OGH 12Os118/87

OGH12Os118/8722.10.1987

Der Oberste Gerichtshof hat am 22.Oktober 1987 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Keller als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Kral, Hon.Prof. Dr. Steininger, Dr. Hörburger und Dr. Rzeszut als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Dr. Bernscherer als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Anna F*** und Franz W*** wegen des Verbrechens der betrügerischen Krida nach §§ 156 Abs 1 und Abs 2, 161 Abs 1 StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Franz W*** gegen das Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 22. Juli 1987, GZ 12 b Vr 6746/86-29, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit des Vertreters des Generalprokurators, Generalanwalt Dr. Hauptmann, des Angeklagten Franz W*** und der Verteidigerin Dr. Mühl zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird verworfen.

Der Berufung wird Folge gegeben und die Strafe unter Anwendung des § 41 StGB auf 9 (neun) Monate herabgesetzt.

Gemäß § 390 a StPO fallen dem Angeklagten auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde (ua) Franz W*** (zu II/) des Verbrechens der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB als Beteiligter gemäß § 12 (dritter Fall) StGB schuldig erkannt.

Darnach hat er am 18.April 1986 in Wien zur Ausführung der strafbaren Handlung der (mit demselben Urteil rechtskräftig abgeurteilten Mitangeklagten) Anna F***, welche am selben Tag im bewußten und gewollten Zusammenwirken mit dem abgesondert verfolgten Gerhard K*** einen Bestandteil des Vermögens der Firma R***-G*** GmbH beiseitegeschafft und dadurch die Befriedigung der Gläubiger des genannten Unternehmens geschmälert hat, indem sie einen von den W*** S*** als Schuldenzahlung an die Firma R***-G*** GmbH ausgezahlten Geldbetrag in der Höhe von 285.176,14 S für eigene Zwecke unrechtmäßig verbrauchte, wobei sie durch die Tat einen 100.000 S übersteigenden Schaden herbeiführte, dadurch beigetragen, daß er im Einvernehmen mit Anna F*** (für welche er als Buchhalter tätig war) dieses Geld ins Ausland verbrachte und es dort (zusammen mit Anna F*** und Gerhard K***) für eigene Zwecke verbrauchte.

Rechtliche Beurteilung

Diesen Schuldspruch bekämpft der Angeklagte W*** mit einer auf die Z 5 und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO gestützten Nichtigkeitsbeschwerde, der jedoch keine Berechtigung zukommt. In rechtlicher Beziehung (Z 9 lit a) wendet der Beschwerdeführer ein, die ihm angelastete Verbringung des von Anna F*** (als Geschäftsführerin der Firma R***-G*** GmbH) bei den W*** S*** kassierten Geldbetrages ins Ausland und dessen dortiger Verbrauch könne nicht als sonstiger Tatbeitrag zur betrügerischen Krida der Genannten beurteilt werden, weil im Zeitpunkt seiner Mitwirkung das in Rede stehende Verbrechen bereits vollendet gewesen sei; Anna F*** habe nämlich schon dadurch, daß sie das (namens der Firma) kassierte Geld nicht ordnungsgemäß in die Firmenkasse einbrachte bzw auf ein Firmenkonto einzahlte, sondern es bei sich behielt, den Tatbestand des § 156 StGB zur Gänze erfüllt gehabt; die Feststellung hinwieder, daß sich der Beschwerdeführer bereits vor dem Inkasso des Geldes mit F*** und K*** dahin abgesprochen habe, sich gemeinsam mit den Genannten mit dem Geld ins Ausland abzusetzen, sei mangelhaft begründet (Z 5). Abgesehen davon, daß auch dann, wenn man der Rechtsauffassung des Beschwerdeführers folgte, dieser nicht straflos wäre, sondern (fremdnützige bzw eigennützige) Hehlerei zu verantworten hätte, trifft es entgegen der Meinung des Beschwerdeführers nicht zu, daß im Zeitpunkt seiner Tatmitwirkung die betrügerische Krida der Anna F*** (und des Gerhard K***) bereits vollendet gewesen ist. Denn das Delikt nach § 156 StGB ist erst mit dem Eintritt einer Schädigung zumindest eines Gläubigers vollendet (Kienapfel BT II § 156 Rz 4, 17; Leukauf-Steininger Komm2 § 156 RN 13; Liebscher im Wr Komm § 156 RZ 22). Im Falle des Beiseiteschaffens muß daher der Vermögensbestandteil dem Zugriff der Gläubiger, sei es durch Verbringen an einen anderen Ort udgl, sei es durch Veränderung der rechtlichen Lage, tatsächlich entzogen worden sein

(vgl Leukauf-Steininger aaO § 156 RN 5; Rittler2 II 248). Dadurch,

daß Anna F*** als Geschäftsführerin der Firma R***-G*** GmbH den (namens dieser Firma)

kassierten Geldbetrag nicht sogleich in die Firmenkasse einbrachte bzw auf ein Firmenkonto einzahlte, war aber dieser Betrag (noch) nicht dem Zugriff der Firmengläubiger effektiv entzogen; dieser Erfolg trat erst durch dessen (kurz darauf erfolgte) Verbringung ins Ausland ein. Da der Beschwerdeführer seinen eigenen Angaben zufolge (vgl S 136), wovon auch die Beschwerde ausgeht (S 166), jedenfalls vor der Verbringung des Geldes ins Ausland vom verbrecherischen Tatplan der unmittelbaren Täterin Anna F*** Kenntnis erlangt hatte und in Kenntnis dessen deren Tatausführung unterstützte, wurde sein im Spruch bezeichnetes Verhalten zu Recht als sonstiger Tatbeitrag im Sinne des § 12 dritter Fall StGB zu § 156 Abs 1 und Abs 2 StGB beurteilt.

So gesehen ist es aber rechtlich ohne Belang, ob die der Tatförderung zugrundeliegende Absprache vor dem Inkasso des Geldes oder erst unmittelbar danach stattgefunden hat, womit das Vorbringen in der Mängelrüge keinen entscheidungswesentlichen Umstand betrifft. Im übrigen hat sich der Beschwerdeführer eingangs der Hauptverhandlung im Sinne der Anklage schuldig bekannt (S 133). Nur der Vollständigkeit halber sei beigefügt, daß für den Beschwerdeführer auch dann nichts gewonnen ist, wenn - im Sinne des Vorbringens der Verteidigung im Gerichtstag - berücksichtigt wird, daß er im Tatzeitpunkt gegen die Firma R***-G*** GmbH Anspruch auf zwei ausständige Monatsgehälter hatte, ihm mithin selbst eine Forderung gegen das Unternehmen zustand, die er aus dem beiseitegeschafften Geldbetrag (von rund 185.000 S) vorweg befriedigen wollte und befriedigt hat. Denn dieser Anspruch betrug lediglich rund 24.000 S (vgl S 137), sodaß sich auch unter diesem Aspekt der Tatbeitrag des Beschwerdeführers auf einen 100.000 S jedenfalls übersteigenden Schaden (§ 156 Abs 2 StGB) bezogen hat. Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach als zur Gänze unbegründet zu verwerfen.

Das Schöffengericht verurteilte den Angeklagten W*** nach § 156 Abs 2 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 1 (einem) Jahr, wobei es diese Strafe gemäß § 43 Abs 1 StGB unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachsah.

Bei der Strafbemessung wertete als erschwerend keinen Umstand, als mildernd hingegen das umfassende und reumütige Geständnis sowie den bisherigen ordentlichen Lebenswandel des Angeklagten. Mit seiner Berufung strebt Franz W*** die Herabsetzung der Freiheitsstrafe an.

Der Berufung kommt Berechtigung zu.

Zwar kann entgegen dem Berufungsvorbringen von einer bloß untergeordneten Beteiligung des Berufungswerbers nicht gesprochen werden. Ebensowenig liegt der von der Berufungsausführung ins Treffen geführte Milderungsgrund des § 34 Z 3 StGB vor. Zu den bereits in erster Instanz zutreffend festgestellten Strafzumessungsgründen kommt aber als weiterer mildernder Umstand hinzu, daß sich der Berufungswerber offensichtlich nur unter dem Einfluß der Mitangeklagten Anna F*** und des abgesondert verfolgten Gerhard K*** an der Tat beteiligt hat. Mithin liegen insgesamt drei Milderungsgründe vor, denen kein Erschwerungsumstand gegenübersteht und die beträchtliches Gewicht haben, wobei überdies - vor allem im Hinblick darauf, daß die Verfehlung des Berufungswerbers mit seinem bisherigen ordentlichen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht - begründete Aussicht besteht, daß sich der Angeklagte auch bei Verhängung einer das gesetzliche Mindestmaß der Strafdrohung des § 156 Abs 2 StGB unterschreitenden Freiheitsstrafe in Hinkunft wohlverhalten wird. Demnach sind im vorliegenden Fall alle Voraussetzungen einer außerordentlichen Strafmilderung gegeben, sodaß in Stattgebung der Berufung die über Franz W*** verhängte (bedingt nachgesehene) Strafe unter Anwendung des § 41 StGB auf das aus dem Spruch ersichtliche - im übrigen auch zu der über die unmittelbare Täterin Anna F***, der überdies noch das Vergehen der fahrlässigen Krida zur Last liegt, verhängten (gleichfalls einjährigen) Freiheitsstrafe in angemessener Relation stehende - Ausmaß herabzusetzen war.

Über die Rechtsmittel des Angeklagten W*** war somit insgesamt spruchgemäß zu erkennen.

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