OGH 3Nc10/11t

OGH3Nc10/11t17.6.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte Hon.-Prof. Dr. Neumayr und Dr. Roch als weitere Richter in der Ordinationssache der Antragstellerin E***** Entwicklungs- und Betriebsgesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Daniel Bräunlich Rechtsanwalt GmbH in Salzburg, gegen die Antragsgegnerin G***** S.p.A., *****, vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen Exekutionsführung nach § 355 EO, infolge Antrags nach § 28 JN den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Ordinationsantrag wird stattgegeben.

Für die Bewilligung und die Vollziehung der beabsichtigten Unterlassungsexekution wird das Bezirksgericht Salzburg als örtlich zuständiges Gericht bestimmt.

Text

Begründung

Die Antragstellerin, eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Österreich, hat nach den Antragsangaben gegen die Antragsgegnerin, eine Kapitalgesellschaft mit Sitz in Italien, einen Exekutionstitel erwirkt, mit dem dieser aufgetragen wurde, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs bestimmte vereinbarungswidrige Handlungen in Österreich zu unterlassen.

Nunmehr strebt die Antragstellerin die Unterlassungsexekution nach § 355 EO infolge Zuwiderhandelns der Verpflichteten gegen diese Unterlassungstitel an und begehrt die Bestimmung eines Exekutionsgerichts im Wege der Ordination. Zur Begründung verweist sie ua darauf, dass die Befugnis zur Festsetzung eines - im Exekutionstitel nicht aufgenommenen - Zwangsgelds nach der italienischen ZPO ausschließlich dem erkennenden Gericht eingeräumt worden sei, in Italien daher das sogenannte „astreinte“-System gelte. Daher stoße die Vollstreckung des österreichischen Unterlassungstitels in Italien auf erhebliche Schwierigkeiten, was durch ein (vorgelegtes) Rechtsgutachten italienischer Rechtsanwälte bescheinigt sei.

Die Verpflichtete erstattete - unaufgefordert - eine Äußerung zum Ordinationsantrag, in der sie sich dagegen aussprach.

Rechtliche Beurteilung

Der Ordinationsantrag ist berechtigt:

Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist eine Ordination auch in Exekutionssachen möglich, wenn bei einer Exekution die inländische Gerichtsbarkeit zu bejahen ist, es aber an einem örtlich zuständigen Gericht mangelt (RIS-Justiz RS0053178; Jakusch in Angst 2, § 3 EO Rz 18d; Seiser in Burgstaller/Deixler-Hübner, EO, § 18 Rz 7, je mwN). Für eine Unterlassungsexekution ist gemäß § 18 Z 4 zweiter Fall EO jenes Bezirksgericht zuständig, in dessen Sprengel die erste Exekutionshandlung, nämlich die Zustellung der Exekutionsbewilligung, zu bewirken ist. Wenn die verpflichtete Partei keinen Wohnort oder Sitz im Inland hat, fehlt es an einem Anknüpfungsgrund für die örtliche Zuständigkeit eines inländischen Gerichts.

Eine ausreichende Inlandsbeziehung für die Durchsetzung des Unterlassungsanspruchs ist grundsätzlich schon deshalb zu bejahen, wenn der Exekutionstitel ein Verbot bestimmter wettbewerbswidriger Handlungen in Österreich ausspricht und die Antragsgegnerin nach den Behauptungen der Antragstellerin weiterhin gegen das Unterlassungsgebot verstößt (RIS-Justiz RS0046154 [T7]). Die inländische Gerichtsbarkeit ist gegeben, wenn ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis nach einer Rechtsdurchsetzung im Inland gegeben ist (3 Ob 113/94 = SZ 68/81; RIS-Justiz RS0046320 [T5 und T9]), das dann anzunehmen ist, wenn die Rechtsverfolgung im Ausland iSd § 28 Abs 1 Z 2 JN unzumutbar wäre (3 Nc 8/11y mwN).

Dies wurde in Bezug auf die Durchsetzung einer auf Österreich bezogenen Unterlassungsverpflichtung gegen einen in Deutschland ansässigen Verpflichteten mehrmals mit der Begründung bejaht, dass deutsche Gerichte die (in Österreich nicht bekannte) Auferlegung eines Ordnungsgeldes durch das Titelgericht verlangen (3 Nc 4/04z; zuletzt 3 Nc 8/11y mwN; siehe auch Schack, Internationales Zivilverfahrensrecht5 [2010] Rz 1083). In der Entscheidung 3 Nc 104/02b (= AnwBl 2003, 223/7870) wurde ausführlich dargelegt, warum auf der Grundlage eines österreichischen Titels ein Unterlassungsexekutionsantrag in Frankreich und den Benelux-Staaten, die das Institut der (dem Gläubiger zufließenden) astreinte bzw dwangsom kennen, unzumutbar ist. Wieder andere Rechte entkleiden einen titulierten Unterlassungsanspruch der Vollstreckbarkeit und verweisen den Unterlassungsgläubiger für den Fall des Zuwiderhandelns ausschließlich auf Schadensliquidierung (Lindacher, Internationale Unterlassungsvollstreckung, in FS Hans Friedhelm Gaul [1997] 399 [402]).

Dem letztgenannten System folgt das italienische Recht in Art 2933 codice cilvile (c.c.) In dem mit Art 49 des Gesetzes Nr 69/2009 eingeführten Art 614bis codice di procedura civile (c.p.c.) wurde zusätzlich ein der astreinte entsprechendes Institut etabliert (siehe Grompe in Grenzüberschreitende Zwangsvollstreckung [2010] Rz 618). Sowohl die eine als auch die andere Rechtsgrundlage für die Führung einer Zwangsvollstreckung in Italien begründen ein besonderes Rechtsschutzbedürfnis nach einer unmittelbaren Rechtsdurchsetzung im Inland, weshalb die inländische Gerichtsbarkeit zu bejahen ist.

Im Hinblick auf den Ort, an dem die Unterlassungsverpflichtung schlagend wird, ist das Bezirksgericht Salzburg als zuständiges Gericht zu bestimmen.

Das Ordinationsverfahren ist grundsätzlich einseitig. Die Äußerung der Antragsgegnerin ist aber mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen.

Stichworte