OGH 3Ob226/11y

OGH3Ob226/11y18.1.2012

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am 14. Februar 2009 verstorbenen M*****, aus Anlass der Vorlage des „außerordentlichen Revisionsrekurses“ der Verlassenschaftsgläubigerin D*****, gegen den Beschluss des Landesgerichts Korneuburg als Rekursgericht vom 6. Juli 2011, GZ 25 R 17/11v, 25 R 35/11s, 25 R 36/11p-40, womit der Rekurs der Verlassenschaftsgläubigerin gegen den Beschluss des Bezirksgerichts Hollabrunn vom 28. Juli 2010, GZ 1 A 112/09t-23, vom 5. August 2010, GZ 1 A 112/09t-25, und vom 7. Dezember 2010, GZ 1 A 112/09t-31, zum Teil zurückgewiesen und dem Rechtsmittel im Übrigen nicht Folge gegeben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

Text

Begründung

Die Verlassenschaftsgläubigerin bekämpfte mit ihrem Rekurs ON 32 die aus dem Spruch ersichtlichen Beschlüsse des Erstgerichts ON 23, 25 und 31. Diesen Rekurs wies das Rekursgericht (ON 40) zum Teil zurück, soweit er sich gegen ON 23 und 25 sowie 31 Punkte 1., 2., 3., 4., und 8. wendete, und zum Teil ab, soweit er sich gegen ON 31 Punkte 5., 6. und 7. richtete. Zur Zulässigkeit des Revisionsrekurses sprach es aus:

a. zu ON 23: Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt nicht 30.000 EUR; der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig;

b. zu ON 25: Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt 30.000 EUR; der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig;

c. zu ON 31 Punkte 2. und 3.: Der Revisionsrekurs ist jedenfalls unzulässig;

d. zu ON 31 Punkte 1., 4., 5., 6., 7. und 8.: Der Wert des Entscheidungsgegenstands übersteigt insgesamt nicht 30.000 EUR; der ordentliche Revisionsrekurs ist nicht zulässig.

Mit Schriftsatz ON 43 erhob die Verlassenschaftsgläubigerin einen „Revisionsrekurs an den OGH“, in dem sie ua darlegte, (auch) hinsichtlich des Beschlusses des Erstgerichts ON 23 sei eine Zulassungsvorstellung möglich; weiters stellte sie den „Antrag an das Rekursgericht, dass der ordentliche Revisionsrekurs gegen den Beschluss“ ua „vom 5.8.2010 zur Zahl 1 A 112/09 t […] zugelassen werden möge.“ Nach Ausführung des Revisionsrekurses (und Stellung von Rekursanträgen) beantragte sie weiters: „Der Oberste Gerichtshof als Revisionsgericht wolle 1. den Revisionsrekurs für zulässig erachten, in eventu möge das LG Korneuburg als Rekursgericht den Revisionsrekurs zulassen, [...].“

Das Rekursgericht wies den Antrag, den Ausspruch über die Unzulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses abzuändern gemeinsam mit dem ordentlichen Revisionsrekurs - ohne jede Einschränkung - zurück (ON 45). Es erachtete den Antrag teilweise als nicht zulässig (und zwar zu oben Punkt b. und c.), im Übrigen als nicht berechtigt.

Nach Zustellung dieser Entscheidung an die Verlassenschaftsgläubigerin am 8. November 2011 richtete diese an das Erstgericht am 21. November 2011 den Antrag, es möge der Revisionsrekurs, der einen außerordentlichen Revisionsrekurs beinhalte, unmittelbar an den Obersten Gerichtshof vorgelegt werden (ON 47). Es sei objektiv erkennbar, dass „hier fristgemäß gegen den Beschluss vom 5.8.2010, 1 A 112/09t-25 BG Hollabrunn ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben wurde und nur ein Bezeichnungsfehler unterlaufen ist“.

Rechtliche Beurteilung

Das Erstgericht legte dementsprechend nunmehr den Akt dem Obersten Gerichtshof vor, dem es allerdings an jeder Entscheidungskompetenz fehlt.

1. Zum Rechtsmittelausschluss nach § 63 Abs 4 letzter Satz AußStrG (und dem inhaltlich entsprechenden nach § 508 Abs 4 letzter Satz ZPO) gegen die Zurückweisung einer Zulassungsvorstellung mangels Stichhältigkeit wird judiziert, dass dieser absolut wirkt, also auch dann, wenn die Entscheidung allenfalls doch von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage abhängig gewesen wäre (RIS-Justiz RS0111234). Ein Beschluss des Rechtsmittelgerichts, mit dem der Abänderungsantrag deshalb zurückgewiesen wurde, weil ein Anwendungsfall des § 508 Abs 1 ZPO nicht vorliegen soll, ist aber bekämpfbar (RIS-Justiz RS0112034 [T7]; RS0115271); das hat auch für § 63 Abs 4 AußStrG zu gelten.

2. Die Verlassenschaftsgläubigerin hat - wie der wiedergegebene Inhalt ihres Schriftsatzes ON 43 zweifelsfrei belegt - Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG erhoben, und zwar ausdrücklich hinsichtlich aller drei erstgerichtlichen Beschlüsse; der Umstand, dass der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof gerichtet war, ändert daran nichts, liegt doch bei diesem Gericht die Entscheidungskompetenz für den gleichzeitig auszuführenden ordentlichen Revisionsrekurs. Diese Zulassungsvorstellung wurde vom Rekursgericht ohne jede Einschränkung mit ausdrücklicher Begründung auch zum Beschluss des Erstgerichts ON 25 zurückgewiesen, sodass darüber bereits abschließend entschieden wurde; eine (nachträgliche) Umdeutung scheidet daher aus.

3. Es bestand aber für die Verlassenschaftsgläubigerin die Möglichkeit, den Beschluss des Rekursgerichts ON 45 in diesem Umfang zu bekämpfen. Die Zurückweisung der Zulassungsvorstellung betreffend den Beschluss des Erstgerichts ON 25 gründet sich nämlich nicht auf das Fehlen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG, sondern darauf, es liege kein Anwendungsfall des § 63 Abs 1 AußStrG vor.

Von dieser Rechtsmittelmöglichkeit hat die Verlassenschaftsgläubigerin allerdings keinen Gebrauch gemacht, sondern nur beim Erstgericht die Vorlage des Revisionsrekurses unmittelbar an den Obersten Gerichtshof begehrt (ON 47). Dieser anwaltlich verfasste Vorlageantrag enthält weder die Bezeichnung als Rekurs noch den Vorwurf, das Rekursgericht habe den Inhalt der Zulassungsvorstellung unrichtig ausgelegt oder sonst einen Fehler gemacht; vielmehr gesteht die Verlassenschaftsgläubigerin zu, ihr sei ein Bezeichnungsfehler unterlaufen; es lassen sich auch nicht einmal ansatzweise Rechtsmittelerklärung, -gründe und -antrag erkennen. Eine Umdeutung in einen Rekurs gegen den Beschluss des Rekursgerichts ON 45 kommt deshalb nicht in Betracht.

Die Zurückweisung der Zulassungsvorstellung einschließlich des darin enthaltenen ordentlichen Revisionsrekurses ist daher mittlerweile in Rechtskraft erwachsen. Eine allenfalls zu Unrecht vom Rekursgericht angenommene Entscheidungskompetenz wäre damit geheilt.

4. Es liegt somit kein unerledigtes Rechtsmittel mehr vor, über das der Oberste Gerichtshof noch entscheiden könnte. Über den an das Erstgericht gerichteten Antrag der Verlassenschaftsgläubigerin auf Vorlage des Akts unmittelbar an den Obersten Gerichtshof (ON 47) hat dieser nicht zu entscheiden. Der Akt ist daher an das Erstgericht zurückzustellen (3 Ob 108/04k).

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