Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden dahingehend abgeändert, dass sie unter Einschluss der rechtskräftig gewordenen Teile insgesamt zu lauten haben:
„1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 3.726 EUR samt 2,875 % Zinsen vierteljährlich bei vierteljährlicher Kapitalisierung aus 3.726 EUR ab 28. 11. 2008 sowie an anteiliger Pauschalgebühr erster Instanz 92,77 EUR binnen 14 Tagen zu bezahlen.
2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei schuldig, weitere 22.435,15 EUR samt 2,875 % Zinsen vierteljährlich bei vierteljährlicher Kapitalisierung aus 23.235,15 EUR vom 28. 11. 2008 bis 4. 2. 2009, aus 22.835,15 EUR vom 5. 2. 2009 bis 17. 3. 2009 und aus 22.435,15 EUR seit 18. 3. 2009 zu bezahlen, wird abgewiesen.
3. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 5.870,22 EUR (darin enthalten 978,37 EUR USt) bestimmten Prozesskosten erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.
4. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.681,11 EUR (darin enthalten 305,92 EUR USt und 845,29 EUR anteiliger Pauschalgebühr) bestimmten Prozesskosten zweiter Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen.“
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.064,98 EUR (darin 74,66 EUR USt und 617 EUR Pauschalgebühr) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die klagende Bank gewährte dem ehemaligen Lebensgefährten der Beklagten (im Folgenden „Kreditnehmer“) am 10. 7. 2002 einen Wohnbaukredit in Höhe von 30.000 EUR. Der Kreditnehmer und die Beklagte wohnten in einer Lebensgemeinschaft zusammen. Sie wollten sich gemeinsam ein Auto kaufen. Mangels verfügbaren Bargelds benötigten sie dafür einen Kredit. Beide hatten „Altlasten“ in Form überzogener Privatkonten, die ebenfalls durch den Kredit der Klägerin abgedeckt wurden. Sie gingen gemeinsam zur Bank, um sich den Kredit zu besorgen, der Kreditnehmer übte dabei auf die Beklagte keinen Druck aus. Er verdiente damals bei einer Versicherungsanstalt ca 1.800 bis 2.000 EUR netto monatlich. Der Kreditnehmer und die Beklagte brauchten auch deshalb ein größeres Auto, weil sie eine gemeinsame Tochter haben. Das in der Folge erworbene Auto wurde von beiden Lebenspartnern gemeinsam benützt. Vor dem Gang zur Bank besprachen sie ua auch die Höhe des von ihnen benötigten Kredits. Der Kreditnehmer gab in seiner Selbstauskunft gegenüber der Klägerin monatliche Belastungen an derzeitigem Wohnungsaufwand von 220 EUR, an künftigem Wohnungsaufwand von 75 EUR, an KFZ-Kosten von 220 EUR und an sonstigen Versicherungen von 35,50 EUR an. Bei der Bank wurde vereinbart, dass die Rückzahlungsraten vom Konto des Kreditnehmers abgebucht würden. Die Beklagte ging dabei eine Mithaftung und keine Bürgschaft ein, worüber sie von der Klägerin aufgeklärt wurde. Der Kreditnehmer und die Beklagte traten gegenüber der Klägerin als Paar auf. 10 % der Kreditsumme verwendete der Kreditnehmer für den Fahrzeugankauf. Der Kreditnehmer bediente den Kredit über einen Zeitraum von etwa fünfeinhalb Jahren. Die Beklagte war im Zeitpunkt der Kreditgewährung zwar in Karenz, hatte aber bis dahin netto 9.599 S monatlich verdient, nach Beendigung ihrer Karenz verdiente sie wieder 1.032 EUR monatlich. Der Kreditnehmer ist derzeit arbeitslos und hat nur ein unpfändbares Einkommen beim AMS; Exekutionsschritte gegen ihn schlugen fehl.
Die Klägerin begehrte zuletzt 26.161,15 EUR sA als noch aushaftenden Rest des Kredits mit dem wesentlichen Vorbringen, die Beklagte habe die Haftung als Mitschuldnerin für alle Verbindlichkeiten aus dem Kreditvertrag übernommen. Es sei Terminverlust und damit Fälligkeit des gesamten offenen Kreditsaldos eingetreten. Die Klägerin sei auch aufgrund der erheblichen Vermögensverschlechterung des Kreditnehmers zur Fälligstellung des Kredits berechtigt gewesen. Zur Aufklärung gemäß § 25c KSchG gegenüber der Beklagten sei die Klägerin nicht verpflichtet gewesen, weil der Kreditnehmer aufgrund seines monatlichen Einkommens den Kredit jedenfalls hätte bedienen können. Auch ein Missverhältnis zwischen Verbindlichkeit und Verpflichtung iSd § 25d KSchG sei nicht gegeben, weil die Beklagte im Zeitpunkt der Einräumung des Kredits zwar in Karenz gewesen sei, bis dahin aber 9.599 S netto monatlich verdient habe.
Die Beklagte beantragte unter Hinweis auf § 25d KSchG Klagsabweisung, hilfsweise die Mäßigung der Verbindlichkeit auf 726,73 EUR bzw auf einen anderen Betrag mit dem Vorbringen, der Kreditnehmer habe 2002 ein Auto erwerben wollen und dafür einen weiteren Kredit über etwa 100.000 S benötigt. Die Klägerin sei zur Kreditgewährung nur unter der Voraussetzung bereit gewesen, dass alle bei einem anderen Kreditinstitut laufenden Kredite des Kreditnehmers auf die Klägerin umgeschuldet würden und aufgrund seiner schlechten wirtschaftlichen Lage jemand „zum Unterschreiben“ beigestellt werde. Eine Aufklärung iSd § 25c KSchG sei nicht erfolgt. Die Beklagte habe an der Verbindlichkeit kein eigenes materielles Interesse gehabt, sie habe vom Kredit nur 10.000 S (726,73 EUR) für einen Kontoausgleich für ihr überzogenes Konto erhalten.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es beurteilte den festgestellten Sachverhalt rechtlich dahingehend, nach den Gesetzesmaterialien sollten die Fälle von § 25c KSchG nicht erfasst sein, in denen - wie im vorliegenden Fall - mehrere Personen im gemeinsamen Interesse eine Verbindlichkeit als echte Mitschuldner eingegangen seien. Der Beklagten sei die Schuld daher nicht zu erlassen oder zu mäßigen.
Das Berufungsgericht änderte das Urteil des Erstgerichts dahingehend ab, dass es das gesamte Klagebegehren abwies. Es führte in rechtlicher Hinsicht aus, nach neuer Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs sei für das Vorliegen einer Interzession iSd § 25c KSchG ausschließlich die Frage ausschlaggebend, ob der Dritte die Haftung für eine materiell fremde Schuld übernehme. Dafür sei das dem Gläubiger bekannte oder leicht erkennbare Innenverhältnis zwischen dem ursprünglichen und dem hinzutretenden Schuldner maßgeblich. Eine materiell fremde Schuld liege vor, wenn dem zahlenden Interzedenten ein Regressanspruch gegen den ursprünglichen Schuldner zustehe. Entscheidend für die vom Gesetz angenommene Schutzbedürftigkeit des Interzedenten sei allein, dass er typischerweise damit rechnen könne, die Schuld zumindest wegen seines Regressanspruchs letztlich materiell nicht tragen zu müssen. Werde die Übernahme der Haftung nicht schon ausdrücklich als Bürgschaft bezeichnet, liege eine Interzession vor, wenn der Gläubiger aufgrund der Umstände des Geschäftsabschlusses annehmen müsse, dass der hinzutretende Schuldner im Fall einer Inanspruchnahme beim Hauptschuldner Regress nehmen könne. In wessen Interesse die Übernahme einer Verbindlichkeit liege, sei aus Sicht des Schuldners zu beurteilen. Komme die Kreditaufnahme auch dem Mithaftenden zugute, liege keine fremde Verbindlichkeit iSd § 25c KSchG vor. Der Interzedent müsse auch behaupten und nachweisen, dass überhaupt ein Interzessionsfall, also ein Beitritt zu einer fremden Schuld, vorgelegen sei. Bei einem mitschuldnerischen Abstattungskredit sei mangels entsprechendem Vorbringen für das Innenverhältnis der Parteien, also für den Regressfall nach § 896 ABGB, von einer Belastung nach Kopfteilen, also je zur Hälfte, auszugehen.
Für den vorliegenden Fall bedeute dies: Soweit die Kreditaufnahme der Abdeckung von Schulden des Kreditnehmers bei anderen Kreditinstituten gedient habe, liege eine Interzession der Beklagten vor. Dies sei der Klägerin angesichts der vorgenommenen Umschuldung auch erkennbar gewesen. Soweit der Kreditbetrag für die Anschaffung des gemeinsam benützten Kraftfahrzeugs gedient habe, liege zur Hälfte eine Interzession der Beklagten vor (analog der Situation bei einem gemeinsamen Abstattungskredit für den Hausbau bei jeweiligem Hälfteeigentum der Eheleute bzw Lebensgefährten). Auch dies sei für die Klägerin erkennbar gewesen, die nach dem unbestrittenen Vorbringen der Beklagten eine weitere Mithaftende verlangt habe. Nur soweit aus der Kreditsumme die Abdeckung des Negativsaldos des eigenen Kontos der Beklagten erfolgt sei, liege keine Interzession vor. Dies sei hier bei 2.226 EUR (1.500 EUR Fahrzeugankauf - die Hälfte von 3.000 EUR Gesamtverwendung für den PKW - und 726 EUR Kontoabdeckung der Beklagten), zuzüglich aliquot berücksichtigter Zinsen, Kosten und Gebühren insgesamt mit 3.353,40 EUR der Fall.
Eine Aufklärungspflichtverletzung iSd § 25c KSchG sei der Klägerin nicht vorzuwerfen. Angesichts des vorliegenden eklatanten Missverhältnisses zwischen eingegangener Verbindlichkeit und Leistungsfähigkeit der Beklagten sei hinsichtlich des Betrags, in dem Interzession der Beklagten vorliege, gemäß § 25d KSchG eine Mäßigung auf Null vorzunehmen. Insoweit sei die Beklagte daher haftungsbefreit. So wie im Fall der Entscheidung 3 Ob 111/08g sei der Haftungsfreibetrag von 41.358,60 EUR im vollen Umfang vom Debetsaldo (also dem Klagsbetrag) abzuziehen, woraus sich eine Abweisung des Klagebegehrens ergebe. Bei dieser Berechnungsmethode würden Zahlungen des Hauptschuldners im Ergebnis zunächst auf den den Interzessionsregeln nicht unterliegenden Teil des Kredits in Anrechnung gebracht, was den größtmöglichen Schutz des Interzedenten gewährleiste. Eine Inanspruchnahme des Interzedenten sei dann nicht mehr möglich, wenn der Restdebetsaldo nicht größer als der Haftungsfreibetrag sei. Diese Berechnungsmethode verwirkliche den Schutzgedanken der §§ 25c und 25d KSchG am besten.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil im Falle der Aufteilung eines Kredits auf einen den Interzessionsvorschriften unterliegenden und einen diesen Vorschriften nicht unterliegenden Teil in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung unterschiedliche Berechnungsmethoden angewendet worden seien, in welchem Ausmaß Zahlungen des Hauptschuldners auf den den Interzessionsvorschriften nicht unterliegenden Teil des Kreditbetrags anzurechnen seien. Anders als in der vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidung 3 Ob 111/08g sei in 1 Ob 39/10g eine aliquote Berechnung vorgenommen worden.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichts richtet sich die Revision der klagenden Partei, und zwar lediglich gegen die Abweisung des Klagebegehrens von 3.726 EUR samt 2,875 % Zinsen vierteljährlich bei vierteljährlicher Kapitalisierung aus 3.726 EUR ab 28. 11. 2008.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zulässig und berechtigt.
Die Revisionswerberin bringt im Wesentlichen vor, der (abstrakte) Schutz eines Interzedenten gebiete, Rückzahlungen zunächst auf jenen Teil des Kredits anzurechnen, der den Interzessionsvorschriften unterliege, weil es sich um die Abdeckung einer materiell fremden Verbindlichkeit handle, aus der der Interzedent keinen Vorteil gezogen habe. Überdies lasse sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts aus der Entscheidung 3 Ob 111/08g nicht ableiten, dass bei einer gemeinsamen Anschaffung hinsichtlich echter Mitschuld und Interzession nach Kopfteilen zu trennen sei. Den Interzessionsregeln unterlägen im vorliegenden Fall somit die gesamten Kosten für den PKW (3.000 EUR) sowie die Abdeckung der Kontoverbindlichkeit der Beklagten von 726 EUR.
Hiezu wurde erwogen:
Nach ständiger Rechtsprechung seit 3 Ob 123/85 sind bei einer Teilbürgschaft Teilzahlungen eines Hauptschuldners zunächst auf den nicht verbürgten Teil anzurechnen (RIS-Justiz RS0032164). In der Entscheidung 3 Ob 17/07g wurde ausgeführt, die Grundsätze dieser Rechtsprechung müssten umso mehr für einen zu Interzessionszwecken erfolgten Schuldbeitritt, der nach § 1347 ABGB zu einer nicht bloß akzessorischen Mitschuld führe, gelten. Demnach käme der Klägerin selbst eine Teilzahlung des Hauptschuldners erst zugute, wenn dadurch die Restschuld unter den verbürgten Teil der Forderung fiele, weil nach ständiger Rechtsprechung und überwiegender Lehre Teilzahlungen zunächst auf den nicht verbürgten Teil der Forderung anzurechnen seien. Bei mehreren Sicherheiten könne der Gläubiger frei entscheiden, auf welche er greifen wolle. Dasselbe müsse auch bei Solidarschuld zu Zwecken der Interzession gelten, stehe es doch auch bei Gesamtschuldnern im Belieben des Gläubigers, in welcher Reihenfolge und in welchem Umfang er die Mitschuldner in Anspruch nehme.
An diesen Grundsätzen ist auch hier festzuhalten.
Aus der vom Berufungsgericht herangezogenen Entscheidung 3 Ob 111/08g lässt sich nicht mit hinreichender Eindeutigkeit das Gegenteil ableiten. Wie aus dem dortigen Punkt III der Entscheidungsbegründung ersichtlich ist, resultiert der dort vorgenommene gänzliche Abzug des haftungsbefreiten Teils aus der Tatsache, dass dort - im Unterschied zum vorliegenden Fall - eine Teileinklagung vorlag. Es ist in 3 Ob 111/08g zwar von einem Debetsaldo die Rede, es fehlen aber Feststellungen darüber, wie viel schon zurückgezahlt wurde. Geht man davon aus, dass in diesem Fall bereits etwas zurückgezahlt wurde (sonst könnte wohl nicht von einem „Debetsaldo“ die Rede sein), ergäbe sich zwar implizit, dass die Rückzahlungen zuerst auf den nicht haftungsbefreiten Teil anzurechnen wären. Ausdrücklich ausgeführt und reflektiert wird dies in der Entscheidung aber nicht, sodass nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Entscheidung von der (dort nicht zitierten) gegenteiligen Rechtsprechung (3 Ob 17/07g; RIS-Justiz RS0032164) abweichen wollte.
In der vom Berufungsgericht erwähnten Entscheidung 1 Ob 39/10g ist die quotenmäßige Berechnung als eine denkbare, aber letztlich nicht entscheidungswesentliche Möglichkeit angedeutet. Die gegenteilige Vorjudikatur (3 Ob 17/07g; RIS-Justiz RS0032164), wonach Teilzahlungen zunächst auf den nicht gesicherten bzw nicht von der Mithaftung erfassten Teil der Forderung anzurechnen sind, wird weder erwähnt noch zitiert. Auch aus 1 Ob 39/10g kann somit ein bewusstes Abgehen von der einschlägigen Vorjudikatur nicht herausgelesen werden.
Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts ist daher die Beklagte für jenen Teil des Kredits, der den Interzessionsregeln nicht unterliegt und der jedenfalls unter dem noch offenen Debetsaldo liegt, haftbar.
Somit stellt sich die weitere Frage, ob jener Betrag des Kredits, der für die Anschaffung des gemeinsam benützten PKW verwendet wurde (3.000 EUR), überhaupt nicht - wie dies die Revisionswerberin vertritt - oder zur Hälfte den Interzessionsregeln zu unterstellen ist. Für die zweite Variante könnte sprechen, dass bei mehreren Solidarschuldnern nach § 896 ABGB im Zweifel einem die ganze Schuld zahlenden Solidarschuldner abzüglich seines eigenen Kopfanteils gegen die übrigen Solidarschuldner der kopfteilige Regress zusteht. Nach mittlerweile gesicherter Rechtsprechung ist für die Frage, ob Interzession vorliegt oder nicht, maßgeblich, ob dem Mitschuldner oder Bürgen ein Regressanspruch gegen den Hauptschuldner zusteht (RIS-Justiz RS0119014 [T12, T14]; RS0124822 [T3]). Nach P. Bydlinski (JBl 2009, 257 [260, Anm zu 3 Ob 111/08g]) und I. Faber (JBl 2010, 513 [515, Anm zu 4 Ob 205/09i]) wäre daher im Zweifel (vor allem dann, wenn der Bank, insbesondere aufgrund des Kreditverwendungszwecks, nichts anderes erkennbar ist) der Lösung den Vorzug zu geben, dass auch bei solchen Schulden, die in beiderseitigem Interesse beider Mitschuldner aufgenommen wurden, die Hälfte den Interzessionsregeln unterliegt. Dass nach dem Gesetzeswortlaut von § 25d Abs 1 KSchG (vgl auch RIS-Justiz RS0124822 [T2]; RS0119014 [T12]; 8 Ob 5/11k) auch maßgeblich ist, dass der Umstand der Interzession dem anderen Teil erkennbar ist, führt nach den genannten Autoren somit „im Zweifel“ zur Kopfteilung der jeweiligen Schuld.
Gegen diese Lösung sprechen aber die Materialien zur KSchG-Novelle 1997, wonach die Interzessionsregeln diejenigen Fälle nicht erfassen sollen, in denen mehrere Personen gemeinsam und im gemeinsamen Interesse eine Verbindlichkeit (als „echte Mitschuldner“) eingehen (311 BlgNr 20. GP 26). Würde man der Ansicht von P. Bydlinski und I. Faber folgen, bliebe für diese vom Gesetzgeber gewollte Nichtanwendbarkeit der Interzessionsregeln bei „echten Mitschuldnern“ praktisch kein Raum mehr.
Auch die Rechtsprechung, wonach es für die Qualifikation einer Interzession maßgeblich ist, ob dem Interzedenten ein Regressrecht gegen den Hauptschuldner zusteht oder nicht (RIS-Justiz RS0119014 [T12, T14]; RS0124822 [T3]), zwingt nicht dazu, stets eine Aufteilung eines für gemeinsame Zwecke eingegangenen Kredits auf die einzelnen Haftenden nach Kopfteilen vorzunehmen. Der Regress nach Kopfteilen gemäß § 896 ABGB ist dispositiv und kann durch Vereinbarungen unter den Mitschuldnern anders geregelt werden. Der Kreditgeber hat aber nicht automatisch oder unbedingt stets Einsicht in das interne Verhältnis bzw in die Vereinbarungen unter den Mithaftenden. Selbst wenn unter Mitschuldnern vereinbart worden wäre, dass im Innenverhältnis lediglich ein Mitschuldner die Schuld zu tragen hat, könnte dies zu Gunsten des anderen Mitschuldners, der im Innenverhältnis nichts zu tragen hat, gegenüber einer dritten finanzierenden Bank dann keinen Ausschlag geben, wenn dieses Innenverhältnis der Bank weder bewusst noch iSd § 25d Abs 1 KSchG erkennbar war (so auch Mayrhofer in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang3 [2006] § 25d KSchG Rz 21). Wenn die unstrittigen Umstände für eine materiell eigene Schuld sprechen, trifft die Beweislast für die Interzession denjenigen, der sich darauf beruft, Interzedent zu sein (3 Ob 1/09g = RIS-Justiz RS0124822).
Aus 3 Ob 111/08g lässt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts und der Beklagten in der Revisionsbeantwortung nicht ableiten, dass jedenfalls eine Teilung vorzunehmen wäre. In dieser Entscheidung wurde zwar der Abstattungskredit geteilt, nicht aber etwa auch die „verschiedensten Ausgaben der Eheleute (Betriebskosten, Rundfunkgebühren, Zeitungsabo, Autoreparaturen, Arztkosten, Anwalts- und Gerichtsgebühren, Zahlungen an das Finanzamt, Versicherungsprämien udgl)“, worauf dort immerhin knapp 70.000 EUR entfielen. Es kann nicht gesagt werden, dass die Kosten für die Anschaffung eines PKW sich grundsätzlich von diesen, in 3 Ob 111/08g erwähnten Ausgaben unterschieden.
Ähnlich wie im vorliegenden Fall hat der Oberste Gerichtshof in 1 Ob 39/10g ein Eigeninteresse der Beklagten, das ein Indiz gegen die Interzedenteneigenschaft darstelle, zumindest hinsichtlich der Anschaffung des PKWs als Teil des ehelichen Gebrauchsvermögens bejaht.
Soweit die Beklagte in der Revision vorbringt, zwischen den Parteien sei vereinbart gewesen, dass der Kreditnehmer den Kredit alleine zurückzahlen solle, ist ihr zu entgegnen, dass dieser Umstand in dieser Form in erster Instanz nicht vorgebracht wurde und auch nicht feststeht. Im Übrigen wäre damit noch nicht gesagt ist, dass die klagende Bank diesen Umstand hätte erkennen können, was aber gemäß § 25d Abs 1 KSchG für die Interzessionseigenschaft maßgeblich wäre.
Aus diesen Erwägungen ergibt sich, dass im vorliegenden Fall die Beklagte hinsichtlich der Kosten für die Anschaffung des PKW nicht Interzedentin ist, sodass das Klagebegehren im Umfang des Revisionsinteresses zu Recht besteht.
Zusammengefasst ist festzuhalten:
Dem Solidarschuldner, der teilweise Interzedent ist, kommt eine Teilzahlung des Hauptschuldners erst zugute, wenn dadurch die Restschuld unter den nicht von der Interzession betroffenen Teil der Forderung fällt.
Bei Verbindlichkeiten, die die Haftenden gemeinsam und im gemeinsamen Interesse als „echte Mitschuldner“ eingehen (zB für ein gemeinsam benütztes Auto), sind die Interzessionsregeln nicht anzuwenden, wenn dem Kreditgeber das Innenverhältnis zwischen mehreren für den Kredit haftenden weder bewusst noch erkennbar ist.
Die Kostenentscheidung für die erste und zweite Instanz gründet sich auf § 43 Abs 1, § 50 ZPO. Für die aufgrund der Einwendungen der Klägerin gegen das Kostenverzeichnis der Beklagten vorzunehmenden Kürzungen wird auf die Begründung des Berufungsgerichts verwiesen. In erster Instanz obsiegte die Klägerin im ersten Verfahrensabschnitt mit 13,82 %, im zweiten Verfahrensabschnitt mit 14,03 %, im dritten Verfahrensabschnitt mit 14,24 %.
Die Kostenentscheidung für das Revisionsverfahren gründet sich aufgrund des diesbezüglich gänzlichen Obsiegens der Klägerin auf die §§ 41, 50 ZPO.
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