OGH 10ObS123/11b

OGH10ObS123/11b6.12.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Fellinger und Dr. Schramm sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhard Drössler und Dr. Christoph Kainz (beide aus dem Kreis der Arbeitgeber) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei G***** K*****, vertreten durch Dr. Martin Holzer, Rechtsanwalt in Bruck an der Mur, gegen die beklagte Partei Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft, 1051 Wien, Wiedner Hauptstraße 84-86, wegen Erwerbsunfähigkeitspension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 15. September 2011, GZ 7 Rs 62/11h-23, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die 1955 geborene Klägerin war von 1994 bis September 2009 als Betriebsführerin eines Buffetbetriebs mit Zimmervermietung tätig und beschäftigte in den letzten neun Jahren (Stichtag 1. 10. 2009) keine Mitarbeiter. In den letzten 60 Ausübungsmonaten vor dem Stichtag war sie als Betriebsführerin eines Buffetbetriebs tätig. Bei der Klägerin wird eine Blutverdünnungstherapie durchgeführt. In Buffet- oder in Imbissbetrieben kann es vorkommen, dass mit Küchenmessern zu hantieren ist. In Kinobuffets ist die Benützung von scharfen Messern aufgrund des dort üblichen Warenangebots nicht erforderlich.

Das Berufungsgericht hat die Klägerin auf den Betrieb eines Kinobuffets verwiesen.

Die außerordentliche Revision der Klägerin zeigt keine iSd § 502 Abs 1 ZPO erhebliche Rechtsfrage auf:

Rechtliche Beurteilung

1. Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, dass ein Kinobuffet sich durch die Art der Betriebsführung - nämlich infolge der Abstellung auf die Verabreichung von Speisen und Getränken, deren Zubereitung und Konsumation nur wenig Zeit beansprucht - und dem Zweck, dem es dienen soll - nämlich dem Besucher die Einnahme eines kleinen Imbisses oder eines Getränks zu ermöglichen - als eine besondere Betriebsform des Gast- und Schankgewerbes darstellt (VwGH 14. 6. 1960, Zl 3038/58).

Die Ausnahme von der Gewerbeberechtigung für das Gastgewerbe gemäß § 111 Abs 2 Z 3 GewO setzt voraus, dass nicht mehr als acht Verabreichungsplätze (zum Genuss von Speisen und Getränken bestimmte Plätze) bereitgestellt werden.

2. Die Verweisungstätigkeit gemäß § 133 Abs 2 GSVG muss keineswegs der bisher ausgeübten Tätigkeit in allen Punkten entsprechen; es ist auch die Verweisung auf eine selbständige Erwerbstätigkeit, die nur Teilbereiche der bisher ausgeübten umfasst, zulässig, wenn nur für diesen Teilbereich die Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich waren, die der Versicherte bisher benötigte (RIS-Justiz RS0086448 [T5]); nach § 133 Abs 2 GSVG wird das Verweisungsfeld durch die selbständigen Erwerbstätigkeiten gebildet, die eine ähnliche Ausbildung sowie gleichwertige Kenntnisse und Fähigkeiten wie die vom Versicherten zuletzt ausgeübten erfordern. Das Gesetz stellt nicht auf die konkret ausgeübten selbständigen Tätigkeiten und die bisherige Betriebsstruktur ab, sondern nur auf die Kenntnisse und Fähigkeiten, die für die durch 60 Monate ausgeübte selbständige Tätigkeit erforderlich waren (RIS-Justiz RS0086448). Feststellungen über das von der Klägerin in ihrem Buffet angebotene Warensortiment und das Warensortiment eines Kinobuffets sind daher unerheblich.

Dass der Klägerin die Verweisungstätigkeit einer Betriebsführerin eines Kinobuffets auch zumutbar ist, entspricht der Rechtsprechung. So hat der Oberste Gerichtshof bereits ausgesprochen, dass ein zum Stichtag 50 Jahre alter Gastwirt, der mit einer Halbtagskraft eine Gastwirtschaft mit zwölf Fremdenzimmern betreibt und seinen Gästen, insbesondere den Pensionsgästen, kalte und warme Speisen anbietet, diese Tätigkeit ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht mehr ausüben kann, weil er als Marcoumar-Partient („künstlicher Bluter“) im Küchenbetrieb einer erhöhten Verletzungsgefahr ausgesetzt ist, auf den Betrieb eines Tageskaffees/Espressos verwiesen werden kann (RIS-Justiz RS0086448 [T12]). Zutreffend hat das Berufungsgericht daher eine Verweisung nicht deshalb verneint, weil die Klägerin mit Gläsern oder Kaffeetassen hantieren muss, auch wenn nicht ausgeschlossen werden kann, dass einmal ein Glas oder eine Tasse zu Bruch geht.

Stichworte