OGH 5Ob99/87

OGH5Ob99/8712.1.1988

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Marold als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr. Jensik, Dr. Zehetner, Dr. Klinger und Dr. Schwarz als Richter in der Mietrechtssache der Antragstellerin P*** K*** MBH, Wien 16.,

Liebhartsgasse 58, vertreten durch Dr. Hellmuth Boller und Dr. Günter Langhammer, Rechtsanwälte in Wien, wider die Antragsgegnerin Monika M***, Hauseigentümerin, Wien 9., Währinger Gürtel 170, vertreten durch Dr. Heinz Gerö, Rechtsanwalt in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Beschluß des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 13. Juli 1987, GZ 48 R 161/87-13, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Hernals vom 23. Dezember 1986, GZ 6 Msch 22/86 (nunmehr 6 Msch 37/87-6), unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben wurde, folgenden

Beschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Text

Begründung

Die Antragstellerin ist auf Grund des Mietvertrages vom 19. Dezember 1960 die alleinige Mieterin der der Antragsgegnerin gehörenden Liegenschaft EZ 492 KG Neulerchenfeld, bestehend aus dem Grundstück 129 Bauarea, mit dem Haus Wien 16., Liebhartsgasse 58. Das Haus weist einen Keller, ein Erdgeschoß, ein Stockwerk, einen Dachboden und einen Hof auf; im Erdgeschoß befinden sich ein Verkaufslokal mit Magazin, eine Wohnung sowie weitere Magazine und Nebenräume, im ersten Stock eine Wohnung und zwei große Magazine (siehe Punkt II des Mietvertrages).

Punkt III des Mietvertrages lautet: "Die Bestandgeberin haftet nicht für einen bestimmten Bauzustand, eine besondere Verwendungsfähigkeit oder sonstige besondere Eigenschaften des Vertragsobjektes bzw. der darin befindlichen Räumlichkeiten usw., vielmehr erklärt der Bestandnehmer, diese so übernehmen zu wollen, wie sie von ihm nach eingehendem Augenschein befunden wurden. Dem Bestandnehmer wird überdies für die gesamte Bestanddauer seitens der Bestandgeberin die Bewilligung zur Vornahme aller ihm zweckdienlich erscheinenden baulichen Veränderungen unter Einhaltung der bestehenden Gesetze und Vorschriften mit der Maßgabe erteilt, daß es als vereinbart gilt, daß dem Bestandnehmer am Ende des Bestandverhältnisses aus welchem Grund immer keinerlei Ansprüche auf Ablöse für solcherart gemachte Investitionen usw. zustehen."

Punkt VII des Mietvertrages lautet: "Der Bestandnehmer verpflichtet sich, das Bestandobjekt samt Zubehör pfleglich zu behandeln, alle anfallenden Reparaturen sofort aus eigenem und unter ausdrücklichem Verzicht auf Ersatz durch die Bestandgeberin unter Heranziehung befugter Gewerbsleute und unter Einhaltung aller bestehender Vorschriften durchführen zu lassen. Das gleiche gilt bezüglich der im Zeitpunkt der Übernahme des Bestandobjektes durch den Bestandnehmer allenfalls notwendigen Instandsetzungs- und sonstigen Adaptierungsarbeiten."

Es wurde ein wertgesicherter monatlicher Bestandzins von S 3.000,-- (ab 1. Februar 1961) bzw. S 4.000,-- (ab 1. Februar 1966) und die Tragung aller mit dem Besitz des Vertragsobjektes zusammenhängenden Nebenspesen wie Betriebskosten, Grundsteuer usw. (ausgenommen die Prämien für die Feuerversicherung) durch den Bestandnehmer vereinbart (Punkte IV und IX des Mietvertrages). Laut Punkt XIV des Mietvertrages herrschte zwischen den vertragschließenden Teilen Einvernehmen darüber, daß die Vertragsobjekte nicht nur Wohnzwecken des Bestandnehmers, sondern auch der Unterbringung seines Kartonagenerzeugungsbetriebes dienen sollten. Die Partein des gegenständlichen Verfahrens sind sich darin einig, daß das Bestandobjekt nunmehr ausschließlich oder zumindest (bedeutend) überwiegend der Unterbringung des Unternehmens der Antragstellerin dient (Ausführungen der Antragsgegnerin im Rekurs gegen den erstgerichtlichen Sachbeschluß sowie Ausführungen der Antragstellerin in der hiezu erstatteten Rekursbeantwortung: AS 18 und 23).

Mit rechtskräftigem Bescheid der MA 37 Baupolizei vom 12. Oktober 1981 wurde der Eigentümerin des Hauses Wien 16., Liebhartsgasse 58, aufgetragen, die an der rechten Grundstücksgrenze gelegene Feuermauer der Bauordnung für Wien entsprechend zu verputzen.

In dem am 16. Jänner 1986 bei der Schlichtungsstelle eingelangten Schriftsatz begehrte die Antragstellerin, gemäß § 6 MRG der Antragsgegnerin 1.) die Sanierung des Daches, 2.) die bauordnungsmäßige Herstellung der Feuermauer an der rechten Grundstücksgrenze, 3.) die Sanierung der Hauptgaszuleitung vom Zählerkasten zur Verbrauchsstelle, 4.) die Sanierung der Wasserleitung sowie 5.) die Sanierung der Fensterstöcke aufzutragen, wobei die unter 1.) bis 4.) angeführten Reparaturarbeiten gemäß § 3 Abs 3 Z 2 lit a bis c MRG vorweg durchzuführen seien. Die Antragsgegnerin bestritt die Zuständigkeit der Schlichtungsstelle unter Hinweis darauf, daß Gegenstand des Mietvertrages nicht einzelne Wohnungen bzw. Geschäftsräumlichkeiten seien, sondern die Liegenschaft als ganzes.

Die dem Antrag stattgebende Entscheidung der Schlichtungsstelle trat infolge rechtzeitiger Anrufung des Gerichtes durch die Antragsgegnerin außer Kraft.

Im gerichtlichen Verfahren beantragte die Antragsgegnerin die Abweisung des Antrages wegen Unanwendbarkeit des Mietrechtsgesetzes. Der Antragstellerin sei die gesamte Liegenschaft vermietet worden, die überdies ,icht zwei Wohneinheiten, sondern nur ein einheitliches Objekt umfasse. Die Antragstellerin habe ferner neben der Mietzinszahlung die Instandhaltung der gesamten Liegenschaft übernommen. Die Antragstellerin vertrat den Standpunkt, daß das gegenständliche Mietverhältnis dem Mietrechtsgesetz unterliege, dessen Bestimmungen über die Instandhaltungspflicht des Vermieters unabdingbar seien. Punkt VII des Mietvertrages betreffe außerdem nur die Instandsetzungsarbeiten innerhalb des Bestandobjektes. Das Erstgericht trug der Antragsgegnerin gemäß § 6 Abs 1 MRG auf, folgende zur Erhaltung des Hauses Wien 16., Liebhartsgasse 58, notwendigen Arbeiten durchführen zu lassen:

1.) Instandsetzung bzw. Erneuerung des Daches (einschließlich Flachdächer) - voraussichtliche Kosten: S 555.000,-- netto;

2.) Verputzen der Feuermauer an der rechten

Grundstücksgrenze - voraussichtliche Kosten: S 35.000,-- netto;

3.) Neuherstellung der Gasleitung - voraussichtliche Kosten:

S 70.000,-- netto;

4.) Erneuerung der gesamten Wasserleitung - voraussichtliche Kosten: S 33.000,-- netto;

5.) Instandsetzung der Fenster - voraussichtliche Kosten:

S 210.000,-- netto,

wobei die unter 1.) bis 4.) angeführten Reparaturarbeiten vorweg durchzuführende Arbeiten im Sinne des § 3 Abs 3 Z 2 lit a bis c MRG darstellen und binnen zwei Monaten ab Rechtskraft dieser Entscheidung, die unter 5.) angeführten Arbeiten binnen 4 Monaten ab Rechtskraft dieser Entscheidung durchzuführen sind. Rechtlich war das Erstgericht der Auffassung, daß die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes auf das gegenständliche Bestandverhältnis Anwendung fänden. Anhaltspunkte für das Vorliegen eines Ausnahmetatbestandes, insbesondere in Richtung des § 1 Abs 4 Z 2 MRG, seien nicht gegeben. Abgesehen davon, daß die Instandhaltungspflicht des Vermieters nach dem Mietrechtsgesetz ohendies nicht abdingbar sei, ergebe sich eine Verpflichtung der Antragstellerin zur Instandhaltung der gesamten Liegenschaft aus dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Mietvertrag ohnedies nicht. Die Antragstellerin habe lediglich die Instandhaltungsarbeiten innerhalb des Bestandobjektes vertraglich übernommen sowie notwendige Instandsetzungs- und Adaptierungsarbeiten, die im Zeitpunkt der Übernahme des Bestandobjektes durch die Bestandnehmerin bereits notwendig gewesen seien.

Das Rekursgericht hob den Sachbeschluß des Erstgerichtes auf und trug dem Erstgericht unter Rechtskraftvorbehalt eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Es führte aus:

Der Einwand der Antragsgegnerin, auf das vorliegende Bestandverhältnis seien die Bestimmungen des Mietrechtsgesetzes nicht anwendbar, sei nicht berechtigt. Das Argument der Antragsgegnerin, im vorliegenden Fall handle es sich überhaupt nicht um Raummiete, da eine gesamte Liegenschaft vermietet worden sei, habe der Oberste Gerichtshof in der auch vom Erstgericht zitierten Entscheidung MietSlg. 36.233/29 ausdrücklich abgelehnt. Ein Mietverhältnis falle auch dann in den Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes (§ 1 Abs 1 MRG), wenn Mietgegenstand eine Liegenschaft samt Garten mit darauf befindlichen Gebäuden sei, die aus mehreren selbständigen Wohnungen und sonstigen Räumlichkeiten bestünden. Damit sei aber geklärt, daß die Miete einer gesamten Liegenschaft samt darauf befindlichen Gebäuden, in denen sich Bestandräumlichkeiten befinden, als Raummiete im Sinne des § 1 Abs 1 MRG anzusehen sei und nicht, wie die Antragsgegnerin meine, als Grundstücksmiete. Daß die bloße Grundstücksmiete zu geschäftlichen Zwecken nicht unter den Schutz des Mietrechtsgesetzes falle, ergebe sich ohnedies hinreichend klar aus § 1 MRG (vgl. hiezu auch MietSlg. 36.235/28, wonach sogar die Miete eines Grundstückes mit darauf befindlichem Superädifikat, das Geschäftszwecken diene, vom Anwendungsbereich des § 1 Abs 1 MRG umfaßt werde). Das Erstgericht sei zwar zu Recht davon ausgegangen, daß die Erhaltungspflicht des Vermieters nach § 3 Abs 2 MRG eine unabdingbare Bestandgeberpflicht darstelle (vgl. Würth in Rummel, ABGB, Rz 3 zu § 3 MRG). Dabei sei jedoch übersehen worden, daß der hier zu beurteilende Bestandvertrag nicht im Geltungsbereich des Mietrechtsgesetzes, sondern bereits vor dem 1. Jänner 1982 abgeschlossen worden sei. Vor dem 1. Jänner 1982 zulässigerweise getroffene Vereinbarungen, wonach der Mieter unter Verzicht auf jeden Anspruch im Sinne der §§ 1096, 1097 ABGB die Instandhaltung des Hauses übernommen habe, seien aber mit dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes nicht wirkungslos geworden. Die Vorschriften der §§ 1096, 1097 ABGB stellten nämlich nachgiebiges Recht dar und sei die Rechtsprechung davon ausgegangen, daß die Übernahme von Instandhaltungsverpflichtungen durch den Mieter mangels Vorliegens gesetzlicher Zinsbeschränkungen zulässig gewesen sei. In der Vereinbarung, die Instandhaltungsverpflichtung des Vermieters zusätzlich zum ziffernmäßig bestimmten Mietzins zu übernehmen, habe nämlich die Rechtsprechung die Vereinbarung eines bestimmbaren Entgelts für die Zurverfügungstellung des Bestandgegenstandes gesehen. Daher sei diese Übernahme der Instandhaltungsverpflichtung als Mietzins qualifiziert worden (vgl. MietSlg. 36.538). Die Zulässigkeit der Vereinbarung über die Höhe des Mietzinses sei aber nach dem bei Vertragsabschluß geltenden Recht zu beurteilen. Bei Geschäftsräumen sei daher eine Prüfung des vereinbarten Mietzinses nach neuem Recht, auch nach § 16 Abs 1 MRG, nicht möglich (vgl. MietSlg. 35.311/19). Daher sei durch das Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes an sich eine im Zeitpunkt ihres Abschlusses gültige Vereinbarung des Mietzinses - hier in Form einer Instandhaltungspflicht - nicht berührt worden, sodaß davon auszugehen sei, daß eine wirksam übernommene Instandhaltungsverpflichtung des Mieters auch nach dem 1. Jänner 1982 weiterhin bestehe (vgl. MietSlg. 36.538). Aus den dargestellten Erwägungen habe die Rechtsprechung eine wirksame Überwälzung der Instandhaltungspflichten auf den Mieter nur bei freier Mietzinsbildung für zulässig erklärt (vgl. MietSlg. 31.185, 31.186, 35.167 ua).

Entgegen der Ansicht des Erstgerichtes sei dem zwischen den Parteien abgeschlossenen Bestandvertrag eine Übernahme der Pflicht zur Erhaltung des gesamten Hauses zu entnehmen. Die Rechtsprechung sei zwar davon ausgegangen, daß sich im Zweifel ein Ausschluß des § 1096 ABGB nach der Übung des redlichen Verkehrs nur auf Schäden beziehe, die innerhalb der Bestandräumlichkeiten entstanden seien, nicht jedoch auch auf Schäden, die außerhalb der Bestandräumlichkeiten entstanden seien. Nach dem Wortlaut des Punktes VII des Bestandvertrages habe sich aber die Antragstellerin verpflichtet, das gesamte Bestandobjekt instandzuhalten. Da die Antragstellerin die gesamte Liegenschaft gemietet habe, gehöre diesfalls zum Bestandobjekt der Antragstellerin nicht nur das Innere der Bestandräumlichkeiten, sondern eben die gesamte unter Punkt II des Bestandvertrages beschriebene Liegenschaft. In den vertraglichen Vereinbarungen sei festgehalten worden, daß diese Erhaltungspflicht sogar für Schäden gelten solle, die schon im Zeitpunkt der Übernahme des Bestandobjektes durch den Bestandnehmer vorhanden gewesen seien. Gleichzeitig habe die Bestandnehmerin im Punkt VII ausdrücklich auf Ersatz der Erhaltungskosten verzichtet. Nach den hier vorliegenden vertraglichen Vereinbarungen bestehe somit keine Möglichkeit, die beschriebene Zweifelsvorschrift anzuwenden und die Erhaltungspflicht nur auf das Innere der Bestandräumlichkeiten zu beziehen. Nun lasse sich aber die Frage, ob im Zeitpunkt des Abschlusses des gegenständlichen Bestandvertrages die Möglichkeit einer freien Mietzinsvereinbarung gegeben war, nach den bisherigen Verfahrensergebnissen nicht beurteilen. Eine freie Mietzinsvereinbarung sei im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages (1960) für ein Geschäftslokal dann möglich gewesen, wenn einer der Anwendungsfälle des § 16 Abs 2 MG unter der Voraussetzung des § 16 Abs 3 MG vorgelegen sei. Ansonsten sei die Mietzinsbildung nach dem gesetzlichen Mietzins des § 2 MG erfolgt. Das Erstgericht werde somit im fortgesetzten Verfahren zu prüfen haben, ob die gegenständliche Vermietung durch den Hauseigentümer vor Ablauf eines Jahres nach der Räumung durch den früheren Mieter erfolgt sei oder ob im Zeitpunkt des Abschlusses des hier vorliegenden Mietvertrages das Mietverhältnis zwischen den Streitteilen zuvor schon mindestens ein halbes Jahr bestanden habe. Liege einer dieser beiden Fälle vor, dann werde darüber hinaus zu prüfen sein, ob der Jahresfriedenszins 4.000 Kronen übersteige. Erst nach Klärung dieser Voraussetzungen werde sich verläßlich die Frage beantworten lassen, ob im Zeitpunkt des Abschlusses des gegenständlichen Mietvertrages überhaupt die Möglichkeit freier Mietzinsbildung und damit die Möglichkeit der Überwälzung der Instandhaltungsverpflichtung des Bestandgebers gegeben gewesen sei. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren die Gültigkeit der Vereinbarung über die Verschiebung der Instandhaltungspflicht ergeben, so werde davon auszugehen sein, daß der Antragstellerin eine Berechtigung zur Antragstellung nach § 6 MRG nicht zukomme. Dies müßte zur Abweisung des gegenständlichen Antrages führen. Wenn auch die Rechtsprechung davon ausgegangen sei, der Verzicht (etwa auf eine Mietzinserhöhung) könne nicht im außerstreitigen Verfahren, sondern nur im ordentlichen Rechtsweg geltend gemacht werden (vgl. dazu MietSlg. 36.582), so könne die dafür angewendete Argumentation doch nur in einem Verfahren herangezogen werden, in dem über eine Berechtigung bzw. Verpflichtung mehrerer Mieter eines Hauses zu entscheiden sei. Nur in einem solchen Fall könne der Verzicht eines Mieters oder der Verzicht gegenüber einem Mieter unbeachtlich bleiben. Dies könne aber dann nicht gelten, wenn - wie im vorliegenden Fall - überhaupt nur ein Bestandnehmer vorhanden sei, dessen materiellrechtliche Berechtigung infolge anderslautender vertraglicher Vereinbarung nicht gegeben sei. Dies habe für den konkreten Fall zur Folge, daß eine wirksame Übernahme der Verpflichtung zur Erhaltung des Hauses, somit ein Verzicht auf die Regelung der §§ 1096, 1097 ABGB, auch den Verlust des Rechtes zur Antragstellung nach § 6 MRG zur Folge haben müsse.

Sollte sich jedoch im fortgesetzten Verfahren ergeben, daß eine freie Mietzinsvereinbarung nicht möglich gewesen sei und dementsprechend auch eine Übernahme der Erhaltungsverpflichtung unwirksam wäre, werde das Erstgericht noch darauf hinzuwirken haben, daß durch die Antragstellerin die begehrten durchzuführenden Arbeiten derart konkretisiert würden, daß eine Exekutionsführung im Sinne des § 6 Abs 2 MRG möglich werde. Zu diesem Zweck werde angeregt, Kostenvoranschläge mit detaillierter Angabe der durchzuführenden Arbeiten zur Vorlage aufzutragen.

Der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof sei zu eröffnen gewesen, weil die Frage, ob ein wirksamer Verzicht auf die Bestimmungen der §§ 1096, 1097 ABGB auch einen Verzicht auf die Antragstellung nach § 6 MRG umfasse, von grundsätzlicher Bedeutung sei.

Gegen den Aufhebungsbeschluß des Rekursgerichtes richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, den angefochtenen Beschluß im Sinne der Bestätigung des erstgerichtlichen Sachbeschlusses abzuändern.

Die Antragsgegnerin beantragte in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zwar gemäß § 37 Abs 3 Z 18 MRG zulässig, er ist aber nicht berechtigt.

Vorweg ist festzuhalten, daß der Oberste Gerichtshof der übereinstimmenden Rechtsauffassung der Vorinstanzen beitritt, wonach das gegenständliche Mietverhältnis gemäß § 1 Abs 1 MRG den Bestimmungen des genannten Gesetzes unterliegt, und zwar - wie das Rekursgericht zutreffend ausführt - als Miete von Geschäftsräumlichkeiten (vgl. MietSlg. 38.323/7, 38.324 ua). Die Antragstellerin meint nun, daß die Pflicht zur Instandsetzung und Instandhaltung des gegenständlichen Mietobjektes nach dem klaren, eine andere Auslegung nicht zulassenden Gesetzeswortlaut (§ 43 Abs 1 MRG in Verbindung mit §§ 3 und 6 MRG) unabdingbar der Antragsgegnerin obliege. Bei der Instandsetzungs- und Instandhaltungspflicht, die der Bestandnehmer im Mietvertrag vom 19. Dezember 1960 ohne zeitliche Abstimmung derselben auf eine bestimmte Vertragsdauer übernommen habe, handle es sich nicht um einen Bestandteil des Mietzinses. Im übrigen sei der in Geld vereinbarte Mietzins (monatlich wertgesichert S 3.000,-- bzw. S 4.000,--) die angemessene Gegenleistung für die Überlassung des Gebrauches des gegenständlichen Mietobjektes; eine darüber hinausgehende Verpflichtung, die derzeit jedenfalls die Millionenhöhe erreicht habe, würde zu einem völlig irrealen Mißverhältnis (zwischen Leistung und Gegenleistung) führen, das überdies der Tendenz des Gesetzgebers (§ 16 a MRG in der Fassung der MRG-Novelle 1985) widerspräche. Dieser Argumentation ist nachstehendes entgegenzuhalten:

Der Vorschrift des § 43 Abs 1 MRG, wonach das erste Hauptstück des Mietrechtsgesetzes, insoweit im folgenden nichts anderes bestimmt ist, auch für Mietverträge gilt, die vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes geschlossen worden sind, ist zunächst nur die sich bereits aus § 5 ABGB ergebende Anordnung zu entnehmen, daß auf Mietverträge als Dauersachverhalte ab Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes dessen Bestimmungen auch dann anzuwenden sind, wenn derartige Verträge vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes geschlossen worden sind. Eine ausdrückliche Rückwirkungsanordnung in dem Sinn, daß vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes endgültig und abschließend verwirklichte Sachverhalte nach den Vorschriften dieses Gesetzes zu beurteilen seien, ergibt sich aus dieser Gesetzesstelle nicht (MietSlg. 38.287/5, 1 Ob 549/87 ua; vgl. ferner MietSlg. 38.295 ua). Selbst wenn man (im gegenständlichen Fall) nur die vertragliche Übernahme der laufenden Erhaltung des Mietgegenstandes (und - mangels Festlegung des Zeitraumes, für den die Übernahme dieser Arbeiten die Überlassung des Mietgegenstandes zum Gebrauch abgelten soll - nicht auch der im Zeitpunkt der Übernahme des Mietgegenstandes allenfalls notwendigen Instandsetzungs- und sonstigen Adaptierungsarbeiten) durch den Mieter als Bestandteil der nach der Rechtslage im Vereinbarungszeitpunkt zu beurteilenden Mietzinsvereinbarung beurteilen wollte (vgl. dazu einerseits Würth in Rummel, ABGB, Rz 17 zu §§ 1092 bis 1094 sowie MietSlg. 24.121/10, 28.110, 29.143, 31.175, 38.182 ua, andererseits MietSlg. 16.271, 22.309/6, 22.310/20, 22.311, 28.264, 29.291 ua; zwischen einmaligen und laufenden Gegenleistungen des Mieters nicht deutlich unterschieden bzw. eine eindeutige Festlegung des Zeitraumes, für den eine einmalige Leistung des Mieters die Überlassung des Gebrauches des Mietgegenstandes abgelten soll, nicht ausdrücklich verlangt wird in MietSlg. 27.155, 28.124, 31.186, 33.155, 36.538), wäre damit demnach für die Antragstellerin nichts gewonnen. Da die vertragliche Übernahme der im Zeitpunkt der Übernahme des Mietgegenstandes allenfalls notwendigen Instandsetzungs- und sonstigen Adaptierungsarbeiten durch den Mieter im Mietvertrag vom 19. Dezember 1960 ebenso einen vor dem Inkrafttreten des Mietrechtsgesetzes endgültig und abschließend verwirklichten Sachverhalt darstellt wie die (unstreitig als Mietzinsvereinbarung zu beurteilende) vertragliche Übernahme der während der Mietvertragsdauer (künftig) anfallenden Reparaturen, ist die Rechtswirksamkeit in beiden Fällen nach der im Zeitpunkt des Mietvertragsabschlusses geltenden Rechtslage zu beurteilen. Diese Rechtslage, wonach die Übernahme der Instandhaltungsverpflichtung durch den Mieter mangels Vorliegens gesetzlicher Zinsbeschränkungen wegen der Nachgiebigkeit der Vorschriften der §§ 1096, 1097 ABGB zulässig ist, wurde vom Rekursgericht in Übereinstimmung mit Lehre und Rechtsprechung zutreffend dargelegt (vgl. insbesondere WÜrth in Rummel, ABGB, Rz 1 zu § 1096 und MietSlg. 36.538). Daran hat auch die MRG-Novelle 1985 nichts geändert. Daß die zusätzlich zur Vereinbarung des in Geld zu entrichtenden Mietzinses übernommene Instandhaltungsverpflichtung des Mieters gegen andere als mietrechtliche Vorschriften (etwa gegen § 879 ABGB) verstieße, wurde von der Antragstellerin bisher nicht konkret genug behauptet. Gegen die zutreffenede Rechtsauffassung des Rekursgerichtes, daß der gegenständliche Antrag im Fall der Gültigkeit der Vereinbarung über die Überwälzung der Instandhaltungspflicht auf die Antragstellerin abzuweisen wäre, bringt die Antragstellerin im Revisionsrekurs nichts vor.

Es war daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen.

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