OGH 4Ob17/12x

OGH4Ob17/12x27.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin R***** R*****, vertreten durch den Sachwalter Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, gegen den Antragsgegner K***** R*****, vertreten durch Dr. Thomas Tedeschi, Rechtsanwalt in Dornbirn, als Verfahrenshelfer, wegen einstweiligen Ehegattenunterhalts, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 23. November 2011, GZ 3 R 284/11d, 3 R 327/11b‑98, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Der Antragsgegner hat die Kosten seines Revisionsrekurses endgültig und die Antragstellerin die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung vorläufig selbst zu tragen.

Text

Begründung

Zwischen den Streitteilen ‑ beide sind österreichische Staatsbürger ‑ ist ein Verfahren zur Scheidung in eventu Aufhebung der Ehe anhängig. Die durch ihren Sachwalter vertretene Antragstellerin (im Folgenden: Klägerin) begehrte zunächst die Aufhebung der zwischen den Streitteilen geschlossenen Ehe aufgrund arglistiger Täuschung und widerrechtlicher Drohung durch den Antragsgegner (im Folgenden: Beklagter). In weiterer Folge begehrte sie die Scheidung der Ehe aus dem alleinigen bzw überwiegenden Verschulden des Beklagten und erhob das bisherige Klagebegehren auf Aufhebung der Ehe zum Eventualbegehren. Der Beklagte erhob Widerklage und begehrte die Scheidung der Ehe der Streitteile aus dem Alleinverschulden der Klägerin und Widerbeklagten.

Im Zuge des Scheidungs- und Aufhebungsverfahrens begehrte die Klägerin, den Beklagten mittels einstweiliger Verfügung zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 365 EUR zu verpflichten. Sie sei mit dem Beklagten in aufrechter Ehe verheiratet, habe mit ihm von Ende Dezember 2007 bis Anfang Februar 2008 in Kalifornien zusammengelebt, seit ihrer Rückkehr nach Österreich Anfang Februar 2008 leiste der Beklagte keinen Unterhalt. Die Klägerin habe dem Beklagten bis zu diesem Zeitpunkt den Haushalt geführt und verfüge derzeit über kein eigenes Einkommen. Der Beklagte beziehe eine monatliche Pension in Höhe von 1.100 EUR. Die Klägerin habe Anspruch auf 33 % des Nettoeinkommens des Beklagten, sohin gerundet 365 EUR.

Der Beklagte beantragte die Abweisung des Sicherungsantrags. Er beziehe eine Pension in Höhe von monatlich 1.275,77 EUR, die Klägerin beziehe Notstandshilfe, welche in etwa das Einkommen des Beklagten decke. Die Klägerin sei aufgrund ihres Alters, ihres Gesundheitszustands und insbesondere ihrer Ausbildung in der Lage, ein Einkommen zu erzielen, welches den Pensionsbezug des Beklagten um ein Vielfaches übersteige. Sie sei jedenfalls angehalten, ein angemessenes Entgelt ins Verdienen zu bringen. Die Klägerin helfe in einem Gasthaus aus und verdiene damit im Zweifel zumindest 370 EUR monatlich. Auch unter Berücksichtigung dieses Einkommens stehe der Klägerin kein Unterhalt zu. Weiters habe die Klägerin den Ehegattenunterhalt aufgrund ihres Verhaltens verwirkt. Die von ihr erstatteten zahlreichen Anzeigen und Verleumdungen seien geeignet, den Beklagten zu schädigen. Die Zuerkennung von Ehegattenunterhalt scheitere im Übrigen an der Nichtigkeit der Ehe. Die Klägerin sei nämlich aufgrund ihres Gesundheitszustands zum Zeitpunkt der Eheschließung nicht in der Lage gewesen, eine verbindliche Ehe abzuschließen.

Das Erstgericht verhielt den Beklagten zur Leistung eines einstweiligen Ehegattenunterhalts an die Klägerin in Höhe von 157 EUR für den Zeitraum vom 17. bis 28. Februar 2011 und von 365 EUR monatlich ab 1. März 2011 und wies ein den Monat Februar 2011 betreffendes Mehrbegehren von 208 EUR ab. Das Erstgericht ging von folgendem bescheinigtem Sachverhalt aus:

Die Streitteile heirateten am 15. 1. 2008 in Kalifornien. Sie lebten in der Zeit vom Dezember 2007 bis zur Rückkehr der Klägerin nach Europa am 13. 2. 2008 in Amerika zusammen, wobei die Klägerin den ehelichen Haushalt führte. Seit ihrer Rückkehr ist die Klägerin im festen Glauben, dass sie vom Beklagten zunächst unter Drogen gesetzt, nach Amerika verschleppt, zur Hochzeit gezwungen und während aufrechter Ehe regelmäßig körperlich misshandelt und wiederholt vergewaltigt worden war. Es kann indes nicht festgestellt werden, ob dies den Tatsachen entspricht, insbesondere nicht, ob der Beklagte die Klägerin nach Eheschließung körperlich misshandelte oder sie vergewaltigte. Kurze Zeit vor der Eheschließung hatte er sie derart stark geschlagen, dass sie mehrere blaue Flecken am Körper erlitt. Während der Zeit des Zusammenlebens kontrollierte der Beklagte die Klägerin durchgehend und ließ ihr keine Freiräume. Nach ihrer Rückkehr nach Österreich engagierte er Detektive, um den Aufenthaltsort der Klägerin ausfindig zu machen. Er versuchte auch, die Klägerin wiederum mit sich nach Amerika zu nehmen, was letztlich scheiterte. Der an Krebs leidende Beklagte ist in Österreich krankenversichert und bezieht seit Anfang 2011 monatlich eine Nettopension von 1.275,77 EUR zuzüglich Sonderzahlungen. Seit der Trennung der Parteien leistete der Beklagte keinen Unterhalt für die Klägerin. Die Klägerin leidet an paranoider Schizophrenie, für sie wurde mit Gerichtsbeschluss vom 24. 8. 2008 ein Sachwalter bestellt. Sie lebt schon seit längerer Zeit zusammen mit ihrer Mutter und bezieht seit dem Jahr 2011 Sozialleistungen von monatlich etwa 557 EUR und hat kein Vermögen. Sie absolvierte die Matura und brach in der Folge jeweils eine Lehramtsausbildung und ein Jus-Studium ab. Aufgrund ihrer Erkrankung muss sie Medikamente nehmen. Durch ihre Vorstellungen von der Ehe mit dem Antragsteller und das noch behängende Verfahren fühlt sie sich derart traumatisiert, dass es ihr subjektiv nicht möglich ist, einer geregelten und regelmäßigen Arbeit nachzugehen. Die Vorinstanzen konnten nicht feststellen, ob die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankung in der Lage ist, eine Arbeitsstelle zu finden und dieser Arbeit auch im erforderlichen Ausmaß nachzugehen. Ebensowenig konnten sie feststellen, ob die Klägerin im Zeitpunkt der Eheschließung in der Lage war, das Wesen der Ehe zu erkennen und ihr Handeln ‑ so wie das Eingehen der Ehe ‑ richtig einzuschätzen und demgemäß zu handeln.

In rechtlicher Hinsicht vertrat das Erstgericht die Auffassung, gemäß § 94 ABGB hätten Ehegatten nach ihren Kräften und gemäß der Gestaltung ihrer ehelichen Lebensgemeinschaft zur Deckung der ihren Lebensverhältnissen angemessenen Bedürfnisse gemeinsam beizutragen. Der Ehegatte, welcher den gemeinsamen Haushalt führe, leiste dadurch seinen Beitrag und habe an den anderen einen Anspruch auf Unterhalt, wobei eigene Einkünfte angemessen zu berücksichtigen seien. Dies gelte nach Aufhebung des gemeinsamen Haushalts zu Gunsten des bisher Unterhaltsberechtigten weiter, sofern nicht die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs rechtsmissbräuchlich wäre. Ausgehend vom bescheinigten Sachverhalt sei eine Verwirkung des Unterhaltsanspruchs durch die Klägerin nicht eingetreten. Der Klägerin sei ihr Verhalten krankheitsbedingt nicht vorwerfbar. Der geltend gemachte Unterhaltsbetrag sei auf einem niedrigeren als dem tatsächlich vom Beklagten erzielten Nettoeinkommen berechnet, sodass der begehrte Unterhalt auch der Höhe nach berechtigt sei.

Das Rekursgericht bestätigte diese Entscheidung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob eine rund einmonatige Dauer der ehelichen Gemeinschaft bereits die Eigenschaft eines Ehegatten als haushaltsführender Ehepartner iSd § 94 ABGB zu begründen vermöge. Das Rekursgericht verwarf die Verfahrens- und Tatsachenrügen des Beklagten und führte in rechtlicher Hinsicht aus, für den Unterhaltsanspruch nach § 94 Abs 2 ABGB genüge es, wenn die Ehefrau im Zeitpunkt der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts durch eine nicht bloß unerhebliche Zeit den Haushalt geführt, dadurch ihren Beitrag iSd § 94 Abs 1 ABGB geleistet habe und deshalb keinem eigenen Erwerb nachgegangen sei. Eine bestimmte Mindestdauer der Führung des gemeinsamen Haushalts sei nicht Voraussetzung. Die Dauer der Ehe sei nur bei nachehelichen Unterhaltsforderungen wesentlich, nicht jedoch bei Unterhalt während aufrechter Ehe. Ausgehend von dem als bescheinigt festgestellten Sachverhalt habe die Klägerin während der gesamten Dauer der ehelichen Gemeinschaft den ehelichen Haushalt geführt. Ihr komme sohin die Eigenschaft als haushaltsführender Ehepartner iSd § 94 ABGB zu. Voraussetzung für die Erlangung der Haushaltsführereigenschaft sei eine entsprechende Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft, die einem Ehegatten die Hauptverantwortung für den Haushalt zuweise. Hierzu ist es ausreichend, dass die Haushaltsführung als Tatsache bestehe, die ‑ wenigstens ursprünglich ‑ von beiden Partnern akzeptiert worden sei. Einer ausdrücklichen Vereinbarung dazu bedürfe es nicht. § 94 Abs 2 Satz 2 ABGB normiere, dass der Unterhaltsanspruch des den gemeinsamen Haushalt vor der Auflösung geführt habenden Eheteils auch nach Aufhebung der Haushaltsgemeinschaft bestehen bleibe, sofern nicht die Geltendmachung eines Unterhaltsanspruchs, besonders wegen der Gründe, die zur Aufhebung des gemeinsamen Haushalts geführt haben, rechtsmissbräuchlich wäre. Soweit die gemeinsame eheliche Lebensgestaltung dahin gegangen sei, dass einer der Ehepartner den gemeinsamen Haushalt führe, könne von einem Unterhaltsberechtigten nicht verlangt werden, dass er einem eigenen Erwerb nachgehe und für seinen Unterhalt selbst sorge. Auf die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit des haushaltsführenden Eheteils komme es sohin nicht an. Eine Anspannung auf ein bloß erzielbares, tatsächlich aber nicht erzieltes Einkommen aus eigener Erwerbstätigkeit brauche sich die Unterhaltsberechtigte in einer Hausfrauenehe grundsätzlich nicht auf ihre Bedürfnisbefriedigung anrechnen lassen. Der Sozialhilfebezug der Klägerin stelle im vorliegenden Fall kein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen dar. Was die eingewendete Verwirkung des Unterhaltsanspruchs anlange, sei darauf zu verweisen, dass eine solche nur durch ein schuldhaftes Hinwegsetzen über alle Bindungen aus der ehelichen Partnerschaft zu begründen wäre. Dem hiefür bescheinigungspflichtigen Beklagten sei es jedoch nicht gelungen, einen Nachweis besonders krasser Eheverfehlungen seitens der Klägerin zu erbringen.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Beklagten (Antragsgegners) mit dem Antrag, die Beschlüsse der Vorinstanzen ersatzlos aufzuheben, in eventu die Rechtssache an das Erstgericht zur Ergänzung des Verfahrens zurückzuverweisen. Als Verfahrensmangel macht der Beklagte das Unterbleiben der Einholung eines fachärztlichen Gutachtens, der Beischaffung von Akten und der Würdigung „diverser“ (nicht näher bezeichneter) Urkunden geltend. Des weiteren wird eine Tatsachen- und Beweisrüge erhoben und entsprechende Ersatzfeststellungen begehrt. In seiner Rechtsrüge moniert der Beklagte unter dem Titel des sekundären Feststellungsmangels fehlende Feststellungen über die konkrete Haushaltsführung der Klägerin. Es sei auch nicht festgestellt worden, „wie viel und was“ die Klägerin verdiene. Tatsächlich könne von einer Haushaltsführung durch die Klägerin keine Rede sein. Jedenfalls sei aber aufgrund der kurzen Dauer der Ehe ein einstweiliger Ehegattenunterhalt unbillig (diesbezüglich werde auch auf das deutsche Eherecht verwiesen). Der Klägerin stehe daher ein solcher nicht zu.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist, dass österreichisches Recht zur Anwendung kommt. Beide Streitteile sind österreichische Staatsbürger. Gemäß § 18 Abs 1 Z 1 IPRG sind die persönlichen Rechtswirkungen der Ehe (darunter fällt unter anderem der Unterhalt) primär nach dem gemeinsamen Personalstatut der Ehegatten zu beurteilen (Nademleinsky/Neumayr, Internationales Familienrecht [2007] 04.09, 04.13). Die Anwendung österreichischen Rechts ist im Übrigen zwischen den Parteien unstrittig. Das Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht ist auf den vorliegenden Fall mit Rücksicht auf die Einleitung des Verfahrens vor dem 18. 6. 2011 noch nicht anzuwenden (Andrae in Rauscher, EuZPR/EuIPR [2010], Art 22 HUntStProt Rz 5)

2. Die vom Beklagten behaupteten Mängel des erstinstanzlichen Verfahrens wurden bereits in zweiter Instanz verneint und sind daher in dritter Instanz nicht mehr anfechtbar (RIS-Justiz RS0042963).

3. Die Bekämpfung der Tatsachenfeststellungen mit Revisionsrekurs ist nicht möglich (RIS-Justiz RS0108449). Auch im Provisorialverfahren ist der Oberste Gerichtshof nur Rechts- und keine Tatsacheninstanz (ua 5 Ob 2008/96x).

4. Gemäß § 94 Abs 2 ABGB hat der haushaltsführende Ehegatte auch nach der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts weiterhin einen Unterhaltsanspruch, sofern dessen Geltendmachung nicht ein Missbrauch dieses Rechts wäre. Auf die Dauer der ehelichen Haushaltsführung stellt das Gesetz nicht ab.

5. In der zweitinstanzlichen Rechtsprechung wird die Ansicht vertreten, ein Unterhaltsanspruch nach § 94 Abs 2 Satz 2 ABGB setze keine jahrelange Führung des Haushalts voraus. Es genüge, wenn die Ehefrau im Zeitpunkt der Aufhebung des gemeinsamen Haushalts durch eine nicht bloß unerhebliche Zeit den Haushalt geführt und deshalb keinem eigenen Erwerb nachgegangen sei (OLG Wien 17 R 47/81, EFSlg 37.537; LGZ Wien 44 R 1028/83, EFSlg 42.547). Eine gewisse Mindestdauer der Haushaltsführung sei nicht Voraussetzung für einen Unterhaltsanspruch nach § 94 ABGB (LGZ Wien 42 R 26/05t, EFSlg 110.050). Die Dauer der Ehe sei nur bei nachehelichen Unterhaltsforderungen wesentlich, nicht jedoch bei Unterhalt während aufrechter Ehe (LGZ Wien 43 R 619/06g, EFSlg 113.086).

6. Aus diesen Entscheidungen lässt sich ableiten, dass es vor allem darauf ankommt, ob ein Ehegatte den gemeinsamen Haushalt jemals tatsächlich geführt und so den Beitrag zur Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft geleistet hat (vgl auch OLG Wien 16 R 150/81, EFSlg 37.538; LGZ Wien 42 R 364/01t, EFSlg 95.193). Eine bloß eintägige Dauer der ehelichen Gemeinschaft kann aber einen Unterhaltsanspruch nicht begründen (LGZ Wien 44 R 1068/84, EFSlg 44.835).

7. Die Bestimmungen des § 94 Abs 2 1. und 2. Satz ABGB haben das Ziel, dem den Haushalt führenden Ehegatten, der, von geringfügigen Nebenerwerbstätigkeiten abgesehen, infolge seiner Haushaltsführung seinen Unterhalt nicht durch die Erträgnisse einer eigenen Berufstätigkeit sichern kann, einen Unterhaltsanspruch gegen den anderen Ehegatten bei bestehender häuslicher Gemeinschaft und nach ihrer Auflösung ‑ ausgenommen den Fall des Rechtsmissbrauchs ‑ zu gewähren (RIS-Justiz RS0009749). Die Haushaltsführung muss lediglich als Tatsache bestehen, die ‑ wenigstens ursprünglich ‑ von beiden Partnern (auch in diesem Umfang) akzeptiert worden war. Einer ausdrücklichen Vereinbarung bedarf es ebensowenig wie der tatsächlichen Inanspruchnahme der Leistungen durch den anderen Ehegatten (Gitschthaler in Gitschthaler/Höllwerth, Kommentar zum Ehe- und Partnerschaftsrecht [2011] § 94 ABGB Rz 191 mwN). Ob der andere Ehegatte sich an der Haushaltsführung beteiligt, spielt an sich keine Rolle, es sei denn er erledigt den Haushalt alleine (aaO Rz 192).

8. Der Senat schließt sich der zitierten Rechtsprechung an, wonach eine gewisse Mindestdauer der Haushaltsführung grundsätzlich (ausgenommen „Extremfälle“ wie eine bloß eintägige Dauer) keine Voraussetzung für einen Unterhaltsanspruch nach § 94 Abs 2 ABGB ist. Nach Auffassung des erkennenden Senats ist die ‑ ausdrückliche oder konkludente ‑ Vereinbarung zwischen den Ehepartnern entscheidend. Haben sich diese (wenn auch nur durch Anerkennung der faktischen Verhältnisse) auf eine Haushaltsführerehe, dh auf die Führung des gemeinsamen Haushalts durch einen Gatten verständigt, entsteht für diesen ein Unterhaltsanspruch nach § 94 Abs 2 ABGB (vgl auch Schwimann/Kolmasch, Unterhaltsrecht5 185; Schwimiann/Ferrari in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 94 Rz 11).

9. Im vorliegenden Fall lebten die Streitteile einen Monat lang in ehelicher Gemeinschaft. Ausgehend von dem als bescheinigt festgestellten Sachverhalt führte die Klägerin während dieser Zeit den ehelichen Haushalt. Wenn der Beklagte nähere Feststellungen zur Haushaltsführung der Klägerin vermisst, ist ihm mit dem Rekursgericht entgegen zu halten, dass er die Haushaltsführung durch die Klägerin in erster Instanz nicht bestritten hat. Der erst im Rechtsmittelverfahren erhobene Einwand des Beklagten, die Klägerin habe gar keinen Haushalt geführt, erfolgte daher verspätet.

10. Der Verweis auf deutsches Eherecht ist nicht zielführend, sind doch die unterhaltsrechtlichen Beziehungen der Ehegatten im Verhältnis zueinander in Deutschland nach einem völlig anderen System gestaltet als in Österreich (Buchwalder, Unterhalt bei aufrechter Ehe [2008] 171).

11. Zum Eigeneinkommen der Klägerin ist der Beklagte auf die zutreffenden Ausführungen des Rekursgerichts zu verweisen, wonach der Sozialhilfebezug der Klägerin kein unterhaltsrechtlich relevantes Einkommen darstellt. Ein weiteres Einkommen der Klägerin (sowie ihre aktuelle Erwerbsfähigkeit) wurde nicht festgestellt.

12. Für eine allfällige rechtsmissbräuchliche Geltendmachung des Unterhalts trifft den Unterhaltsverpflichteten die Behauptungs- und Beweislast. Der Einwand des Rechtsmissbrauchs ist auch im Provisorialverfahren über das Begehren einstweiligen Unterhalts möglich (Ferrari in Schwimann, ABGB-TaKomm § 94 Rz 17 mwN).

Hier ist es dem Beklagten nicht gelungen, schwere Verfehlungen der (psychisch kranken) Klägerin zu bescheinigen, welche die Unterhaltsverwirkung begründen ließen. Die Vorinstanzen haben das Verhalten der Klägerin, dass sie die eheliche Gemeinschaft mit dem Beklagten nicht fortsetzte, als krankheitsbedingt nicht vorwerfbar beurteilt. Darin liegt keine Fehlbeurteilung, gehört doch zum Wesen der schweren Eheverfehlung ihre Zurechenbarkeit kraft Verschuldens (Aichhorn in Gitschthaler/Höllwerth, Ehe- und Partnerschaftsrecht [2011] § 49 EheG Rz 4).

13. Zusammenfassend ergibt sich somit, dass der von der Klägerin geltend gemachte einstweilige Unterhalt ‑ soweit im Revisionsrekursverfahren noch von Relevanz ‑ zu Recht besteht.

Dem Revisionsrekurs des Beklagten war nicht Folge zu geben.

Die Kostenentscheidung gründet auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 40, 41 und 50 ZPO.

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