OGH 7Ob164/12m

OGH7Ob164/12m17.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Landesbank B*****, vertreten durch Karasek Wietrzyk Rechtsanwälte GmbH in Wien, wider die beklagte Partei G***** W*****, vertreten durch Dr. Johann Etienne Korab, Rechtsanwalt in Wien, wegen 110.266,26 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. Juli 2012, GZ 11 R 180/11p-65, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Klägerin begehrt vom Beklagten die Rückzahlung von Darlehen, die dieser über einen Vermittler zur Finanzierung seiner Kommanditbeteiligung an einem Fonds aufgenommen hat.

Rechtliche Beurteilung

1. Unstrittig ist auf den vorliegenden Sachverhalt deutsches Sachrecht anzuwenden.

2. Entspricht die Auslegung der nach den kollisionsrechtlichen Normen anzuwendenden ausländischen Sachnorm durch das Berufungsgericht der ständigen Rechtsprechung des ausländischen Höchstgerichts und der ausländischen Lehre, so ist das Fehlen von Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs für die Beurteilung der Rechtserheblichkeit ohne Bedeutung (RIS-Justiz RS0042948).

3. In der Regel sieht der BGH den Darlehensvertrag und den finanzierten Gesellschaftsbeitritt als verbundenes Geschäft iSd § 358 Abs 3 BGB (vormals § 9 dVerbrKrG) an.

Nach gefestigter Rechtsprechung des BGH muss sich eine finanzierende Bank ein Fehlverhalten eines im Rahmen von Erwerbsmodellen auftretenden Anlagevermittlers durch unrichtige Angaben zu dem Anlageobjekt nicht gemäß § 278 BGB zurechnen lassen. Dies gilt insofern auch dann, wenn Kreditvertrag und Fondsbeitritt ein verbundenes Geschäft bilden. Auch bei einem verbundenen Geschäft geht das Gesetz von zwei rechtlich selbständigen Verträgen aus, bei denen jedoch aufgrund der bestehenden wirtschaftlichen Einheit der kreditgebenden Bank unter den Voraussetzungen des § 9 dVerbrKrG (nunmehr § 358 BGB) Einwendungen aus dem finanzierten Geschäft entgegengehalten werden können. Der Verbraucher kann im Wege des Einwendungsdurchgriffs gegenüber der finanzierenden Bank die Rückzahlung des Kredits nur insoweit verweigern, als im aus dem verbundenen Vertrag gegenüber dem Verkäufer - im Fall eines Fondsbeitritts, also gegenüber der Fondsgesellschaft - ein Recht zur Verweigerung der Leistung zusteht.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH kann der Darlehensnehmer der finanzierenden Bank eine fahrlässige Verletzung einer Aufklärungspflicht durch den Vermittler nicht im Wege eines Einwendungsdurchgriffs entgegenhalten. Auch in Fällen eines verbundenen Geschäfts ist der finanzierenden Bank nur ein vorsätzliches Verhalten des Vermittlers zuzurechnen (BGH, Urteil vom 19. 10. 2010 - XI ZR 376/09 mwN).

Aus der Rechtsprechung des BGH geht damit klar hervor, dass der Darlehensvertrag und der finanzierte Gesellschaftsbeitritt ein verbundenes Geschäft darstellen können, nicht jedoch der Darlehensvertrag und der Berater- bzw. Vermittlervertrag.

Ausgehend von der Feststellung, dass sich der Geschäftsführer der Vermittlerin keine Informationen über die Qualität der Erlösrisikoversicherung besorgte, die diesem auch gar nicht bekannt war, versagt auch die Argumentation des Beklagten, diesem wäre vorsätzliches Verhalten zu unterstellen.

4. Nach ebenfalls ständiger Rechtsprechung des BGH ist eine kreditgebende Bank bei steuersparenden Bauherrn-, Bauträger- und Erwerbsmodellen zur Risikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unter ganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet, etwa wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabens einen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehensnehmer hat und dies auch erkennen kann (BGH, Urteil vom 26. 10. 2004 - XI ZR 255/03 mwN).

Ein derartiger Wissensvorsprung der Klägerin steht nicht fest, sodass auch der Einwand des Beklagten, der Mitarbeiter der Klägerin hätte ihn vor der mangelnden Qualität der Erlösrisikoversicherung warnen müssen, ins Leere geht. Dem Sachverhalt lassen sich auch keine Anhaltspunkte für ein vorsätzliches Verhalten dieses Mitarbeiters entnehmen.

5. Die Vorinstanzen haben ihren Entscheidungen die ständige Rechtsprechung des BGH zu Grunde gelegt, sodass sich keine Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO stellt.

Stichworte