OGH 13Os121/11k

OGH13Os121/11k19.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat am 19. Jänner 2012 durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek und Dr. Bachner-Foregger und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Potmesil als Schriftführer in der Strafsache gegen Eduard K***** und eine Angeklagte wegen Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 201 Abs 1 und 15 StGB sowie weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Eduard K***** und Helga K***** sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Korneuburg als Schöffengericht vom 30. Mai 2011, GZ 630 Hv 7/10h-36, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerden werden zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Den Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Eduard K***** jeweils mehrerer Verbrechen der Vergewaltigung nach §§ 201 Abs 1 und 15 StGB (I/A) und der geschlechtlichen Nötigung nach §§ 202 Abs 1 (zu ergänzen: teils idF vor BGBl I 2009/40) und 15 StGB (I/B), mehrerer Vergehen der Nötigung nach §§ 105 Abs 1 und 15 StGB (I/C) sowie des Vergehens der sexuellen Belästigung nach § 218 Abs 1 Z 1 StGB (I/D) und Helga K***** mehrerer Vergehen der Nötigung nach §§ 105 Abs 1 und 15 StGB (II) schuldig erkannt.

Danach haben

(I) Eduard K***** in P*****

A) im Herbst 2008 Marina R***** mit Gewalt

1) zur Vornahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung zu nötigen versucht, indem er ihren Kopf zu seinem erigierten Penis drückte und sie dadurch zum Oralverkehr zwingen wollte, während er masturbierte, wobei es zu einem vorzeitigen Samenerguss gegen Gesicht und Haupthaar des Opfers kam, und

2) zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er ihren Oberkörper gegen einen Tisch drückte, ihren Rock hoch- und ihre Unterhose beiseiteschob und einen Vaginalverkehr an ihr durchführte, während er ihre Hände festhielt und seinen Oberkörper gegen ihren drückte,

B) andere außer den Fällen des § 201 StGB mit Gewalt, nämlich

1) vom Juli 2008 bis zum Sommer 2010 Ida V*****

a) mehrmals zur Duldung geschlechtlicher Handlungen genötigt, indem er sie gegen eine Wand drückte und unterhalb der Bekleidung ihre Brüste intensiv betastete sowie küsste und ihre Scheide berührte, und

b) zur Vornahme geschlechtlicher Handlungen zu nötigen versucht, indem er ihre Hand fest ergriff und danach trachtete, diese zu seinem erigierten Penis zu führen, wobei sich das Opfer nach kurzer Berührung seiner Unterhose befreien konnte, sowie

2) vom Jahresanfang 2005 bis zum April 2008 Katarzyna D***** wiederholt zur Duldung geschlechtlicher Handlungen genötigt, indem er sie festhielt und unterhalb der Bekleidung ihre Brüste und ihre Scheide betastete,

C) andere mit Gewalt zu Duldungen

1) genötigt, nämlich vom Juli 2008 bis zum Sommer 2010 in mehreren Angriffen Ida V*****, indem er sie gegen eine Wand oder Einrichtungsgegenstände drückte und gegen ihren Willen intensiv küsste,

2) zu nötigen versucht, nämlich Erika B*****, indem er sie

a) am 8. März 2009 kraftvoll gegen Küchenkästen drückte und zu küssen versuchte und

b) im April 2009 am Hals packte, gegen Kästen drückte und zu küssen versuchte, sowie

D/1) vom Juli 2008 bis zum November 2008 Marina R***** mehrmals durch geschlechtliche Handlungen an ihr belästigt, indem er ihre Scheide und ihre Brüste intensiv betastete,

(II) Helga K*****

A) im April 2009 in K***** Erika B***** durch die Androhung einer Anzeige wegen Verleumdung genötigt, von der Erstattung einer Anzeige gegen Eduard K***** Abstand zu nehmen, sowie

B) am 17. August 2010 in P***** Ida V*****

1) mit Gewalt am Verlassen der Küche ihres Lokals zu hindern versucht, indem sie sich vor die Tür stellte und Ida V***** von dieser wegschob, und

2) durch die Androhung einer Anzeige wegen Verleumdung zu nötigen versucht, von der Erstattung einer Anzeige gegen Eduard K***** Abstand zu nehmen.

Die dagegen erhobenen, von Eduard K***** auf Z 5, 5a, 9 lit a, 9 lit b und 10, von Helga K***** auf Z 5, 9 lit a und 9 lit b sowie von der Staatsanwaltschaft auf Z 5, 10 und 11, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, gestützten Nichtigkeitsbeschwerden gehen fehl.

Rechtliche Beurteilung

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Eduard K*****:

Undeutlichkeit im Sinn der Z 5 erster Fall ist gegeben, wenn - nach Beurteilung durch den Obersten Gerichtshof, also aus objektiver Sicht - nicht für sämtliche unter dem Gesichtspunkt der Nichtigkeitsgründe relevanten Urteilsadressaten, mithin sowohl für den Beschwerdeführer als auch das Rechtsmittelgericht, unzweifelhaft erkennbar ist, ob eine entscheidende Tatsache in den Entscheidungsgründen festgestellt worden oder auch aus welchen Gründen die Feststellung entscheidender Tatsachen erfolgt ist.

Unvollständig (Z 5 zweiter Fall) ist ein Urteil genau dann, wenn das Gericht bei der für die Feststellung entscheidender Tatsachen angestellten Beweiswürdigung erhebliche, in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse unberücksichtigt ließ.

Widersprüchlich sind zwei Aussagen, wenn sie nach den Denkgesetzen oder der allgemeinen Lebenserfahrung nicht nebeneinander bestehen können. Im Sinn der Z 5 dritter Fall können die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Entscheidungsgründen (§ 270 Abs 2 Z 5 StPO) und deren Referat im Erkenntnis (§ 260 Abs 1 Z 1 StPO), die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen, die zu den getroffenen Feststellungen über entscheidende Tatsachen angestellten Erwägungen sowie die Feststellungen über entscheidende Tatsachen in den Urteilsgründen und die dazu angestellten Erwägungen zueinander im Widerspruch stehen.

Offenbar unzureichend (Z 5 vierter Fall) ist eine Begründung, die den Gesetzen folgerichtigen Denkens oder grundlegenden Erfahrungssätzen widerspricht.

Aktenwidrig im Sinn der Z 5 fünfter Fall ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt.

Prozessordnungskonforme Darstellung der Tatsachenrüge (Z 5a) verlangt grundsätzlich die Ableitung erheblicher Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zu Grunde liegenden entscheidenden Tatsachen aus den in der Hauptverhandlung vorgekommenen Verfahrensergebnissen. Nicht in der Hauptverhandlung vorgekommene Beweismittel sind nur insoweit Gegenstand der Rüge aus Z 5a, als sie so rechtzeitig zum Akt gekommen sind, dass sie in der Hauptverhandlung noch hätten vorkommen können und rechtens hätten vorkommen dürfen, sofern der Beschwerdeführer an einer auf Vorführung solcher Beweismittel oder daran geknüpfte weitere Aufklärung zielenden Antragstellung gehindert war (zum Ganzen Ratz, WK-StPO § 281 Rz 419, 421, 437-439, 444, 467, 481).

Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5a) erschöpfen sich darin, Details aus - vom Erstgericht umfassend und eingehend erörterten (US 30 bis 81) - Zeugenaussagen eigenen Beweiswerterwägungen zu unterziehen, diese mit spekulativen Überlegungen zu verknüpfen und daraus für den Beschwerdeführer günstige Schlüsse abzuleiten, und orientieren sich solcherart nicht an den dargelegten Kriterien der nominell herangezogenen Nichtigkeitsgründe.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch I/C/2 die Verwirklichung des Tatbestandsmerkmals der „Gewalt“ bestreitet, ohne von den diesbezüglichen Urteilsfeststellungen auszugehen, verfehlt sie den (auf der Tatsachenebene) gerade darin gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 584).

Abgesehen davon, dass die dabei angesprochenen Taten den Urteilsannahmen zufolge im Versuchsstadium (§ 15 StGB) geblieben sind, sei der Vollständigkeit halber festgehalten, dass der Beschwerdeführer Erika B***** nach den Feststellungen des Erstgerichts im ersten Angriff an den Armen, im zweiten am Hals packte, sie sodann jeweils gegen Kästen drückte und versuchte, sie in dieser Position zur Duldung von Zungenküssen zu nötigen, wobei sich Erika B***** in beiden Fällen „mit letzter Kraft“ befreien konnte (US 27), wodurch zweifelsfrei - dem Gewaltbegriff des § 105 Abs 1 StGB nach insoweit einhelliger Rechtsprechung und Lehre jedenfalls genügende - (bereits erfolgte) Anwendung physischer Kraft von gewisser Schwere zur Überwindung eines tatsächlichen oder erwarteten Widerstands (Schwaighofer in WK² § 105 Rz 17; Seiler, SbgK § 105 Rz 9 bis 11) hinreichend zum Ausdruck gebracht wird.

Durch die bloße Berufung auf den Zweifelsgrundsatz des Art 6 Abs 2 MRK wird die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) ebenfalls nicht prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht.

Auch die Argumentation der Subsumtionsrüge (Z 10) wird nicht aus dem Urteilssachverhalt entwickelt, indem die Feststellungen zum Tatbestandsmerkmal der „Gewalt“, wonach der Beschwerdeführer in allen vom insoweit angesprochenen Schuldspruch (I/B/2) umfassten Fällen von hinten an Katarzyna D***** herantrat, sie gegen eine Wand drückte, am Körper oder am Hals erfasste und dadurch dazu nötigte, das Betasten ihrer Brüste oder ihrer Scheide unterhalb der Kleidung zu dulden (US 11), übergangen werden.

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Helga K*****:

Das Erstgericht setzte sich zum Schuldspruch II/A eingehend mit den Depositionen der Zeugin Erika B***** auseinander und legte dabei dar, dass es Unschärfen in deren Aussage, die nach längerer Befragung durch die Verteidigung auftraten, unter Berücksichtigung des von dieser Zeugin gewonnenen persönlichen Eindrucks auf deren durch diese Vernehmungssituation hervorgerufene Aufregung zurückführe, deswegen aber insgesamt nicht an der Richtigkeit deren im Ermittlungsverfahren und in der Hauptverhandlung (im Kern widerspruchsfrei) abgelegter Aussage zum Inhalt der Drohungen zweifle (US 49, 50), was der Mängelrüge (Z 5) zuwider - unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden ist.

Wie bereits zur Nichtigkeitsbeschwerde des Eduard K***** dargelegt, ist ein Urteil dann aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall), wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder Urkunde in seinen wesentlichen Teilen unrichtig oder unvollständig wiedergibt. Indem die Beschwerde einwendet, das Erstgericht habe die Chronologie der Mitteilungen über die gegenständlichen Übergriffe unrichtig wiedergegeben, behauptet sie ein solcherart fehlerhaftes Referat nicht. Hinzu kommt, dass aus der angesprochenen zeitlichen Abfolge nichts zur Begründung von Feststellungen über entscheidende Tatsachen abgeleitet worden ist, sodass sich das diesbezügliche Beschwerdevorbringen nicht auf erhebliche Umstände bezieht (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 466).

Soweit die Rüge zum Faktum II/B/1 aus dem Blickwinkel hinreichender Begründung die Frage thematisiert, ob Ida V***** die Küche auch auf anderem Weg als durch die Tür, von der sie die Beschwerdeführerin nach den Urteilskonstatierungen gewaltsam wegschob, verlassen hätte können, bezieht sie sich nicht auf schuld- oder subsumtionsrelevante Umstände.

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) zu den Schuldsprüchen II/A und II/B/2 einwendet, die Ankündigung einer inhaltlich richtigen Anzeige sei kein geeignetes Nötigungsmittel (§ 105 Abs 1 StGB), ohne die solcherart behauptete rechtliche Konsequenz aus dem Gesetz abzuleiten, verfehlt sie die gesetzmäßige Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 588).

Mit Blick auf § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO sei festgehalten, dass die Androhung einer Anzeige wegen eines strafrechtlich relevanten Sachverhalts - unabhängig von deren inhaltlicher Richtigkeit - als Ankündigung eines Angriffs jedenfalls auf das Rechtsgut der Ehre dem Tatbestandsmerkmal der „gefährlichen Drohung“ im Sinn des § 105 Abs 1 StGB entspricht (Jerabek in WK² § 74 Rz 31; Schwaighofer in WK² § 105 Rz 59; vgl auch Hintersteininger, SbgK § 144 Rz 20, 21).

Mit der Behauptung fehlender Feststellungen zum Kausalitätszusammenhang zwischen Nötigungsmittel und abgenötigtem Verhalten in Bezug auf den Schuldspruch II/A setzt sich die Beschwerde über die Urteilskonstatierungen hinweg, wonach Erika B***** „aufgrund der oberwähnten von Helga K***** geäußerten Drohungen“ von der „Anzeigeerstattung gegen den Erstangeklagten Abstand“ nahm (US 30).

Das Vorbringen, es läge „eine gerechtfertigte Nötigung im Sinne des § 105 Abs 2 StGB vor“ (Z 9 lit b), erschöpft sich in einer substratlosen Rechtsbehauptung.

Aus welchem Grund der Umstand, dass ein Raum mit zwei Türen versehen ist, der rechtlichen Qualifikation des gewaltsamen Hinderns einer Person am Verlassen dieses Raumes durch eine bestimmte der beiden Türen als Nötigung (§ 105 Abs 1 StGB) entgegenstehen soll, wird nicht klar.

Zu den Ausführungen zur - hier gar nicht aktuellen - Abgrenzung zwischen den Tatbeständen der Freiheitsentziehung (§ 99 StGB) und der Nötigung (§ 105 StGB) sei vollständigkeitshalber klargestellt, dass - entgegen der Beschwerdeansicht - Exklusivität gerade kein Fall der Scheinkonkurrenz ist, sondern dann vorliegt, wenn gesetzliche Tatbestände einander widerstreitende Merkmale enthalten, ein Sachverhalt, der unter den einen gesetzlichen Tatbestand fällt, also niemals unter den anderen subsumiert werden kann (Ratz in WK² Vorbem zu §§ 28 bis 31 Rz 3).

Indem die weitere Rechtsrüge (Z 9 lit b) hinsichtlich des Schuldspruchs II/B/1 den Strafaufhebungsgrund des Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) für die Beschwerdeführerin reklamiert, ohne in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Verfahrensergebnisse aufzuzeigen, die entsprechende - hier nicht getroffene (US 19) - Feststellungen indiziert hätten, entzieht sie sich einer inhaltlichen Erwiderung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 602).

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Das Erstgericht konstatiert zum Schuldspruch A/I/1, dass der Angeklagte versuchte, Marina R***** zur Vornahme eines Oralverkehrs zu nötigen, was ihm infolge vorzeitiger Ejakulation nicht gelang (US 22), und dass die Ejakulation gegen das Gesicht des Opfers nicht vom Vorsatz des Angeklagten umfasst war (US 24).

Entgegen der Mängelrüge (Z 5) ist die Ableitung dieser Negativfeststellung aus dem Misslingen der Tatvollendung infolge vorzeitiger Ejakulation unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden.

Indem die Subsumtionsrüge (Z 10) hinsichtlich des Schuldspruchs A/I/1 die Unterstellung unter die Qualifikationsnorm des § 201 Abs 2 vierter Fall StGB anstrebt, ohne von den dargestellten Feststellungen des Erstgerichts, wonach ein diesbezüglicher Vorsatz des Angeklagten gerade nicht vorlag (US 24), auszugehen, entzieht sie sich einer meritorischen Erledigung.

Soweit die Sanktionsrüge (Z 11) einwendet, die dem Schuldspruch A/I/1 zu Grunde liegende Tat sei nach den Konstatierungen des Erstgerichts (nicht im Sinn des § 15 StGB versucht, sondern) vollendet, spricht sie keine für die Strafbemessung maßgebende entscheidende Tatsache (Z 11 zweiter Fall) an. Das Erstgericht wertete nämlich den Umstand mildernd, dass es „teilweise“ beim Versuch geblieben ist (US 83), woran angesichts mehrerer versuchter Taten (I/B/1/b, I/C/2/a und b) auch die Beurteilung der vom Schuldspruch I/A/1 umfassten Tat als vollendet nichts ändern würde.

Der Vollständigkeit halber sei allerdings festgehalten, dass die diesbezügliche Rechtsansicht der Staatsanwaltschaft inhaltlich zutrifft. Nach ständiger Judikatur genügt es bei den Tatbeständen des § 201 Abs 1 StGB für die Vollendung nämlich, wenn das Opfer den Beischlaf oder die diesem gleichzusetzende geschlechtliche Handlung vorzunehmen oder zu dulden beginnt, was schon bei Berührung der Geschlechtsteile oder - hier festgestellter (US 22) - Berührung eines Geschlechtsteils mit einer anderen Körperöffnung als der Vagina der Fall ist (12 Os 80/90, EvBl 1991/13, 67; RIS-Justiz RS0090720; zuletzt 13 Os 92/09t, EvBl 2010/21, 133; in diesem Sinn auch Philipp in WK² § 201 Rz 43).

Die Nichtigkeitsbeschwerden waren gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufungen kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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