Spruch:
Die Anträge der Marina D***** und des Tamaz R***** werden zurückgewiesen.
Text
Gründe:
Mit Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien vom 17. Februar 2011, GZ 12 Hv 192/10f-32, wurden Marina D*****, Khatuna S***** und Tamaz R***** jeweils des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 15, 127, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt.
Inhaltlich des - hier verkürzt wiedergegebenen - Schuldspruchs haben Marina D*****, Khatuna S***** und Tamaz R***** am 2. November 2010 in Wien im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mittäter gewerbsmäßig und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz diverse Kleidungsstücke im Gesamtwert von 136,50 Euro dem Unternehmen H***** wegzunehmen versucht.
Den von den Angeklagten Marina D***** und Tamaz R***** dagegen erhobenen Berufungen und der Beschwerde des Letztgenannten gab das Oberlandesgericht Wien mit Urteil vom 25. Oktober 2011, AZ 20 Bs 173/11d (GZ 12 Hv 192/10f-45) nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
In ihren nicht auf ein Erkenntnis des EGMR gestützten (RIS-Justiz RS0122228) Anträgen auf Erneuerung des Strafverfahrens gemäß § 363a StPO behaupten die Verurteilten Marina D***** und Tamaz R***** jeweils eine Verletzung des Art 6 MRK.
Tamaz R***** bringt dazu vor, dass er an einer von Dr. Paul F***** attestierten, vom Oberlandesgericht aber übergangenen komplexen Belastungsstörung leide, die mit einer Störung der Impulskontrolle und mit kleptomanen Attacken einhergehe.
Soweit der Antrag einen an Zurechnungsunfähigkeit grenzenden Ausnahmezustand als weiteren Milderungsgrund reklamiert, geht er schon im Ansatz fehl, weil die Straffrage betreffende Umstände, die nicht Gegenstand einer Sanktionsrüge (§ 281 Abs 1 Z 11 StPO) sind, sondern ausschließlich in den Bereich der Berufung fallen, mit dem innerstaatlichen subsidiären Erneuerungsantrag ohne vorherige Anrufung des EGMR nicht geltend gemacht werden können (vgl RIS-Justiz RS0125371).
Im Übrigen ließ das Oberlandesgericht die Erkrankung des Angeklagten und die dazu vorgelegte fachärztliche Bestätigung des Dr. Paul F***** nicht unberücksichtigt. Es ging vielmehr (im Übrigen logisch und empirisch einwandfrei) davon aus, dass der - als bestehend angenommenen - Erkrankung fallbezogen aufgrund der Tatmodalitäten, nämlich des professionellen arbeitsteiligen Zusammenwirkens mit Komplizen keine Bedeutung zukäme („kann bei der Strafbemessung auch nicht zum Vorteil gereichen“ [US 7]). Aus welchem Grund es unter dem Aspekt des „fair trial“ dennoch weiterer Aufklärungen in Bezug auf die Erkrankung des Angeklagten bedurft hätte, legt der Erneuerungswerber nicht deutlich und bestimmt dar.
Dem im Erneuerungsantrag erstmalig erhobenen Einwand der Schuldunfähigkeit und der damit verbundenen Antragstellung steht bereits die mangelnde Erschöpfung des Instanzenzugs entgegen (RIS-Justiz RS0122737).
Soweit Tamaz R***** mit erneuter Bezugnahme auf seine Erkrankung die Annahme der Qualifikation der Gewerbsmäßigkeit bekämpft und „auf Grund fehlender gesetzlicher Beweise“ eine Verletzung des Art 6 Abs 2 MRK behauptet, vernachlässigt er, dass das Erstgericht zu den vom Oberlandesgericht als unbedenklich eingestuften (US 5) Urteilsannahmen in freier Beweiswürdigung gelangte (§ 258 Abs 2 StPO). Mit seiner Argumentation sucht der Erneuerungswerber demnach bloß unzulässig die Beweiswürdigung, nunmehr des Rechtsmittelgerichts, zu bekämpfen, ohne eine Verletzung der Unschuldsvermutung begründet darzulegen.
Gleiches gilt für das Vorbringen der Erneuerungswerberin Marina D*****, die in Wiederholung ihres Berufungsvorbringens ihre nach Auffassung des Oberlandesgerichts mängelfrei festgestellte Mittäterschaft (US 5) nunmehr erstmalig unter Bezugnahme auf das bereits thematisierte kleptomanische Leiden des Tamaz R***** bestreitet.
Die Anträge auf Erneuerung des Strafverfahrens waren daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung zurückzuweisen (§ 363b Abs 1 und Abs 2 Z 3 StPO).
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