicht beschritten. Die Beseitigung der Bindungswirkung im Weg einer selbständigen Klage ist ausgeschlossen (8 ObA 285/01x ua).

Die Überlegungen der Revisionsrekurswerberin, dass sie vom Erstgericht - entgegen der Auffassung des Rekursgerichts - zu einer Verbesserung der Formulierung des Feststellungsbegehrens anzuleiten gewesen wäre, übergehen, dass angebliche Verfahrensmängel erster Instanz, die - wie im vorliegenden Fall - von der zweiten Instanz bereits verneint wurden, nicht mehr mit Erfolg im Revisionsrekursverfahren gerügt werden können (RIS-Justiz RS0037095, RS0042963, RS0043172 [T2] ua).

Mangels Geltendmachung einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO ist der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Zurückweisungsbeschluss nicht (§ 528a iVm § 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

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