OGH 11Os27/12y

OGH11Os27/12y15.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. März 2012 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Michel-Kwapinski als weitere Richter, in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Perovic als Schriftführer, in der Strafsache gegen Emmerich G***** wegen des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 24. August 2011, GZ 29 Hv 157/10x-89, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Emmerich G***** des Vergehens des schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 2 StGB (1./) sowie des Verbrechens der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB (2./) schuldig erkannt.

Danach hat er (zusammengefasst)

1./ im Jahr 2000 in K***** mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz Johann F***** durch die Vorgabe, den Geldbetrag im Devisenhandel anzulegen, mithin durch Täuschung über Tatsachen, zur Übergabe von 150.000 ATS (entspricht 10.900,92 Euro), somit zu einer Handlung verleitet, die Johann F***** in einem 3.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigte;

2./ am 3. April 2003 in R***** die ihm durch Rechtsgeschäft, nämlich durch Vollmacht von Johann F***** eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, wissentlich missbraucht und dadurch diesem einen 50.000 Euro übersteigenden Vermögensnachteil zugefügt, indem er - entgegen der vereinbarten Aufnahme von 75.000 Euro - einen Kredit im Gegenwert von 150.000 Euro für die Johann F***** GmbH bei der Vorarlberger Volksbank aufnahm, wobei er am 4. April 2003 zur Sicherstellung des Kredits auch die im Eigentum von Johann F***** stehende Liegenschaft EZ 23, GB *****, bis zu einem Höchstbetrag von 210.000 Euro zum Pfand bestellte.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus Z 5, 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Zum Schuldspruch 1./

Die entscheidungswesentlichen Feststellungen wurden aus den für glaubwürdig befundenen Angaben des Zeugen Johann F***** abgeleitet, wonach ihm der Angeklagte den Geldbetrag unter Vorgabe von Investitionen herausgelockt habe (US 7).

Unvollständig iSd § 281 Abs 1 Z 5 zweiter Fall StPO ist ein Urteil dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 421; RIS-Justiz RS0118316).

Die entgegen den Urteilsannahmen von einer Darlehensgewährung ausgehende Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) bringt vor, es sei unerheblich, wozu sich der Angeklagte das Geld ausgeliehen habe. Damit wird aber kein unberücksichtigt gebliebenes Verfahrensergebnis aufgezeigt, sondern unter Bezugnahme auf die als widerlegt erachtete Verantwortung des Angeklagten (vgl US 7 f) - unzulässig nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung - die tatrichterliche Beweiswürdigung bekämpft.

Der behaupteten Unvollständigkeit zuwider (Z 5 zweiter Fall) haben sich die Tatrichter auch mit den Angaben der Zeugen Christine B*****, DI Robert G***** und Kurt L***** auseinandergesetzt und ohne Verstoß gegen Denkgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze dargelegt, weshalb sie aufgrund der wechselnden Verantwortung und des Zugeständnisses des Angeklagten, wonach die Übergabe des Geldes im Zusammenhang mit einer erwähnten Investition gestanden sei, zur Überzeugung vom Vorliegen eines Täuschungs- und Schädigungsvorsatzes gelangten (US 7 ff).

Mit den weiteren Einwänden, wonach es sehr wohl möglich sei, dass Johann F***** dem Angeklagten den Geldbetrag geliehen habe, obwohl er sich selbst in finanziellen Nöten befand, und das Erstgericht auch nicht begründe, weshalb der Genannte, wie von den Zeugen B***** und G***** belegt, allen möglichen Leuten Geld geliehen habe, nur dem Angeklagten nicht, werden keine Begründungsmängel aufgezeigt, sondern unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung kritisiert (RIS-Justiz RS0099455).

Mit Berufung auf den „Zweifelsgrundsatz“ (in dubio pro reo) wird kein von § 281 Abs 1 Z 5 StPO genannter Fehler bezeichnet (RIS-Justiz RS0117445, RS0102162).

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell-rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS-Justiz RS0099810; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584).

Diesen Anfechtungskriterien wird die Rechtsrüge (Z 9 lit a) nicht gerecht, indem sie unter gleichzeitiger Behauptung angeblicher Begründungsmängel den festgestellten Vorsatz des Angeklagten (vgl US 4) bestreitet. Damit entzieht sie sich auch einer meritorischen Erwiderung.

Zum Schuldspruch 2./

Dem Vorwurf fehlender Begründung (Z 5 vierter Fall) zuwider konnten sich die Tatrichter bei der konstatierten internen Beschränkung der Kreditaufnahme auf 75.000 Euro auf die in der Hauptverhandlung verlesenen (ON 88 S 23) und als glaubwürdig eingeschätzten Depositionen des Johann F***** stützen (US 9).

Der dem inkriminierten Verhalten nachfolgende Beschluss über die Einverleibung der Höchstbetragshypothek kann kein erfolgreicher Bezugspunkt der Mängelrüge sein.

Im Übrigen hat sich das Erstgericht auch mit dem Wissen des Johann F***** von der Sicherstellung und auch mit der damit verbundenen Reaktion der (vom Angeklagten unter dem Aspekt mangelnder Zustellung in Abrede gestellten) Zurückforderung der Vollmacht mit entsprechendem Schreiben befasst (US 10 f).

Indem die Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) auf die Angaben des Kurt L***** rekurriert, zeigt sie kein unerörtert gebliebenes Verfahrensergebnis auf (US 9). Weshalb das Erstgericht entgegen der teilweise auf Schlüssen beruhende Aussage des Kurt L***** davon ausging, dass Johann F***** in eine Kreditaufnahme über 150.000 Euro nicht eingebunden war, legte es durch Bezugnahme auf die fehlenden konkreten Erinnerungen des für glaubwürdig befundenen Zeugen ohne Verstoß gegen Logik oder Empirie dar (US 9 f).

Eigene Schlüsse und Beweiswerterwägungen des Angeklagten können kein Gegenstand der Mängelrüge sein (RIS-Justiz RS0099455).

Soweit die Rüge gestützt auf die Angaben des Kurt L***** vorbringt, das Erstgericht hätte die subjektive Tatseite nicht annehmen dürfen, bekämpft sie unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung.

Ob Johann F***** ordentlich wirtschaftete, ist nicht schuld- oder subsumtionsrelevant und demnach kein tauglicher Bezugspunkt der Mängelrüge.

Die Tatsachenrüge (Z 5a) will nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern (RIS-Justiz RS0118780).

Das Erstgericht hat sich mit den Depositionen der Zeugen L*****, B***** und G***** sehr ausführlich auseinandergesetzt und - wie bereits ausgeführt - dargelegt, aus welchen Gründen es mit Blick auf die als zuverlässig befundenen Angaben des Johann F***** davon ausging, dass sich der Angeklagte bewusst über die im Innenverhältnis gezogene Schranke einer Kreditaufnahme von 75.000 Euro hinweggesetzt hatte (US 9 ff).

Mit ihrer Bezugnahme auf die vom Erstgericht als Schutzbehauptung gewertete Verantwortung des Angeklagten und durch Hervorheben bloß einzelner Passagen der Angaben des Zeugen L***** gelingt es der Tatsachenrüge (Z 5a) nicht, beim Obersten Gerichtshof erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu erwecken.

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) entzieht sich einer Erwiderung, weil sie trotz gegenteiliger Konstatierungen im Urteil einwendet, der nach Ansicht der Tatrichter getäuschte Johann F***** (vgl US 5) habe gewusst, dass ein Kredit von 150.000 Euro aufgenommen werde.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Kompetenz des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390 Abs 1 StPO.

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