OGH 11Os30/12i

OGH11Os30/12i19.4.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. April 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Einberger als Schriftführer, in der Strafsache gegen Rudolf H***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster und vierter Fall, Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 18. November 2011, GZ 31 Hv 61/11w-40, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Rudolf H***** des Verbrechens des (teils vollendeten, teils versuchten) gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 1 Z 1 erster und vierter Fall, Abs 3, 148 zweiter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er zwischen September 2007 und Dezember 2009 in Salzburg und andernorts in vielfachen Angriffen als Versicherungsmakler und Geschäftsführer der V***** GesmbH mit dem Vorsatz, sich durch das Verhalten der Getäuschten unrechtmäßig zu bereichern, und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von (schweren - US 5, 6) Betrügereien eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, Angestellte der W***** AG, *****, durch Vorgabe von Abschlüssen nicht genehmigter, demnach fingierter Versicherungsverträge (gemeint: auf Vertragsabschluss gerichteter Anträge - US 5 ff) über Lebensversicherungen, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zu Handlungen, nämlich zu Auszahlungen von Provisionen an sein Unternehmen verleitet, welche die W***** AG, *****, im 50.000 Euro übersteigenden Gesamtbetrag von 74.555,23 Euro schädigte, wobei es teilweise beim Versuch blieb, und zwar

A) in 31 Fällen unter Verwendung verfälschter Kundenvollmachtskopien, sohin unter Benutzung eines verfälschten Beweismittels,

B) in zwei Fällen unter Verwendung von Kundenvollmachtskopien und

C) in vier Fällen durch Fälschung von Unterschriften auf dem Versicherungsantrag, mithin unter Benutzung einer falschen Urkunde.

Dagegen richtet sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten aus § 281 Abs 1 Z 5, 5a und 9 lit a StPO.

Rechtliche Beurteilung

Unter Aktenwidrigkeit (Z 5 fünfter Fall) versteht man, dass im Urteil der eine entscheidende Tatsache betreffende Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergegeben wird (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 467 mwN). Die vom Beschwerdeführer offenbar gemeinte Urteilspassage US 19 unten ist kein Zitat der Aussage des Zeugen P*****, sondern deren zusammenfassende Würdigung, die der Rechtsmittelwerber noch dazu in einigen Worten verändert. Damit verfehlt er jedoch die prozessordnungsgemäße Darstellung des geltend gemachten Nichtigkeitsgrundes.

Dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) entgegen musste sich das Erstgericht mit der Aussage des Zeugen P***** über die von Seiten der Versicherungsanstalt gewählte, für Kunden günstige Handhabung bei „alten Vollmachten“ (ON 31 S 20) nicht gesondert auseinandersetzen, hat diese doch keinerlei Bezug zum Kern des Strafvorwurfs (ON 20) der Verwendung von inhaltlich unrichtigen, weil vom Willen der Vollmachtgeber nicht getragenen Vollmachten (US 5, 18).

Auch die Tatsachenrüge (Z 5a) bezieht sich nicht auf entscheidende Tatsachen (also für die Schuld- oder Subsumtionsfrage bedeutsame), wenn sie die Gebräuchlichkeit des Verwendens von Vollmachten in der Versicherungsbranche allgemein und ein teilweises Abbuchen von Versicherungsprämien vor Einlangen der entsprechenden Polizzen bei den Kunden thematisiert.

Der Schuldvorwurf gegen den Angeklagten besteht aber nicht in Formverstößen, sondern in der Täuschung über die tatsächlich nicht vorliegende Abschlusswilligkeit von Versicherungskunden und in dadurch herausgelockten Provisionszahlungen. Völlig unerheblich dafür ist, dass den Scheinkunden ein Kündigungsrecht zustand.

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiellrechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen methodengerechten Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS-Justiz RS0099810, RS0116565, RS0117247, RS0099724; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 581, 584, 593).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) orientiert sich dementgegen - einmal mehr - nicht am Sachverhaltssubstrat des Ersturteils, nämlich der Vortäuschung abschlusswilliger Kunden zwecks (in den meisten Fällen erfolgreicher) Provisionserlangung (US 5 bis 7, 18 f), weshalb sich die Ausführungen über den erst zu schließenden Versicherungsvertrag und das Rücktrittsrecht eines Kunden meritorischer Erwiderung entziehen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390 Abs 1 StPO.

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