OGH 2Ob129/11a

OGH2Ob129/11a30.8.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** AG, *****, vertreten durch Dr. Hannes Pflaum ua, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagte Partei S***** ImmobilienverwaltungsgmbH, *****, vertreten durch Engin-Deniz Reimitz Hafner Rechtsanwälte KG in Wien, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 10. Mai 2011, GZ 40 R 233/10a-18, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Die Klägerin ist Bestandgeberin, die Beklagte Bestandnehmerin einer 985 m2 großen Liegenschaft, auf der ein zweitraktiges Wohnhaus mit einer Nutzfläche von ca 2.478 m2 zuzüglich Lagerräumen und einer Tiefgarage steht. Ursprünglich wurde das Gebäude als Wohnheim für Arbeiter der Klägerin errichtet. Insgesamt waren bei Vertragsabschluss etwa 40 Wohneinheiten vorhanden. Der schriftliche unbefristete „Mietvertrag“ enthält das Recht des „Mieters“ zur teilweisen und gänzlichen Untervermietung oder Unterverpachtung auch zu einer unverhältnismäßig hohen Gegenleistung. Dass der Bestandnehmer eine Untervermietung an eine Organisation plante, die Heime für Flüchtlinge oder Obdachlose betreibt, war auch den Vertretern der Klägerin beim Vertragsabschluss bekannt. Die Bestandnehmerin vermietete etwa zur gleichen Zeit mit dem Abschluss ihres eigenen „Mietvertrags“ das gesamte Gebäude an die V***** unter, die seither dort ein Wohnheim für Flüchtlinge betreibt. Die laufende Verwaltungstätigkeit, die die Beklagte für das Bestandobjekt ausübt, beschränkt sich auf die Zahlung des Bestandzinses an die Klägerin, Zahlung der Betriebskosten sowie Weiterverrechnung der Betriebskosten an die V***** und Einhebung des Bestandzinses von der V*****.

Die Vorinstanzen qualifizierten den zwischen den Streitteilen bestehenden Vertrag als Mietvertrag, auf den die Kündigungsbestimmungen des MRG anwendbar seien, und hoben die auf keinen Kündigungsgrund des MRG gestützte Aufkündigung auf.

Die Beurteilung, ob ein Miet- oder Pachtvertrag vorliegt, wirft aufgrund ihrer Einzelfallbezogenheit (vgl RIS-Justiz RS0031183; RS0020338 [T10]) regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (RIS-Justiz RS0031183 [T5]).

Die Rechtsauffassung der Vorinstanzen ist jedenfalls vertretbar (vgl 5 Ob 99/87 = RIS-Justiz RS0069213 [T1]).

Die Revisionswerberin, die in ihren Ausführungen nicht immer vom festgestellten Sachverhalt ausgeht, stützt ihre Ansicht, es liege ein nicht kündigungsgeschützter Pachtvertrag vor, vor allem auf Vonkilch, Unterliegen Generalpachtverträge dem MRG? wobl 2003, 317 (vgl auch T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht § 1 MRG Rz 44 aE). Vonkilch meint, auf einen Generalpachtvertrag über ein ganzes Haus sei das MRG nicht (auch nicht analog) anzuwenden. Damit wäre aber noch nicht gesagt, dass ein Bestandvertrag über ein ganzes Haus jedenfalls ein Pachtvertrag ist. Schon aus § 2 Abs 1 MRG (vgl im Übrigen auch dessen letzten Satz) ergibt sich, dass ein Bestandnehmer „Mieter oder Pächter eines ganzen Hauses“ sein kann. Selbst aus dem hier so nicht festgestellten Umstand, dass der Bestandnehmer eines ganzen Hauses mit Wissen des Bestandgebers beabsichtigt, dieses an einen Dritten zu einem höheren Zins, als er selbst an den Bestandgeber bezahlen muss, weiterzuvermieten und so daraus Gewinn zu ziehen, könnte nicht schon für sich allein auf das Vorliegen eines Pachtvertrags geschlossen werden. Nach ständiger Rechtsprechung kann nämlich der Vermieter dem Mieter ausdrücklich oder konkludent das Recht zur Untervermietung auch zur Gewinnerzielung durch den Mieter einräumen, ohne dass sich an der Qualifizierung des Bestandvertrags als Mietvertrag und somit an der Anwendbarkeit der Kündigungsbestimmungen des MRG etwas ändern würde (vgl RIS-Justiz RS0070472). Warum bei Weitergabe eines ganzen Hauses Anderes gelten sollte, ist der Zulässigkeitsbeschwerde nicht zu entnehmen.

Stichworte