OGH 8ObA7/12f

OGH8ObA7/12f20.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Andreas Mörk und Mag. Herbert Böhm als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** S*****, vertreten durch Dr. Andreas Löw, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei R***** E*****, vertreten durch Mag. Thomas Sochor, Rechtsanwalt in Wien, wegen 4.966,50 EUR sA und Ausstellung eines Dienstzeugnisses (Streitwert 4.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 22. November 2011, GZ 8 Ra 118/11y-30, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Gegenstand der Revisionsausführungen ist ausschließlich die vom Berufungsgericht bejahte Frage, ob das vom Beklagten für die Klägerin ausgestellte Dienstzeugnis den gesetzlichen Mindestanforderungen entspricht, obwohl es einen Grammatikfehler enthält.

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin war beim Beklagten als Arbeiterin beschäftigt. Nach § 1163 Abs 1 ABGB hatte sie bei Beendigung des Dienstverhältnisses einen Anspruch auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses über die Dauer und Art der Arbeitsleistung. Die wesentliche Funktion des Dienstzeugnisses besteht darin, dem Stellenbewerber als Nachweis über zurückliegende Arbeitsverhältnisse und dem präsumtiven Arbeitgeber als Informationsquelle über die Qualifikation des Bewerbers zu dienen. Es muss daher alle wesentlichen Tatsachen und Bewertungen enthalten, die für die Gesamtbeurteilung des Arbeitnehmers von Bedeutung und für den Dritten von Interesse sind (RIS-Justiz RS0111190; RS0104545), andererseits soll es dem Dienstnehmer die Erlangung eines neuen Arbeitsplatzes erleichtern (Spenling in KBB² § 1163 ABGB Rz 1 ua), weshalb keine direkt oder auch nur unterschwellig für ihn nachteiligen Formulierungen enthalten sein dürfen. Auch die äußere Form des Zeugnisses darf nicht so beschaffen sein, dass daraus auf eine mangelnde Wertschätzung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer geschlossen werden kann (OLG Wien ARD 5586/5/2005; ARD 5372/9/2003 - pinkfarbenes Papier mit Fettflecken, Rechtschreibfehler und fehlende Stempelmarke).

Ob ein konkretes Dienstzeugnis als eine unzulässige Negativbeurteilung aufgefasst werden könnte, sei es durch inhaltliche Angaben oder - wie hier - aus rein formalen Gründen, ist einzelfallbezogen und könnte nur bei krasser Fehlbeurteilung durch die Vorinstanzen eine Rechtsfrage von der in § 502 Abs 1 ZPO normierten Bedeutung aufwerfen (9 ObA 164/08w). Diese Voraussetzung ist nicht schon dann erfüllt, wenn auch ein anderes rechtliches Ergebnis argumentativ vertretbar gewesen wäre.

Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht das Fehlen des Prädikats „war“ im Nebensatz des ansonsten richtigen und vollständigen Dienstzeugnisses als unwesentlichen Mangel beurteilt, der bei objektiver Betrachtung weder Zweifel am gesetzmäßigen Inhalt aufkommen lässt, noch eine Missachtung der Dienstnehmerin andeutet. Diese Rechtsansicht ist nach dem festgestellten Sachverhalt jedenfalls nicht unvertretbar.

Die Zulässigkeit des Rechtsmittels kann schließlich auch nicht mit dem Hinweis auf ein anhängiges Verfahren begründet werden, dem schon nach den Revisionsausführungen ein völlig anders gelagerter Sachverhalt (strittiges Beendigungsdatum) zugrunde liegt.

Einer weiteren Begründung bedarf diese Entscheidung nicht (§ 2 ASGG, § 520 Abs 3 ZPO).

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