OGH 14Os34/11y

OGH14Os34/11y24.5.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. Mai 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Michel in Gegenwart der Richeramtsanwärterin Mag. Vetter als Schriftführerin in der Strafsache gegen Boris V***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 20. September 2010, GZ 37 Hv 21/10f-91, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Rechtliche Beurteilung

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Boris V***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren und durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 24. Februar 2006 in Salzburg im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem abgesondert verfolgten und einem bislang unbekannten Mittäter mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz fremde bewegliche Sachen in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert, nämlich acht Gemälde, zahlreiche Uhren, Schmuck, zwei Nerzmäntel und andere im Urteil detailliert aufgezählte Gegenstände im Gesamtwert von etwa 940.000 Euro, Gerold und Irene I***** nach Aufzwängen der Terrassentüre deren Einfamilienhauses, sohin durch Einbruch, weggenommen, wobei er in der Absicht handelte, sich durch die wiederkehrende Begehung von schweren Diebstählen durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen.

Die dagegen aus den Gründen der Z 2, 3, 5 und 5a des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Der auf Z 2 gestützten Kritik an der Verlesung der Protokolle über die Vernehmung des Angeklagten durch die Untersuchungsrichterin und einen Kriminalbeamten in dem in der Schweiz gegen ihn geführten Verfahren ist zu erwidern, dass sich der Beschwerdeführer am Ende der Hauptverhandlung am 20. September 2010 mit der Verlesung sämtlicher Schriftstücke uneingeschränkt und somit selbst einen - nach dem unbestritten gebliebenen Hauptverhandlungsprotokoll aber niemals erfolgten - ursprünglichen Widerspruch widerrufend einverstanden erklärt hat (ON 90 S 14), weshalb er nunmehr zur Geltendmachung dieses Nichtigkeitsgrundes nicht legitimiert ist (RIS-Justiz RS0116040; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 191). Im Übrigen werden nach dem Gesetz ausdrücklich als nichtig bezeichnete Akte des Ermittlungsverfahrens, auf die alleine der Nichtigkeitsgrund der Z 2 abstellt (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 173 ff), nicht genannt. Da sich österreichische Gesetze nicht auf die Tätigkeit ausländischer Organe ohne Veranlassung österreichischer Strafverfolgungsorgane beziehen, scheidet eine solche als nichtig im Sinn der Z 2 zudem von vorneherein aus (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 182 mwN).

Soweit der Beschwerdeführer - verfehlt aus Z 2, weil diese nur auf Verfahrensverstöße, die im Ermittlungsverfahren stattgefunden haben, abstellt - gegen die unterlassene Abnahme der Hand- und Fußfessel während der Hauptverhandlung (nach dem darüber aufgenommenen Protokoll übrigens nur der Fußfessel [ON 90 S 2]) remonstriert, verkennt er, dass ein Verstoß gegen die Bestimmung des § 239 StPO keinen Nichtigkeitsgrund darstellt (Danek, WK-StPO § 239 Rz 10). Ein - allenfalls aus Z 4 relevanter - Antrag an das Schöffengericht, anders zu verfahren, wurde nicht gestellt (vgl dazu Ratz, WK-StPO § 281 Rz 195).

Der (ebenso verfehlt aus Z 2 erhobene) Vorwurf unterbliebener amtswegiger Überprüfung der am Tatort sichergestellten Schuhabdruckspuren (der Sache nach Z 5a) unterlässt die gebotene Darlegung, wodurch der Angeklagte an der Ausübung seines Rechtes, die Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war (RIS-Justiz RS0115823; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 480).

Gänzlich unverständlich ist die auf Z 3 gestützte Behauptung eines durch die oben angesprochene Verlesung des Protokolls über die Vernehmung des Angeklagten durch die schweizerische Untersuchungsrichterin (an Stelle der Vernehmung der damit befassten Richterin als Zeugin „im Rahmen einer Videokonferenz“) bewirkten Verstoßes gegen den „Unmittelbarkeitsgrundsatz“.

Sofern auch mit diesem Vorbringen unter Hinweis auf dieses Protokoll betreffende angebliche „Aktendifferenzen bzw Unstimmigkeiten“ nach Art einer Aufklärungsrüge (Z 5a) Mängel der Sachverhaltsermittlung aufgrund unterbliebener amtswegiger Vernehmung geltend gemacht werden sollen, wird erneut nicht behauptet, dass der Beschwerdeführer an entsprechender Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert gewesen wäre (vgl erneut RIS-Justiz RS0115823; Ratz, WK-StPO § 281 Rz 479 f).

Worin die behauptete Undeutlichkeit, Unvollständigkeit und Widersprüchlichkeit (Z 5 erster, zweiter und dritter Fall) liegen soll, wird mit dem bloßen Verweis der Mängelrüge auf das „Vorbringen der Ziffern 2, 3 und 5a“ nicht deutlich und bestimmt bezeichnet (§§ 285 Abs 1, 285a Z 2 StPO).

Auch die übrige auf Z 5 gestützte Argumentation entzieht sich einer meritorischen Erledigung, weil die Beschwerde einen Begründungsmangel im Sinn des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes gar nicht anspricht, sondern - ohne jede Bezugnahme auf konkrete Feststellungen - bloß eigenständige Überlegungen zum Beweiswert der Ergebnisse der Untersuchung einer am Tatort sichergestellten (dem Beschwerdeführer mit einer biostatistischen kombinierten Häufigkeit von 1 : 300 Mio zugeordneten) DNA-Spur anstellt und den beweiswürdigenden Überlegungen der Tatrichter eigene Hypothesen (wie etwa, es sei „unschlüssig“, dass die Täter innerhalb der „kurzen Zeit“ von sechs Stunden „den Schlüssel und den Code des Tresors gefunden haben sollten“ [vgl dazu im Übrigen US 2 f]) entgegenstellt und solcherart die erstgerichtliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung bekämpft.

Auch die Tatsachenrüge (Z 5a) verfehlt zur Gänze die Ausrichtung am Verfahrensrecht.

Mit Blick auf das - ungerügt gebliebene - Protokoll über die Hauptverhandlung, dem sich die Stellung (und demnach auch die Ablehnung) wie immer gearteter Anträge des Beschwerdeführers nicht entnehmen lässt, erweist sich zunächst der - verfehlt auf Z 5a gestützte - pauschale Vorwurf der Nichtzulassung nicht näher genannter Beweisanträge sowie der Unterlassung der Vernehmung des abgesondert verfolgten Mittäters Milovan Z***** als nicht nachvollziehbar. Sollte mit diesem Einwand erneut eine Verletzung der Pflicht des Gerichts zu amtswegiger Wahrheitsforschung angesprochen werden, verkennt die Beschwerde ein weiteres Mal die unter dem Aspekt der Sachverhaltsermittlung bestehende Subsidiarität des herangezogenen Nichtigkeitsgrundes gegenüber jenem der Z 4 (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 479).

Soweit sie im Folgenden Spekulationen dazu anstellt, ob Schmuck und Armbanduhren, die nach den Urteilsannahmen aus einem im Einfamilienhaus der Geschädigten aufgestellten Tresor gestohlen wurden, überhaupt in deren Eigentum standen, und auf Basis ausführlicher Berechnungen zum Fassungsvermögen dieses Tresors zum Ergebnis kommt, dass die Wertgegenstände dort keinen Platz gefunden hätten, strebt die Rüge der Sache nach eine Reduktion der Schadenshöhe an, ohne darzulegen, inwiefern diese mit Blick auf den die Qualifikationsgrenze des § 128 Abs 2 StGB bereits bei weitem übersteigenden Wert der übrigen (nicht im Tresor aufbewahrten) Diebsbeute (US 1 iVm 3 f) für die Lösung der Schuld- oder der Subsumtionsfrage entscheidend sein sollte.

Mit auch unter diesem Nichtigkeitsgrund angestellten spekulativen und bloß Teilaspekte der Beweisergebnisse berücksichtigenden Überlegungen zur nach dem Beschwerdestandpunkt fehlenden Eignung der aus der DNA-Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse, die Täterschaft des Angeklagten „mit der für das Strafverfahren erforderlichen Sicherheit“ zu erweisen, und der unsubstantiierten Behauptung, ein „gewerbsmäßiger und professioneller Einbrecher hinterlasse keinerlei DNA-Spuren“, zielt die Rüge ein weiteres Mal nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung bloß auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung außerhalb der von Z 5a erfassten Sonderfälle ab, ohne damit sich aus den Akten ergebende erhebliche Bedenken gegen die Richtigkeit der dem Ausspruch über die Schuld zugrunde liegenden entscheidenden Tatsachen zu erwecken (RIS-Justiz RS0118780, RS0119583, RS0119424).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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