OGH 8Nc63/11y

OGH8Nc63/11y20.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin S*****, gegen den Antragsgegner R***** K*****, wegen Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragsgegners, aufgrund der Vorlage des Aktes 13 SE 4/11v des Bezirksgerichts Hernals zur Entscheidung eines Zuständigkeitsstreits gemäß § 47 JN, in nichtöffentlicher Sitzung, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Akt wird dem Bezirksgericht Hernals zurückgestellt.

Text

Begründung

Am 14. 7. 2011 begehrte die Antragstellerin beim Landesgericht Klagenfurt die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Antragsgegners, der im Antrag als „Unternehmer“ und „Gesellschafter“ einer OG bezeichnet wurde.

Eine Ladung zur Einvernehmungstagsatzung konnte dem Antragsgegner nicht zugestellt werden, weil er laut Postfehlbericht von der im Antrag genannten Adresse, an der sich auch das von der OG betriebene Unternehmen befunden hatte, verzogen war. Seit 15. 7. 2011 ist der Antragsgegner in Wien als Arbeitnehmer beschäftigt (ON 20) und seit 15. 9. 2011 an einer im Sprengel des Bezirksgerichts Hernals gelegenen Wohnadresse gemeldet.

Das Landesgericht Klagenfurt verneinte mit Beschluss vom 28. 10. 2011 (ON 18) seine sachliche Zuständigkeit, weil der Schuldner kein eigenes Unternehmen betreibe und über das Vermögen seiner gleichnamigen OG kein Insolvenzverfahren anhängig sei, und überwies die Rechtssache gemäß § 44 JN iVm § 182 IO an das Bezirksgericht Hernals.

Mit Beschluss vom 7. 11. 2011 (ON 21) erklärte sich auch das Bezirksgericht Hernals - allerdings ohne einen Überweisungsbeschluss gemäß § 44 Abs 1 JN zu fassen - mit der Begründung für örtlich unzuständig, der gewöhnliche Aufenthalt des Schuldners sei zum maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung noch im Sprengel des Landesgerichts Klagenfurt gelegen.

Die Beschlüsse ON 18 und ON 21 wurden den Verfahrensparteien am 8. 11. bzw 14. 11. 2011 zugestellt und sind jeweils in Rechtskraft erwachsen.

In dem vom Rechtspfleger des Bezirksgerichts Hernals verfassten Vorlagebericht wird um Entscheidung eines Kompetenzkonflikts zwischen diesem Gericht und dem Landesgericht Klagenfurt nach § 47 JN ersucht. Die Vorlagebegründung verweist auf den Antragsstichtag als maßgebendes Kriterium für die örtliche Zuständigkeit nach § 182 IO und erblickt überdies die sachliche Zuständigkeit des Landesgerichts für gegeben, weil auch ein Gesellschafter einer OG ein Unternehmen betreibe.

Rechtliche Beurteilung

Eine Entscheidung des Obersten Gerichtshofs kommt allerdings derzeit nicht in Betracht:

Die Vorlage an den Obersten Gerichtshof hätte durch einen Richter erfolgen müssen. Der Oberste Gerichtshof hat erst jüngst in der Entscheidung 4 Nc 24/09f mit eingehender Begründung ausgesprochen, dass Ersuchen um Entscheidung eines Kompetenzkonflikts unter den Begriff der „Berichte an vorgesetzte Behörden“ (§ 16 Abs 2 Z 1 RPflG) fallen, die auch im Wirkungskreis des Rechtspflegers dem Richter vorbehalten sind.

In diesem Erfordernis liegt durchaus kein leerer Formalismus. Der Richtervorbehalt dient vielmehr dazu, die Rechtsauffassung des Rechtspflegers in verfahrensökonomischer Weise noch vor der Befassung eines übergeordneten Gerichts einer zusätzlichen rechtlichen Prüfung zu unterziehen (4 Nc 24/09f).

Diese Vorgangsweise wäre im Besonderen auch für den vorliegenden Fall geboten gewesen. Bei der Entscheidung über einen negativen Kompetenzkonflikt ist nämlich auf eine allfällige Bindungswirkung des ersten diesen Konflikt auslösenden Beschlusses - selbst wenn dieser unrichtig wäre - Bedacht zu nehmen.

Nach ständiger Rechtsprechung entfaltet eine rechtskräftige Entscheidung über die sachliche Unzuständigkeit eines Insolvenzgerichts gemäß § 46 JN Bindungswirkung für jenes Gericht, an das überwiesen wurde, und zwar auch im - hier vorliegenden - Fall, dass das Adressatgericht seinen Unzuständigkeitsbeschluss noch vor Eintritt der Rechtskraft des Überweisungsbeschlusses gefasst hat (vgl 8 Nc 41/03a). Die im Schrifttum vertretene gegenteilige Ansicht lehnte der Oberste Gerichtshof bereits mehrfach mit eingehender Begründung ab (zuletzt 4 Nc 21/10s, 5 Nc 9/10h mwN).

Das Adressatgericht kann seine Zuständigkeit für die Insolvenzsache danach nur mehr in örtlicher Hinsicht, aber nicht deshalb ablehnen, weil doch das überweisende Gericht sachlich zuständig wäre (RIS-Justiz RS0002439, RS0046391 [T3]). Eine Rücküberweisung der vorliegenden Rechtssache an das Landesgericht Klagenfurt käme daher keinesfalls in Betracht.

Dagegen steht aber dem Bezirksgericht Hernals nach wie vor die Möglichkeit offen, die Rechtssache an ein örtlich für zuständig erachtetes anderes Bezirksgericht zu überweisen, sodass derzeit kein Kompetenzkonflikt besteht, der eine Entscheidung nach § 47 JN erfordern würde.

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