OGH 3Ob1/09g; 4Ob195/10w; 6Ob44/11f; 5Ob103/13b; 1Ob40/17i; 8Ob126/17p; 8Ob6/20w; 6Ob80/21i (RS0124822)

OGH3Ob1/09g; 4Ob195/10w; 6Ob44/11f; 5Ob103/13b; 1Ob40/17i; 8Ob126/17p; 8Ob6/20w; 6Ob80/21i23.6.2021

Rechtssatz

1. Ob eine Interzession im Sinne des § 25c KSchG oder eine diese ausschließende echte Mitschuld vorliegt, hängt von der Auslegung des zwischen der kreditgebenden Bank und dem Haftungsübernehmer geschlossenen Vertrags ab. Ein Eigeninteresse an der Kreditaufnahme ist bloß Indiz für den Vertragswillen auf Begründung einer echten Mitschuld.

2. Wenn die Bank im von ihr verfassten Vertragsformular eine Bürgenhaftung verlangt und die Frage eines möglichen Eigeninteresses gar nicht erörtert wird, reicht ein tatsächlich bestehendes Eigeninteresse nicht aus, eine Interzession auszuschließen.

3. In einem solchen Fall obliegt es der Bank, Umstände zu behaupten und zu beweisen, dass der Vertragswille auf die Begründung einer echten Mitschuld gerichtet war, bei der keine Informationspflicht nach § 25c KSchG besteht.

4. Bei der Erforschung des Parteiwillens kommt es auch auf das Innenverhältnis zwischen Kreditnehmer und Mithaftenden an. Wenn es offen gelegt wird, ist das Vorliegen einer Regressberechtigung Indiz für eine Interzession.

5. Die mangelnde Offenlegung geht zu Lasten des Beweispflichtigen. Dann kann es nur auf den Wortlaut der Erklärungen ankommen.

Normen

KSchG §25c

3 Ob 1/09gOGH23.06.2009

Veröff: SZ 2009/83

4 Ob 195/10wOGH18.01.2011

Auch; Beisatz: Ob eine Interzession iSd § 25c KSchG oder eine diese ausschließende echte Mitschuld vorliegt, hängt von der Auslegung des zwischen dem Gläubiger und dem Haftungsübernehmer geschlossenen Vertrags ab. (T1)<br/>Beisatz: Maßgeblich ist das dem Gläubiger bekannte oder von ihm leicht erforschbare Innenverhältnis der beiden Schuldner. (T2) Beisatz: Eine materiell fremde Schuld ist dadurch charakterisiert, dass dem zahlenden Interzedenten ein Regressanspruch gegenüber dem Schuldner zusteht. (T3)<br/>Beisatz: Hier: Vereinbarte Mithaftung eines Dritten für Pflegegebühren gegenüber dem Rechtsträger eines Krankenhauses. (T4)

6 Ob 44/11fOGH21.12.2011

Vgl; Beisatz: Bei Verbindlichkeiten, die die Haftenden gemeinsam und im gemeinsamen Interesse als „echte Mitschuldner“ eingehen, sind die Interzessionsregeln nicht anzuwenden, wenn dem Kreditgeber das Innenverhältnis zwischen mehreren für den Kredit haftenden weder bewusst noch erkennbar ist. (T5)<br/>Beisatz: Hier: Gemeinsam benütztes Auto. (T6)

5 Ob 103/13bOGH21.02.2014

Vgl auch

1 Ob 40/17iOGH26.04.2017

Vgl auch; Beis wie T1; Veröff: SZ 2017/49

8 Ob 126/17pOGH20.12.2017

Beis wie T3

8 Ob 6/20wOGH14.04.2020

Vgl; Beis wie T1; Beis wie T2; Beisatz: Hier: Der unterhaltspflichtige Elternteil rechnet typischerweise nicht damit, die für sein einkommensloses, noch bei ihm wohnendes 20-jähriges Kind im Zusammenhang mit der AHS-Matura aufgewendeten Ausbildungskosten – zumindest wegen eines Regressanspruchs gegen das Kind – letztlich materiell nicht tragen zu müssen. (T7)<br/>Beisatz: Das bedeutet keine generelle Aushöhlung des Verbraucherschutzes „für Eltern im Zusammenhang mit Rechtsgeschäften ihrer Kinder in Verbindung mit § 25c KSchG“, weil Eltern bei der Übernahme von Bürgschaften und Haftungen für Verbindlichkeiten ihrer volljährigen Kinder in anders gelagerten Konstellationen sehr wohl (dem Gläubiger auch erkennbare und damit dessen Warnpflichten auslösende) Regressansprüche zustehen können, deren mangelnde Durchsetzbarkeit nicht – wie hier – von vornherein offenkundig ist. (T8)

6 Ob 80/21iOGH23.06.2021

vgl; Beisatz wie T2; Beisatz wie T3<br/>Beisatz: Die mangelnde Offenlegung geht zu Lasten des Beweispflichtigen; dann kann es nur auf den Wortlaut der Erklärungen ankommen. (T9)<br/>Anm: Veröff: SZ 2021/60

Dokumentnummer

JJR_20090623_OGH0002_0030OB00001_09G0000_001