OGH 7Ob36/12p

OGH7Ob36/12p19.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin des Obersten Gerichtshofs Dr. Huber als Vorsitzende und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schaumüller, Dr. Hoch, Dr. Kalivoda und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Heimaufenthaltssache der Bewohnerin M***** B*****, geboren am 25. August 1921, *****, vertreten durch den Verein gemäß § 8 Abs 2 HeimAufG, Niederösterreichischer Landesverein für Sachwalterschaft und Bewohnervertretung, Bräuhausgasse 5/2/2, 3100 St. Pölten (Bewohnervertreterin Mag. V*****), dieser vertreten durch Dr. Helmut Heiger, Rechtsanwalt in Wien, über den Revisionsrekurs der Bewohnervertreterin gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 25. Jänner 2012, GZ 23 R 29/12f‑5, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Melk vom 30. Dezember 2011, GZ 1 HA 6/11i‑2, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Die Heimaufenthaltssache wird zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Text

Begründung

Mit Schriftsatz vom 23. 12. 2011 stellte die Bewohnervertreterin den Antrag, die am 1. 7. 2005 beginnende Freiheitsbeschränkung der Bewohnerin durch Hindern am Verlassen des Bettes mittels Seitenteilen zu überprüfen. Nach der beiliegenden Meldung werde die Freiheitsbeschränkung („mittags und abends“) seit 1. 7. 2005 mit Zustimmung der einsichts‑ und urteilsfähigen Bewohnerin durchgeführt, um zu verhindern, dass sie aus dem Bett falle. Beim erstmaligen Besuch am 15. 3. 2007 habe sich (noch) ergeben, dass die Maßnahme der beidseitig aufgezogenen Seitenteile korrekt als Freiheitseinschränkung mit Zustimmung der Bewohnerin gemeldet worden sei, weil sie damals jedenfalls hinsichtlich dieser Maßnahme einsichts‑ und urteilsfähig gewesen sei. Beim Überprüfungsbesuch am 14. 12. 2011 habe sich der kognitive Zustand der Bewohnerin jedoch soweit verschlechtert gehabt, dass eine Einsichtsfähigkeit „wahrscheinlich“ nicht mehr gegeben sei. Die Seitenteile würden aber immer noch täglich bei der Bettruhe aufgezogen, obwohl eine erhebliche Gefährdung durch Sturzgefahr aus dem Bett nicht bestehe. Die Maßnahme werde im Sinn des mutmaßlichen Willens der Bewohnerin weiterhin angewendet, weil sie von der Bewohnerin im Zustand der Einsichtsfähigkeit gewünscht worden sei. Hinweise, dass die Seitenteile zur Gefährdung per se würden oder von der Bewohnerin augenscheinlich abgelehnt würden, hätten sich nicht ergeben. Die Bewohnerin sei in einem Rollstuhl sitzend wach und ansprechbar angetroffen worden, habe aber nur auf die Frage nach ihrem Befinden mit „gut“ antworten können. Ein Gespräch über ihre Situation sei nicht möglich gewesen. Insgesamt habe sie entspannt und zufrieden gewirkt.

Mit der kognitiven Verschlechterung gehe auch der Verlust der für die Einwilligung in freiheitsbeschränkende Maßnahmen erforderlichen Einsichts‑ und Urteilsfähigkeit einher. Die ursprünglich zulässigerweise durchgeführte Freiheitseinschränkung mittels beidseits hochgezogener Seitenteile am Bett sei daher ab dem Zeitpunkt des Verlusts der Einwilligungsfähigkeit seitens der Einrichtung neu zu beurteilen. Für die Weiterführung dieser Maßnahme seien die formellen und materiellen Zulässigkeitsvoraussetzungen der §§ 4 ff HeimAufG zu berücksichtigen, weil nun eine Freiheitsbeschränkung ohne Willen der Bewohnerin vorliege. Das Pflegeheim habe sich aber bewusst dazu entschlossen, keine schonenderen (nicht in das Freiheitsrecht eingreifenden) Alternativen auszuprobieren, weil solche nach Ansicht des Heims nicht dem mutmaßlichen Willen der Bewohnerin entsprechen würden. Bei einer Aufhebung der Maßnahme liege keine ernstliche und erhebliche Gefährdung der Bewohnerin vor.

Es stelle sich die Frage, ob die einmal erteilte Zustimmung einer damals einwilligungsfähigen Bewohnerin auch wirksam bleibe, wenn diese später die erforderliche Einsichts‑ und Urteilsfähigkeit nicht mehr besitze (in Analogie zur Patientenverfügung), ob die ursprünglich rechtswirksam erteilte Einwilligung mit Verlust der Einwilligungsfähigkeit automatisch ihre „Legitimität“ verliere oder ob allenfalls ein ‑ ausdrücklicher oder konkludenter ‑ Widerruf seitens der Bewohnerin erfolgen müsse.

Die Bewohnervertreterin begehrte die Beiziehung eines Pflegesachverständigen zur Prüfung, ob die ‑ nunmehr ohne den Willen durchgeführte ‑ Freiheitsbeschränkung zulässig sei, dem Verhältnismäßigkeitsprinzip entspreche und außerdem das geeignete und gelindeste Mittel darstelle, und ersuchte darum, dem Sachverständigen aufzutragen, er solle bekannt geben, welche pflegerischen Alternativen und gelindere Mittel gegebenenfalls zur Anwendung kommen könnten.

Das Erstgericht wies den Antrag ohne weitere Prüfung ab. Eine Freiheitsbeschränkung gemäß § 3 Abs 2 HeimAufG liege nicht vor, weil die damals einsichts‑ und urteilsfähige Bewohnerin der Unterbindung der Ortsveränderung zugestimmt habe und sich kein Hinweis darauf ergebe, dass das Aufziehen der Seitenteile zur Gefährdung würde oder von der Bewohnerin (nunmehr) abgelehnt würde. Sie habe auch keine Erklärungen abgegeben oder Handlungen gesetzt, aus denen geschlossen werden könnte, dass sie ihre Einwilligung zur Vornahme der Beschränkung mittels Aufziehen von Seitenteilen widerrufen hätte. Ein mittlerweile eingetretener Verlust der Einsichts‑ und Urteilsfähigkeit könne daran nichts ändern, weil nach dem mutmaßlichen Willen der Betroffenen weiterhin von einer Zustimmung zur Beschränkung ihrer Freiheit auszugehen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Bewohnervertreterin nicht Folge und schloss sich der Beurteilung des Erstgerichts an. Liege eine Zustimmung gemäß § 3 Abs 2 HeimAufG vor, handle es sich definitionsgemäß nicht mehr um eine Freiheitsbeschränkung, sodass die Verhältnismäßigkeit nicht zu überprüfen sei. Aktenkundig habe die Bewohnerin im Juli 2005 dem Aufziehen von Bettseitenteilen während der Bettruhe in den Nachtstunden und während der Mittagsruhe zugestimmt, um das Herausfallen aus dem Bett zu verhindern (AS 7). Zum Zeitpunkt dieser Zustimmung sei die Einsichtsfähigkeit der Bewohnerin vorgelegen. Die Ansicht des Erstgerichts, dass diese Zustimmung zur Freiheitsbeschränkung „weiter fortwirkt“, sei zu teilen, zumal die Bewohnerin einen zufriedenen Eindruck mache und keine Anhaltspunkte dafür vorlägen, dass sie das Aufziehen der Seitenteile ablehnen würde. Da ‑ dem mutmaßlichen Willen der Bewohnerin folgend ‑ davon auszugehen sei, dass sie mit der Beschränkung der Freiheit einverstanden sei, seien die Voraussetzungen für eine Überprüfung der gesetzten Maßnahme durch einen Sachverständigen nicht gegeben.

Der Bewohnervertreterin sei jedoch darin beizupflichten, dass sich eine dem UbG vergleichbare Regelung hinsichtlich der zeitlichen Begrenzung von Maßnahmen (sechs Wochen bei Unterbringung mit Zustimmung des Patienten nach dem UbG) im HeimAufG nicht finde, sodass die einmal erteilte wirksame Zustimmung nach dem Verlust der Einsichts‑ und Urteilsfähigkeit nicht mehr widerrufen werden könne.

Mangels höchstgerichtlicher Rechtsprechung zur Frage, ob eine einmal abgegebene Zustimmungserklärung zu freiheitsbeschränkenden Maßnahmen nach dem Verlust der Einsichts‑ und Urteilsfähigkeit weiter fort wirke oder ob die Wirksamkeit der davor erteilten Zustimmung damit wegfalle, sei der ordentliche Revisionsrekurs zuzulassen.

Dagegen richtet sich der Revisionsrekurs der Bewohnervertreterin mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und dem Erstgericht die neuerliche Beschlussfassung nach Verfahrensergänzung aufzutragen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig und auch berechtigt.

Die Rechtsmittelwerberin wendet sich gegen die Beurteilung des Rekursgerichts, dass die Zustimmung zur Freiheitsbeschränkung weiter fortwirke, weil keine Anhaltspunkte für eine Ablehnung des Aufziehens der Seitenteile vorlägen, zumal die Bewohnerin einen zufriedenen Eindruck mache und die Beschränkung ihrer Freiheit offenbar ihrem mutmaßlichen Willen entspreche. Ob die Bewohnerin derzeit kognitiv überhaupt dazu in der Lage wäre, ihre Zustimmung zu widerrufen, bleibe völlig offen. Der Begriff Freiheitsbeschränkung sei auch als Unterbindung der Ortsveränderung „ohne“ Willen des Bewohners definiert. Daher sei es unumgänglich, ab dem Zeitpunkt des Verlusts der Einsichts‑ und Urteilsfähigkeit zu prüfen, ob die freiheitsbeschränkende Maßnahme, die damals nur im Willen der Bewohnerin begründet gewesen sei, (nunmehr) auf Basis des § 4 HeimAufG zulässig sei, weil etwa eine erhebliche Gefährdung drohe und es keine schonenderen Pflegemaßnahmen als Alternative zum Freiheitseingriff gebe. Dies zeige auch ein Vergleich mit dem UbG, das bei der Unterbringung auf Verlangen die Einsichts‑ und Urteilsfähigkeit zum Zeitpunkt des Verlangens voraussetze, aber die Wirkungsdauer des Aufnahmeverlangens mit sechs Wochen begrenze, um sicherzustellen, dass eine Person, die einmal freiwillig in den geschlossenen Bereich eingetreten sei, dort nicht unbegrenzt lange ohne gerichtliche Überprüfung zurückgehalten werde, obgleich die Aufnahme vielleicht gar nicht mehr vom Willen des Betroffenen gedeckt sei. Im HeimAufG gebe es grundsätzlich (abgesehen von Beschlüssen infolge gerichtlicher Überprüfungen) keine zeitlich begrenzten Freiheitsbeschränkungen oder Freiheitseinschränkungen. Eine einmal erteilte rechtswirksame Zustimmung zu einer Freiheitseinschränkung, die auch noch Jahre nach dem Verlust der damals noch vorhandenen Einwilligungsfähigkeit Gültigkeit besitzen würde, hätte daher eben das zur Folge, was mit der Sechs‑Wochen‑Frist des UbG verhindert werden sollte. Die Rechtsfigur des mutmaßlichen Patientenwillens sei für das HeimAufG nicht anwendbar, weil es als Rechtsschutzinstrument gegen unrechtmäßige Freiheitsbeschränkungen konzipiert sei und gerade dieser erwünschte Rechtsschutz bei Annahme der Fortwirkung eines mutmaßlichen Parteiwillens unterbunden würde.

Hiezu wurde erwogen:

Nach § 3 Abs 1 HeimAufG liegt eine Freiheitsbeschränkung im Sinn dieses Bundesgesetzes vor, wenn eine Ortsveränderung einer betreuten oder gepflegten Person (Bewohner) gegen oder ‑ wie allenfalls hier ‑ „ohne ihren Willen“ mit physischen Mitteln, insbesondere durch mechanische, elektronische oder medikamentöse Maßnahmen, oder durch deren Androhung unterbunden wird. Da die Seitenteile des Pflegebettes nicht nur die unwillkürlichen Bewegungen im Schlaf, sondern auch die willkürlichen Bewegungen einschränken ‑ wozu die Bewohnerin hier unstrittig noch in der Lage ist ‑, sind sie eindeutig als freiheitsbeschränkende Maßnahmen im Sinne des § 3 Abs 1 HeimAufG zu qualifizieren (RIS‑Justiz RS0121221 [T4]; vgl auch RS0121662). Denn der Schutz des HeimAufG entfällt nach ständiger Rechtsprechung nicht schon deshalb, weil ein Bewohner seine Bewegungsfreiheit auf Grund seines schlechten gesundheitlichen Zustands nicht in Anspruch nehmen kann oder auf Grund seiner psychischen Situation nicht [mehr] bewusst erlebt (ErlRV 353 BlgNR 22. GP 8 ff; 7 Ob 19/07f; 7 Ob 144/06m jeweils mwN).

Sollte die Bewohnerin auf Grund ihrer psychischen Situation (wie im Antrag als „wahrscheinlich“ dargestellt) tatsächlich nicht mehr über die dazu erforderliche Einsichts‑ und Urteilsfähigkeit verfügen, ist somit ‑ entgegen der Ansicht des Rekursgerichts ‑ nicht entscheidend, dass sie „einen zufriedenen Eindruck macht“ und angeblich „keine Anhaltspunkte dafür vorliegen“, dass sie das Aufziehen der Seitenteile ablehnen würde.

Eine Freiheitsbeschränkung nach dem HeimAufG liegt nach dessen § 3 Abs 2 dann nicht vor, „wenn der einsichts‑ und urteilsfähige Bewohner einer Unterbindung der Ortsveränderung, insbesondere im Rahmen eines Vertrages über die ärztliche Behandlung, zugestimmt hat“. Maßgebend ist daher die bereits im Jahr 2005 erteilte Zustimmung zur Unterbindung der Ortsveränderung, die der zu beurteilenden Maßnahme dann die Qualität einer Freiheitsbeschränkung nimmt und zu einer nach der zitierten Bestimmung zulässigen Freiheitseinschränkung (vgl § 6 Abs 2 und § 7 Abs 2 Satz 2 HeimAufG; Strickmann, Heimaufenthaltsrecht, 109 f) führt, wenn (und solange als) sie von einem einsichts‑ und urteilsfähigen Bewohner stammt (und nicht widerrufen wird). Ein automatischer Ablauf der Wirksamkeit einer solchen Zustimmungserklärung durch das Verstreichen einer bestimmten Frist ist im HeimAufG ‑ anders als im UbG ‑ nicht vorgesehen.

Im Unterbringungsrecht endet die Wirksamkeit des freiwilligen Unterbringungsverlangens hingegen nicht nur durch Widerruf, sondern auch nach Ablauf von sechs Wochen und kann nur einmal für weitere vier Wochen erneuert werden; eine Verlängerung der Unterbringung (auf Verlangen) über diese Höchstfristen hinaus ist nicht zulässig (§ 7 UbG). Diese absolute zeitliche Befristung schränkt die zulässige Dauer einer gerichtlich unüberprüften Unterbringung erheblich ein. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass ein Patient, der einmal freiwillig in den geschlossenen Bereich eingetreten ist, dort nicht für unbeschränkte Zeit ohne gerichtliche Prüfung zurückgehalten wird, obwohl die Aufnahme vielleicht nicht mehr seinem Willen entspricht (Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts³ [2012], Rz 274 ff mit Hinweis auf ErlRV 464 BlgNR 17. GP 22).

Nach Zierl/Wall/Zeinhofer (Heimrecht³ [2011] Bd 1, 110) ist jedoch auch im Heimaufenthaltsrecht eine pauschale (unbeschränkte) Zustimmung des Bewohners zu zukünftigen Freiheitsbeschränkungen ‑ schon nach der Konzeption des HeimAufG ‑ nicht zulässig und unwirksam. Lediglich im Einzelfall könne eine „antizipierte“ (= vorweggenommene), also vorsorglich erteilte Zustimmung zu einer Freiheitsbeschränkung unter folgenden drei Voraussetzungen Rechtswirksamkeit erlangen:

1. Die zustimmende Person müsse einsichts‑ und urteilsfähig sein;

2. es müsse sich um eine absehbare Situation handeln;

3. die Zustimmung müsse sich auf einen zeitlich überschaubaren Rahmen beziehen. Je kürzer dieser Zeitraum sei und je konkreter die Situation beschrieben werde, desto eher sei von der Verbindlichkeit einer derartigen Erklärung auszugehen.

Barth/Engel (Heimrecht § 3 HeimAufG Anm 17) sowie Strickmann (Heimaufenthaltsrecht, 109) vertreten ebenfalls die Auffassung, der Betroffene habe zwar grundsätzlich die Möglichkeit, sich durch antizipierte Einwilligung mit zukünftig allenfalls erforderlichen freiheitsbeschränkenden Maßnahmen einverstanden zu erklären; eine solche Einwilligung könne sich aber nur auf eine konkrete Situation beziehen. Je bestimmter die Äußerung sei und je umfassender sich der antizipierte Sachverhalt dann auch tatsächlich ereigne, desto eher sei die Verfügung zu beachten. Der Betroffene müsse die Willenserklärung im Zustand der Einsichts‑ und Urteilsfähigkeit abgegeben haben und es sei eine gewisse Nähe der Erklärung zu einem möglichen Ernstfall für den Betroffenen erforderlich.

Nach Ganner (Begriff und Merkmale der freiheitsbeschränkenden Maßnahmen, in BMJ, Recht und Würde im Alter [2005] Bd 126, 103) liegt eine gültige Zustimmung überhaupt nur solange vor, als diese vom aktuellen Willen des Betroffenen getragen ist. Sobald die Einsichts‑ und Urteilsfähigkeit wegfalle, könne auch nicht mehr von einer gültigen Zustimmung gesprochen werden. Ab diesem Zeitpunkt sei daher (mangels aktueller gültiger Zustimmung) eine Freiheitsbeschränkung iSd § 3 [Abs 1] HeimAufG gegeben.

Dem ist jedenfalls dann zu folgen, wenn es ‑ wie hier ‑ um eine bereits lange zurückliegende (im Jahr 2005 abgegebene) Zustimmungserklärung geht.

Es ist unstrittig, dass die Bewohnerin zum Zeitpunkt der Zustimmungserklärung noch einsichts‑ und urteilsfähig war. Angesichts ihrer Zustimmung zur Anbringung von Seitenteilen am Bett im Jahr 2005 und auch noch beim ersten Besuch der Bewohnervertreterin am 15. 3. 2007 stellte die zu beurteilende Maßnahme also zunächst keine Freiheitsbeschränkung dar.

Der nähere Inhalt der Zustimmungserklärung ist zwar (noch) nicht aktenkundig. Eine uneingeschränkt wirksame Zustimmung für die Zukunft stünde aber ohnehin in krassem Widerspruch zum in § 1 Abs 1 Satz 1 HeimAufG normierten Prinzip, die persönliche Freiheit von Menschen, die auf Grund des Alters, einer Behinderung oder einer Krankheit der Pflege oder Betreuung bedürfen, besonders zu schützen: Würde doch damit ein Schutz verweigert, den das UbG durch die dargelegte absolute zeitliche Befristung der zulässigen Dauer einer Unterbringung auf Verlangen ausdrücklich gewährt.

Davon abgesehen spricht auch der Umstand, dass bei jeder Verlegung nicht mehr einsichts‑ und urteilsfähiger Bewohner in ein anderes Pflegeheim im Hinblick auf die Verständigungspflicht nach § 7 Abs 2 HeimAufG jedenfalls eine Überprüfung der Freiheitsbeschränkung erfolgen müsste, für die (nunmehrige) Überprüfbarkeit nach §§ 4 ff HeimAufG; eine pauschale Zustimmung für die Zukunft, sei es auch nur für eine bestimmte, im bisherigen Pflegeheim gesetzte Maßnahme hätte darauf nämlich gar keine Auswirkung.

Nichts anderes kann gelten, wenn eine Bewohnerin nach Verlust der Einsichts‑ und Urteilsfähigkeit im selben Pflegeheim verbleibt. Ist also die Bewohnerin, die ihre Zustimmungserklärung gemäß § 3 Abs 2 HeimAufG schon vor vielen Jahren abgegeben hat, nicht mehr einsichts‑ und urteilsfähig, dann muss nunmehr die Angemessenheit der Freiheitsbeschränkung nach §§ 4 ff HeimAufG überprüft werden.

Das Erstgericht wird daher im fortgesetzten Verfahren die Sachverhaltsbasis entsprechend zu verbreitern und vorweg zu klären haben, ob die Bewohnerin noch über die erforderliche Einsichts‑ und Urteilsfähigkeit verfügt, um der hier zu beurteilenden Unterbindung der Ortsveränderung (weiterhin) zuzustimmen. Nur wenn dies der Fall sein sollte, läge nach wie vor eine Freiheitseinschränkung im Sinne des § 3 Abs 2 HeimAufG vor, die eine Antragsabweisung rechtfertigen würde. Andernfalls ist hingegen die ‑ dann zu Unrecht abgelehnte ‑ Überprüfung der Freiheitsbeschränkung nach den §§ 4 ff HeimAufG durchzuführen.

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