OGH 4Ob164/11p

OGH4Ob164/11p19.10.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** GmbH, *****, vertreten durch Hawel & Eypeltauer, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei S-D***** GmbH, *****, vertreten durch Haslinger/Nagele & Partner, Rechtsanwälte GmbH in Linz, wegen Unterlassung, Feststellung und 35.742,67 EUR sA (Streitwert im Sicherungsverfahren 36.000 EUR) über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Rekursgericht vom 12. September 2011, GZ 1 R 149/11d-9, mit welchem der Beschluss des Landesgerichts Linz vom 29. Juli 2011, GZ 38 Cg 210/11m-4, aufgehoben und dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung über den Sicherungsantrag aufgetragen wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der „außerordentliche Revisionsrekurs“ wird zurückgewiesen.

Text

Begründung

Die Parteien stehen im Wettbewerb auf dem Markt der Gutachtenserstellung für Versicherungen. Die Beklagte wurde von zwei Dienstnehmern der Muttergesellschaft der Klägerin gegründet. Diese hatte sie gegen Verrechnung der Personalkosten der Klägerin überlassen, für die sie als Sachverständige tätig wurden. Ihre Dienstverträge hatten Konkurrenzklauseln enthalten.

Die Klägerin beantragt, der Beklagten bis zum Ablauf des Konkurrenzverbots zu untersagen, sich der Sachverständigentätigkeit der beiden Mitarbeiter zu bedienen. Das Verhalten der Beklagten entspreche dem Abwerben eines durch eine Konkurrenzklausel gebundenen Arbeitnehmers. Darin liege ein Verstoß gegen § 1 UWG.

Die Beklagte wendet ein, ihre Gründer seien nicht bei der Klägerin, sondern bei deren Muttergesellschaft angestellt gewesen. Sie hätten daher keine Verpflichtungen gegenüber der Klägerin gehabt. Diese sei aus diesem Grund nicht aktiv legitimiert. Weiters seien die Mitarbeiter aus näher dargestellten Gründen nicht (mehr) an die Konkurrenzklausel gebunden.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Die Konkurrenzklauseln hätten nur schuldrechtliche Wirkung zwischen den Parteien der Dienstverträge gehabt. Daher sei nur der unmittelbar betroffene Vertragspartner zu einer lauterkeitsrechtlichen Klage legitimiert. Zudem sei der Antrag unschlüssig, weil die Klägerin nicht konkret behauptet habe, dass und welche Sachverständigentätigkeiten die beiden Mitarbeiter nun für die Beklagte erbrächten.

Das Rekursgericht hob diesen Beschluss auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Einen Rechtskraftvorbehalt setzte es nicht.

Die Klägerin sei vom (behaupteten) Verhalten der ehemaligen Dienstnehmer ihrer Muttergesellschaft unmittelbar betroffen. Sie könne daher einen Unterlassungsanspruch geltend machen. Der Sicherungsantrag sei aus näher dargestellten Gründen auch nicht unschlüssig. Die Voraussetzungen für die Zulassung des Rekurses an den Obersten Gerichtshof lägen nicht vor, weil nur einzelfallbezogene Fragen der Aktivlegitimation und der Schlüssigkeit zu lösen gewesen seien.

Rechtliche Beurteilung

Der gegen diese Entscheidung gerichtete Revisionsrekurs der Beklagten ist unzulässig.

1. Wird der angefochtene Beschluss in zweiter Instanz aufgehoben und dem Gericht erster Instanz eine neuerliche, nach Ergänzung des Verfahrens zu fällende Entscheidung aufgetragen, so ist der Rekurs nach § 527 Abs 2 ZPO nur zulässig, wenn das Rekursgericht dies ausgesprochen hat. Einen solchen Rechtskraftvorbehalt hat das Rekursgericht nicht gesetzt. Nach Ansicht der Beklagten ist der Revisionsrekurs dennoch nicht jedenfalls unzulässig, weil es sich nicht um einen „echten“ Aufhebungsbeschluss handle. Vielmehr habe das Rekursgericht in der Sache selbst (nämlich über die Aktivlegitimation) abändernd entschieden.

2. Bei dieser Argumentation übersieht die Beklagte, dass das Rekursgericht gerade keine abschließende Entscheidung über den Sicherungsantrag getroffen, sondern dem Erstgericht aufgrund einer anderen Rechtsansicht zur Frage der Aktivlegitimation eine neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen hat. Ein Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts, der zwar die Rechtsansicht des Erstgerichts ablehnt und daher in diesem Punkt als abändernder Beschluss aufgefasst werden könnte, ist aber trotzdem ohne Rechtskraftvorbehalt nicht weiter anfechtbar, wenn er dem Erstgericht (ausgehend von der geänderten Rechtsansicht) eine Ergänzung des Verfahrens und die neuerliche Entscheidung aufträgt (RIS-Justiz RS0044065, zuletzt etwa 1 Ob 7/11b mwN). Das gilt insbesondere dann, wenn das Gericht zweiter Instanz die Aktivlegitimation des Klägers entgegen der Auffassung des Erstgerichts bejaht und die Rechtssache daher zur weiteren Prüfung des Anspruchs an dieses zurückverweist (5 Ob 273/08w mwN).

3. Es liegt daher ein „echter“ Aufhebungsbeschluss iSd § 527 Abs 2 ZPO vor. Fehlt in einem solchen Beschluss ein Ausspruch über die Zulässigkeit des Revisionsrekurses, ist auch ein Antrag auf nachträgliche Zulassung des Revisionsrekurses an den Obersten Gerichtshof nicht zulässig (RIS-Justiz RS0007219; RS0030814). Der Revisionsrekurs ist daher zurückzuweisen.

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