OGH 15Os30/12v

OGH15Os30/12v28.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. März 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Danek als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Lendl und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner-Foregger, Dr. Michel-Kwapinski und Mag. Fürnkranz als weitere Richter in Gegenwart des Richteramtsanwärters MMag. Krasa als Schriftführer im Verfahren zur Unterbringung des Johann D***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Betroffenen gegen das Urteil des Landesgerichts St. Pölten als Schöffengericht vom 19. Dezember 2011, GZ 13 Hv 51/11d-38, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil ordnete das Landesgericht St. Pölten die Unterbringung des Johann D***** in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher nach § 21 Abs 1 StGB an, weil er - zusammengefasst wiedergegeben - unter dem Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustands (§ 11 StGB), der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad, nämlich einer wahnhaften Störung bei zu Grunde liegender grenzwertiger Minderbegabung und beginnendem demenziellen Abbau beruhte, jeweils durch Versetzen eines wuchtigen Schlags gegen den Kopf mit einer 90 cm langen Eisenstange

I./ Gerhard F***** eine schwere Körperverletzung, nämlich - unter anderem - einen Bruch des rechten Unterkiefers absichtlich zufügte,

II./ Gerda F***** eine schwere Körperverletzung absichtlich zuzufügen versuchte,

und dadurch Taten begangen hat, die ihm außerhalb dieses Zustands als das Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach § 87 Abs 1 StGB (I./) und das Verbrechen der absichtlichen schweren Körperverletzung nach §§ 15 Abs 1, 87 Abs 1 StGB zugerechnet würden.

Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Betroffenen, die ihr Ziel verfehlt.

Rechtliche Beurteilung

Die Anordnung einer Maßnahme nach § 21 StGB stellt einen Ausspruch nach § 260 Abs 1 Z 3 StPO dar, der mit Berufung und lediglich nach Maßgabe des § 281 Abs 1 Z 11 StPO (aus Z 11 erster Fall zudem iVm Z 2 bis 5a) auch mit Nichtigkeitsbeschwerde bekämpft werden kann. Nichtigkeit des Sanktionsausspruchs nach § 281 Abs 1 Z 11 zweiter Fall StPO liegt vor, wenn die in Frage gestellte Gefährlichkeitsprognose zumindest eine der in § 21 Abs 1 StGB genannten Erkenntnisquellen (Person, Zustand des Rechtsbrechers und Art der Tat) vernachlässigt oder die Feststellungsgrundlage die Ableitung der Befürchtung der Begehung von strafbaren Handlungen mit schweren Folgen als willkürlich erscheinen lässt (vgl RIS-Justiz RS0118581, RS0113980, RS0090341; Ratz in WK² Vorbem zu §§ 21 bis 25 Rz 8 ff mwN; Ratz WK-StPO § 281 Rz 715 ff).

Die hohe Wahrscheinlichkeit künftiger Begehung von mit Strafe bedrohten Handlungen mit schweren Folgen haben die Tatrichter ausdrücklich bejaht (US 8-10) und auch die Prognosetaten durch die Urteilsannahmen hinlänglich determiniert, wonach konkret „schwere Körperverletzungen bis letzten Endes auch Tötungsdelikte“, demnach Taten, die eine Unterbringung nach § 21 Abs 1 StGB schon für sich rechtfertigen (RIS-Justiz RS0116500), zu befürchten seien.

Indem der Beschwerdeführer diese Konstatierungen übergeht und - ohne weitere Argumentation - lediglich behauptet, dass derartige Taten nicht zu erwarten wären und diese „Zukunftsprognose unrichtig und dem Akteninhalt widersprechend“ wäre, macht sie eine rechtsfehlerhafte Bewertung der Prognosekriterien nicht geltend.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 290 Abs 1 letzter Satz StPO) des Betroffenen folgt (§ 285i StPO).

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