Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Über Verständigung des Krankenhauses (durch die Eintrittsanzeige vom 12. 12. 2010) leitete das Erstgericht ein Unterbringungsverfahren ein. Anlässlich der Erstanhörung der Patientin am 14. 12. 2010 wurde deren Unterbringung vorläufig für zulässig erklärt.
In der Verhandlung am 28. 12. 2010 beantragte der Patientenanwalt, die Unterbringung „seit 14. 12. 2010 bis jetzt“ für unzulässig zu erklären, weil deren formelle Voraussetzung der Dokumentation im Sinn des § 32 UbG fehle.
Mit Beschluss vom selben Tag sprach das Erstgericht aus,
I. Die Unterbringung der Kranken wird mit Wirksamkeit ab 28. 12. 2010 bis 18. 1. 2011 für zulässig erklärt.
II. Die Unterbringung der Patientin vom 14. 12. 2010 bis 28. 12. 2010 war zulässig.
Dazu traf es folgende Feststellungen:
Bei der Patientin besteht ein mischbildhafter Zustand mit wahnhafter Symptomatik im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung. Sie wurde aufgenommen und untergebracht, nachdem sie im Wohnhaus gelärmt und mit ihrem Schlüssel gegen fremde Wohnungstüren geschlagen hatte. In der Aufnahmesituation war ein zielführendes Gespräch nicht möglich; entweder schwieg sie oder schrie, man möge sie in Ruhe lassen. In den folgenden Tagen war sie gereizt, aufbrausend und ablehnend, wenn es um ihre Behandlung ging; sie äußerte Vergiftungsideen und lehnte die Einnahme von Medikamenten ab.
Zwischen dem Tag der Anhörung (14. 12. 2010) und der Verhandlung (28. 12. 2010) ergaben sich in den Augen der behandelnden Ärzte keine nennenswerten Veränderungen im Zustandsbild. Für diesen Zeitraum umfasst der ärztliche Dekurs nur eine einzige Eintragung (17. 12. 2010), die auch nicht die psychiatrische Seite, sondern somatische Umstände (im Zusammenhang mit einem EKG) betrifft.
Die Patientin ist zeitlich unscharf, sonst ausreichend orientiert. Ihr Antrieb ist gesteigert, die Stimmung mischbildhaft mit maniformen, aber auch dysphoren Anteilen, der Affekt ist labil bis überschießend. Der Gedankenduktus ist weitschweifig mit häufigem Vorbeireden und führt nur bei strukturierter Nachfrage zum Ziel; inhaltlich ist das Denken wahnhaft. Es bestehen anamnestische Hinweise auf mögliche Halluzinationen; der Realitätsbezug ist deutlich gestört. Trotz Verabreichung antipsychotischer sedierender und die Stimmung stabilisierender Medikamente besteht eine deutliche Ein- und Durchschlafstörung mit Schlafverkürzung.
Trotz einer leichten Besserung des Zustands sind Konzentration, Aufmerksamkeit und Auffassungsgabe der Patientin weiterhin gesenkt. Sie hat keine Einsicht in das Vorliegen der Erkrankung sowie die Notwendigkeit der Behandlung und würde daher ohne Unterbringung die Behandlung abbrechen. Ohne Therapie aber ist sie nicht in der Lage, eigene Bedürfnisse zu erkennen und in der notwendigen Weise zu befriedigen.
Konkrete und ausreichende Betreuungs- und Behandlungsalternativen wurden weder aufgezeigt, noch ergaben sie sich bis zu der Entscheidung des Erstgerichts.
Rechtlich führte das Erstgericht zu Punkt II. des Beschlusses aus:
Der behandelnde Arzt hätte, auch wenn das Gericht die Unterbringung für zulässig erklärt habe, das weitere Vorliegen der Voraussetzungen der Unterbringung zumindest wöchentlich in der Krankengeschichte dokumentieren müssen (§ 32 Satz 3 UbG). Hier sei dies - offenbar wegen unveränderter Situation - unterblieben. Nach nunmehr gefestigter Rechtsprechung sei das Gericht zur Überprüfung der Unterbringung hinsichtlich aller materiellen und formellen Voraussetzungen, auch rückschauend ex post, berufen. Die Gerichte erklärten dementsprechend die Unterbringung Betroffener oder Maßnahmen, durch die deren Bewegungsfreiheit oder sonstigen Rechte eingeschränkt worden seien, bei Fehlen formeller Voraussetzungen für unzulässig, auch wenn die materiellen Voraussetzungen erfüllt seien. Diesen Entscheidungen sei gemeinsam, dass ein Formalakt (die fristgerechte Verständigung des Gerichts oder des Vertreters des Betroffenen) gefehlt habe, sodass die inhaltliche Kontrolle des Gerichts nicht nur erschwert gewesen sei, sondern das Gericht oder der Vertreter des Untergebrachten seine Kontrollbefugnis mangels Kenntnis vom Anlassfall nicht hätte wahrnehmen können. Im Gegensatz dazu sei im vorliegenden Fall eine erste vorläufige Entscheidung des Gerichts über die vorläufige Zulässigkeit der Unterbringung bereits vorgelegen. Anders als bei den Formalakten, deren Fehlen nach der bisherigen Judikatur die Unzulässigkeit der Unterbringung nach sich gezogen habe, seien die ärztlichen Dekurse - also auch jene nach § 32 Satz 3 UbG - nicht an den Vertreter weiterzuleiten, sondern er könnte sich darüber nur durch die Ausübung seines Rechts auf Einsicht in die Krankengeschichte informieren. Das Unterbleiben der zumindest wöchentlichen Dokumentation der Umstände, aufgrund derer die Voraussetzungen der Unterbringung weiterhin vorgelegen seien, erschwere weder den gesetzlichen Überprüfungsauftrag des Gerichts noch die begleitende Kontrolle durch den Vertreter des Patienten. Diese baue vielmehr in jedem Fall maßgeblich auf der persönlichen Anwesenheit des Vertreters an der Station auf, im Rahmen derer er sich vor allem einen unmittelbaren Eindruck vom Befinden des Patienten verschaffen könne. Aus dem Unterbleiben der Dokumentation nach § 32 Satz 3 UbG sei daher keine Unzulässigkeit der Unterbringung abzuleiten.
Das Rekursgericht gab dem nur gegen die Zulässigerklärung der Unterbringung für die Zeit vom 14. bis 28. 12. 2010 erhobenen Rekurs des Patientenanwalts nicht Folge und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Dass die nunmehr in § 32 Satz 3 UbG normierte wöchentliche Dokumentation in der Unterbringungsphase zwischen 14. und 28. 12. 2010 nicht erfolgt sei, führe nicht zwangsläufig zur Unzulässigerklärung der Unterbringung. Im vorliegenden Fall sei für das Erstgericht auf Grund der Ergebnisse der Verhandlung am 28. 12. 2010 durch den Bericht des Abteilungsleiters klar indiziert gewesen, dass die Voraussetzungen der Unterbringung auch für diesen Zeitraum vorgelegen seien. Dem Gericht sei also (auch ohne Dokumentation iSd § 32 Satz 3 UbG) eine ausreichende Entscheidungsgrundlage zur Verfügung gestanden.
Der Argumentation des Patientenanwalts mit der Judikatur zur Verletzung formeller Vorgaben des UbG stehe entgegnen, dass die zitierte Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs Sachverhalte betreffe, die eine Einleitung des gerichtlichen Unterbringungsverfahrens verhindert oder zumindest verzögert bzw die Tätigkeit des Patientenanwalts verhindert hätten (3 Ob 179/05b: Keine unverzügliche Mitteilung an den Vertreter des Kranken im Fall einer Fixierung gemäß § 33 Abs 3 Satz 1 UbG; 6 Ob 48/06m: Verstoß gegen das Gebot der unverzüglichen Untersuchung gemäß § 10 Abs 1 UbG im bei der Krankenanstalt geführten administrativrechtlichen Verfahrensteil der Unterbringung).
Demgegenüber sei der vorliegende Verstoß gegen § 32 Satz 3 UbG bereits nach Einleitung des gerichtlichen Unterbringungsverfahrens erfolgt. Die Kontrolle durch das Unterbringungsgericht sowie durch den Patientenanwalt sei in der konkreten Unterbringungssache daher bereits gegeben gewesen. Dem Erstgericht sei auch darin zuzustimmen, dass sich der Patientenanwalt, der Kenntnis vom Verfahren gehabt habe, durch Ausübung seiner Rechte stets entsprechende Informationen (über Verstöße gegen Formvorschriften) hätte verschaffen können.
Abschließend berief sich das Rekursgericht noch darauf, in der Entscheidung 6 Ob 48/06m werde der Hinweis Kopetzkis (Unterbringungsrecht 435) dahin als zutreffend zitiert, dass trotz der rechtschutzorientierten Zielsetzung des historischen Gesetzgebers des UbG der Umstand nicht aus den Augen verloren werden sollte, dass das eigentliche - vom Gesetz zwar nicht ausdrücklich angesprochene, jedoch in den materiellen Unterbringungsvoraussetzungen des § 3 UbG zum Ausdruck kommende - Ziel der Unterbringung nicht der Rechtsschutz, sondern die Abwehr krankheitsbedingter Gefährdungen für die Rechtsgüter der (eigenen bzw fremden) Gesundheit und des Lebens sei. Dieser Zielsetzung würde es aber - auch unter Berücksichtigung rechtsschutzorientierter Überlegungen - widersprechen, die Unterbringung eines Patienten trotz des Vorliegens der materiellrechtlichen Voraussetzungen nur deshalb zur Gänze für unzulässig zu erklären, weil formalrechtliche Voraussetzungen nicht erfüllt seien. Dem Rekurs sei daher ein Erfolg zu versagen.
Der ordentliche Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, ob ein Verstoß gegen die in § 32 Satz 3 UbG normierte mindestens wöchentliche Dokumentationspflicht zur Unzulässigerklärung einer bereits vorläufig für zulässig erklärten Unterbringung führe, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Gegen den Beschluss des Rekursgerichts richtet sich der Revisionsrekurs der Patientin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die Entscheidungen der Vorinstanzen dahin abzuändern, dass die Unterbringung im Zeitraum vom 14. bis 28. 12. 2010 für unzulässig erklärt werde; hilfsweise wird beantragt, die vorinstanzlichen Entscheidungen aufzuheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus dem vom Rekursgericht genannten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
Die Revisionsrekurswerberin wendet sich gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichts, dass zwar ein Verstoß gegen die Dokumentationspflicht des Abteilungsleiters gemäß § 32 Satz 3 UbG idF BGBl I Nr 18/2010 vorliege, diese aber nicht zur Unzulässigkeit der Unterbringung führe, weil im fraglichen Zeitraum (vom Tag der Anhörung bis zur Verhandlung) die Kontrolle durch das Unterbringungsgericht und den Patientenanwalt bereits gegeben gewesen sei. Die neue Dokumentationspflicht gelte vielmehr - zusammen mit der Verpflichtung, die Unterbringung bei Wegfall der Voraussetzungen „jederzeit“ aufzuheben (§ 32 Satz 1 UbG) - für jedes Stadium der Unterbringung. Durch das Unterlassen der Dokumentation werde die Erfüllung der Verpflichtungen zur laufenden Evaluierung der Unterbringungsvoraussetzungen und - bei deren Wegfall - zur jederzeitigen Beendigung der Unterbringung erschwert, wenn nicht gänzlich verhindert. Dass das Unterbringungsverfahren bereits eingeleitet und der Patientenanwalt bereits informiert sei, vermöge daran nichts zu ändern. Folge man der Ansicht, dass die Verletzung dieser Dokumentationspflicht nicht zur Unwirksamkeit der Unterbringung führe, verkomme § 32 Satz 3 UbG zur sanktionslosen Formvorschrift. Demgegenüber sollte diese Bestimmung jedoch eine besondere Transparenz der Tätigkeit des Abteilungsleiters für den Patientenanwalt und das Gericht schaffen, der durch bloße Einsichtnahme in die Krankengeschichte nicht Genüge getan werde. Erst die lückenlose Dokumentation ermögliche die Vornahme der gesetzlich übertragenen Kontrollbefugnis. Aufgrund des Unterlassens der Dokumentation im fraglichen Zeitraum sei - im Sinn der Rechtsprechung zur Dokumentation bei medizinischer Behandlung (deren Fehlen die Vermutung begründe, dass die nicht dokumentierte Maßnahme nicht gesetzt worden sei) - davon auszugehen, dass der Abteilungsleiter seiner Überprüfungspflicht nicht nachgekommen sei, sodass die (laufende) Entscheidung zur Fortsetzung der Unterbringung ohne entsprechende Überlegung erfolgt oder „gar nicht bewusst getroffen“ worden sei. Die allgemein gehaltene Feststellung des Gerichts, dass sich in den Augen der behandelnden Ärzte keine nennenswerten Veränderungen im Zustandsbild der Kranken ergeben hätten, reiche für die Annahme des Gegenteils nicht aus.
Hiezu wurde erwogen:
Im vorliegenden Fall ist davon auszugehen, dass im strittigen Zeitraum die materiellen Voraussetzungen des § 3 UbG vorlagen (dies wird auch im Revisionsrekurs nicht in Frage gestellt), jedoch die formelle Vorschrift des § 32 Satz 3 UbG („zumindest wöchentliche“ Dokumentationspflicht) nicht eingehalten wurde. Dass hier (auch) die aus § 32 Satz 1 und 2 UbG abzuleitende (vgl Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts² Rz 789 f) Überprüfungspflicht selbst verletzt worden wäre, steht hingegen nicht fest. Festgestellt wurde allein ein Verstoß gegen die formelle Dokumentationspflicht gemäß § 32 Satz 3 UbG.
Der Oberste Gerichtshof ist von dem in der älteren Rechtsprechung (vgl 2 Ob 347/97m) vertretenen Standpunkt, die Nichteinhaltung der formellen Vorschriften des § 33 Abs 3 Satz 1 UbG mache eine allfällige Beschränkung der Bewegungsfreiheit für sich allein nicht unzulässig; es handle sich dabei um Ordnungsvorschriften, deren Einhaltung keiner Überprüfung durch das Gericht unterliege; es komme (vielmehr) darauf an, ob die materiellen Voraussetzungen des § 33 Abs 1 UbG vorgelegen sind (RIS-Justiz RS0109086); bereits in der Entscheidung 3 Ob 179/05b (SZ 2006/93) ausdrücklich abgegangen.
Dieser Entscheidung ist - vom eingangs zitierten Rechtssatz abgehend - zu entnehmen, dass die Einhaltung der formellen Voraussetzungen der Beschränkungen der Bewegungsfreiheit gemäß § 33 Abs 3 Satz 1 UbG (dort: der unverzüglichen Mitteilung an den Vertreter des Kranken) ebenfalls der Überprüfung durch das Gericht gemäß § 33 Abs 3 Satz 2 UbG unterliegt (RIS-Justiz RS0109086 [T1]; RS0121011).
Demgemäß hat der Oberste Gerichtshof auch schon ausgesprochen, dass das Unterbringungsgericht bei seiner Entscheidung, mit der es die Unterbringung des Patienten (vorläufig) für zulässig erklärt, gegebenenfalls festzustellen hat, dass auf Grund des Fehlens (etwa) formeller Unterbringungsvoraussetzungen im bei der Krankenanstalt geführten administrativrechtlichen Verfahrensteil die Unterbringung des Patienten bis zur Verständigung des Unterbringungsgerichts gemäß § 17 UbG nicht dem Gesetz entsprach (RIS-Justiz RS0120734; 6 Ob 48/06m [Verstoß gegen das Gebot der unverzüglichen Untersuchung iSd § 10 Abs 1 UbG]).
Entgegen der Ansicht des Revisionsrekurses führen diese Überlegungen im Zusammenhang mit dem hier vorliegenden Verstoß gegen die dem Anstaltsleiter auferlegte (neue) Dokumentationspflicht nach § 32 Satz 3 UbG idF der Unterbringungs- und Heimaufenthaltsnovelle 2010, BGBl I 2010/18 (Ub-HeimAuf-Novelle 2010) aber nicht zum Ergebnis, dass die Unterbringung der Patientin im fraglichen Zeitraum für unzulässig erklärt werden müsste, obwohl die (materiellen) Unterbringungsvoraussetzungen unstrittig vorlagen.
§ 32 UbG (aF) regelt(e) die, von der Aufhebung der Unterbringung auf Grund einer gerichtlichen Entscheidung zu unterscheidende, durch den Anstaltsleiter veranlasste Aufhebung (Thanner/Vogl, UbG, § 32 P 1. Mat [AB 1202 XVII. GP] letzter Abs, 115). Dieser hat(te) nach Satz 1 und 2 „die Unterbringung jederzeit aufzuheben, wenn deren Voraussetzungen nicht mehr vorliegen. Er hat hievon unverzüglich das Gericht und den Vertreter des Kranken zu verständigen“. Der Abteilungsleiter hatte also - schon nach dieser Rechtslage - die Unterbringung jederzeit aufzuheben, wenn deren Voraussetzungen nicht mehr vorlagen, was implizit eine Verpflichtung zur regelmäßigen Überprüfung des Fortbestands der Unterbringungsvoraussetzungen bedeutete (RV 601 BlgNR XXIV. GP 14 mit Hinweis auf Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts² Rz 789 f).
Der am 1. 7. 2010 in Kraft getretene, mit der Ub-HeimAuf-Novelle 2010 geschaffene dritte Satz des § 32 UbG hat folgenden Wortlaut: Der behandelnde Arzt hat das weitere Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen in der Krankengeschichte zumindest wöchentlich, sollte aber die Unterbringung bereits über sechs Monate andauern, zumindest monatlich zu dokumentieren. Nach den Materialien intendiert diese Verpflichtung zur Dokumentation des Fortbestands der Unterbringungsvoraussetzungen eine (bessere) Überprüfbarkeit, ob der Abteilungsleiter seiner Überprüfungspflicht nachkommt, und damit gleichzeitig eine bewusstere Auseinandersetzung mit dieser Verpflichtung (RV 601 BlgNR XXIV. GP 14; Engel, Die Änderungen im Unterbringungsgesetz durch die Ub-HeimAuf-Novelle 2010, iFamZ-Spezial Juli 2010, 5).
Anders als im Fall des - zu 3 Ob 179/05b maßgebenden - Unterbleibens einer unverzüglichen Mitteilung an den Vertreter des Kranken geht es hier nicht um eine (formelle) Voraussetzung für die Zulässigkeit einer freiheitsentziehenden Maßnahme, sondern um die Verpflichtung, „in der Krankengeschichte“ zumindest wöchentlich, sollte aber die Unterbringung bereits über sechs Monate andauern, zumindest monatlich das weitere Vorliegen der Unterbringungsvoraussetzungen zu dokumentieren. Über den Inhalt dieser Dokumentation kann sich ein Vertreter des Patienten daher jedenfalls nur durch Einsicht in die Krankengeschichte Information verschaffen.
Dementsprechend liegt die Bedeutung der im UbG vorgesehenen Aufzeichnungen (vgl auch Kopetzki, Unterbringungsrecht II 876 f [879]) vor allem in der Beurkundung; sie dienen der Nachvollziehbarkeit von Akten der Anstalt, insbesondere im Hinblick auf die nachgehende Prüfung der Richtigkeit im Zuge einer gerichtlichen Überprüfung nach dem UbG. Daher können Dokumentationsmängel (zB im Zuge der Erstanhörung) dazu führen, dass die erforderliche Glaubhaftmachung der Unterbringungsvoraussetzungen nicht gelingt (Kopetzki, Grundriss des Unterbringungsrechts² Rz 688).
Davon kann im vorliegenden Fall jedoch keine Rede sein, weil die Unterbringung der Patientin anlässlich ihrer Anhörung gemäß § 19 UbG am 14. 12. 2010 vorläufig für zulässig erklärt wurde und feststeht, dass für das Erstgericht nach den Ergebnissen der Verhandlung vom 28. 12. 2010 kein Zweifel daran bestand, dass die Unterbringungsvoraussetzungen auch in der dazwischen liegenden Zeit vom 14. bis 28. 12. 2010 gegeben waren. Auch ohne die fehlende Dokumentation stellten die Vorinstanzen daher - unbekämpft - fest, dass sich zwischen dem Tag der Anhörung (14. 12. 2010) und der Verhandlung (28. 12. 2010) „in den Augen der behandelnden Ärzte“ keine nennenswerten Veränderungen im Zustandsbild der Patientin ergaben. Diese Feststellung und die Beurteilung, dass die Dokumentation „offenbar wegen unveränderter Situation“ unterblieben sei, widersprechen aber der vom Revisionsrekurs angestellten Vermutung, dass der Abteilungsleiter der Überprüfungspflicht gar nicht nachgekommen sei und die (laufende) Entscheidung zur Fortsetzung der Unterbringung ohne entsprechende Überlegung erfolgt oder (vielleicht) gar nicht „bewusst“ getroffen worden sei.
Von letzterem ist hier somit nicht auszugehen. Es ist vielmehr auf die Entscheidung 6 Ob 48/06m zu verweisen, die in den Punkten 5.3. und 5.4. zur maßgebenden - bereits vom Rekursgericht zutreffend dargestellten - Zielsetzung des UbG im Einzelnen wie folgt begründet wird:
Dieser Zielsetzung würde es aber - auch unter Berücksichtigung rechtsschutzorientierter Überlegungen - widersprechen, die Unterbringung eines Patienten trotz des Vorliegens der materiellrechtlichen Voraussetzungen pro futuro nur deshalb zur Gänze für unzulässig zu erklären, weil es an formellrechtlichen Voraussetzungen mangelte. Führt die Unzulässigerklärung (etwa bei der Erstanhörung oder durch die Entscheidung eines Rechtsmittelgerichts) zur umgehenden Aufhebung der Unterbringung des Patienten, kommt es unmittelbar zur Gefährdung der erwähnten Rechtsgüter. Das Argument, dass die Krankenanstalt dem durch eine umgehende neuerliche Unterbringung in analoger Anwendung der §§ 10, 11 Z 1 UbG entgegenwirken könnte, vermag nicht zu überzeugen. Die Unzulässigerklärung würde damit zu einem Ritualakt. Dazu kommt, dass das UbG bewusst eine Zweiteilung in vorläufige administrativrechtliche und nachprüfende gerichtliche Entscheidungsbefugnisse vorsieht. Es stellt die Entscheidung über die Unterbringung zunächst in die alleinige Kompetenz ärztlicher Organe. Erst im Nachhinein greift die nachprüfende gerichtliche Kontrolle ein (Kopetzki, Unterbringungsrecht 437).
Erklärt das Unterbringungsgericht gemäß § 20 UbG die Unterbringung vorläufig für zulässig, deckt diese Entscheidung die Unterbringung für die Zeit danach (vgl Kopetzki, Grundriss Rz 387). Durch die Zulässigerklärung der Unterbringung nach durchgeführter mündlicher Verhandlung ist die vorläufige Zulässigerklärung schließlich überhaupt überholt (3 Ob 510/93); pro futuro stützt sich die Unterbringung auf diese Entscheidung. Davon unberührt bleibt aber die nachprüfende Kontrolle hinsichtlich des Zeitraums vor Einleitung des gerichtlichen Verfahrens.
Diese Auffassung wahrt auch den durch das UnterbringungsG angestrebten Rechtsschutz des Patienten. Das Unterbringungsgericht hat bei seiner Entscheidung, mit der es die Unterbringung des Patienten (vorläufig) für zulässig erklärt, gegebenenfalls festzustellen, dass auf Grund des Fehlens (etwa) formeller Unterbringungsvoraussetzungen im bei der Krankenanstalt geführten administrativrechtlichen Verfahrensteil die Unterbringung des Patienten bis zur Verständigung des Unterbringungsgerichts gemäß § 17 UbG nicht dem Gesetz entsprach (vgl 3 Ob 510/95). Dies gilt auch dann, wenn zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung die Unterbringung bereits wieder aufgehoben worden ist, weil eine unterschiedliche Interessenlage nicht erkennbar ist.
5.4. Damit war im vorliegenden Verfahren die Unterbringung jedenfalls ab Beginn der Erstanhörung der Patientin zulässig. ...
Die Grundsätze dieser Beurteilung, die dazu führt, dass die Unterbringung jedenfalls ab der Erstanhörung der Patientin zulässig ist, müssen auch im vorliegenden Fall gelten; hier wurde nämlich - wie bereits ausgeführt - nicht einmal gegen eine formelle Unterbringungsvoraussetzung, sondern lediglich gegen die Dokumentationspflicht nach § 32 Satz 3 UbG verstoßen, und das Unterbringungsgericht hat die Unterbringung der Kranken anlässlich ihrer Erstanhörung am 14. 12. 2010 ohnehin bereits für vorläufig zulässig erklärt.
Im Übrigen bestand nach den Ergebnissen der Verhandlung vom 28. 12. 2010 - auch ohne die nach § 32 Satz 3 UbG erforderliche Dokumentation - keinerlei Zweifel daran, dass die Unterbingungsvoraussetzungen (auch) im Zeitraum vom 14. bis 28. 12. 2010 vorlagen, sodass eine allfällige Vermutung, die nicht dokumentierte Maßnahme sei nicht durchgeführt worden, schon von vornherein nicht zum Tragen kommen kann.
Weshalb die von der Revisionsrekurswerberin begehrte Unzulässigerklärung dennoch vorzunehmen wäre, ist nicht einzusehen. Das Rechtsmittel der Patientin muss daher erfolglos bleiben.
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