OGH 5Ob141/12i

OGH5Ob141/12i5.9.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragsteller 1. H***** M***** und 2. H***** M*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Werner Goeritz, Rechtsanwalt in Wien, gegen den (13.) Antragsgegner M***** S*****, vertreten durch Dr. Alice Hoch, Rechtsanwältin in Laxenburg, und alle übrigen Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft *****, wegen § 52 Abs 1 Z 4 iVm § 24 Abs 6 WEG 2002, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 18. April 2012, GZ 39 R 386/11w-11, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG, § 52 Abs 2 WEG 2002 iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Der Oberste Gerichtshof hat sich schon mehrfach mit den Anforderungen an die Willensbildung im Wohungseigentum durch einen Umlaufbeschluss befasst (vgl RIS-Justiz RS0108769; RS0106052; RS0108768) und dabei (ua) darauf hingewiesen, dass allen Mit- und Wohnungseigentümern - auch jenen mit einer voraussichtlich chancenlosen Gegenposition - Gelegenheit zur Äußerung zu geben ist; dies muss die Möglichkeit einer Werbung für den eigenen Standpunkt ebenso einschließen wie jene der eigenen Stimmabgabe (5 Ob 118/02t wobl 2004/39 [Vonkilch]; 5 Ob 164/07i wobl 2008/72 [Call]; 5 Ob 100/08d wobl 2008/131, 363 [Call] = immolex 2008/106, 248 [Prader]; 5 Ob 85/11b immolex 2012/39, 118 [Limberg]). Einzelnen Wohnungseigentümern soll nicht der Eindruck vermittelt werden, sie könnten die Beschlussfassung ohnehin nicht mehr verhindern und der Versuch einer argumentativen Gegenwehr lohne sich gar nicht (5 Ob 85/11b immolex 2012/39, 118 [Limberg]; vgl auch 5 Ob 118/02t wobl 2004/39 [Vonkilch]).

2.1. Im vorliegenden Fall hatten sich einige Wohnungseigentümer darauf geeinigt, den Verwalter zu kündigen. Der Antragsgegner übermittelte daraufhin an jene Wohnungseigentümer, die noch nicht zugestimmt hatten, ein Schreiben mit folgendem Wortlaut:

„Ich möchte Sie in Kenntnis setzen, dass einige Eigentümer … die Hausverwaltung wechseln wollen. Ich lade Sie ein sich anzuschließen. Bisher haben sich schon mehr als 50 % für einen Wechsel ausgesprochen. Wir würden uns freuen, wenn auch Sie zustimmen und sich der Mehrheit anschließen. Mit freundlichen Grüßen ...“

Nach Zustimmung von (behaupteten) 53,2 % der Anteile erfolgte die Verständigung der Wohnungseigentümer von der Beschlussfassung und der Anschlag des Beschlusses.

2.2. Hervorzuheben ist, dass das wiedergegebene Schreiben keine näheren Hinweise enthält, wie und bis wann die Stimmabgabe erfolgen soll. Eine Bereitschaft zur Entgegennahme auch ablehnender Meinungsäußerungen wird nicht bekundet. Den angeschriebenen Wohnungseigentümern wird der Eindruck vermittelt, sie könnten die Beschlussfassung im gewünschten Sinn ohnehin nicht mehr verhindern. Geht man von den im bekannt gemachten Beschluss als zustimmend angegebenen Wohnungseigentümern aus und zieht man davon (bloß) die Anteile von B***** J***** (B-LNR 1 und 40) ab, die jedenfalls erst nach besagtem Schreiben ihre Zustimmung erteilt hat, dann lag bis dahin die behauptete zustimmende Mehrheit noch gar nicht vor. Wenn das Rekursgericht in dieser Vorgangsweise eine Verletzung der Anhörungs- und Mitwirkungsrechte der mit dem wiedergegebenen Schreiben angesprochenen Wohnungseigentümer erkannte, so ist dies eine nicht als unvertretbar aufzugreifende Einzelfallbeurteilung.

Der Revisionsrekurs ist daher mangels Vorliegens der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG unzulässig und zurückzuweisen.

Stichworte