Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Text
Begründung
Die verpflichteten Parteien haben sich in einem gerichtlichen Vergleich verpflichtet, es zu unterlassen, „redaktionelle Beiträge als 'Interviews' oder sonst als Ergebnis persönlicher Recherchekommunikation eigener Journalisten mit bestimmten Personen [...] auszugeben bzw. zu veröffentlichen, wenn das dem Artikel zugrunde liegende Gespräch tatsächlich überhaupt nie, nicht mit dem wiedergegebenen Inhalt und/oder ohne dass auf diesen Umstand deutlich hingewiesen wird nicht im behaupteten zeitlichen und/oder sachlichen Kontext stattgefunden hat.“
Die Betreibende beantragte die Bewilligung der Unterlassungsexekution nach § 355 EO, weil in der Ausgabe einer Tageszeitung vom 22. Juni 2011 auf der Titelseite ein Interview mit einer des Doppelmordes Verdächtigen angekündigt und daraus drei Sätze unter Anführungszeichen zitiert worden seien. Dadurch sei der Eindruck erweckt worden, dieser Tageszeitung sei es als erster Zeitung gelungen, ein Interview mit der Verdächtigen zu bekommen. Auch durch den nur im Kleindruck darunter stehenden Hinweis, die Verdächtige habe ihr erstes Interview über ihren Anwalt aus der Zelle geschmuggelt, werde eine persönliche Recherchekommunikation eigener Journalisten behauptet. Tatsächlich handle es sich bei dem in der Tageszeitung im Blattinneren wiedergegebenen Interview um eines, das von einer anderen Zeitschrift geführt worden sei.
Das Erstgericht verneinte - nach Einholung einer Äußerung iSd § 358 Abs 2 EO der Verpflichteten - einen Verstoß gegen den Titel, weil sich kein Hinweis darauf finde, es habe sich um ein von einem Journalisten der Tageszeitung geführtes Interview gehandelt.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Betreibenden Folge, bewilligte die Exekution gemäß § 355 EO und verhängte über die Verpflichteten eine Geldstrafe von je 25.000 EUR; der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteige - orientiert am Titelverfahren - 30.000 EUR, der ordentliche Revisionsrekurs sei wegen einer Einzelfallentscheidung nicht zulässig.
Der Titel ziele darauf ab, es den Verpflichteten zu verbieten, den Inhalt von Interviews zu veröffentlichen/wiederzugeben, die von Mitarbeitern anderer Medien geführt worden seien, ohne auf diesen Umstand hinzuweisen. Im Titel werde ausdrücklich das „Ergebnis persönlicher Recherchekommunikation eigener Journalisten mit bestimmten Personen“ als Tatbestandselement genannt, sodass es unsinnig wäre, den Titel so auszulegen, dass es den Verpflichteten lediglich verboten wäre, Interviews zu erfinden. Nach den Antragsbehauptungen sei ein Interview im weiteren Sinn geführt worden, allerdings fehle ein Hinweis auf ein „Fremdinterview“. Der Durchschnittsleser habe daher nach der Gestaltung der Titelseite den Eindruck gewinnen müssen, Mitarbeiter der Tageszeitung hätten mit der Verdächtigen Kontakt aufgenommen und über ihren Anwalt Antworten der Inhaftierten auf von ihnen formulierte Fragen erhalten. Daher liege ein Verstoß gegen den Exekutionstitel vor. Unter Hinweis darauf, dass über die Zweitverpflichtete wegen eines Verstoßes gegen einen anderen Exekutionstitel bereits eine Geldstrafe von 15.000 EUR verhängt worden sei und gegen die Erstverpflichtete mehrere Exekutionsverfahren aus anderen Exekutionstiteln anhängig seien, erachtete das Rekursgericht für die vorliegenden Erstverstöße eine Geldstrafe von je 25.000 EUR für angemessen; von einer erheblichen wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beider Verpflichteten sei auszugehen.
Dagegen richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs beider Verpflichteten, die seine Zulässigkeit in zwei einander widersprechenden Entscheidungen desselben Senats des Rekursgerichts zur Auslegung des vorliegenden Titels sowie in einer gegen die Judikatur des Obersten Gerichtshofs verstoßenden Titelauslegung erblicken. In seiner Ausführung wird auch die Höhe der verhängten Geldstrafe sowie die Kostenentscheidung des Rekursgerichts bekämpft.
Rechtliche Beurteilung
Den Verpflichteten gelingt es aus folgenden, kurz darzulegenden Gründen nicht, eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen, sodass sich der außerordentliche Revisionsrekurs als nicht zulässig erweist:
1. Die Auslegung des Exekutionstitels im Einzelfall und die Frage, ob ein aus dem Vorbringen der betreibenden Partei entnehmbares konkretes Verhalten der verpflichteten Partei gegen den Exekutionstitel verstößt, gehen in der Regel nicht über den konkreten Einzelfall hinaus (RIS-Justiz RS0004662) und werfen keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 528 Abs 1 ZPO auf (RIS-Justiz RS0000595 [T4]). Die (zusammengefasste) Titelauslegung des Rekursgerichts, der Unterlassungstitel verbiete es den Verpflichteten, tatsächlich nicht von Journalisten der Tageszeitung geführte Interviews als solche auszugeben, ist nicht zu beanstanden, weil sich der Zusatz im Titel „eigener Journalisten mit bestimmten Personen“ ganz offensichtlich auch auf die unmittelbar davor angesprochenen „Interviews“ bezieht (und nicht nur auf das „Ergebnis persönlicher Recherchekommunikation“); ebenso wenig die Rechtsansicht, ohne Hinweis darauf, das Interview sei von Mitarbeitern anderer Medien geführt worden, entstehe der Eindruck, Mitarbeiter der Tageszeitung hätten es geführt, weil es damit als Interview eigener Journalisten ausgegeben wurde. Der weiteren Rechtsansicht der zweiten Instanz, es sei von einem Interview im weiteren Sinn auszugehen, treten die Verpflichteten ohnehin nicht entgegen.
Eine andere Entscheidung des Rekursgerichts, denselben Exekutionstitel betreffend, bildet keinen Gegenstand des vorliegenden Rechtsmittelverfahrens, sodass sich eine Stellungnahme dazu erübrigt.
2. Die Bemessung einer Geldstrafe nach § 355 Abs 1 Satz 3 EO wirft schon wegen der darin angeordneten Bedachtnahme auf Art und Schwere des jeweiligen Zuwiderhandelns gegen den Exekutionstitel, die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Verpflichteten und das Ausmaß von dessen Beteiligung an der Zuwiderhandlung, also auf die konkreten Umstände des Einzelfalls, keine erheblichen Rechtsfragen iSd § 78 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO auf (RIS-Justiz RS0012388 [T1]). Die verpflichteten Parteien können auch nicht aufzeigen, dass dies ausnahmsweise doch der Fall wäre. Warum nämlich über die Zweitverpflichtete eine wesentlich geringere Geldstrafe zu verhängen gewesen wäre, wenn Verstöße gegen andere Exekutionstitel unbeachtet zu bleiben haben (wie die Verpflichteten argumentieren), kann angesichts der vorliegenden Erstverstöße beider Verpflichteten in keiner Weise nachvollzogen werden; andere Kriterien werden im Revisionsrekurs aber nicht angesprochen.
3. Rechtsmittel an den Obersten Gerichtshof gegen Entscheidungen des Gerichts zweiter Instanz im Kostenpunkt sind ausnahmslos unzulässig (RIS-Justiz RS0044233 [T11]; RS0053407 [T16]).
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