Spruch:
Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die Vorinstanzen erklärten die auf § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG gestützte Aufkündigung für rechtswirksam, weil der Mieter infolge Verbüßung der rechtskräftig über ihn verhängten Haftstrafe von zwanzig Jahren den Mietgegenstand, den er zur Gänze weitergegeben habe, offenbar in naher Zeit nicht für sich oder eintrittsberechtigte Personen dringend benötige.
Rechtliche Beurteilung
Der Beklagte macht als erhebliche Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO geltend, es fehle Rechtsprechung dazu, ob die Abwesenheit infolge Verbüßung einer zwanzigjährigen Haftstrafe die von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien für das dringende Wohnbedürfnis „offenbar in naher Zeit“ erfülle.
Unter dem Begriff „offenbar in naher Zeit“ wird nur ein konkreter zukünftiger Bedarf verstanden; dabei kommt es nicht so sehr auf den Zeitraum, sondern auf die gesicherte Zukunftsprognose an. Das Tatbestandsmerkmal „offenbar in naher Zeit“ kann auch durch Zeiträume, die ein Jahr erheblich übersteigen, verwirklicht sein (1 Ob 179/04m; vgl RIS-Justiz RS0068919). Kein schutzwürdiges Interesse an der aufgekündigten Wohnung besteht bei bloß unbestimmten und unsicheren Möglichkeiten eines künftigen Bedarfs (RIS-Justiz RS0070643). Die Beweispflicht dafür, dass er in naher Zeit die Wohnung dringend benötigt, trifft den Mieter (RIS-Justiz RS0070679).
Die Situation des aufgekündigten Beklagten ist dadurch gekennzeichnet, dass auf lange Sicht (rechtskräftige zwanzigjährige Freiheitsstrafe, von der er zum maßgeblichen Zeitpunkt der Weitergabe bzw der Aufkündigung, siehe RIS-Justiz RS0070701, erst einen geringen Teil verbüßt hat) in keiner Weise absehbar ist, ob der Beklagte die von ihm aufgegebene Wohnung wieder zur Befriedigung eines dringenden Wohnbedürfnisses benötigen wird. Weder ist das genaue Haftende einschätzbar, noch der Gesundheitszustand oder die sonstigen Lebensumstände des Beklagten, welcher zum Zeitpunkt des Haftantritts bereits 62 Jahre alt war. Es bildet daher keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, wenn es unter diesen Umständen die Voraussetzungen des Kündigungsgrundes nach § 30 Abs 2 Z 4 erster Fall MRG verwirklicht ansah. Die vom Beklagten ins Treffen geführten Vorentscheidungen haben stets unvergleichlich kürzere Prognosezeiträume zum Gegenstand gehabt (berufliche Abwesenheiten, Ausbildungsdauer etc). Dass die Person, welche nunmehr die aufgekündigte Wohnung bewohnt, nicht eintrittsberechtigt im Sinn des § 14 Abs 3 MRG ist, ist im Revisionsverfahren unbestritten.
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