Spruch:
Die Fabian F***** mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 6. Juli 2010, GZ 24 Hv 88/10x-7, gewährte bedingte Strafnachsicht wird widerrufen.
Text
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Fabian F***** der Vergehen des Diebstahls nach §§ 127, 15 StGB (1./a./ und 2./), der Nötigung nach §§ 15, 105 Abs 1 StGB (1./b./), der Sachbeschädigung nach § 125 StGB (1./c./) und der falschen Beweisaussage nach § 288 Abs 1 StGB (3./) schuldig erkannt und über ihn unter Anwendung von § 28 StGB nach § 288 Abs 1 StGB eine zweimonatige Freiheitsstrafe verhängt. Mit Beschluss wurde gemäß § 494a Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO iVm § 53 Abs 1 StGB die zu AZ 24 Hv 88/10x des Landesgerichts Feldkirch gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen.
Danach hat er in Feldkirch
1./ am 2. März 2011
a./ eine fremde bewegliche Sache, nämlich eine Flasche Marillenschnaps im Wert von 8,99 Euro, Gewahrsamsträgern der B***** AG mit dem Vorsatz weggenommen, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;
b./ den ihn bei der Tat zu 1./a./ auf frischer Tat betretenden Security-Mitarbeiter Glenn D***** mit Gewalt, nämlich durch Wegdrücken und Stöße sowie durch Abwehrbewegungen mit den Beinen, zur Unterlassung seiner Festnahme zu nötigen versucht;
c./ eine fremde Sache vorsätzlich beschädigt, indem er seine blutende Kopfwunde an der Sitzlehne und der Nackenstütze eines Polizei-Einsatzfahrzeugs abstreifte;
2./ am 16. März 2011 fremde bewegliche Sachen, nämlich eine Hose, eine Jacke und einen Gürtel im Gesamtwert von 81,85 Euro Gewahrsamsträgern des Bekleidungsgeschäfts H***** mit dem Vorsatz wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern;
3./ am 16. März 2011 vor dem Landesgericht Feldkirch in der Strafsache gegen Claudio Z*****, AZ 51 Hv 29/10v, als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache falsch ausgesagt, indem er wahrheitswidrig behauptete, von diesem niemals Speed erhalten zu haben.
Rechtliche Beurteilung
Gegen die Schuldsprüche 1./a./, b./ und c./ richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 5, 9 lit b, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten. Auf den gegen das gesamte Urteil gerichteten Aufhebungsantrag war mangels eines Vorbringens zu den Schuldsprüchen 2./ und 3./ nicht Rücksicht zu nehmen (§ 285 Abs 1 StPO).
Mit Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) zum Schuldspruch 1./c./ behauptet der Beschwerdeführer, seine Verantwortung, aufgrund seiner im Polizeiauto noch blutenden Kopfwunde wäre es unabhängig von seinem Verhalten jedenfalls zu einer Verschmutzung gekommen, sei gänzlich unerörtert geblieben; er übersieht jedoch, dass die angesprochene Aussage lediglich eine nicht erörterungsbedürftige Vermutung („ich denke, …“ [ON 18 S 5]) wiedergibt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 428).
Die von den Tatrichtern ohnehin berücksichtigte (US 5) Aussage der Zeugin Natascha He***** bedurfte in Ansehung der Behauptung einer auch noch im Polizeiauto blutenden Kopfverletzung keiner näheren Erörterung, weil die Tatrichter von einer solchen ohnehin ausgingen (US 4).
Soweit der Beschwerdeführer unter Berufung auf allgemeine Erfahrungssätze und die Gesetze logischen Denkens abstrakt spekuliert, die Verschmutzung wäre aufgrund der blutenden Kopfverletzung auch unabhängig von seinen Abstreifbewegungen eingetreten, strebt er für sich günstigere Konstatierungen an, kritisiert damit jedoch lediglich in einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Weise die Beweiswürdigung der Tatrichter nach Art einer Berufung wegen des Ausspruchs über die Schuld.
Gestützt auf Z 9 lit b des § 281 Abs 1 StPO behauptet der Angeklagte zum Schuldspruch 1./b./ eine völlig unangemessene Gewaltanwendung durch Glenn D*****, weswegen seine Reaktion „den guten Sitten (im Sinne des § 105 Abs 2 StGB) nicht zuwider“ laufe. Dieses Vorbringen ignoriert die Urteilsannahmen, wonach Glenn D***** den Angeklagten zunächst zum Stehenbleiben aufforderte, ihn, als er weiterging, festhielt und den Angeklagten erst nach dessen Gegenwehr ins Geschäft zurückzog, den Fixiergriff anwendete und ihn zu Boden drückte (US 3 f). Die Rechtsrüge verfehlt solcherart mangels Orientierung am Urteilssachverhalt die gesetzlichen Anfechtungskriterien (RIS-Justiz RS0099810).
Die eine Unterstellung des zu 1./a./ beschriebenen Verhaltens unter § 141 Abs 1 StGB anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) übergeht, dass sich der Beschwerdeführer eines Diebstahls von Schnaps mangels Geldes (ON 2 S 19) schuldig bekannt hat und hiefür seinen momentanen Zustand („total dicht“), nicht aber den Umstand, „schon gerne Marillenschnaps“ zu trinken (womit im Übrigen gar kein gegenwärtiges Bedürfnis angesprochen wird), als Motiv für den Diebstahl angeführt hat (jeweils ON 18 S 4). Der geltend gemachte Feststellungsmangel (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 600 ff) liegt somit nicht vor.
Im bisher behandelten Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde - wie bereits die Generalprokuratur zutreffend ausführte - daher zu verwerfen.
Zu Recht moniert die Sanktionsrüge (Z 11 zweiter Fall), dass dem Angeklagten ausgehend von den Feststellungen zum Schuldspruch 1./a./, wonach das Verbergen der Flasche in der Kleidung im Geschäft von Mitarbeitern beobachtet und er im Ausgangsbereich vom Security-Mitarbeiter festgehalten wurde (US 3), lediglich ein im Stadium des Versuchs gebliebener Diebstahl zur Last fällt (Fabrizy, StGB10 § 127 Rz 13), während das Erstgericht rechtsirrig von Vollendung ausging und demzufolge in offenbar unrichtiger Beurteilung der hiefür maßgeblichen Feststellungen (Strafzumessungstatsachen) den Milderungsgrund des § 34 Abs 1 Z 13 StGB (zu 1./a./) nicht angenommen hat (RIS-Justiz RS0122137).
Es war somit - ebenfalls in Übereinstimmung mit der Generalprokuratur - in teilweiser Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt zu bleiben hatte, im Strafausspruch (einschließlich der Vorhaftanrechnung) und demnach auch der Beschluss gemäß § 494a Abs 1 Z 4 StPO aufzuheben und gemäß § 288 Abs 2 Z 3 StPO die Strafe neu zu bemessen sowie über den Antrag auf Widerruf der mit Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 6. Juli 2010, GZ 24 Hv 88/10x-7, gewährten bedingten Strafnachsicht zu erkennen.
Bei der Strafbemessung waren erschwerend fünf einschlägige Vorstrafen seit 2007 und das Zusammentreffen von vier Vergehen, mildernd jedoch das Geständnis und das Verbleiben zweier Vergehen im Versuchsstadium sowie der insgesamt geringe Schaden. Aufgrund § 295 Abs 2 erster Satz StPO musste mit der aus dem Spruch ersichtlichen - hinter dem Tatschuldgehalt weit zurückbleibenden - Strafe das Auslangen gefunden werden.
Aus den in § 53 Abs 1 StGB genannten spezialpräventiven Gründen war überdies mit Widerruf der bedingten Nachsicht der mit seit 9. Juli 2010 rechtskräftigem Urteil des Landesgerichts Feldkirch vom 6. Juli 2010, GZ 24 Hv 88/10x-7, verhängten fünfmonatigen Freiheitsstrafe wegen des Verbrechens des durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls und der Vergehen der Urkundenunterdrückung und der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1; 229 Abs 1; 241e Abs 3 StGB vorzugehen (§ 494a Abs 1 Z 4, Abs 4 StPO).
Mit seiner Berufung und der Beschwerde war der Angeklagte auf diese Entscheidung zu verweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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