Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen.
In der Strafsache AZ 17 Hv 49/08v des Landesgerichts Klagenfurt verletzt das Urteil dieses Gerichts als Schöffengericht vom 15. Mai 2009 (ON 23) § 43 Abs 2 StPO.
Dieses Urteil wird aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Klagenfurt verwiesen.
In Bezug auf das Adhäsionserkenntnis (§ 369 Abs 1 StPO) wird auch die Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes verworfen.
Mit seiner Berufung wird der Angeklagte auf die Urteilsaufhebung verwiesen.
Dem Angeklagten fallen auch die durch seine Nichtigkeitsbeschwerde verursachten Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Text
Gründe:
Mit Urteil vom 9. September 2008 sprach das Landesgericht Klagenfurt als Schöffengericht seine Unzuständigkeit (§ 261 Abs 1 StPO) zur Entscheidung über die von der Staatsanwaltschaft gegen Johann A***** erhobene Anklage (ON 5 iVm ON 13 S 15) aus (ON 14).
Der dagegen aus Z 6 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft folgte der Oberste Gerichtshof mit Erkenntnis vom 19. Februar 2009 durch Aufhebung des Unzuständigkeitsurteils (ON 21).
Mit dem nunmehr bekämpften Urteil (ON 23) wurde Johann A***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB schuldig erkannt.
Danach hat er am 8. Dezember 2007 in Althofen im Rückfall (§ 39 StGB) Anja S***** mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs genötigt, indem er sie am Gesäß und im Hüftbereich festhielt, ihre Hose öffnete, sie - nachdem er sie trotz Gegenwehr im Bereich der Schamlippen und an der Brust betastet hatte - gewaltsam zu Boden riss, während er sie erneut festhielt, ihre Beine auseinanderdrückte und danach trachtete, seinen Penis in ihre Scheide einzuführen, wobei die Geschlechtsteile einander berührten.
Das Schöffengericht verhängte hiefür eine Freiheitsstrafe von drei Jahren und erkannte den Angeklagten schuldig, an die Privatbeteiligte Anja S***** einen Teilschmerzengeldbetrag von 500 Euro zu leisten und „für sämtliche aus den ihm zur Last gelegten Verbrechen der Anja S***** erwachsenen Negativfolgen auch für die Zukunft im vollen Umfange zu haften".
Rechtliche Beurteilung
Dagegen wenden sich der Angeklagte mit einer auf Z 3, 5 und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde, die Generalprokuratur mit Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:
Indem die Verfahrensrüge (Z 3) einwendet, der Beschwerdeführer sei nach den in der Hauptverhandlung vorgenommenen Verlesungen (ON 22 S 12) nicht im Sinn des § 252 Abs 3 erster Satz StPO befragt worden, ob er darüber etwas zu bemerken habe, geht sie schon im Ansatz fehl, weil eine allfällige Verletzung der genannten Bestimmung nicht mit Nichtigkeit bedroht ist.
Die Prämisse der Mängelrüge (Z 5), das Erstgericht gründe die Feststellungen zur subjektiven Tatseite unzureichend (Z 5 vierter Fall) ausschließlich auf den objektiven Tathergang, nimmt nicht Maß an der Gesamtheit der Entscheidungsgründe, wonach sich die angefochtene Entscheidung - aktenkonform (ON 22 S 10 f) - auch auf die geständige Verantwortung des Beschwerdeführers stützt (US 8), und verfehlt solcherart die prozessordnungskonforme Darstellung des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes (RIS-Justiz RS0119370).
Der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass der Schluss von einem gezeigten Verhalten auf ein zugrunde liegendes Wollen oder Wissen keineswegs unzulässig, sondern bei (anders als hier) leugnenden Angeklagten in aller Regel methodisch gar nicht zu ersetzen ist (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 452).
Die Subsumtionsrüge (Z 10) übersieht zunächst, dass das Verbrechen der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB in Bezug auf die Nötigungsziele einerseits des Beischlafs und andererseits der dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung als alternatives Mischdelikt aufgebaut ist (vgl Schick in WK² § 201 Rz 20, 21). Hievon ausgehend ist es unter dem Aspekt der Subsumtion rechtlich bedeutungslos, zu welcher dieser Handlungsformen der Täter das Opfer nötigt. Eine - vom erforderlichen Vorsatz getragene - Berührung der Geschlechtsteile bedeutet somit jedenfalls Tatvollendung im Sinn des § 201 Abs 1 StGB.
Erfolgt eine solche Berührung nämlich im Zuge eines Tatgeschehens, das dem Begriff des solcherart begonnenen Beischlafs entspricht, beginnt das Opfer diesen vorzunehmen oder zu dulden (12 Os 80/90; RIS-Justiz RS0115581; Schick in WK² § 201 Rz 43 und 44).
Liegt hingegen ein solches Tatgeschehen etwa - wie hier interessierend - mangels beim Täter eingetretener Erektion nicht vor, wird der Tatbestand der Vergewaltigung durch die Nötigung zur Vornahme oder Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung verwirklicht. Das Abstellen auf die Intensität der Berührung (Hinterhofer, SbgK § 201 Rz 48) ist - abgesehen von der dogmatischen Unschärfe dieses Begriffs - abzulehnen, weil durch die conjunctio membrorum an sich schon ein Eingriff in die sexuelle Integrität und Selbstbestimmung des Opfers geschieht, der jedenfalls dem Schutzzweck des § 201 StGB entspricht.
Der Einwand, zufällige Berührungen der Geschlechtsteile seien nicht dem Tatbestand der Vergewaltigung zu unterstellen, entfernt sich von den Feststellungen zur subjektiven Tatseite (US 7).
Im Hinblick darauf, dass das Erstgericht - wie dargelegt - zutreffend von der Tatvollendung ausgegangen ist, können die Beschwerdeausführungen zur Untauglichkeit des Versuchs auf sich beruhen.
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher zu verwerfen.
Zur Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes:
Die Generalprokuratur zeigt mit Recht auf, dass nach der Aktenlage sowohl der Vorsitzende als auch der beisitzende Richter (ON 22 S 1, ON 23 S 1) in dieser Sache an einem (Unzuständigkeits-)Urteil mitgewirkt haben (ON 14 S 1), das vom Obersten Gerichtshof aufgehoben worden ist (ON 21). Sie waren daher gemäß § 43 Abs 2 StPO vom (neuerlichen) Hauptverfahren ausgeschlossen (Lässig, WK-StPO § 43 Rz 24).
Da diese Gesetzesverletzung geeignet ist, zum Nachteil des Angeklagten zu wirken, sah sich der Oberste Gerichtshof veranlasst, deren Feststellung mit konkreter Wirkung zu verknüpfen.
Hingegen trifft die Rechtsansicht, im Adhäsionsverfahren seien Feststellungserkenntnisse unzulässig, nicht zu.
Nach § 69 Abs 1 StPO idF BGBl I 2004/19 kann nämlich der Privatbeteiligte ua einen aus der Straftat abgeleiteten, auf Feststellung gerichteten Anspruch gegen den Beschuldigten im Strafverfahren geltend machen, was hier erfolgt ist (ON 22 S 13). Demnach kann dessen Haftung für einen Schaden des Privatbeteiligten, der im Urteilszeitpunkt noch nicht eingetreten oder zumindest noch nicht bezifferbar ist (vgl § 228 ZPO), unter den - hier gegebenen - besonderen Voraussetzungen der Feststellungsfähigkeit und des entsprechenden rechtlichen Interesses sehr wohl Gegenstand der Feststellung im Anschlusserkenntnis sein (Spenling, WK-StPO § 371 Rz 1a [im Druck]).
Mit seiner Berufung war der Angeklagte auf die Kassation der damit angefochtenen Entscheidung zu verweisen.
Im Hinblick auf den nunmehr erforderlichen - bereits - dritten Rechtsgang sei auf die grundsätzliche Möglichkeit, Zeugen, welche die Aussage berechtigt verweigern, in der Hauptverhandlung erforderlichenfalls (nach § 250 Abs 3 StPO schonend) ergänzend zu vernehmen, hingewiesen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 233).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.
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