Spruch:
Dem Revisionsrekurs der Antragstellerin wird nicht Folge gegeben.
Text
Begründung
Die Antragstellerin ist Mieterin der Wohnung top Nr ***** im Haus ***** in*****, der Antragsgegner ist Vermieter dieser Wohnung. Infolge diverser Ausführungsmängel der elektrischen Anlage entspricht diese nicht den verbindlichen Anforderungen an einen unbedingt erforderlichen Mindestausstattungsumfang hinsichtlich der elektrischen Sicherheit, abgeleitet aus den ÖVE-Bestimmungen. Die Anlage beinhaltet ein erhebliches Gefahrenpotential. Ein plötzlich auftretender Fehler (Versagung der Basisisolierung) kann zu einer Gefährdung einer zufällig mit dieser Fehlerstelle in Berührung kommenden Person führen. Die elektrische Anlage der Wohnung ***** in ***** kann nur durch eine Neuinstallation in einen ungefährlichen Zustand versetzt werden, weil in sämtlichen Bereichen keine Schutzmaßnahmen vorhanden sind. Die Kosten dafür betragen S 42.093,80, die Bestanddauer ist mit 10 Jahren anzunehmen. Die Antragstellerin begehrt, dem Antragsgegner die Durchführung dieser Arbeiten als Erhaltungsarbeiten gemäß §§ 3 und 6 MRG aufzutragen.
Der Antragsgegner begehrt die Abweisung dieses Antrages mit der Begründung, die Instandhaltungspflicht an der elektrischen Anlage im Inneren der Wohnung treffe die Mieterin selbst. Es handle sich nicht um ernste Schäden des Hauses.
Antragsgemäß trug das Erstgericht dem Vermieter die Neuinstallation der elektrischen Anlage in der Wohnung der Antragstellerin binnen eines Monats mit der Begründung auf, durch den gegenwärtigen Zustand der elektrischen Anlage sei die Sicherheit von Personen gefährdet, was die Durchführung der Neuinstallierung gemäß § 3 Abs 3 Z 2b MRG in die Erhaltungspflicht des Vermieters verweise.
Einem dagegen erhobenen Rekurs gab das Gericht zweiter Instanz Folge und hob den angefochtenen Sachbeschluss auf, wobei es dem Erstgericht eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auftrug. Es komme entscheidend darauf an, ob der Zustand der elektrischen Anlage in der Wohnung der Mieterin einen ernsten Schaden des Hauses im Sinn des § 3 Abs 2 Z 2 MRG bewirke, was nur dann zu bejahen sei, wenn die Unterlassung der Reparaturarbeiten die Möglichkeit einer Brandgefahr bewirke. Dies sei noch durch Ergänzung des Sachverständigengutachtens zu klären.
Mangelhafte Elektroinstallationen bedingten nicht automatisch das Vorliegen eines ernsten Schadens des Hauses, sondern lediglich, unter Vorliegen sonstiger Voraussetzungen die allfällige Unbrauchbarkeit der Wohnung. Mangelnde Brauchbarkeit einer Wohnung sei jedoch nicht mit dem Vorliegen eines ernsten Schadens des Hauses gleichzusetzen. Ein erster Schaden des Hauses werde von der Judikatur etwa dann angenommen, wenn im Fall der Unterlassung der Reparaturarbeiten die Möglichkeit von Feuer-, Explosions- oder Wasserschäden bestehe (WoBl 1991/5 mwN). Es komme darauf an, ob ein Schaden die Bausubstanz des Hauses angreife, also den Bauzustand des Hauses verschlechtere und es in seinem Zustand gefährde.
Selbst dann, wenn der Mangel an der elektrischen Anlage einer Wohnung sicherheitsgefährdend sei, obliege die Erhaltungspflicht dem Mieter und nicht dem Vermieter, wenn dadurch kein ernster Schaden des Hauses, hier: keine Brandgefahr, verwirklicht werde. Die Argumentation des Erstgerichtes, die Erhaltungspflicht ergebe sich schon aus § 3 Abs 3 Z 2 lit b und c MRG sei unrichtig, bedeute doch diese Bestimmung nur, dass solche Arbeiten vorweg aufzutragen seien. Dies jedoch nur im Rahmen der dem Vermieter obliegenden Erhaltungsarbeiten.
Für die Frage der Erhaltungspflicht komme es auch weder auf die Ursache der Mängel noch auf allfälliges Verschulden des Mieters an. Sollte sich im fortgesetzten Verfahren ergeben, dass die Erhaltungspflicht aufgrund einer Brandgefahr dem Vermieter obliege, sei es auch ohne Bedeutung, ob Erhaltungspflichten vertraglich auf die Mieterin überwälzt worden wären. Dies sei nämlich insofern unwirksam (ÖWR E 28 zu § 3 MRG).
Das Rekursgericht erklärte den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof für zulässig, weil noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage der Erhaltungspflicht des Vermieters zur Beseitigung eines sicherheitsgefährdenden Mangels der Wohnungselektrik vorliege. Gegen diesen Beschluss richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinne einer Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichtes.
Der Antragsgegner beantragte, dem Revisionsrekurs nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist aus den vom Rekursgericht bezeichneten Gründen zulässig, er ist jedoch nicht berechtigt.
Die Antragstellerin wendet sich gegen die Rechtsansicht des Rekursgerichtes zum einen mit dem Argument, der festgestellte lebensgefährliche Zustand der elektrischen Anlage bewirke naturgemäß einen ernsten Schaden des Hauses, sodass die verfügte Aufhebung überflüssig sei. Im Weiteren argumentiert sie mit einem dem MRG nicht zu unterstellenden Wertungswiderspruch, wenn eine Erhaltungspflicht des Vermieters zwar für ernste Schäden des Hauses, nicht aber für Lebensgefahr der Mieter bejaht werde.
Das Rekursgericht hat die für die elektrische Anlage einer Wohnung sich aus den Bestimmungen des MRG ergebende Erhaltungspflicht des Vermieters einerseits, des Mieters andererseits zutreffend beurteilt. Arbeiten, die zur Erhaltung der Mietgegenstände des Hauses erforderlich sind, hat der Vermieter nur dann durchzuführen, wenn es sich um die Behebung von ernsten Schäden des Hauses handelt. Der zweite Fall des § 3 Abs 2 Z 2 MRG ist bei einem bestehenden Bestandverhältnis nicht maßgeblich. Diese Regelung findet ihre Entsprechung in § 8 Abs 1 MRG. Dort wird eine Wartungs- und Instandhaltungspflicht des Mieters an den für den Mietgegenstand bestimmten Einrichtungen wie etwa den Lichtleitungsanlagen normiert, soweit es sich nicht um die Behebung von ernsten Schäden des Hauses handelt. Im Fall des Bestehens von ernsten Schäden des Hauses hat der Hauptmieter dem Vermieter ohne Verzug Anzeige zu erstatten (vgl WoBl 1993/31 mit Anm Würth und Call; SZ 69/137).
Der Einfluss des Schadens auf die Brauchbarkeit eines Bestandobjektes ist für sich allein nicht ausschlaggebend (SZ 69/137 ua). Die Behebungspflicht im Inneren des Bestandgegenstandes ist dem Vermieter also nur insoweit zugewiesen, als der Schaden die Qualifikation "ernst" erfüllt, also nicht ohne geringen Aufwand jederzeit beseitigt werden kann (und schon deshalb die Brauchbarkeit des Bestandobjektes gar nicht beeinträchtigt: WoBl 1989/45 mwN) und es sich andererseits um einen Schaden des Hauses handelt, also um einen Mangel, der Auswirkungen auf den Bauzustand des Gebäudes hat. Zutreffend hat das Rekursgericht ausgeführt, dass dies dann zu bejahen ist, wenn im Fall der Unterlassung der Reparaturarbeiten die Möglichkeit von Feuer-, Explosions- und Wasserschäden besteht (WoBl 1991/5 mwN).
Entgegen der Ansicht der Revisionsrekurswerberin versteht sich letztere Qualität des Mangels keineswegs von selbst, wobei allerdings der Aufhebungsbegründung des Rekursgerichtes noch hinzuzufügen wäre, dass auch der Bestand einer Explosionsgefahr zu prüfen sein wird. Die Gefährdung der persönlichen Sicherheit des Bestandnehmers ist also für die Frage der Zuordnung der Erhaltungspflicht nach dem MRG nicht maßgeblich. Ob sich aus der Bestimmung des § 1096 ABGB, der durch § 3 MRG ausdrücklich unberührt bleibt (vgl § 3 Abs 1 letzter Satz MRG), etwas anderes ergibt, ist bei der vom Mieter gewählten Verfahrensart des § 37 MRG nicht zu prüfen, weshalb auch Fragen der Überwälzung von Instandhaltungspflichten auf sich beruhen können (vgl ÖWR E 28 zu § 3 MRG).
Zutreffend hat das Rekursgericht auch erkannt, dass die vom Erstgericht als Begründung seiner Rechtsmeinung angeführte Bestimmung des § 3 Abs 3 Z 2 MRG keine Zuordnung von Erhaltungspflichten vornimmt oder solche definiert, sondern nur eine Reihung der in § 3 Abs 1 und 2 MRG bezeichneten Arbeiten nach ihrer Dringlichkeit vornimmt, wenn die Kosten der Erhaltungsarbeiten weder aus Mietzinsreserve noch aus künftigen Mietzinseinnahmen gedeckt werden können. In einem solchen Fall wird auch der Gefährdung von Sicherheit von Personen durch die Privilegierung solcher Arbeiten Rechnung getragen.
Zusammengefasst gilt also, wie bereits Lenk in immolex 2001, 82 ausgeführt hat, dass die Erhaltungspflicht des Vermieters für die elektrische Anlage einer vermieteten Wohnung nur dann zu bejahen ist, wenn der bestehende Zustand einen ernsten Schaden des Hauses bewirkt. Ansonsten hat der Mieter gemäß § 8 Abs 1 MRG die elektrische Anlage so zu warten und instandzuhalten, dass weder dem Vermieter noch einem anderen Mieter daraus ein Nachteil entsteht.
Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.
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