Spruch:
In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde wird das angefochtene Urteil ‑ mit Ausnahme seines freisprechenden Teiles ‑ aufgehoben, eine neue Hauptverhandlung angeordnet und die Sache dazu an das Erstgericht verwiesen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf diese Entscheidung verwiesen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen ‑ im zweiten Rechtsgang erflossenen (11 Os 28/11v‑5) ‑ Urteil, das auch einen unbekämpft in Rechtskraft erwachsenen Freispruch von einem weiteren einschlägigen Tatvorwurf enthält (überflüssig von der rechtlichen Kategorie ‑ Lendl , WK‑StPO § 259 Rz 1), wurde DI Franz S***** des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1, Abs 2 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er in Bregenz Bestandteile seines Vermögens „verheimlicht“ und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen „vereitelt oder geschmälert“, wobei er durch die Tat einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte, indem er „im Zeitraum Dezember 1996 bis Oktober 2004 im Konkursverfahren 19 S 1/97m des Bezirksgerichts Bregenz sein ‑ im vorgenannten Zeitraum von etwa 800.000 Euro auf ca 54.000 Euro sinkendes ‑ Privatvermögen verschwieg“.
Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 8, 9 [lit] a, [lit] b und 10 StPO.
Rechtliche Beurteilung
Der Spruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) des Urteils im ersten Rechtsgang (ON 50 der Hv‑Akten) lautete: „... in Bregenz ... Bestandteile seines Vermögens verheimlicht und dadurch die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen vereitelt oder geschmälert, wobei er durch die Tat ... einen 50.000 Euro übersteigenden Schaden herbeiführte, indem er ... im Zeitraum Dezember 1996 bis Oktober 2004 im Konkursverfahren 19 S 1/97m des Bezirksgerichts Bregenz sein ‑ im vorgenannten Zeitraum von etwa 800.000 Euro auf 54.000 Euro sinkendes ‑ Privatvermögen verschwieg“.
Aufgrund der damaligen Feststellungen wies der Oberste Gerichtshof die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten unter anderem deshalb zurück, weil schon das Beiseiteschaffen von Vermögensbestandteilen im Gegenwert von 800.000 Euro in Form der Einbringung in eine im Fürstentum Liechtenstein gegründete Stiftung am 9. Februar 1994 scheinbare Vermögensverminderung bewirkte. Ausgehend vom Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolgs durch die Festsetzung einer Quote von 0,42 % im Schuldenregulierungsverfahren des Angeklagten mit Beschluss des Bezirksgerichts Bregenz vom 15. Dezember 1998, AZ 19 S 1/97m, womit der zuvor (scheinbar) verringerte Befriedigungsfonds der Gläubiger Gegenstand einer seine Verwertung betreffenden Disposition des Gerichts war, erfolgte von Amts wegen die Aufhebung des Schuldspruchs, weil das damalige Ersturteil ‑ nach Wegfall des nunmehr den Gegenstand des Freispruchs bildenden Schuldspruchs infolge einer Maßnahme nach §§ 290 Abs 1 Satz 2 erster Fall, 281 Abs 1 Z 9 lit a StPO ‑ keine Feststellungen zu einer Verlängerung der am 15. Dezember 1998 begonnenen zehnjährigen Verjährungsfrist enthielt.
Das Referat der entscheidenden Tatsachen im Urteilsspruch (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO) erfolgte auch im nunmehr angefochtenen Urteil gleichlautend wie im ersten Rechtsgang (US 1).
In den Feststellungen führten die Tatrichter unter anderem an:
„Bereits am 9. Februar 1994 gründete der Angeklagte die N*****, eine Stiftung im Fürstentum Liechtenstein, die einen Großteil seines Privatvermögens verwaltete. Der Angeklagte war wirtschaftlich berechtigte Person dieser Stiftung, er hatte jederzeit Zugriff auf sein Vermögen. Grund für die Errichtung dieser Stiftung war die Gefahr eines Anschlusskonkurses des Angeklagten infolge des finanziellen Niedergangs der Kommanditgesellschaft.
Der Angeklagte hat im Schuldenregulierungsverfahren 19 S 1/97m des Bezirksgerichts Bregenz und auch bei den Nachtragsverteilungsverfahren sein Vermögen in Liechtenstein verschwiegen und dadurch verheimlicht, sodass weder die Gläubiger noch der Masseverwalter davon Kenntnis erlangt haben. Das Vermögen betrug im Jahr 1994 rund 800.000 Euro und verringerte sich durch unglückliche Veranlagungsentscheidungen des Angeklagten bis zum Zeitpunkt der Auflösung der Stiftung im Oktober 2002 auf rund 44.000 Euro. Diesen Betrag transferierte er im Jahr 2002 auf ein Konto der L*****, wobei sich der Betrag bis 2007 auf ca 7.400 Euro reduzierte.
Der Angeklagte hat als Schuldner mehrerer Gläubiger, worüber er Kenntnis hatte, dadurch, dass er bereits am 9. Februar 1994 einen Bestandteil seines Vermögens, nämlich rund 800.000 Euro beiseiteschaffte und dieses Vermögen sodann verschwieg, sohin in der Absicht gehandelt, Bestandteile seines Vermögens wirklich oder zum Schein zu verringern, um sie so seinen Gläubigern vorzuenthalten und für sich selbst zu verwenden, wobei er es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, zumindest einem Gläubiger dadurch einen Schaden von mehr als 50.000 Euro zuzufügen“ (US 2, 4).
Rechtlich erwog das Erstgericht, „der Angeklagte habe die N***** deshalb gegründet, weil im Hinblick auf den finanziellen Niedergang der S***** GmbH & Co KG, deren Komplementär er war, die Gefahr des anschließenden Konkurses seines Vermögens bestand. Dies im Wissen, Schuldner mehrerer Gläubiger zu sein, und in der Absicht, sein Vermögen wirklich oder zum Schein zu verringern, um es seinen Gläubigern vorzuenthalten und für sich selbst zu verwenden, wobei er es ernstlich für möglich hielt und sich damit abfand, zumindest einem Gläubiger dadurch einen Schaden von mehr als 50.000 Euro zuzufügen. Solcherart hat der Angeklagte, wie der Oberste Gerichtshof ausführt, den Tatbestand der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB bereits dadurch verwirklicht“, fügte jedoch an, dass der Angeklagte „eben dieses Vermögen verheimlichte, um dadurch zu verhindern, dass es für die Befriedigung seiner Gläubiger oder wenigstens eines von ihnen herangezogen wird“.
Wenngleich im Gegenstand kein Widerspruch (Z 5 dritter Fall) zwischen dem Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO und den Entscheidungsgründen besteht ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 276) und die einzelnen Tathandlungen bei der betrügerischen Krida rechtlich gleichwertig sind ( Kirchbacher in WK² § 156 Rz 6a), ist die Verfahrensrüge (Z 3) im Recht, wenn sie geltend macht, dass das Referat der entscheidenden Tatsachen nach § 260 Abs 1 Z 1 StPO des angefochtenen Urteils nicht in dem für die Subsumtion (§ 260 Abs 1 Z 2 StPO) entscheidenden Umfang den als erwiesen angenommenen Tatsachen der Entscheidungsgründe entspricht ( Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 272; Lendl , WK‑StPO § 260 Rz 12, 14).
Der Formalfehler des Erstgerichts (das für einen korrekten Spruch keineswegs an eine ‑ allerdings aktuell durchaus sinnvolle ‑ Modifizierung des Anklagetenors gebunden gewesen wäre, vgl RIS‑Justiz RS0098895) musste sohin zur Kassation des Urteils führen, woraus eine Neudurchführung des Verfahrens folgt. Darauf war der Angeklagte mit seiner (angemeldete ‑ ON 77) Berufung zu verweisen.
Für den deshalb erforderlichen dritten Rechtsgang sei zu den aus dem nunmehrigen Rechtsmittel ersichtlichen Standpunkten des Angeklagten bemerkt:
Zunächst ist neuerlich zu betonen, dass die Einbringung von Vermögensbestandteilen in eine just zur Gläubigerbenachteiligung gegründete Stiftung (US 7 bis 9) bereits deren Beiseiteschaffen im Sinne einer scheinbaren Vermögensverringerung, also nach § 156 StGB tatbildliches Handeln darstellte und dem Aufrechterhalten des solcherart geschaffenen rechtswidrigen Zustands durch tatplangemäßes Verschweigen der erfolgten Malversation keine weitere entscheidende Bedeutung zukommt (s 11 Os 28/11v‑5 mwN).
Geschütztes Rechtsgut bei der betrügerischen Krida ist das Gläubigerinteresse an der Forderungsbefriedigung. Es kommt weder auf die Fälligkeit der Forderungen noch auf eine wirtschaftliche Krisensituation des Schuldners noch auf eine Anhängigkeit irgendwelcher Hereinbringungs‑ oder Sicherstellungsverfahren an ( Kirchbacher in WK² § 156 Rz 2, 5). Entgegen den Überlegungen des Angeklagten ist es wegen seines im Angesicht des sich bereits 1994 abzeichnenden finanziellen Niedergangs der Kommanditgesellschaft, deren Komplementär er war, uneingeschränkten Vorsatzes auf Gläubigerbenachteiligung (US 2, 4, 7 bis 9 ‑ das umfangreiche Verknüpfen mit dem konkreten Sachverhalt steht dem in diesem Zusammenhang erhobenen Vorwurf einer „bloßen“ Verwendung der verba legalia entgegen) rechtlich irrelevant, dass kurze Zeit nach dem Verbringen von Privatvermögen der Ausgleichsvorschlag von den Gläubigern der Kommanditgesellschaft angenommen, gerichtlich bestätigt und Anfang 1995 erfüllt wurde, bevor es Mitte 1996 zur Konkurseröffnung über das Vermögen der Gesellschaft (und in der Folge auch des Beschwerdeführers) kam (US 2, wobei die mangelnde Liquidität des Unternehmens vom Angeklagten selbst in seinem vehement jeden Vorwurf von sich weisenden Rechtsmittelvorbringen nicht geleugnet werden kann).
Aus welchem Grund die notwendige Mittelzufuhr für die sich nur kurzfristig erholende Gesellschaft scheiterte, vermag am strafbaren Verhalten des Rechtsmittelwerbers nichts zu ändern; dessen gegen andere in diesem Zusammenhang geäußerten Vorwürfe sind ‑ ohne dass dies eine „Schande für den Rechtsstaat“ darstellte oder dass „dadurch das Recht des Angeklagten auf ein faires Verfahren gemäß Art 6 MRK in massiver Form mit Füßen getreten würde“ ‑ nicht Gegenstand des hier zu beurteilenden Prozesses. Ebensowenig berührt es den strafrechtlichen Vorwurf, dass der Angeklagte ‑ bevor er Privatvermögen „nach Liechtenstein“ transferierte ‑ vorerst als Geschäftsmann „aus unternehmensethischen Gründen“ das Führen seines Betriebs als Gesellschaft mit beschränkter Haftung ablehnte.
Unproblematisch ist auch die Identität der ‑ das in Rede stehende Beiseiteschaffen thematisierende (ON 37 S 4), wenngleich auf das spätere Verheimlichen dieser Verfügung abstellende (ON 37 S 7) ‑ Anklage mit dem gegenständlichen Schuldspruch (vgl zum prozessualen Tatbegriff und insgesamt zum Themenkreis Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 502 ff, vor allem 504 [Diebstahl und Hehlerei], 506 f [zu prozessualen Aspekten] und 512 f [Prüfung, Beispiele]). Ein Informationsdefizit dazu konnte der Angeklagte fallaktuell aufgrund der oberstgerichtlichen Entscheidung im ersten Rechtsgang jedenfalls nicht behaupten (vgl Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 545).
Mehrmals spekuliert der Beschwerdeführer, dass aufgrund einer sich bereits im Februar 1994 abzeichnenden wirtschaftlichen Erholung der Kommanditgesellschaft eine Gläubigerschädigung nicht vorhersehbar und deshalb das Beiseiteschaffen von Vermögen bloß absolut untauglicher Versuch gewesen sei. Dazu ist lediglich daran zu erinnern, dass ein solcher aufgrund seit langem gefestigter Rechtsprechung nur ‑ wofür der Urteilssachverhalt keine Anhaltspunkte bietet ‑ dann vorläge, wenn die Verwirklichung der strafbaren Handlung auf die vorgesehene Art bei generalisierender Betrachtung ‑ losgelöst von den Besonderheiten des Einzelfalls ‑ geradezu denkunmöglich ist und demzufolge unter keinen Umständen erwartet werden kann (siehe etwa RIS‑Justiz RS0115363).
Die Einwände zur Verjährung überzeugen genauso wenig: In Anknüpfung an die Ausführungen in 11 Os 28/11v‑5 ist festzuhalten, dass der Begriff „Tat“ in § 58 Abs 3 Z 2 zweiter Fall StGB ‑ wie auch sonst ‑ den historischen Sachverhalt unabhängig von der rechtlichen Kategorisierung meint ( Marek in WK² § 58 Rz 21g). Die kritisierten Zwangsmaßnahmen im September 2008 bezogen sich ‑ dem Rechtsmittelvorwurf entgegen ‑ auf die in Rede stehende Stiftung und stellten (soweit es der damalige Wissensstand eben zuließ) sehr wohl auf Unterlagen ab, „die Aufschluss darüber geben können, wann Franz S***** die Gelder im Fürstentum Liechtenstein anlegte, wie er darüber verfügte, bzw weshalb er sie im Konkursverfahren verschwieg ...“. Ausgangspunkt war der Verdacht, der (damals) Beschuldigte „habe sein Vermögen in das Fürstentum Liechtenstein verschoben, um es dem Zugriff der Staatsanwaltschaft bzw seiner Gläubiger weiterhin zu entziehen“ (US 5 bis 7). Dass als Datum einmal 1996 genannt wird, schadet keineswegs.
Mit dem sinnentstellt isolierten Herausgreifen eines Satzes aus dem Erkenntnis 12 Os 118/87 (JBl 1988, 467; SSt 58/79) trachtet der Rechtsmittelwerber, den Beginn der Verjährungsfrist auf den Zeitpunkt des Beiseiteschaffens seines Vermögens, in eventu auf den Zeitpunkt des Antrags auf Eröffnung eines Schuldenregulierungsverfahrens im Dezember 1996 („als klar war, dass der Angeklagte die Gläubigerforderungen mit seinem restlichen Privatvermögen nicht vollumfänglich zu befriedigen im Stande war“) „vorzuverlegen“. Zu Unrecht: Betrügerische Krida nach § 156 StGB ist vollendet, sobald feststeht, dass ein Gläubiger infolge eines wirklich oder scheinbar Vermögen verringernden Verhaltens des Schuldners eine Forderung nur zum Teil oder gar nicht beglichen erhält ( Kirchbacher in WK² § 156 Rz 19); im Gegenstand war dies ‑ wie bereits zu 11 Os 28/11v‑5 bemerkt ‑ die Quotenfestsetzung im Schuldenregulierungsverfahren des Bezirksgerichts Bregenz, AZ 19 S 1/97m, mit Beschluss vom 15. Dezember 1998.
Bleibt zur Subsumtionsrüge (Z 10) prozessual anzumerken, dass die Unterscheidung zwischen Versuch und Vollendung seit dem Erkenntnis des verstärkten Senats 12 Os 119/06a, EvBl 2007/130, 700, als Strafbemessungstatsache aus § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO zu relevieren ist. Auch für diesen (materiellrechtlichen) Nichtigkeitsgrund gilt allerdings die Bindung an das Feststellungssubstrat des angefochtenen Urteils ( Fabrizy , StPO 11 § 281 Rz 3a).
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