OGH 10ObS19/12k

OGH10ObS19/12k13.3.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, den Hofrat Dr. Fellinger und die Hofrätin Dr. Fichtenau sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Peter Zeitler (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Ernst Bassler (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei J*****, vertreten durch Mag. Christoph Arnold und Mag. Fiona Arnold, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist-Straße 1, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 20. Dezember 2011, GZ 25 Rs 105/11v-32, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Die Ansicht des Berufungsgerichts, der Kläger erfülle die Voraussetzungen der sogenannten „Härtefallpension“ nach § 255 Abs 3a und 3b ASVG nicht, weicht jedenfalls im Ergebnis von der nunmehr ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs nicht ab:

Rechtliche Beurteilung

1. Bei den in § 255 Abs 3b ASVG umschriebenen Tätigkeiten mit geringstem Anforderungsprofil handelt es sich um leichte körperliche Tätigkeiten, die bei durchschnittlichem Zeitdruck und vorwiegend in sitzender Haltung ausgeübt werden und (= während der Ausübung der Tätigkeit) mehrmals einen Haltungswechsel ermöglichen („erste Fallgruppe“) und um leichte (körperliche) Tätigkeiten, die vorwiegend in sitzender Haltung ausgeübt werden oder (= nicht während der Ausübung der Tätigkeit) mehrmals einen Haltungswechsel ermöglichen („zweite Fallgruppe“ - RIS-Justiz RS0127383).

2. Die in der Revision vertretene Ansicht, auch leichte körperliche Tätigkeiten, die bei durchschnittlichem Zeitdruck ausgeübt werden und mehrmals täglich einen Haltungswechsel ermöglichen, würden die Anspruchsvoraussetzungen des § 255 Abs 3a iVm 3b ASVG erfüllen, weshalb die Möglichkeit eines mehrfachen Haltungswechsels bei der Verweisungstätigkeit ausreiche, um den Zuspruch einer „Härtefallpension“ zu rechtfertigen, steht mit dieser Rechtsprechung nicht in Einklang: Das Wort „oder “ für die zweite Fallgruppe in § 255 Abs 3b ASVG ist nicht als Alternative zu vorwiegend in sitzender Haltung ausgeübten Tätigkeiten zu verstehen. Bei einer solchen Auslegung würde es sich bei den beiden Fallgruppen im Ergebnis um keinen alternativen Kreis von Anspruchsberechtigten handeln, da der Kreis der Anspruchsberechtigen nach der ersten Fallgruppe jedenfalls von der zweiten Fallgruppe umfasst wäre (10 ObS 105/11f). Im Übrigen würde bei einer solchen Auslegung auch eine grundsätzlich im Gehen ausgeübte Tätigkeit, die von einer - mitunter nur mehrmals täglich einzunehmenden - stehenden Tätigkeit abgelöst wird, als Tätigkeit mit geringstem Anforderungsprofil anzusehen sein und wäre damit bereits der Härtefallregelung zu unterstellen. Dass eine solche Tätigkeit nicht als eine solche mit „geringstem Anforderungsprofil“ iSd § 255 Abs 3b ASVG anzusehen ist und die gegenteilige Ansicht auch in den Gesetzesmaterialien keine Deckung findet, wurde ebenfalls bereits ausgesprochen (10 ObS 105/11f).

Stichworte