OGH 8Ob90/10h

OGH8Ob90/10h15.7.2011

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch den Hofrat Hon.‑Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner sowie die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Stadt W*****, vertreten durch Mag. DI Markus Petrowsky, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Ing. Mag. A***** R*****, vertreten durch Mag. Andreas Zach, Rechtsanwalt in Wien, wegen 6.640 EUR sA und Räumung (Streitwert: 7.640 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 15. Juni 2010, GZ 40 R 115/10y, 40 R 116/10w‑98, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 15. März 2010, GZ 48 C 173/05f‑89, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache an das Erstgericht zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung zurückverwiesen.

Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Entscheidungsgründe:

Am 30. 9. 1966 mietete der Vater des Beklagten eine Wohnung in einer von der Klägerin errichteten Wohnhausanlage. Zu einem nicht näher bestimmten Zeitpunkt vor 1993 (in den 1970er Jahren) wurde in dieser Wohnung eine Zentralheizung eingebaut.

Im April 1997 teilte der Beklagte der Klägerin den „Eintritt“ in den Mietvertrag seines Vaters über diese Wohnung mit. Die Klägerin antwortete dem Beklagten mit Schreiben vom 14. 5. 1997: „Zustimmung zum Eintritt in den Mietvertrag für die Wohnung … . Aufgrund der Anzeige vom 10. 4. 1997 erteilt die [Klägerin] die Zustimmung, dass [der Beklagte] nach dem bisherigen Hauptmieter … ab 1. Mai 1997 die Mietrechte an der oben angeführten Wohnung fortsetzt. … Für diese Wohnung im Ausmaß von 50 m² wird ab 1. Mai 1997 ein wertgesicherter Hauptmietzins von ATS 32,80 pro m² und Monat vorgeschrieben …“. Der Beklagte bezog die 50,33 m² große Wohnung am 21. 5. 1997.

Am 23. 4. 1999 leitete der Beklagte ein Schlichtungsstellenverfahren gegen die Klägerin ein, welches mit Sachbeschluss vom 1. 12. 2005 zusammengefasst damit endete, dass der von der Klägerin dem Beklagten vorgeschriebene wertgesicherte Hauptmietzins als zulässig und nicht unangemessen hoch erachtet wurde. Schon in diesem Verfahren brachte der Beklagte vor, er sei in die Mietrechte nach seinem Vater nicht eingetreten, weil schon seit längerer Zeit kein gemeinsamer Haushalt bestanden habe. Die Klägerin habe vertraglich ihre Zustimmung zum Eintritt in den ursprünglichen Mietvertrag erteilt. Im Schlichtungsstellenverfahren brachte der Beklagte auch vor, dass die Elektroinstallationen im Jahr 1997 nicht standardgemäß und gesundheitsschädlich gewesen seien. Deshalb und auch infolge undichter Fenster sei die Wohnung der Kategorie D zuzuordnen und unbrauchbar.

Die Elektroinstallationen in der Wohnung sind seit September 1966 mit Ausnahme von Zuleitungen zum Thermostat der in den 1970er Jahren eingebauten Gasheizung unverändert, sie entsprechen nicht dem aktuellen Stand der Technik. Ungeachtet des Einbaus der Zentralheizung wurden weder Schutzleiter nachgezogen, noch Steckdosen mit Schutzkontakt eingebaut. Die Leitungszuführung zu den Steckdosen ist mangelhaft, weil Zwillingsleitungen nicht in Putz verlegt werden dürfen und die gequetschte Einführung in die Dose nicht korrekt ist. Bei den Lichtauslässen fehlen Schutzleiter. Diese sind, solange nur Schutzklasse II-Leuchten angeschlossen werden, nicht notwendig. Teilweise sind in der Wohnung jedoch (Metall-)Leuchten der Schutzklasse I montiert, die einen Schutzleiteranschluss erfordern. Die Verrohrung der Leitungsanlage ist teilweise veraltet, der Leitungsschutz und die Leitungsquerschnitte sind sicherheitstechnisch ausreichend dimensioniert. Der Fehlerstrom-Schutzschalter ist funktionstüchtig, es liegt ein funktionierendes Erdungskonzept vor.

Die in der Wohnung vorhandene elektrische Anlage muss saniert werden, wobei neben der empfohlenen Modernisierung der Anlage das Nachziehen der Schutzleiter im Wohn- und Schlafzimmerbereich, der Einbau von Schutzkontakt-Steckdosen, der Ersatz der Zwillingsleitung durch konforme Leitungen mit korrekter Einführung sowie das Nachziehen von Schutzleitern bei den Lichtauslässen bzw als vorübergehende Maßnahme der Austausch der Schutzklasse I-Leuchten gegen schutzisolierte Leuchten erforderlich ist.

Von der elektrischen Anlage geht seit der Installation der Heizungsanlage aufgrund eines unwirksamen Fehlerschutzes im Wohn- und Schlafzimmerbereich Lebensgefahr aus. Es besteht weder Brand- noch Explosionsgefahr. An der vorhandenen Dreifach-Steckdose in der Küche können parallel ein Geschirrspüler, ein Tiefkühlschrank und ein Trockner betriebssicher und störungsfrei betrieben werden. Der Beklagte war durch die veraltete elektrische Anlage in der Benutzung der Wohnung nicht beeinträchtigt. Er benutzte einen Kühlschrank, einen Computer samt Scanner und Drucker, eine Waschmaschine, einen Staubsauger und einen Haarföhn ohne Probleme. Er holte am 10. 2. 2005 einen Kostenvoranschlag zur Erneuerung der elektrischen Anlage in der Wohnung ein, der dafür angemessene Kosten von 4.028,57 EUR brutto auswies. Der Beklagte ließ jedoch keine Arbeiten an der elektrischen Anlage in der Wohnung vornehmen.

Der Beklagte hat den gesamten ihm vorgeschriebenen Mietzins in Höhe von insgesamt 10.170 EUR für den Zeitraum Mai 1997 bis Dezember 2003 bezahlt. Ab Juli 2004 betrug der gesetzlich zulässige Hauptmietzins (als Ergebnis eines weiteren, vom Beklagten gegen die Klägerin eingeleiteten Schlichtungsstellenverfahrens) 132,87 EUR. Der Bruttomietzins betrug 249,68 EUR. Beginnend ab Oktober 2004 bezahlte der Beklagte monatlich lediglich 165 EUR an Mietzins. Die Klägerin teilte ihm daraufhin mit Schreiben vom 2. 12. 2004 mit, dass ein Mietzinsrückstand bestehe und forderte den Beklagten auf, diesen samt Anwaltskosten bis 20. 12. 2004 zu begleichen, widrigenfalls er mit Klage, Aufkündigung oder vorzeitiger Auflösung des Mietvertrags rechnen müsse. Auch im Jänner 2005 zahlte der Beklagte lediglich 165 EUR, ab Februar 2005 leistete er überhaupt keine Zahlungen mehr an die Klägerin. Am 8. 7. 2009 befand sich der Beklagte mit einem Gesamtbetrag von 11.899,76 EUR an Hauptmietzins, Betriebskosten und Umsatzsteuer unter Berücksichtigung von an ihn geleisteter Wohnbeihilfe in Rückstand.

Der Beklagte war als Vertragsbediensteter der Klägerin zunächst befristet vom 22. 1. 2001 bis 21. 2. 2002, danach ab 22. 1. 2003 auf unbestimmte Zeit beschäftigt. Das Dienstverhältnis unterlag der W***** Vertragsbedienstetenordnung, der Beklagte war dem W***** zugeteilt. Die Klägerin kündigte das Dienstverhältnis mit Schreiben vom 25. 9. 2003 zum 30. 11. 2003 auf. Die Kündigung wurde vom Vorgesetzten des Beklagten, dem damaligen Leiter der Dienststelle ausgesprochen. Der Beklagte leitete keine arbeitsrechtlichen Schritte gegen die Kündigung ein. Die Klägerin erklärte mit Schriftsatz vom 28. 2. 2008 aus anwaltlicher Vorsicht ausdrücklich, die ausgesprochene Kündigung des Beklagten für den Fall, dass das Gericht von einer fehlenden Vertretungsbefugnis auf ihrer Seite ausgehe, zu genehmigen.

Mit ihrer am 14. 3. 2005 eingelangten Klage begehrte die Klägerin die Zahlung von rückständigen Mietzinsen bis September 2004. Sie erklärte weiters die vorzeitige Vertragsauflösung gemäß § 1118 ABGB und begehrte die Räumung der Wohnung. Nach Ausdehnung des Zahlungsbegehrens (ON 39, ON 85 = AS 531) begehrt die Klägerin die Zahlung von 6.640 EUR an rückständigen Mietzinsen bezogen auf den Zeitraum Juli 2004 bis Juli 2009. Der Beklagte sei mit dem Mietzins in qualifizierten Rückstand geraten. Mängel habe er vor der Einleitung dieses Verfahrens niemals gerügt, erstmals habe er am 10. 2. 2005 einen Kostenvoranschlag betreffend die elektrische Anlage in der Wohnung eingeholt. Es sei Sache des Beklagten als Mieter gewesen, Mängel, die seine Sicherheit gefährden, zu beheben. Mangels Erhaltungspflicht der Klägerin bestehe kein Anspruch des Beklagten auf Mietzinsminderung.

Der Beklagte hielt dem im Wesentlichen entgegen, dass infolge der bestehenden Mängel - insbesondere der durch die mangelhafte elektrische Anlage bewirkten Lebensgefahr - ein Mietzinsminderungsanspruch auf Null ab Mai 1997 bestehe. Er habe die Mängel nicht gekannt, die Klägerin sei zu ihrer Behebung nicht bereit gewesen. Auf die Gefährlichkeit der elektrischen Anlage habe der Beklagte jedoch bereits in der Tagsatzung vom 16. 3. 2004 im ersten der beiden gegen die Klägerin geführten außerstreitigen Wohnrechtsverfahren hingewiesen. Im Weg der Aufrechnung hielt der Beklagte dem Klagebegehren einen Anspruch auf 11.226 EUR an zu viel bezahltem Hauptmietzins von Mai 1997 bis Dezember 2003 entgegen. Weiters bestehe aus seinem nicht rechtswirksam aufgelösten Dienstverhältnis zur Klägerin ein Gehaltsanspruch von zumindest 20.833,38 EUR. Für die Nachrüstung der elektrischen Anlage seien ihm Aufwendungen von 20.000 EUR entstanden.

Die Klägerin erwirkte eine einstweilige Verfügung, wonach der Beklagte verpflichtet war, ab 1. 5. 2005 bis 31. 12. 2005 einen einstweiligen Mietzins in Höhe von 150,87 EUR und ab 1. 1. 2006 in Höhe von 150,59 EUR zu bezahlen. Der Beklagte leistete auch hierauf keine Zahlungen, sodass für den Zeitraum 1. 5. 2005 bis 31. 12. 2006 ein Rückstand an einstweiligem Mietzins in Höhe von 1.798,48 EUR entstand. Ein von der Klägerin eingeleitetes Exekutionsverfahren blieb im Wesentlichen erfolglos.

Das Erstgericht sprach aus, dass die Klageforderung zu Recht, hingegen die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe. Es gab dem Zahlungs- und Räumungsbegehren statt. Ausgehend von den bereits eingangs im Wesentlichen wiedergegebenen Feststellungen führte es rechtlich aus, dass die Voraussetzungen für einen Eintritt des Beklagten in den Mietvertrag seines Vaters gemäß den §§ 12, 14 MRG nicht vorlagen. Das Schreiben der Klägerin vom 14. 5. 1997 sei ein Gegenangebot zur „Eintritts“erklärung des Beklagten gewesen, das der Beklagte angenommen habe. Es sei daher zwischen den Streitteilen konkludent ein Mietvertrag zu den im Schreiben der Klägerin vom 14. 5. 1997 genannten Konditionen vereinbart worden. Auf das Mietverhältnis der Streitteile sei § 16 Abs 1 MRG anwendbar, die Angemessenheit des vorgeschriebenen Mietzinses sei vom Beklagten nicht ausdrücklich bestritten worden. Zwischen den Parteien sei daher ein gesetzlich zulässiger Mietzins vereinbart worden. Die Betriebskostenabrechnung habe der Beklagte lediglich dahin bestritten, dass die Klägerin „Phantasiezahlen“ nenne. Ein Mietzinsminderungsanspruch stehe dem Beklagten nicht zu. Dass die Fenster undicht gewesen seien, habe das Verfahren nicht erwiesen. Von der Elektroanlage sei weder Brand- noch Explosionsgefahr ausgegangen, sodass eine Beseitigungspflicht der Klägerin nicht bestanden habe. Da der Beklagte im bedungenen Gebrauch der Wohnung im Übrigen nicht beeinträchtigt sei, stehe ihm keine Mietzinsminderung zu. Daher bestehe die im Zusammenhang mit zu viel bezahlten Mietzinsen geltend gemachte Gegenforderung nicht zu Recht. Aufrüstungskosten für die Elektroinstallationen seien dem Beklagten nicht entstanden, sodass auch die diesbezügliche Gegenforderung nicht zu Recht bestehe. Selbst wenn man von einem Vertretungsmangel anlässlich der Auflösung des Dienstverhältnisses des Beklagten zur Klägerin ausginge, hätte dies nicht die Nichtigkeit der Kündigung zur Folge. Diese sei überdies nachträglich von der Klägerin genehmigt worden, sodass die Kündigung wirksam sei, weshalb auch die Gegenforderung im Zusammenhang mit nicht bezahlten Bezügen für die Monate Dezember 2003 bis August 2004 nicht berechtigt sei. Die diesbezügliche Aufrechnungserklärung sei überdies erst nach Auflösung des Mietvertrags abgegeben worden, sodass sie die Wirkung dieser Auflösungserklärung nicht rückwirkend beseitige. Den Beklagten treffe am entstandenen Mietzinsrückstand ein grobes Verschulden. Er habe seit Februar 2005 keine Mietzinse bezahlt und beharre in rechthaberischer Weise auf seinem Standpunkt, in den Mietvertrag seines Vaters eingetreten zu sein. Er habe ungeachtet der rechtskräftigen einstweiligen Verfügung auch keinen einstweiligen Mietzins geleistet. Die Fällung eines Teilurteils iSd § 33 MRG sei daher nicht in Betracht gekommen.

Das Berufungsgericht gab der vom Beklagten gegen dieses Urteil erhobenen Berufung nicht Folge. Die Frage des Zustandekommens des Mietvertrags zwischen den Parteien habe das Erstgericht zutreffend beurteilt. Dass der vom Erstgericht (im Rahmen der Sachverhaltsfeststellungen) festgestellte Mietzinsrückstand höher als der eingeklagte Betrag sei, begründe keine Mangelhaftigkeit seiner Entscheidung. Feststellungen zu einzelnen Betriebskostenpositionen seien nicht erforderlich gewesen, weil die Klägerin die dem Beklagten im Rahmen der Jahrespauschalverrechnung vorgeschriebenen Betriebskostenpauschalen geltend gemacht habe; die Überprüfung einzelner Betriebskostenpositionen habe im außerstreitigen Verfahren zu erfolgen. Ungeachtet der festgestellten Lebensgefahr habe die elektrische Anlage nach den Feststellungen die Brauchbarkeit der Wohnung des Beklagten nicht beeinträchtigt, sodass kein Anspruch auf Mietzinsminderung gegeben sei. Ohne Bedeutung sei, in wessen Ingerenz die Sanierung der veralteten elektrischen Anlage der Wohnung falle. Der Einwand des Beklagten, die Kündigung seines Dienstverhältnisses sei sittenwidrig erfolgt, könne nichts daran ändern, dass die Kündigung dessen ungeachtet das Dienstverhältnis wirksam beendet habe, weshalb die Gegenforderung nicht zu Recht bestehe. Da den Beklagten, der seit Februar 2005 überhaupt keine Zahlungen mehr geleistet habe, am entstandenen Mietzinsrückstand ein grobes Verschulden treffe, habe das Erstgericht zu Recht von der Fällung eines Teilurteils Abstand genommen. Dass die behaupteten Mängel an der elektrischen Anlage keine Mietzinsminderung auf Null rechtfertigen könnten, habe auch dem Beklagten, der die Wohnung dauernd verwendet habe, einsichtig sein müssen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung zu lösen sei.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision des Beklagten.

Die Klägerin beantragt in der ihr freigestellten Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise, ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil der Oberste Gerichtshof die Rechtsauffassung des Berufungsgerichts zur Mietzinsminderung nicht teilt. Sie ist auch im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

1. Nach § 1096 Abs 1 ABGB steht eine Mietzinsminderung für die Dauer und in dem Maß der Unbrauchbarkeit zu, wenn das Bestandobjekt bei der Übergabe derart mangelhaft ist oder während der Bestandzeit ohne Schuld des Bestandnehmers derart mangelhaft wird, dass es zu dem bedungenen Gebrauch nicht (mehr) taugt ( Iro in KBB³ § 1096 Rz 9). Die Zinsminderung tritt kraft Gesetzes und ohne Rücksicht auf ein Verschulden des Bestandgebers ein (4 Ob 191/10g; Würth in Rummel , ABGB³ § 1096 Rz 10; Binder in Schwimann ABGB³ § 1096 Rz 97). § 1096 Abs 1 Satz 2 ABGB ist eine Vorschrift des Gewährleistungsrechts, die unabhängig von den Fristen des § 933 ABGB geltend gemacht werden kann und ex lege ab Beginn der Unbrauchbarkeit bzw Gebrauchsbeeinträchtigung des Bestandobjekts bis zu deren Behebung besteht (6 Ob 38/11y; 1 Ob 113/02b = SZ 2002/132 [verst Senat]; RIS-Justiz RS0021326, RS0107866). Ihre Anwendung setzt daher nach allgemeinen Grundsätzen voraus, dass die tatsächlich erbrachte von der vertraglich geschuldeten Leistung abweicht (vgl nur P. Bydlinski in KBB³ § 922 Rz 1 mwN; 4 Ob 191/10g).

2. Die Klägerin führt in der Revisionsbeantwortung aus, dass nach der erst kürzlich ergangenen Entscheidung 6 Ob 38/11y die Geltendmachung eines Mietzinsminderungsanspruchs eine Anzeige iSd § 1097 ABGB voraussetze. Dieser Aspekt der Entscheidung traf allerdings in der Lehre auf Kritik ( Vonkilch , Glosse zu 6 Ob 38/11, wobl 2011/36 , 140 ff; Pletzer , Keine Mietzinsminderung ohne Mangelanzeige, immolex 2011/48, 150). Eine nähere Auseinandersetzung damit kann im vorliegenden Fall unterbleiben. Abgesehen davon, dass der Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz vor dem Datum der Entscheidung 6 Ob 38/11y lag, sodass die Parteien gar keine Gelegenheit gehabt hatten, auf diese Rechtsauffassung des 6. Senats durch entsprechendes Vorbringen zu reagieren, ergibt sich ohnedies aus den Feststellungen, dass der Beklagte noch vor Einleitung dieses Verfahrens schon im ersten der beiden gegen die Klägerin geführten wohnrechtlichen Außerstreitverfahren (siehe in diesem Sinn auch das Protokoll 49 Msch 21/00d des Erstgerichts vom 16. 3. 2004, Beil ./14) geltend machte, dass die Elektroinstallationen im Jahr 1997 nicht standardgemäß gewesen seien. Da Mietzinsrückstände erst für einen Zeitraum ab Juli 2004 behauptet werden, kann darin ‑ so man der Rechtsauffassung des 6. Senats folgt - bezogen auf die Klageforderung im konkreten Fall eine ausreichende Anzeige iSd § 1097 ABGB gesehen werden (6 Ob 38/11y mH auf 1183 BlgNR 22. GP 41).

3. Maßstab für die Beurteilung, ob ein Mangel vorliegt, ist der Zweck des Mietvertrags. Es ist - nach allgemeinen Grundsätzen des Gewährleistungsrechts - daher zu fragen, ob die erbrachte Leistung objektiv von der vertraglich geschuldeten abweicht. Das subjektive Empfinden des Bestandnehmers ist hingegen entsprechend dem Ziel des Gewährleistungsrechts, die gestörte Äquivalenz wieder herzustellen, bedeutungslos ( Lovrek in Rummel 4 § 1096 Rz 31 [in Druck]; Vonkilch , Glosse zu 6 Ob 38/11y, wobl 2011/66; Pletzer , Keine Mietzinsminderung ohne Mangelanzeige, immolex 2011/48, 150; aA Prader , Keine Mietzinsminderung ohne Mangelanzeige, immolex 2011/48, 150 f). Entgegen der Ansicht von Prader/Pittl (Veraltete Elektroleitungen - Auswirkungen auf Mieteransprüche, Zak 2009/22, 23; ebenso Prader , Auswirkungen der Novellierung der Elektrotechnikverordnung 2002 auf Mietverhältnisse, Zak 2010/565, 327) muss daher der fehlende bedungene Gebrauch nicht zwingend auch merkbar sein. Dies zeigt sich gerade im vorliegenden Fall deutlich: Auch eine bisher unentdeckt gebliebene, objektiv aber dennoch gefährliche Benutzung der Wohnung kann zweifellos nicht der bedungenen vertraglichen Leistung (dem Zweck des Mietvertrags) entsprechen ( Pletzer , Erhaltungspflicht des Vermieters bei erheblicher Gesundheitsgefährdung, Zak 2011/153, 87). Aus dem Umstand allein, dass der Beklagte nach den Feststellungen in der Nutzung der Wohnung durch die veraltete elektrische Anlage nicht (merkbar) beeinträchtigt war, ergibt sich daher noch nicht die vom Berufungsgericht gezogene Schlussfolgerung, dass eine Mietzinsminderung schon aus diesem Grund ausscheide. Nicht einzustehen hat der Bestandgeber für solche Mängel, die objektiv zu keiner Gebrauchsbeeinträchtigung führen; hingegen grundsätzlich sehr wohl für Mängel, die zwar ‑ mangels Kenntnis des Bestandnehmers ‑ von diesem subjektiv nicht wahrgenommen wurden, aber an sich gebrauchsbeeinträchtigend sind (zB dem Mieter unbekannte, gesundheitsgefährdende Bleikonzentration im Trinkwasser). Die generelle Aussage, eine „gefährliche Elektroanlage“, die für den Mieter mangels Kenntnis vom Mangel „subjektiv nicht gespürt“ wurde, bewirke keine Zinsminderung (so Prader/Pittl , Zak 2009/22, 23; Prader , Zak 2010/565, 327) ist daher unzutreffend ( Lovrek in Rummel 4 § 1096 Rz 31 [in Druck]). Allerdings ist ‑ wie Lovrek (aaO) zutreffend ausführt ‑ auf Tatsachenebene die „Gefährlichkeit“ alter Elektroanlagen, die bekanntermaßen in Altbauwohnungen nach wie vor häufig anzutreffen sind, streng zu hinterfragen. Das Ausmaß einer dafür allenfalls zuzuerkennenden Zinsminderung hängt davon ab, inwiefern der Gebrauch, wäre die Mangelhaftigkeit bekannt gewesen, tatsächlich beeinträchtigt gewesen wäre. Liegt daher (so Lovrek aaO) etwa die Gebrauchsbeeinträchtigung nur darin, dass in Nassräumen keine Elektrogeräte (zB Föhn) verwendet werden dürfen bzw ‑ was im vorliegenden Fall eine wesentliche Rolle spielt ‑ bestimmte Stromverbraucher (zB Metalllampen) ungeeignet sind, wirkt sich diese Beeinträchtigung angesichts der Tatsache, dass ein Mieter das Objekt mit einer erkennbar alten Anlage mietete, unter Umständen überhaupt nicht zinsmindernd aus ( Lovrek aaO; Vonkilch aaO 142).

4. Vor diesem Hintergrund reichen die bisherigen Feststellungen der Vorinstanzen zur Beurteilung der Frage, ob überhaupt bzw wenn ja, in welcher Höhe, ein Mietzinsminderungsanspruch des Beklagten besteht, nicht aus:

Wie ausgeführt, ist auf der Tatsachenebene die „Gefährlichkeit“ alter elektrischer Anlagen - die bekanntermaßen in Altbauwohnungen nach wie vor häufig anzutreffen sind ‑ streng zu hinterfragen. Die bloße Feststellung des Erstgerichts, dass von der elektrischen Anlage „Lebensgefahr“ ausgeht, genügt daher in ihrer Allgemeinheit nicht, zumal zwar einerseits von Lebensgefahr die Rede ist, andererseits nach den weiteren Feststellungen der Beklagte durch die veraltete elektrische Anlage in der Benutzung der Wohnung nicht beeinträchtigt ist und überhaupt nicht ausgeführt wird, worin konkret ‑ allenfalls abgesehen von der in für zwei Räume thematisierten Verwendung von Metalllampen ‑ die Gefahr bestehen soll. Wie ausgeführt, ist für die Beurteilung des Ausmaßes einer allenfalls zustehenden Mietzinsminderung zu fragen, inwiefern der Gebrauch der Wohnung beeinträchtigt gewesen wäre, wäre dem Beklagten die Mangelhaftigkeit bekannt gewesen. So wurde etwa im Fall bleihältigen Trinkwassers ausgesprochen, dass sich das Ausmaß der Mietzinsminderung vermindern kann, wenn die Möglichkeit besteht, das Wasser vor der Entnahme eine Zeit lang laufen zu lassen, falls dadurch eine Reduktion des Bleigehalts auf ein die Gesundheit nicht gefährdendes Ausmaß sichergestellt werden kann (9 Ob 34/04x). Ähnlich kann aber auch - wie schon oben ausgeführt - argumentiert werden, wenn sich die mit einer veralteten elektrischen Anlage verbundene Gebrauchsbeeinträchtigung mit relativ einfachen Maßnahmen ausgleichen lässt (siehe die bereits oben angeführten Beispiele).

5. Es werden daher Feststellungen zu treffen sein, aus denen sich ergibt, worin genau die durch die veraltete Anlage bewirkten Beeinträchtigungen der Benutzung der Wohnung liegen, wodurch konkret die bestehende Lebensgefahr verwirklicht wird und ob bzw mit welchen Maßnahmen ihr begegnet werden kann. Nach den bisherigen (allerdings nicht wünschenswert deutlichen) Feststellungen liegt die Annahme nahe, dass - als Folge des Einbaus der Heizungsanlage - Lebensgefahr im Wohn- und Schlafzimmerbereich aufgrund eines unwirksamen Fehlerschutzes in diesen Räumen besteht, wobei es allerdings möglich ist, bis zu einer Sanierung der Anlage die Lebensgefahr durch das Austauschen von Schutzklasse I‑Leuchten gegen schutzisolierte Leuchten zu beseitigen. Allerdings geht aus den Feststellungen nicht hervor, ob insbesondere schon durch diese (offenbar ohne großen Aufwand durchführbare) Maßnahme die gesamte von der Anlage ausgehende Lebensgefahr gebannt werden könnte bzw ob damit allen Gebrauchsbeschränkungen begegnet ist.

6. Schon aus den oben angestellten Überlegungen ergibt sich, dass überdies auch dem Umstand Bedeutung zukommen kann, ob bzw in welchem Umfang dem Beklagten die Mängel der elektrischen Anlage bereits bei Abschluss des Mietvertrags bekannt waren.

Die Mietzinsminderung tritt dann nicht ein, wenn dem Mieter die (objektiven) Mängel des Mietgegenstands bei Vertragsabschluss bekannt waren und er den Vertrag dennoch geschlossen hat (6 Ob 59/00w = SZ 73/180; RIS‑Justiz RS0021408; RS0020799; zuletzt 4 Ob 191/10g). Der Beklagte brachte im Verfahren vor, dass die Gasetagenheizung „in den 1970er Jahren“ eingebaut wurde und weder Wohn- noch Schlafzimmer geerdet seien. Diese Mängel hätten seit 1966 bestanden. Ob aber der Beklagte über diese Informationen schon zum Zeitpunkt der Anmietung verfügte und ob er insbesondere über das Alter der elektrischen Anlage und über die daraus resultierenden Gebrauchsbeeinträchtigungen Kenntnis hatte bzw haben konnte, steht bisher nicht fest. Dazu ist zu beachten, dass der Beklagte ausdrücklich vorbrachte, dass ihm der Mietvertrag, den sein Vater 1966 mit der Klägerin abgeschlossen habe, bekannt gewesen sei.

7. Aus all diesen Gründen sind Verfahren und Feststellungen ergänzungsbedürftig. Erst aufgrund der noch zu treffenden konkreten Feststellungen wird beurteilt werden können, ob dem Beklagten überhaupt - bzw wenn ja, in welchem Umfang ‑ ein Mietzinsminderungsanspruch zusteht.

8. Sollte sich herausstellen, dass ein Mietzinsrückstand besteht, wird ferner zu prüfen sein, ob den Beklagten ein grobes Verschulden an einem solchen Rückstand trifft. Auch dazu kann mangels ausreichender Tatsachengrundlage derzeit noch nicht abschließend Stellung genommen werden, wenngleich es nur schwer vorstellbar ist, dass ein Bestandnehmer, der ‑ so die bisherigen Feststellungen ‑ eine Wohnung jahrelang ohne jegliche merkbare Beeinträchtigung nutzen kann, wirklich der Meinung sein darf, er brauche jahrelang überhaupt keinen Mietzins zahlen.

Im Übrigen ist zum Vorbringen der Parteien im Revisionsverfahren noch Folgendes auszuführen:

9. Auf das von der Klägerin in der Revisionsbeantwortung erstattete Vorbringen, dass der Beklagte vor Inkrafttreten der Wohnrechtsnovelle 2006 selbst verpflichtet gewesen wäre, allfällige seine Sicherheit gefährdende Mängel zu beheben, weil diese nicht in die Erhaltungspflicht des Vermieters fielen, kommt es zur Beurteilung des Mietzinsminderungsanspruchs nicht an. Das Mietverhältnis der Streitteile fällt, wie sich aus der Vorentscheidung des erkennenden Senats in diesem Verfahren 8 Ob 100/05x ergibt, mit den in § 45 Abs 5 MRG idF des 3. WÄG genannten Ausnahmen in den Vollanwendungsbereich des MRG. § 1096 ABGB blieb bereits durch § 3 Abs 1 letzter Satz MRG idF vor der WRN 2006 (BGBl I 2006/124) ausdrücklich unberührt (5 Ob 42/02s). Auch bei fehlender Erhaltungspflicht im Anwendungsbereich des § 3 MRG bleibt die Mietzinsminderung bei Gebrauchsbeeinträchtigung aufrecht (6 Ob 38/11y mwH; Riss in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.00 § 1096 Rz 21; dies gilt auch in Fällen, in denen weder den Vermieter noch den Mieter eine Erhaltungspflicht trifft, RIS‑Justiz RS0124630; RS0124632). Dass die Erhaltungspflicht vertraglich auf den Beklagten überwälzt worden wäre, wurde nicht einmal behauptet.

10. Dem Vorbringen in der Revision, wonach der Beklagte in den Mietvertrag seines Vaters eingetreten ist, sodass er im Jahr 1997 keinen neuen Mietvertrag abgeschlossen habe, ist die zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts entgegenzuhalten, auf die gemäß § 510 Abs 3 ZPO verwiesen werden kann. Sie entspricht auch den Ergebnissen des zwischen den Parteien geführten Vorverfahrens 5 Ob 214/07t.

11. Der Beklagte hat im gesamten Verfahren lediglich pauschal die Richtigkeit bzw Angemessenheit der geltend gemachten Betriebskosten, die nicht nachvollziehbar seien, bestritten. Dazu kann auf die zutreffende Rechtsansicht des Berufungsgerichts verwiesen werden, dass die Richtigkeit der Höhe einzelner Betriebskostenpositionen im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren gemäß § 37 Abs 1 Z 12 iVm § 21 MRG geltend zu machen ist. Diese Rechtsansicht wird vom Revisionswerber auch gar nicht bestritten. Seine erstmals in der Revision erhobene Behauptung, dass die von der Klägerin vorgenommene Jahrespauschalverrechnung unzulässig sei, muss schon wegen des Neuerungsverbots erfolglos bleiben.

12. Schließlich ist die rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts zutreffend, dass die bloße Tatsachenfeststellung eines höheren Mietzinsrückstands als geltend gemacht schon begrifflich keinen Verfahrensmangel darstellen kann (2 Ob 102/01s). Dass der Urteilsantrag überschritten worden wäre, hat der Beklagte gar nicht behauptet, sodass die in diesem Zusammenhang geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens nicht vorliegt.

13. Da mangels ausreichender Feststellungen über die Klageforderung noch nicht entschieden werden kann, ist es verfrüht, zu den geltend gemachten Gegenforderungen bereits jetzt Stellung zu nehmen.

Schon jetzt kann aber klargestellt werden, dass die vom Kläger aus seinem früheren Dienstverhältnis zur Klägerin geltend gemachte Gegenforderung nicht zu Recht besteht:

Der Beklagte hat gegen die zum 30. 11. 2003 ausgesprochene Kündigung seines Dienstverhältnisses mit der Klägerin unstrittig keine arbeitsrechtlichen Maßnahmen eingeleitet. Der die Leistungsbereitschaft des Dienstnehmers voraussetzende Anspruch auf Fortsetzung eines Dienstverhältnisses kann aber nicht zeitlich unbeschränkt geltend gemacht werden. Nach ständiger Rechtsprechung trifft den Arbeitnehmer die Obliegenheit, sein Recht (dessen Geltendmachung ihm freisteht), die Beendigungserklärung als unwirksam anzufechten, in angemessener Zeit geltend zu machen, können doch sonst dem Dienstgeber, der auf die Wirksamkeit der von ihm getroffenen Rechtsgestaltung (Kündigung) vertraut, Nachteile entstehen. Eine Verletzung dieser „Aufgriffsobliegenheit“ des Arbeitnehmers führt zum Verlust seiner Ansprüche (RIS‑Justiz RS0028233). Hier hat der Beklagte erst rund eineinhalb Jahre nach Ausspruch der Kündigung, noch dazu in einem Mietzins- und Räumungsverfahren und nur zur Begründung einer Gegenforderung, die Rechtsunwirksamkeit seiner Kündigung geltend gemacht. Schon deshalb erweist sich die Verneinung der aus dem Dienstverhältnis abgeleiteten Gegenforderung als zutreffend.

14. Der Revision war daher im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags Folge zu geben.

Der Kostenvorbehalt beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.

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