OGH 4Ob121/11i

OGH4Ob121/11i20.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S*****, vertreten durch Dr. Marcella Prunbauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei X***** KG, *****, vertreten durch Mag. Dr. Lothar Wiltschek, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 54.000 EUR), infolge Revisionsrekurses der klagenden und der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 22. Juni 2011, GZ 2 R 80/11i-10, womit infolge Rekurses der klagenden Partei der Beschluss des Landesgerichts Wels vom 8. April 2011, GZ 26 Cg 55/11h-5, abgeändert wurde, folgenden

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Dem Revisionsrekurs der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Der angefochtene Beschluss wird teilweise bestätigt und teilweise abgeändert, dass die Entscheidung unter Einschluss des in Rechtskraft erwachsenen Teils wie folgt zu lauten hat:

„1. Einstweilige Verfügung

Zur Sicherung des Anspruchs des Klägers gegen die Beklagte auf Unterlassung unlauterer Geschäftspraktiken wird der Beklagten für die Dauer des Rechtsstreits verboten,

im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern irreführend eine „sensationelle Geschenkaktion“, „Jubiläumsgeschenke zu vielen Einkäufen ab 300 EUR“ und/oder eine sinnähnlich bezeichnete Geschenkezugabe im Falle eines Wareneinkaufs ab einem bestimmten Wert anzukündigen, wobei der Wert der Geschenke mit Erreichen bestimmter höherer Einkaufsschwellen jeweils ansteigt, insbesondere das Verschenken beginnend ab einem Einkauf von

300 EUR bis 749 EUR entweder eines Braun Oral-B Starter-Sets oder eines Bosch Akku-Schraubers „IXO“ je im Wert von 49,95 EUR,

ab 750 EUR bis 1.499 EUR entweder einer LG Micro-Hifianlage „XA-64“ oder einer Samsung Digitalkamera „ES65“ im Wert von je 149 EUR,

ab 1.500 EUR bis 2.999 EUR entweder eines Caso Weinkühlers „WineDuett 12“ oder einer Tefal Fritteuse „FZ 7000“ im Wert von je 229,99 EUR,

ab 3.000 EUR bis 9.999 EUR entweder einer Sony PlayStation 3 im Wert von 449 EUR oder eines KitchenAid 5 „KSM 150“ Küchengerätes im Wert von 499 EUR,

ab 10.000 EUR bis 49.999 EUR entweder eines Samsung „LE 40C 678“ 40 Zoll, Full HD LCD TV im Wert von 1.099 EUR oder eines Peugeot Rollers „V-Clic“ im Wert von 1.199 EUR und

ab 50.000 EUR eines Autos, nämlich eines Fiat 500 1.2 69 Pop zu einem Listenpreis von 11.800 EUR, anzukündigen,

wenn nicht mit hinreichender Deutlichkeit auf die Ausnahmen und/oder die erheblichen Einschränkungen der Geschenkaktion und/oder der für die Geschenkaktion in Frage kommenden Warenkäufe hingewiesen wird, insbesondere wenn in Wahrheit wesentliche Teile des Sortiments aufgrund der undeutlichen einschränkenden Aktionsbedingungen von der Geschenkaktion ausgenommen sind.

2. Das darüber hinausgehende Mehrbegehren,

a) das unter Punkt 1. beschriebene Verhalten auch im geschäftlichen Verkehr mit Unternehmern zu unterlassen;

b) es im geschäftlichen Verkehr gegenüber Verbrauchern und Unternehmern ganz allgemein zu unterlassen anzukündigen, dass im Falle eines Einkaufs bei X***** ab einem bestimmten Einkaufswert wertvolle Geschenke, deren Wert mit dem Erreichen bestimmter höherer Einkaufswerte jeweils ansteigt, erhältlich sind, insbesondere die als „sensationell“ oder sinnähnlich bezeichneten zuvor unter Punkt 1. aufgezählten Gegenstände ab Erreichen der angeführten Wertgrenzen dazu geschenkt werden,

wird abgewiesen.

Die klagende Partei hat die Hälfte ihrer Kosten vorläufig selbst zu tragen; die halben Kosten hat sie endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.027,80 EUR (darin 171,30 EUR USt) bestimmten Äußerungskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die klagende Partei hat die Kosten des Rechtsmittelverfahrens endgültig selbst zu tragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 3.101,58 EUR (darin 516,93 EUR USt) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagte bewarb ab Oktober 2010 österreichweit in inländischen Tageszeitungen, mit Prospekten, im Fernsehen, auf ihrer Website sowie in und vor ihren Filialen eine „sensationelle Geschenkaktion“. Sie kündigte ihren Kunden zusätzlich zu ihren Einkäufen verschiedene Geschenke an, deren Wert vom Preis der gekauften Waren abhing.

Diese Ankündigung war bereits Gegenstand eines Verfahrens, das ein Mitbewerber gegen die Beklagte geführt hat. Dort hat der Senat zu 4 Ob 38/11h einen außerordentlichen Revisionsrekurs der Klägerin mit folgender Begründung zurückgewiesen:

„Das Sicherungsbegehren, im geschäftlichen Verkehr Gratisgaben mit selbständigem Verkehrswert, insbesondere näher aufgezählte Waren, in Abhängigkeit von der Höhe des getätigten Einkaufswerts anzukündigen und zu gewähren, hat das Rekursgericht mit der Begründung abgewiesen, nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs C-540/08 - Mediaprint sei im Einzelfall zu prüfen, ob das Ankündigen einer unentgeltlichen Zugabe eine irreführende, aggressive oder sonst unlautere Geschäftspraktik sei. Solches treffe auf die hier beanstandete Ankündigung in einem Prospekt von Gratisgaben, gestaffelt nach dem Einkaufswert, nicht zu. Erhalte ein Kunde, der Waren im Wert von 50.000 EUR kaufe, einen Kleinwagen um 11.800 EUR dazu (bei geringerem Einkauf entsprechend geringerwertige Gratiswaren), werde er damit keinem unlauteren Druck ausgesetzt oder unter Ausschluss jeglicher sachlicher Erwägungen zu einer Kaufentscheidung verlockt; auch liege kein Fall einer irreführenden Preisverschleierung vor. Diese Entscheidung wendet Grundsätze höchstgerichtlicher Rechtsprechung in vertretbarer Weise auf den Einzelfall an.

Die vom Rekursgericht aus der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs gezogenen Schlussfolgerungen entsprechen der Entscheidung 4 Ob 208/10g. Danach ist ein richtlinienkonformer Zustand durch teleologische Reduktion von § 9a Abs 1 Z 1 UWG herzustellen. Das Ankündigen, Anbieten oder Gewähren von Zugaben gegenüber Verbrauchern ist aufgrund richtlinienkonformer Auslegung von § 9a Abs 1 Z 1 UWG nur dann unzulässig, wenn es im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter ist.

Schon zuvor hat der Senat im Zusammenhang mit Koppelungsangeboten (Abgabe mehrerer Waren zu einem Gesamtpreis) ausgesprochen, dass ein solches Angebot lauterkeitsrechtlich unbedenklich ist, wenn durch dessen Ankündigung weder die Gefahr einer Irreführung durch unrichtige oder unzureichende Information noch einer unangemessenen unsachlichen Beeinflussung oder einer gezielten Behinderung von Mitbewerbern verwirklicht wird (4 Ob 158/08a = RIS-Justiz RS0124258). Eine gezielte Behinderung kommt hier schon deshalb nicht in Betracht, weil es sich um ein zeitlich befristetes Aktionsangebot gehandelt hat.“

Der klagende Verband begehrte zur Sicherung seines inhaltsgleichen Unterlassungsanspruchs, der Beklagten für die Dauer des Rechtsstreits im geschäftlichen Verkehr zu verbieten,

a) anzukündigen, dass im Falle eines Einkaufs bei X***** ab einem bestimmten Einkaufswert wertvolle Geschenke, deren Wert mit dem Erreichen bestimmter höherer Einkaufswerte jeweils ansteige, erhältlich seien, insbesondere die als „sensationell“ oder sinnähnlich bezeichneten im Spruch genannten Gegenstände ab Erreichen der angeführten Wertgrenzen dazu geschenkt würden, und

b) irreführend eine „sensationelle Geschenkaktion“, „Jubiläumsgeschenke zu vielen Einkäufen ab 300 EUR“ und/oder eine sinnähnlich bezeichnete Geschenkezugabe im Falle eines Wareneinkaufs ab einem bestimmten Wert anzukündigen, wobei der Wert der Geschenke mit Erreichen bestimmter höherer Einkaufsschwellen jeweils ansteige, insbesondere das Verschenken der im Spruch genannten Gegenstände ab Erreichen der angeführten Wertgrenzen, wenn nicht mit hinreichender Deutlichkeit auf die Ausnahmen und/oder die erheblichen Einschränkungen der Geschenkaktion und/oder der für die Geschenkaktion in Frage kommenden Warenkäufe hingewiesen werde, insbesondere wenn in Wahrheit wesentliche Teile des Sortiments aufgrund der undeutlichen einschränkenden Aktionsbedingungen von der Geschenkaktion ausgenommen seien.

Als größte konventionelle Möbelhändlerin im deutschsprachigen Raum und zweitgrößte Möbelhändlerin weltweit habe die Beklagte im Rahmen der beschriebenen Werbeaktion unzureichende Hinweise auf Einschränkungen dieser Aktion gegeben, die sich aufgrund davon ausgenommenen Produktgruppen ergäben. Auch bei genauem Studium des Kleingedruckten und nach Befragung von Verkaufspersonal der Beklagten bleibe unaufgeklärt, dass nur regulär angebotene Ware zur Inanspruchnahme der Aktion berechtige. Damit werde sowohl über den Umfang der Aktion als auch über die Erhältlichkeit der Geschenke in die Irre geführt. Die wertvollen Zugabenartikel übten eine hohe Sogwirkung auf Kunden aus, die nach den Mühen des Anfahrtswegs zur Beklagten mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit dann auch Waren kauften, die nicht von der Aktion umfasst seien. Kaufmännisch normal kalkulierende Mitbewerber könnten solche Werbemaßnahmen nicht durchführen. Die Aktion verstoße nicht nur gegen die berufliche Sorgfalt, sondern auch gegen das Zugabenverbot nach § 9a UWG; dies einerseits in Hinblick auf die ebenfalls von der Aktion angesprochenen Unternehmer, andererseits selbst unter Berücksichtigung der europarechtlichen Vorgaben in Hinblick auf die Verbraucher. Letztlich missbrauche die Beklagte ihre marktbeherrschende Stellung, indem sie zugekaufte Waren unter dem Einstandspreis weitergebe. Dies führe zu einer Marktverdrängung und zu Verzerrungen am eigenen Markt wie auch auf jenem der Zugabenartikel.

Die Beklagte nahm nur zum Teilbegehren a) des Sicherungsantrags Stellung und wendete ein, dass § 9a UWG als gegen Unionsrecht verstoßend nicht länger anzuwenden sei. Die unter diesem Punkt beanstandeten Ankündigungen seien weder irreführend, noch aggressiv. Die Beklagte besitze keine marktbeherrschende Stellung; falls doch, sei die beanstandete Aktion nicht wettbewerbswidrig.

Das Erstgericht gab dem Sicherungsantrag in seinem Teilbegehren zu b) - insoweit unbekämpft - statt und wies ihn in seinem Teilbegehren zu a) ab. Weder liege eine aggressive Geschäftspraktik vor, noch sei auf die Kunden der Beklagten ein psychischer Kaufzwang ausgeübt worden. Der Marktanteil der Beklagten liege unter 30 %, damit besitze sie keine marktbeherrschende Stellung. Zumindest in jenen Branchen, aus denen die kostenlos zugegebenen Produkte stammten, sei die Beklagte keinesfalls marktbeherrschend; die jeweiligen Märkte seien auch nicht so eng verbunden, dass Bedarfsträger des Möbelmarkts auch am Markt der Jubiläumsgeschenke notwendigerweise als potenzielle Kunden in Frage kämen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Klägers teilweise Folge und änderte diesen Beschluss dahin ab, dass er - unter Einschluss seines rechtskräftigen Teils - wie folgt lautete:

„1. Zur Sicherung des Anspruchs des Klägers gegen die Beklagte auf Unterlassung unlauterer Geschäftspraktiken wird der Beklagten für die Dauer des Rechtsstreits verboten,

a) im geschäftlichen Verkehr irreführend eine „sensationelle Geschenkaktion“, „Jubiläumsgeschenke zu vielen Einkäufen ab 300 EUR“ und/oder eine sinnähnlich bezeichnete Geschenkezugabe im Falle eines Wareneinkaufs ab einem bestimmten Wert anzukündigen, wobei der Wert der Geschenke mit Erreichen bestimmter höherer Einkaufsschwellen jeweils ansteigt, insbesondere das Verschenken beginnend ab einem Einkauf von

300 EUR bis 749 EUR entweder eines Braun Oral-B Starter-Sets oder eines Bosch Akku-Schraubers „IXO“ je im Wert von 49,95 EUR,

ab 750 EUR bis 1.499 EUR entweder einer LG Micro-Hifianlage „XA-64“ oder einer Samsung Digitalkamera „ES65“ im Wert von je 149 EUR,

ab 1.500 EUR bis 2.999 EUR entweder eines Caso Weinkühlers „WineDuett 12“ oder einer Tefal Fritteuse „FZ 7000“ im Wert von je 229,99 EUR,

ab 3.000 EUR bis 9.999 EUR entweder einer Sony PlayStation 3 im Wert von 449 EUR oder eines KitchenAid 5 „KSM 150“ Küchengerätes im Wert von 499 EUR,

ab 10.000 EUR bis 49.999 EUR entweder eines Samsung „LE 40C 678“ 40 Zoll, Full HD LCD TV im Wert von 1.099 EUR oder eines Peugeot Rollers „V-Clic“ im Wert von 1.199 EUR und

ab 50.000 EUR eines Autos, nämlich eines Fiat 500 1.2 69 Pop zu einem Listenpreis von 11.800 EUR, anzukündigen,

wenn nicht mit hinreichender Deutlichkeit auf die Ausnahmen und/oder die erheblichen Einschränkungen der Geschenkaktion und/oder der für die Geschenkaktion in Frage kommenden Warenkäufe hingewiesen wird, insbesondere wenn in Wahrheit wesentliche Teile des Sortiments aufgrund der undeutlichen einschränkenden Aktionsbedingungen von der Geschenkaktion ausgenommen sind, und

b) im geschäftlichen Verkehr mit Unternehmern anzukündigen, dass im Falle eines Einkaufs bei X***** ab einem bestimmten Einkaufswert wertvolle Geschenke, deren Wert mit dem Erreichen bestimmter höherer Einkaufswerte jeweils ansteigt, erhältlich sind, insbesondere die als „sensationell“ oder sinnähnlich bezeichneten zuvor unter lit a) aufgezählten Gegenstände ab Erreichen der angeführten Wertgrenzen dazu geschenkt werden.

2. Hingegen wird das darüber hinausgehende Mehrbegehren, die unter Punkt 1b) angeführte Geschäftspraktik auch im geschäftlichen Verkehr mit Verbrauchern zu untersagen, abgewiesen.“

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei.

Der stattgebende Teil des angefochtenen Beschlusses untersage die Ankündigung irreführender Geschenkezugaben, wenn nicht mit hinreichender Deutlichkeit auf die Ausnahmen der Geschenkaktion hingewiesen werde, und erledige damit den Sicherungsantrag endgültig, soweit sich dieser gegen die Eignung der bekämpften Jubiläumsaktion wende, Kunden über deren wahres Ausmaß im Unklaren zu lassen oder in die Irre zu führen. Teilbegehren a) des Sicherungsbegehrens ziele demgegenüber darauf ab, eine vom Einkaufswert abhängige Geschenkezugabe grundsätzlich zu untersagen. Die angekündigten Jubiläumsgeschenke seien Zugaben im Sinne der Rechtsprechung, nämlich ein zusätzlicher Vorteil, der neben der Hauptware ohne besondere Berechnung angekündigt werde, um als Werbe- oder Lockmittel den Absatz der Hauptware zu fördern. Das Ankündigen von Zugaben gegenüber Verbrauchern sei nach der Rechtsprechung des EuGH nur mehr dann unzulässig, wenn dies im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter sei. Ein Verstoß gegen die Erfordernisse beruflicher Sorgfalt liege nicht schon dann vor, wenn eine Zugabe für einen Teil der angesprochenen Verbraucher das ausschlaggebende Motiv für den Kauf der Hauptware biete; erst darüber hinaus gehende Umstände könnten die Unlauterkeit begründen. Solche Umstände könnten etwa die Gefahr von Preisverschleierung oder eine so starke Anlockwirkung durch die Zugabe sein, dass eine rational-kritische Verbraucherentscheidung nicht mehr gewährleistet sei. Unter diesem Gesichtspunkt erweise sich die Abweisung des Sicherungsbegehrens zu Teilbegehren a) zutreffend, soweit es sich auf den verbraucherschützenden Bereich beziehe. Abgesehen von den irreführenden Elementen der Werbeaktion, die schon vom stattgebenden Teil der angefochtenen Entscheidung erfasst seien, sei die beanstandete Ankündigung weder irreführend, noch aggressiv oder sonst unlauter. Der Entscheidung 4 Ob 38/11h, die dieselbe Ankündigung zum Gegenstand habe, sei zu folgen.

Es bleibe zu prüfen, ob die Notwendigkeit richtlinienkonformer Interpretation des Zugabenverbots auch die Zugabe unter Unternehmern (§ 9a Abs 1 Z 2 UWG) erfasse. Zugaben gegenüber Unternehmern seien verfassungsrechtlich unbedenklich. Die Regelung habe keinen Verbraucherbezug und falle damit nicht unter das harmonisierte Lauterkeitsrecht der Union. Im Bereich der reinen Unternehmergeschäfte sei somit ein weitergehender Schutz des Wettbewerbs möglich als in Sachverhalten mit Verbraucherbezug. § 9a Abs 1 Z 2 UWG behalte demzufolge seinen Anwendungsbereich und sei auch nicht auf ein Verbot ausschließlich irreführender, aggressiver oder sonst unlauterer Geschäftspraktiken zu reduzieren. Richte sich eine Ankündigung sowohl an Unternehmer als auch an Verbraucher, könne ein auf das Ankündigen, Anbieten und Gewähren von Zugaben gegenüber Unternehmern eingeschränktes Unterlassungsgebot erlassen werden. Die beanstandete Aktion sei geeignet, die Nachfrage an Einrichtungsgegenständen insbesondere im gewerblichen Bereich - wenn auch nur zeitlich begrenzt - zu Gunsten der Beklagten zu verlagern und sei nicht von vornherein ungeeignet, Abnehmer in ihrem Entschluss, ihre Einrichtungsgegenstände bei der Beklagten zu kaufen, zu beeinflussen. Auch habe die Beklagte ihre Zugabenaktion nicht auf Verbraucher eingeschränkt. Die Aktion verstoße deshalb gegen mitbewerberschützendes Lauterkeitsrecht.

Kartellrechtlich verbotenes Verhalten falle der Beklagten hingegen nicht zur Last. Der Tatbestand des Marktmissbrauchs durch den sachlich nicht gerechtfertigten Verkauf von Waren unter dem Einstandspreis (§ 5 Abs 1 Z 5 KartG) liege deshalb nicht vor, weil die unentgeltliche Abgabe von Nebenwaren als Zugabe zu einer verkauften Hauptware davon nicht umfasst sei. Dass die Unterdeckung der Jubiläumsgeschenke den Gesamtpreis unter den Einstandspreis der Hauptware drücke, habe der Kläger nicht behauptet, obwohl er die rechtliche Bedeutung dieses Umstands erkannt habe. Damit erübrige sich die Beantwortung der vom Erstgericht verneinten Fragen, ob der Markt der zugegebenen Nebenwaren (Haushalts- und Unterhaltungselektronik sowie Kraftfahrzeuge) mit dem Möbeleinzelhandel derart eng verbunden sei, dass ein marktmissbräuchliches Verhalten der Beklagten vorliegen könne, und ob die Beklagte eine marktbeherrschende Stellung besitze. Dem Sicherungsbegehren sei damit in seinem Teilbegehren zu a) insoweit stattzugeben, als sich die Werbeaktion der Beklagten an Unternehmer richte.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionsrekurse des klagenden Verbands und der Beklagten sind zulässig; nur das Rechtsmittel der Beklagten ist berechtigt.

I. Zum Revisionsrekurs des Klägers

Der klagende Verband bekämpft die Abweisung des Begehrens, gegenüber Verbrauchern im geschäftlichen Verkehr mit Unternehmern anzukündigen, dass im Falle eines Einkaufs bei der Beklagten ab einem bestimmten Einkaufswert wertvolle Geschenke, deren Wert mit dem Erreichen bestimmter höherer Einkaufswerte jeweils ansteigt, erhältlich sind. Das Rekursgericht halte die Entscheidung 4 Ob 38/11h zu Unrecht für bindend und verkenne, dass eine im Einzelfall irreführende Zugabe jedenfalls unlauter und damit verboten sei. Es sei deshalb auch das begehrte allgemeine Verbot der Ankündigung von Geschenken als Zugabe gegenüber Verbrauchern berechtigt.

1. Die Entscheidung 4 Ob 38/11h in dem von einem anderen Kläger eingeleiteten (Vor-)Verfahren betraf zwar dieselbe (Jubiläums-)Aktion der Beklagten, doch war dort das Begehren allein auf die Zugabe von Gratiswaren gestützt und der Irreführungsaspekt kein Thema. Sie kann deshalb mangels Identität der Parteien und des Begehrens keine Bindungswirkung im Anlassfall entfalten.

2. Das Sicherungsbegehren zu a) - das jenem des Vorverfahrens entspricht - zielt auf das allgemeine Verbot der Koppelung eines Kaufvertrags mit wertvollen Geschenken, gestaffelt nach bestimmten Kaufpreisschwellen. Das Sicherungsbegehren zu b) stützt sich zusätzlich auf den Irreführungsaspekt infolge undeutlicher Kennzeichnung der von der Aktion umfassten Waren.

3. Damit stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis die beiden Begehren zueinander stehen, und ob sie nebeneinander zulässig sind.

4. Der Kläger steht mit dem von ihm formulierten Unterlassungsbegehren offenbar auf dem Standpunkt, es liege der Fall einer Anspruchshäufung folgender beiden Ansprüche vor: a) Unterlassungsanspruch wegen unlauterer (weil irreführender und/oder aggressive Sogwirkung auslösender) Koppelung eines Kaufgeschäfts mit der Abgabe von Gratiswaren; b) Unterlassungsanspruch wegen irreführender Ankündigung infolge nicht ausreichender Aufklärung über die Aktionsbedingungen. Dem ist nicht zu folgen.

5. Das Ankündigen, Anbieten oder Gewähren von Zugaben gegenüber Verbrauchern ist aufgrund richtlinienkonformer Auslegung von § 9a Abs 1 Z 1 UWG nur dann unzulässig, wenn es im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter ist (4 Ob 208/10g - Fußballer des Jahres IV; RIS-Justiz RS0126589). Damit hat die genannte Bestimmung als Formaltatbestand der darin näher umschriebenen vertypten Unlauterkeit keinen Anwendungsbereich mehr.

6. Gegenüber Verbrauchern sind demnach eine irreführende Ankündigung einerseits und die Ankündigung einer - infolge Irreführung unlauteren - Koppelung von Kaufgeschäften mit der Abgabe von Gratiswaren andererseits nur zwei unterschiedliche rechtliche Aspekte ein- und desselben Tatbestands einer unlauteren Geschäftspraktik. Beruht eine derartige Ankündigung - wie hier - auf einem einzigen anspruchsbegründenden Sachverhalt, bietet dieses Verhalten auch nur Grundlage für einen einzigen Unterlassungsanspruch. Ein- und derselbe Sachverhalt kann nicht unter dem Aspekt der Koppelung lauter und zugleich unter dem Aspekt der Irreführung oder jenem des Verstoßes gegen Kartellrecht unlauter sein.

7. Der Kläger machte somit nicht kumulativ zwei unterschiedliche Ansprüche geltend, sondern hat ein weit gefasstes und allgemein formuliertes Koppelungsverbotsbegehren [Teilbegehren a)] mit einem den Irreführungsaspekt berücksichtigenden Verbotsbegehren [Teilbegehren b)] verbunden. Diese beiden - sich auf verschiedene Unlauterkeitsaspekte ein- und derselben Ankündigung beziehenden - Begehren wären richtigerweise im Verhältnis Haupt- und Eventualbegehren miteinander zu verknüpfen gewesen.

8. Die in der Jubiläumsaktion beworbene Koppelung von Kaufgeschäften mit der Abgabe von Gratiswaren kann nur entweder lauter oder unlauter sein; letzteres ist sie dann, wenn sie im Einzelfall irreführend, aggressiv oder sonst unlauter (weil etwa gegen Kartellrecht verstoßend) ist. Der vom Kläger zu behauptende und zu beweisende Unlauterkeitsaspekt muss schon in der Fassung des Unterlassungsgebots zum Ausdruck kommen, weil erst dadurch das verbotene Verhalten individualisiert und gegenüber den gegenüber Verbrauchern grundsätzlich zulässigen Koppelungen abgegrenzt wird.

9. Das Rekursgericht hat dies im Ergebnis richtig erkannt, wenn es den vom Kläger vorgetragenen Sachverhalt (die Ankündigung der Jubiläumsaktion) nach verschiedenen Kriterien auf seinen Unlauterkeitsgehalt hin geprüft und sodann die Unlauterkeit dieses Sachverhalts insoweit zutreffend verneint hat, als es das begehrte allgemeine Verbot der Koppelung gegenüber Verbrauchern als materiell nicht berechtigt beurteilt, die Ankündigung unter ihrem Irreführungsaspekt hingegen verboten hat.

10. Die Ausführungen des Rechtsmittelwerbers zum Aspekt der Unlauterkeit durch Rechtsbruch (Verstoß gegen Kartellrecht) gehen schon deshalb ins Leere, weil das Unterlassungsbegehren auf diesen Aspekt nicht abstellt.

11. Soweit das Rechtsmittel des Klägers dem Rekursgericht eine unrichtige Auslegung der Medienklausel des § 2 Abs 4 UWG vorwirft, ist diese Frage für den abweisenden Teil der angefochtenen Entscheidung, der nur ein allgemeines Verbot der Ankündigung von Geschenken als Zugabe gegenüber Verbrauchern umfasst, unerheblich.

12. Dem Revisionsrekurs des Klägers ist deshalb ein Erfolg zu versagen.

II. Zum Revisionsrekurs der Beklagten

Die Beklagte bekämpft den stattgebenden Teil der Rekursentscheidung nur, soweit davon das allgemeine Verbot der Ankündigung gegenüber Unternehmern erfasst ist, einen Kaufvertrag mit wertvollen Geschenken - gestaffelt nach bestimmten Kaufpreisschwellen - zu koppeln (Pkt 1b der Rekursentscheidung), nicht hingegen hinsichtlich des auf Irreführung abstellenden Verbots (Pkt 1a der Rekursentscheidung). Die gegenüber Verbrauchern zulässige Ankündigung gegenüber Unternehmern zu verbieten, wäre ein Wertungswiderspruch und verstieße gegen den Grundsatz einer möglichst parallelen Auslegung von verbraucherschützendem und unternehmerschützendem Lauterkeitsrecht. Auch verkenne das Rekursgericht, dass sich die beanstandete Aktion ausschließlich an Verbraucher, nicht hingegen an Unternehmer richte. Schließlich sei das Verbot von Unternehmerzugaben (§ 9a Abs 1 Z 2 UWG) infolge des unionsrechtlich gebotenen Wegfalls des allgemeinen Zugabenverbots gegenüber Verbrauchern verfassungswidrig, weil ein sachlich nicht gerechtfertigter Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz vorliege; es werde deshalb angeregt, einen Antrag auf Gesetzesprüfung beim Verfassungsgerichtshof zu stellen.

13. § 9a Abs 1 Z 2 UWG untersagt das Anbieten, Ankündigen oder Gewähren unentgeltlicher Zugaben (Prämien) gegenüber Unternehmern generell. Dieses Verbot der Unternehmerzugabe wird von der das Verhältnis Unternehmer-Verbraucher abschließend regelnden Richtlinie 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken (RL-UGP) nicht erfasst und widerspricht auch sonst europarechtlichen Regelungen nicht (Haberkamm/Kühne, Zugabe, Zugabe! Ist nach dem „Fußballer - des Jahres“-Urteil bald alles erlaubt?, ÖBl 2011, 52 ff [55]; Heidinger, Zugabenverbot, quo vadis, MR 2009, 45).

14. Das Zugabenverbot nach § 9a Abs 1 Z 2 UWG soll nach dem Willen des Gesetzgebers (ErlBem 338 der Beilagen XVIII. GP, 6) insbesondere dem Schutz jener Unternehmen dienen, von denen Zugaben gefordert werden. Es richtet sich gegen (starke) Unternehmen der Marktgegenseite. Die Regelung soll es den Adressaten des Verbots ermöglichen, sich Zugabenwünschen der Marktgegenseite durch den Hinweis auf das Verbot entgegenzustellen. Überdies könnten Unternehmen, die Zugaben verlangen, als Anstifter betrachtet und auf Unterlassung in Anspruch genommen werden. Für die Erreichung dieses Ziels hat der Gesetzgeber eine - zur Vermeidung von Anwendungsschwierigkeiten generell zulässige - typisierende Betrachtungsweise gewählt; es kommt also nicht darauf an, ob im Einzelfall tatsächlich ein Marktmachtmissbrauch der Marktgegenseite vorliegt.

15. Der Senat hat erst jüngst ausführlich begründet, dass das Zugabenverbot gegenüber Unternehmern (§ 9a Abs 1 Z 2 UWG) trotz des Umstands, dass das Zugabenverbot gegenüber Verbrauchern zufolge richtlinienkonformer Auslegung auf die Fälle konkret irreführender oder aggressiver Geschäftspraktiken eingeschränkt ist, gegenüber Unternehmern nach § 9a Abs 1 Z 2 UWG weiterhin ganz allgemein gilt und dass dieser - schon früher vom Verfassungsgerichtshof als sachlich gerechtfertigt beurteilte - Umstand keine Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der Bestimmung erweckt (4 Ob 162/11v mwN). Es besteht deshalb auch im Anlassfall kein Anlass zu der von der Beklagten angeregten Anfechtung der genannten Bestimmung.

16. Die aufgezeigte Frage ist im Anlassfall jedoch schon deshalb nicht entscheidend, weil sich die beanstandete Aktion der Beklagten nicht in spürbarem Umfang auch an Unternehmer richtet.

17. Wer Adressat einer Ankündigung ist, bestimmt sich nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalls. Abzustellen ist in dieser Frage insbesondere auf den Inhalt der Ankündigung und das benutzte Medium.

18. Enthält eine Ankündigung etwa den Hinweis „Abgabe nur in Haushaltsmengen“ oder „Aktion gilt nicht für Wiederverkäufer“, kann in aller Regel kein Zweifel bestehen, dass sie sich nicht an Unternehmer richtet. Eine Ankündigung kann aber auch ohne derartige Hinweise nur auf Verbraucher zielen; solches ist hier der Fall.

19. Es ist zwar richtig, dass die Jubiläumsaktion der Beklagten grundsätzlich geeignet ist, auch Unternehmer anzuregen, zum Wiederverkauf oder für den Betrieb ihres Unternehmens benötigte Einrichtungsgegenstände gerade bei der Beklagten zu erwerben; in beiden Fällen läge kein Verbrauchergeschäft vor. Berücksichtigt man aber, dass Wiederverkäufer ihre Waren regelmäßig nicht im Einzelhandel, sondern im Großhandel beziehen, und dass die beanstandete Ankündigung nicht mittels typischer Medien für Unternehmerwerbung (wie Geschäftsbriefe und einschlägige Werbezeitschriften), sondern mittels solcher Massenmedien transportiert wurde, deren Werbung sich nahezu ausschließlich an Verbraucher richtet (hier: Tageszeitungen, Prospekte, TV, eigene Website), so sind als Adressaten der beanstandeten Ankündigung nahezu ausschließlich Verbraucher anzusehen. Ausnahmen im Einzelfall sind nicht signifikant und beeinflussen den Wettbewerb nur unerheblich (§ 1 Abs 1 Z 1 UWG). Dazu kommt weiters, dass die ausgelobten Geschenke - mit wenigen Ausnahmen - typischerweise für Verbraucher attraktiv sind.

20. Liegt demnach im Anlassfall eine Ankündigung vor, die sich nach den Umständen des Einzelfalls typischerweise nur an Verbraucher richtet, und hat der Kläger keine konkreten Umstände behauptet und bescheinigt, aus denen sich ergibt, dass die Ankündigung in spürbarem Ausmaß auch Unternehmer zum Adressaten hat, ist das auf das allgemeine Verbot der Zugabe von Geschenken gestütze Begehren gegenüber Unternehmern schon deshalb unbegründet, weil der Beklagten ein spürbares Verhalten dieser Art nicht vorgeworfen werden kann.

21. Dem Revisionsrekurs der Beklagten ist Folge zu geben und der Sicherungsantrag, soweit er das allgemeine Verbot der Ankündigung gegenüber Unternehmern erfasst, einen Kaufvertrag mit wertvollen Geschenken - gestaffelt nach bestimmten Kaufpreisschwellen - zu koppeln, abzuweisen.

22. Die Entscheidung über die Kosten der Klägerin beruht auf § 393 Abs 1 EO; jene über die Kosten der Beklagten auf §§ 393 Abs 1 EO iVm §§ 43 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Der Kläger hat im Verfahren erster Instanz mit rund der Hälfte seines Begehrens - das er bezogen auf Verhalten gegenüber Unternehmern zu Unrecht erhoben, gegenüber Verbrauchern zu weit gefasst hat - obsiegt. Die erfolgreiche Äußerung der Beklagten erster Instanz bezog sich nur auf den erfolgreich bekämpften Teil des Sicherungsbegehrens und war (bei halber Bemessungsgrundlage) zur Gänze zu honorieren. Im Rechtsmittelverfahren blieb der Kläger erfolglos.

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