OGH 1Ob190/12s

OGH1Ob190/12s11.10.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. Ing. M***** H***** und 2. S***** H*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Christoph Brenner - Mag. Severin Perschl Rechtsanwälte OG in Krems an der Donau, gegen die beklagte Partei Dr. K***** W*****, vertreten durch Dr. Frank Riel und Dr. Wolfgang Grohmann, Rechtsanwälte in Krems an der Donau, wegen Feststellung (Streitwert 50.000 EUR) in eventu 170.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 7. August 2012, GZ 11 R 253/11y-38, mit dem das Urteil des Landesgerichts Krems an der Donau vom 30. Juni 2011, GZ 33 Cg 85/10y-31, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Kläger schlossen am 10. 10. 2007 mit einem Bauträger und Grundeigentümer eine Kaufvereinbarung über eine Liegenschaft, auf welcher der Bauträger ein schlüsselfertiges Einfamilienhaus errichten sollte. Die Liegenschaft sollte nach Fertigstellung des Bauwerks lastenfrei in das Eigentum der Kläger übergeben werden. Der Beklagte war mit der Vertragserrichtung und Treuhandabwicklung beauftragt. Er verfasste keine verbücherungsfähige Urkunde und schlug den Klägern zur Sicherstellung der zu leistenden Kaufpreisraten lediglich eine Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung vor. Diese bis 22. 10. 2008 wirksame Anmerkung wurde im Grundbuch eingetragen und zweimal, zuletzt bis 18. 10. 2010 verlängert. Noch im Oktober 2007 rief der Beklagte einen Betrag von 15.000 EUR vom Bau- und Wohnkonto der Kläger ab. Es kam wiederholt zu Verzögerungen bei der Bautätigkeit. Am 25. 9. 2009 wurde auf der Liegenschaft ein exekutives Pfandrecht zu Gunsten der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft (SVA) einverleibt. Im November 2009 rief der Beklagte 85.000 EUR vom Konto der Kläger ab. 35.000 EUR wurden an eine (Höchstbetrags-)Pfandgläubigerin überwiesen, 5.000 EUR für die SVA einbehalten und 45.000 EUR auf das Konto des Bauträgers überwiesen.

Ende 2009 kündigte das den Bau ausführende Unternehmen den Klägern die Einstellung seiner Bautätigkeit an, weil der Bauträger bis auf einen kleinen Teilbetrag keine Zahlung geleistet hätte. Die Kläger strebten daraufhin die Rückabwicklung der Kaufvereinbarung an. Als „schon die Auflösung der Kaufvereinbarung im Raum stand“, erklärte sich der Beklagte dazu bereit, im Rang der angemerkten Rangordnung die Einverleibung des lastenfreien Eigentumsrechts der Kläger an der Liegenschaft zu erwirken, sollten sie die Kaufvereinbarung doch aufrecht halten. Der Bauträger war zur Unterzeichnung einer einverleibungsfähigen Urkunde bereit. Die Kläger lehnten ab. Im Mai 2010 lösten sie und der Bauträger einvernehmlich die Kaufvereinbarung auf. Zu diesem Zeitpunkt hatte der Beklagte vom Bau- und Wohnkonto der Kläger bereits 170.000 EUR abgerufen. Zur Sicherung der Rückzahlung dieser Beträge bot der Beklagte den Klägern an, einen vollstreckbaren Notariatsakt zur Begründung eines Pfandrechts auf der Liegenschaft zu errichten. Damit wäre auch der Bauträger einverstanden gewesen. Seit der letzten Verlängerung der Rangordnung waren aber noch mehrere Pfandrechte auf der Liegenschaft einverleibt worden. Die Kläger erklärten sich nicht mit der Errichtung eines vollstreckbaren Notariatsakts einverstanden, weil keine schriftliche Freilassungserklärung einer Pfandgläubigerin vorgelegt wurde und der Beklagte die von den Klägern verlangte persönliche Haftung ablehnte. Die Liegenschaft verblieb im Eigentum des Bauträgers.

Die Kläger begehrten die Feststellung der Haftung des Beklagten für sämtliche finanziellen Nachteile aus dessen Tätigkeit als Treuhänder nach dem Bauträgervertragsgesetz (BTVG) im Zusammenhang mit der Vertragserrichtung und -gestaltung, insbesondere durch Unterlassung der ihm obliegenden Überwachungs- und Prüfpflichten bzw Unterlassung der Überwachung der Erfüllung der Sicherungspflicht des Bauträgers und aufgrund der mangelnden Aufklärung der Kläger über die Treuhandschaft. In eventu begehrten sie Zahlung von 170.000 EUR.

Die Vorinstanzen gaben dem Hauptbegehren statt.

Rechtliche Beurteilung

Die außerordentliche Revision des Beklagten ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.

1. Nicht berechtigt ist der Vorwurf, das Berufungsgericht habe dem Hauptbegehren aus dem von den Klägern gar nicht geltend gemachten Rechtsgrund des § 14 BTVG stattgegeben. Unmissverständlich legte das Berufungsgericht nämlich dar, dass der Beklagte mit der Weiterleitung der Treuhandgelder trotz ungenügender, nicht den Bestimmungen des BTVG entsprechender Sicherstellung der Erwerber gegen seine im BTVG geregelten Treuhänderpflichten verstoßen habe und der Schaden der Kläger bereits mit den Zahlungen aus ihrem Treuhanderlag eingetreten sei. Die Bestimmung des § 14 BTVG war in der Argumentation des Berufungsgerichts nur insoweit relevant, als dieses darauf verwies, dass der mit den Zahlungen gleichzeitig begründete Rückforderungsanspruch gegen den Bauträger kein Äquivalent der Vermögensminderung sei.

2. Der Revisionswerber meint, dass die Weigerung der Kläger, die ihnen (teils) noch vor Auflösung der Kaufvereinbarung zur Sicherstellung ihrer Ansprüche gegen den Bauträger angebotenen Verträge zu schließen, als Mitverschulden im Feststellungsprozess geprüft werden müsse. Damit übersieht er, dass nach dem festgestellten Sachverhalt bereits Gelder vom Treuhandkonto abgebucht worden waren, als die Beklagten die ihnen angebotene Errichtung von „einverleibungsfähigen“ Urkunden ablehnten. Wie schon das Berufungsgericht zutreffend ausführte, ist den Klägern als Treugebern schon durch die Verringerung ihres Treuhanderlags grundsätzlich ein Schaden entstanden (2 Ob 15/10k = RIS-Justiz RS0022602 [T13]). Dass zum Zeitpunkt der Zahlungen keine dem BTVG entsprechende Sicherstellung der Erwerber vorlag, und der Beklagte treuwidrig handelte, bestreitet er in seiner Revision auch gar nicht mehr. Werden vom Geschädigten Maßnahmen verlangt, die den bereits eingetretenen Schaden gering halten und eine Vergrößerung oder Verlängerung der Schadensfolgen vermeiden sollen, betrifft dies nicht das Mitverschulden an der Entstehung des bereits eingetretenen Schadens, sondern die Schadensminderungspflicht. Fragen der Obliegenheit eines Geschädigten zur Schadensminderung betreffen aber die Höhe des Anspruchs (vgl RIS-Justiz RS0040783) und sind im Feststellungsprozess nicht zu prüfen.

3. Die Möglichkeit der Leistungsklage verdrängt zwar bei gleichem Rechtsschutzeffekt die Feststellungsklage (RIS-Justiz RS0038849). Die Kläger begründen ihr Feststellungsinteresse damit, dass noch nicht feststehe, ob und in welchem Ausmaß der (angeblich von Insolvenz bedrohte) Bauträger die ihnen nach § 14 BTVG zustehende Forderung auf Rückzahlung der aus dem Treuhandkonto überwiesenen Beträge erfüllen werde. Ihrem Begehren liegt also ein möglicherweise eintretender, noch nicht bezifferbarer Forderungsausfall zugrunde. In vergleichbaren Fällen bereits eingetretener Insolvenz bejahte die höchstgerichtliche Judikatur bereits die Zulässigkeit der Feststellungsklage (5 Ob 262/01t = SZ 74/188 mwN; 5 Ob 193/10h).

4. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

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