OGH 6Ob139/12b

OGH6Ob139/12b16.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei K***** B*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel und andere Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei I***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Lederer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Feststellung (Revisionsinteresse insgesamt 44.266,67 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 30. Mai 2012, GZ 5 R 81/12m-23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Der Anlageberater ist zur Aufklärung seiner Kunden über die Risikoträchtigkeit der in Aussicht genommenen Anlage verpflichtet; welche Verhaltenspflichten ihn dabei im Einzelnen treffen, kann nur aufgrund der konkreten Umstände beurteilt werden, doch treffen ihn jedenfalls dem Anlageinteressenten gegenüber Schutz- und Sorgfaltspflichten. Stellt er etwa ein typisches Risikogeschäft als sichere Anlageform hin und veranlasst er dadurch den Anleger zum Abschluss eines solchen Geschäfts, dann haftet er für die fehlerhafte Beratung selbst dann, wenn auch er von der Seriosität des Anlagegeschäfts überzeugt gewesen sein sollte, weil er ein solches Geschäft nicht ohne weiteres als sichere Anlageform anpreisen darf (RIS-Justiz RS0108074).

In der ebenfalls die Beklagte und dasselbe Anlageprodukt betreffenden Entscheidung 3 Ob 49/12w sprach der Oberste Gerichtshof zu Lasten der Beklagten aus, der Beratungsmangel habe darin bestanden, dass die bei objektiver Betrachtung enorm hohen Risken gegenüber dem Kunden als bloß gering dargestellt, insbesondere dass die im Modell enthaltenen Liquiditätsreserven als „ausreichend“ bezeichnet worden waren, wenn tatsächlich bei jederzeit möglichen größeren Währungs- und Wertentwicklungsschwankungen aus Sicht des uninformierten Kunden überraschend große Eigenleistungen zur Aufrechterhaltung des Vorsorgemodells notwendig werden können. Die Beklagte habe daher für die Folgen der Fehlberatung des ihr zuzurechnenden Beraters einzustehen.

Die Beklagte bezeichnet in ihrer außerordentlichen Revision den der Entscheidung 3 Ob 49/12w zugrundeliegenden Sachverhalt selbst als „vergleichbaren Fall“. Dem ist beizupflichten, erklärte der Anlageberater doch dem Kläger ausdrücklich, das Modell finanziere sich im Wesentlichen selbst; zwar könne es zu gewissen Schwankungen in der Zinslandschaft kommen, diese könnten jedoch durch eine monatliche Zuzahlung von (lediglich) 100 EUR ausgeglichen werden, wodurch verhindert werde, dass auf dem Verrechnungskonto ein Negativsaldo entsteht. Der Anlageberater sei von der Qualität des Modells so überzeugt gewesen, dass er diese Zuversicht an den Kläger weitergab; diese Zuversicht habe darauf gegründet, dass auch in der Vergangenheit Phasen mit hohen Zinsen sowohl im Anlage- als auch im Kreditbereich korrelierten.

Die Frage des Ausmaßes des anzunehmenden Mitverschuldens des geschädigten Klägers ist eine solche des Einzelfalls (vgl jüngst 4 Ob 16/12z in einem Verfahren betreffend die Haftung aus fehlerhafter Anlage).

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