OGH 3Ob210/11w

OGH3Ob210/11w14.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in den verbundenen Rechtssachen der klagenden Partei Marktgemeinde M*****, vertreten durch Mag. Dr. Herbert Schrittesser, Rechtsanwalt in Mödling, gegen die beklagte Partei U*****, vertreten durch Jandl & Schöberl Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Berufungsgericht vom 24. August 2011, GZ 18 R 295/10a-44, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Mödling vom 27. August 2010, GZ 18 C 54/09m (18 C 97/09k)-35, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden

Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die kündigende Marktgemeinde (in der Folge: klagende Partei) ist Eigentümerin eines 24.370 m² großen Grundstücks, auf dem sich eine Tennissportanlage im Ausmaß von 1.701 m², bestehend aus zwei Freiplätzen und einem Clubhaus, befindet. Der gekündigte Verein (in der Folge auch: beklagte Partei) ist aufgrund des Bestandvertrags vom 17. Jänner 1979 Bestandnehmerin der Tennissportanlage. Das Bestandverhältnis begann am 1. Jänner 1979 und wurde auf unbestimmte Zeit abgeschlossen.

Die klagende Partei brachte gegen die beklagte Partei zwei gerichtliche Aufkündigungen ein, denen sie jeweils zugrunde legte, dass die Gesamtanlage dem Kündigungsschutz des Sportstättenschutzgesetzes unterliegt. Die erste, am 23. März 2009 zu 18 C 54/09m des Erstgerichts eingebrachte Aufkündigung wurde auf den Kündigungsgrund nach § 2 Abs 2 Z 6 SportstättenschutzG („Eigenbedarf einer Gebietskörperschaft“) gestützt. Im Laufe des Verfahrens brachte die klagende Partei ergänzend vor, dass das Bestandverhältnis keinem Kündigungsschutz unterliege; die Anwendbarkeit des SportstättenschutzG scheitere an der fehlenden Gemeinnützigkeit der beklagten Partei. Die zweite, am 5. Mai 2009 zu 18 C 97/09k des Erstgerichts eingebrachte Aufkündigung wurde auf die vertraglich vereinbarten Kündigungsgründe gemäß Punkt X Z 2 iVm Punkt VI und VII des Bestandvertrags vom 17. Jänner 1979 gestützt: Die beklagte Partei sei ihrer Verpflichtung aus Punkt VI des Bestandvertrags, dafür Sorge zu tragen, dass mindestens zwei Drittel der Vereinsmitglieder ihren ordentlichen Wohnsitz in der klagenden Gemeinde hätten, und dies auch nachzuweisen, nicht bzw verspätet nachgekommen. Gleiches gelte für die Verpflichtung, das Clubhaus samt allen Einrichtungen und Anlagen angemessen zu versichern und die Versicherungen zu vinkulieren.

Das Erstgericht hob beide Aufkündigungen als rechtsunwirksam auf und wies die Räumungsbegehren ab. Die beklagte Partei sei gemeinnützig iSd §§ 35 und 36 BAO und diene der Förderung der Allgemeinheit. Die von der beklagten Partei im Rahmen ihrer gemeinnützigen Tätigkeit betriebene Sportausübung auf der Tennissportanlage sei gemäß § 12 Abs 1 des NÖ Sportgesetzes geschützt; die Kündigung des Bestandvertrags bedürfe zu ihrer Rechtswirksamkeit der Zustimmung der Bezirksverwaltungsbehörde, die aber nicht in rechtskräftiger Form vorliege. Im Übrigen sei auch kein wichtiger Grund iSd § 2 SportstättenschutzG gegeben. Insbesondere habe die klagende Partei kein adäquates Ersatzobjekt angeboten. Eine die Kündigung rechtfertigende Verletzung des Bestandvertrags sei zu verneinen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der klagenden Partei nicht Folge. Es übernahm die erstgerichtlichen Feststellungen und bestätigte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass die beklagte Partei gemeinnützig (§§ 35 - 36 BAO) tätig werde, weshalb ihr der Schutz des SportstättenschutzG zugute komme. Ein wichtiger Grund, der die Auflösung des Bestandverhältnisses rechtfertige, liege nicht vor. Auf die Frage der Anwendbarkeit des NÖ Sportgesetzes komme es nicht mehr an. Die Revision wurde wegen des Fehlens von Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht zugelassen.

Zur Frage der Zulässigkeit des Rechtsmittels führt die klagende Partei in ihrer außerordentlichen Revision aus, dass der vom Berufungsgericht gebildete Begriff der „Gemeinnützigkeit“ nicht mit jenem der BAO übereinstimme. Zu dieser „gesonderten Gemeinnützigkeit“ und überhaupt zum SportstättenschutzG existiere nur wenig und keine ausreichend zuverlässige Judikatur des Obersten Gerichtshofs.

Rechtliche Beurteilung

Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt. Das Rechtsmittel scheitert schon daran, dass der Vermieter in einer Kündigung eines dem SportstättenschutzG unterliegenden Bestandverhältnisses die Kündigungsgründe kurz anzuführen hat; andere Kündigungsgründe können im Verfahren nicht mehr geltend gemacht werden (§ 4 Abs 2 SportstättenschutzG; ebenso § 33 Abs 1 MRG). Dieser Individualisierung der Kündigungsgründe hat die klagende Partei ausdrücklich die Geltung des SportstättenschutzG zugrunde gelegt, sodass es ihr verwehrt ist, im Laufe des Verfahrens die Anwendbarkeit des Gesetzes im Hinblick auf fehlende Gemeinnützigkeit zu bestreiten.

Darüber hinaus hält sich die Beurteilung, dass die von § 1 Abs 1 SportstättenschutzG aufgestellten Voraussetzungen für die Anwendbarkeit des Gesetzes erfüllt sind durchaus im Rahmen der bisherigen höchstgerichtlichen Rechtsprechung. Danach liegen gemeinnützige Zwecke dann vor, wenn durch deren Erfüllung die Allgemeinheit gefördert wird (7 Ob 146/07g mit Hinweis auf EBRV 1331 BlgNR 17. GP 7). Infolgedessen ist die Tätigkeit eines Sportvereins bereits dann gemeinnützig, wenn dieser einer unbestimmten Anzahl von Personen - egal ob Mitgliedern und/oder Gästen - die Ausübung eines Sports im Interesse der Allgemeinheit ermöglicht (RIS-Justiz RS0119899).

Aus den Feststellungen des Erstgerichts ergibt sich eindeutig, dass seitens der klagenden Partei kein Angebot einer „nach Lage und Beschaffenheit gleich verwendbaren Ersatzgrundfläche“ iSd § 2 Abs 2 Z 6 SportstättenschutzG erfolgte.

Mangels erheblicher Rechtsfrage ist daher die Revision der klagenden Partei zurückzuweisen.

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