Spruch:
Der Antrag der klagenden Partei auf Durchführung einer mündlichen Revisionsverhandlung wird abgewiesen.
Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Mit Beschluss vom 26. April 2010 hat das Erstgericht einen Schiedsspruch des International Court of Arbitration (ICC) idF eines Nachtrags zum Schiedsspruch und ein Urteil der Cour d'Appel de Paris für vollstreckbar erklärt und der hier beklagten Partei als betreibender Partei gegen die hier klagende Partei als verpflichtete Partei die Zwangsvollstreckung zur Hereinbringung der vollstreckbaren Forderung von 254.977,65 EUR sA bewilligt. Die Vollstreckbarerklärung und die Exekutionsbewilligung sind zwischenzeitig rechtskräftig (siehe 3 Ob 65/11x und 3 Ob 248/11h).
Die verpflichtete Partei brachte am 4. November 2010 eine Oppositionsklage ein, wonach der betriebene Anspruch erloschen sei; eventualiter wurde auch ein Feststellungsbegehren erhoben, wonach die betriebene Forderung durch Aufrechnung erloschen sei. Inhaltlich wurde zu beiden Begehren vorgebracht, dass der verpflichteten Partei über den betriebenen Anspruch hinausgehende Gegenforderungen aus dem Titel frustrierter Aufwendungen in Höhe von 330.049,86 EUR sowie des Schadenersatzes wegen eines (der Höhe nach nicht eruierbaren, mit „mindestens Mio EUR 1.567“ bezifferten) entgangenen Gewinns zustünden, die der betriebenen Forderung aufrechnungsweise entgegengehalten würden. Die Gegenforderung sei im Schiedsverfahren als unberechtigt zurückgewiesen worden.
Das Erstgericht wies das Hauptbegehren und das Eventualbegehren ab. Das Schiedsgericht habe inhaltlich über die Gegenforderung entschieden, weshalb sie nun nicht zum Gegenstand einer Oppositionsklage gemacht werden könne.
Das Berufungsgericht bestätigte das Ersturteil in der Hauptsache mit der Maßgabe, dass das Eventualbegehren nicht ab-, sondern zurückgewiesen wurde: Während eines anhängigen Exekutionsverfahrens könnten Einwendungen gegen den betriebenen Anspruch nur mittels Oppositionsklage, nicht aber mit einer auf demselben Tatsachensubstrat basierenden Feststellungsklage erhoben werden. Die Gegenforderung wegen frustrierter Aufwendungen von 330.049,86 EUR sei bereits meritorisch im Schiedsverfahren behandelt worden; die Gegenforderung aus dem Titel entgangenen Gewinns sei in der Oppositionsklage weder konkretisiert noch spezifiziert noch beziffert worden und daher unschlüssig.
Rechtliche Beurteilung
In ihrer außerordentlichen Revision macht die klagende Partei keine erhebliche Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) geltend.
1. Ab der Exekutionsbewilligung lässt das Gesetz nur die Oppositionsklage zur Feststellung des Erlöschens oder der Hemmung des Anspruchs zu; für eine eventualiter (oder auch als Hauptbegehren) erhobene Feststellungsklage fehlt es an einer Prozessvoraussetzung (RIS-Justiz RS0001715 [T1, T2]). Daran ändert auch der Umstand nichts, dass mittlerweile die Exekutionsbewilligung rechtskräftig ist und dass die betreibende Partei theoretisch den Exekutionsantrag zurückziehen könnte (was bisher offenbar nicht geschehen ist).
2. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 1 Ob 623/51 = SZ 24/220 ausgesprochen, dass die Aufrechnung stets dann mit Oppositionsklage geltend gemacht werden kann, wenn deren Geltendmachung im Titelverfahren nicht möglich war, etwa weil es ein Schiedsgericht ablehnte, auf die Einwendung einer Gegenforderung einzugehen.
Ein solcher Fall liegt aber nicht vor, weil die Gegenforderungen wegen frustrierter Aufwendungen im Gesamtbetrag von 330.049,86 EUR nach den in zutreffender Auslegung des Schiedsspruchs getroffenen Feststellungen bereits Gegenstand des Titelverfahrens vor dem ICC-Schiedsgericht waren. Die Ansprüche wurden wegen fehlender Kausalität verneint.
Der Verdienstentgang hätte bereits im Schiedsverfahren als Gegenforderung geltend gemacht werden können, weshalb diesbezüglich eine Aufrechnung im Oppositionsverfahren nicht zulässig ist (RIS-Justiz RS0000776, RS0000786).
3. Dass einer Schlüssigstellung der Oppositionsklage hinsichtlich der Behauptung einer Gegenforderung von mindestens 1.567.000 EUR die Eventualmaxime (§ 35 Abs 3 EO) entgegensteht, ist keineswegs unvertretbar. Eine Schlüssigstellung erfordert zwingend neues Tatsachenvorbringen über das Maß einer bloßen Verdeutlichung oder Präzisierung des bisherigen Vorbringens (dazu RIS-Justiz RS0001307 [T4]) hinaus. § 273 ZPO erleichtert nur die Beweislast, nimmt aber nicht die Behauptungslast hinsichtlich der Gegenforderung ab (RIS-Justiz RS0040439).
4. Nach der Rechtsprechung kann gegen die vom betreibenden Gläubiger in Exekution gezogenen Kosten eines Zivilprozesses oder eines Schiedsgerichtsverfahrens im Oppositionsprozess eine Schuldtilgung durch Aufrechnung nicht eingewendet werden, wenn diese Kosten Annex zu einer Hauptforderung sind, gegen die eine Aufrechnung als Oppositionsgrund nach § 35 Abs 1 EO nicht in Betracht kommt (3 Ob 290/05a = SZ 2006/43 = RIS-Justiz RS0121012; vgl auch RIS-Justiz RS0000770). Allerdings kann die Aufrechnung gegen die Kostenforderung als Oppositionsgrund herangezogen werden, soweit das Unterbleiben der Aufrechnung im Titelverfahren für das Entstehen der Kostenforderung unerheblich war.
Soweit die in den Titelverfahren ergangenen Kostenzusprüche zugunsten der beklagten Partei Folge deren Obsiegens sind (weil die Gegenforderungen aus dem Titel der frustrierten Aufwendungen im Titelverfahren nicht als berechtigt erkannt wurden), handelt es sich um Annexentscheidungen zur Entscheidung in der Hauptsache; diesbezüglich stellt eine Aufrechnung gegen den Kostenzuspruch keinen Oppositionsgrund dar. Soweit Schadenersatzansprüche als Gegenforderung ins Spiel gebracht wurden, sind diese aus den oben bereits genannten, aus der Eventualmaxime folgenden Gründen nicht tauglich, als Oppositionsgrund zu dienen.
5. Gemäß § 509 Abs 1 ZPO entscheidet der Oberste Gerichtshof über die Revision grundsätzlich in nichtöffentlicher Sitzung ohne vorherige mündliche Verhandlung. Da der Oberste Gerichtshof nicht Tatsacheninstanz ist, besteht kein Anlass, im Sinne des § 509 Abs 2 ZPO ausnahmsweise eine mündliche Revisionsverhandlung anzuordnen. Der diesbezügliche Antrag der klagenden Partei ist daher als unbegründet abzuweisen (RIS-Justiz RS0043679 [T5]).
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