OGH 6Ob67/10m

OGH6Ob67/10m16.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Firmenbuchsache der zu FN ***** eingetragenen S***** LTD mit dem Sitz in F***** und einer Zweigniederlassung in G*****, über den Revisionsrekurs der Gesellschaft, vertreten durch Schmidt und Horn Rechtsanwälte GmbH in Graz, gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 17. Februar 2010, GZ 4 R 184/09z-7, womit der Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 9. November 2009, GZ 50 Fr 3780/09h-4, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Beschlüsse der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die Fortsetzung des Eintragungsverfahrens unter Abstandnahme vom gebrauchten Abweisungsgrund aufgetragen.

Text

Begründung

In dem beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz geführten Firmenbuch ist unter FN ***** der ausländische Rechtsträger S***** LTD - eine private limited company nach englischem Recht - mit ihrer inländischen Zweigniederlassung in G***** und deren Tätigkeit „Unternehmensberatung“ eingetragen (s 6 Ob 124/99z SZ 73/121). Die Gesellschaft ist im Gesellschaftsregister für England und Wales im Companies House in Cardiff registriert; sie führt seit August 2009 den in diesem Gesellschaftsregister eingetragenen Namen „Academy of Business Consulting LTD“.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Eintragung der Firma „Academy of Business Consulting LTD“ mit der Begründung ab, die geänderte Firma sei iSd § 18 Abs 2 UGB täuschungsfähig. Abgesehen davon fehle es der nur aus Gattungsbezeichnungen zusammengesetzten Sachfirma an der nötigen Individualisierung und Unterscheidungs- bzw Kennzeichnungskraft.

Das Rekursgericht gab dem dagegen erhobenen Rekurs der Gesellschaft nicht Folge. Die Firma der inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft richte sich primär nach dem für die Gesellschaft selbst geltenden Recht. Gesellschaftsstatut sei das Gründungsstatut. Im Anwendungsbereich des Unionsrechts sei die Firmenbildung nach dem Recht des Gründungsstaats zu beurteilen. Im Weg der Sonderanknüpfung seien aber neben dem auf die ausländische Gesellschaft anzuwendenden Recht einige zentrale Grundsätze des inländischen Firmenrechts zu beachten. Dies gelte insbesondere für den Grundsatz der Firmenwahrheit nach § 18 Abs 2 UGB. Der Schutz vor unlauterem Wettbewerb und der Schutz der Verbraucher vor irreführenden Angaben von Unternehmen seien wichtige Güter, die eine Beschränkung der unionsrechtlichen Grundfreiheiten ermöglichten. Das Täuschungsverbot des § 18 Abs 2 UGB sei als Minimalgebot in allen Rechtsordnungen der Europäischen Union enthalten. Der englische Begriff „Academy“ werde in der Praxis als Bestandteil von Firmenwortlauten verwendet. Akademie sei ein rechtlich ungeschützter Begriff, der ein weites Spektrum von öffentlich geförderten und privaten Forschungs-, Lehr-, Bildungs- und Ausbildungseinrichtungen abdecke. Im Bereich der beruflichen Aus- und Fortbildung entstehe bei Verwendung des Begriffs „Academy“ oder „Akademie“ gewöhnlich der Eindruck einer öffentlich geförderten Einrichtung. Consulting (Unternehmensberatung) werde an Universitäten und Fachhochschulen als Studienschwerpunkt bzw Studienlehrgang angeboten. Schon aufgrund seiner Ähnlichkeit mit dem deutschen Begriff „Akademie“ sei davon auszugehen, dass der Begriff „Academy“ von den angesprochenen Verkehrskreisen auch in diesem Sinn verstanden werde. Wähle ein rein privatwirtschaftliches Unternehmen, dessen Tätigkeitsbereich die Unternehmensberatung sei, den Firmenzusatz „Academy“ bzw „Akademie“ im Zusammenhang mit einer beruflichen Tätigkeit als weiteren Firmenbestandteil, so bestehe die Gefahr, dass der falsche Eindruck erweckt werde, das Unternehmen biete vor allem Veranstaltungen zur Aus- und Fortbildung von Unternehmensberatern an. Die Tätigkeit der inländischen Zweigniederlassung der Gesellschaft sei aber die Unternehmensberatung und nicht die Ausbildung zum Unternehmensberater. Der Rechtsformzusatz Ltd (Limited) möge die Täuschungsgefahr zwar abschwächen, beseitige sie aber nicht. „Academy“ bzw „Akademie“ deute auf eine Einrichtung zur Fort- und Ausbildung, insbesondere auch auf eine Hochschule hin. Im Zusammenhang mit „business consulting“ werde der Eindruck erweckt, dass Veranstaltungen zur Aus- und Fortbildung von Unternehmensberatern angeboten werden. Ohne klarstellenden Zusatz, der darauf hinweise, dass es sich bei dem Unternehmen nicht um eine Einrichtung handle, die im Bereich der Aus- und Fortbildung, sondern selbst vorwiegend im Bereich der Unternehmungsberatung tätig sei, sei der ausschließlich aus Gattungsbegriffen bestehende Firmenwortlaut irreführend iSd § 18 Abs 2 UGB.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei, weil die Frage, ob eine Firma bestehend aus den Bestandteilen „academy of“, der Bezeichnung eines Berufs und dem Rechtsformzusatz für ein Unternehmen, das in diesem Beruf tätig sei, gegen das Irreführungsverbot des § 18 Abs 2 UGB verstoße, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Gesellschaft ist zulässig. Er ist auch berechtigt.

1. Abgeleitet aus der in Art 49 AEUV (ex-Art 43 EG) und Art 54 AEUV (ex-Art 48 EG) garantierten Niederlassungsfreiheit ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) die in einem Mitgliedstaat nach dessen Vorschriften wirksam gegründete Gesellschaft in einem anderen Mitgliedstaat - unabhängig von dem Ort des tatsächlichen Verwaltungssitzes - in der Rechtsform anzuerkennen, in der sie gegründet wurde (vgl EuGH 30. 9. 2003, Rs C-167/01 , Inspire Art, Slg 2003, I-10155 mwN; 6 Ob 124/99z SZ 72/121; RIS-Justiz RS0087052). Ihr Gesellschaftsstatut ist das Recht des Gründungsstaats (6 Ob 146/06y mwN).

2. Nach der in Österreich herrschenden Meinung richtet sich nach internationalem Privatrecht (§ 13 Abs 1 IPRG) die Firma einer Gesellschaft grundsätzlich nach dem Gesellschaftsstatut (Verschraegen in Rummel, ABGB³ § 13 IPRG Rz 11; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ §§ 107, 112 - 114 Rz 13; Ratka/Schenk in Straube, UGB I4 § 12 Rz 57; Zib in Zib/Dellinger, Großkomm UGB § 12 Rz 42; Kalss/Adensamer in Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften² § 20 Rz 45 je mwN). Da die Firma „Academy of Business Consulting Ltd“ im Gesellschaftsregister für England und Wales eingetragen wurde, begegnet sie nach englischem Recht offensichtlich keinen Bedenken.

3.1. Eine private company limited englischen Rechts ist einer Gesellschaft mbH äquivalent (6 Ob 124/99z; Ratka in Straube, GmbHG, §§ 107 - 114 Rz 55). Weder § 12 UGB noch die Spezialbestimmung § 107 GmbHG und auch nicht die Elfte gesellschaftsrechtliche Richtlinie 89/666/EWG über die Offenlegung von Zweigniederlassungen enthalten spezielle Anforderungen für die Bildung der Firma einer inländischen Zweigniederlassung einer ausländischen Gesellschaft (zur Richtlinie [Art 2 Abs 1 lit d] vgl Ratka/Schenk in Straube, UGB I4 § 12 Rz 57; Kalss/Adensamer in Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften² § 20 Rz 45; K. Schmidt in Lutter, Europäische Auslandsgesellschaften 15, 22; Zimmer in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB² § 17 Anh Rz 6 mwN). Nach der in Österreich herrschenden Meinung (Verschraegen in Rummel, ABGB³ § 13 IPRG Rz 11; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ §§ 107, 112 - 114 Rz 13; Ratka/Schenk in Straube, UGB I4 § 12 Rz 57; Kalss/Adensamer in Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften² § 20 Rz 45; Zib in Zib/Dellinger, UGB § 12 Rz 42 je mwN) richtet sich die Firmenbildung auch in diesem Fall zunächst nach dem Gesellschaftsstatut, kommt doch einer in Österreich gelegenen Zweigniederlassung nach dem für diese Frage maßgeblichen österreichischen Recht keine Rechtsfähigkeit zu (6 Ob 146/06y mwN; 3 Ob 64/95 SZ 68/181; Ratka/Schenk in Straube, UGB I4 § 12 Rz 30 mwN), sodass sie vom einheitlichen Gesellschaftsstatut erfasst wird (vgl Koch in Großkomm HGB5 § 13d Rz 23 mwN).

3.2. Trotz der grundsätzlichen Maßgeblichkeit des jeweiligen ausländischen Firmenrechts sind nach herrschender Lehre im Weg einer international-privatrechtlichen Sonderanknüpfung zentrale Grundsätze österreichischen Firmenrechts zu beachten, namentlich der Grundsatz der Firmenwahrheit (das Irreführungsverbot) aus § 18 Abs 2 UGB und der - im Anlassfall nicht relevante - Grundsatz der Firmenunterscheidbarkeit nach § 29 UGB (Verschraegen in Rummel, ABGB³ § 13 IPRG Rz 11; Koppensteiner/Rüffler, GmbHG³ §§ 107, 112 - 114 Rz 13; Ratka/Schenk in Straube, UGB I4 § 12 Rz 57 je mwN; Engljähringer, Die Zweigniederlassung im Handelsrecht in Schuhmacher/Gruber, Rechtsfragen der Zweigniederlassung 69; Jabornegg in Jabornegg/Strasser, AktG5 § 254 Rz 8 mwN; Kalss/Adensamer in Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften² § 20 Rz 45; Zib in Zib/Dellinger, UGB § 12 Rz 42; vgl Schuhmacher/Fuchs in Straube, UGB I4 vor § 17 Rz 49). Nach anderer Ansicht ist das Sitzrecht der Zweigniederlassung für die Beurteilung der Zulässigkeit ihrer Firma maßgeblich (Schuhmacher/Fuchs in Straube, UGB I4 vor § 17 Rz 55 unter Berufung auf den Grundsatz der stärksten Beziehung [§ 1 IPRG]; Burgstaller/Pilgerstorfer in Jabornegg/Artmann, UGB I² § 12 Rz 24; vgl Kegel/Schurig, IPR9 608; Zimmer in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB² § 17 Anh Rz 6 mwN).

4.1. Eine Stellungnahme zur Frage, welche Kollisionsnorm zutrifft, ist nicht notwendig. Geht es nämlich - wie im zu entscheidenden Fall - um eine Gesellschaft, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union gegründet wurde, ist bei der Anwendung österreichischer Firmenrechtsgrundsätze die - als unmittelbar anwendbares Unionsrecht (EuGH 27. 9. 1988, Rs 81/87 , Slg 1988, 5483, Daily Mail, Rz 15 ua) - durch Art 49 und Art 54 AEUV gewährleistete unionsrechtliche Freiheit der Niederlassung einer Gesellschaft (auch in der Form von Zweigniederlassungen oder von Tochtergesellschaften [Art 49 Abs 1 Satz 2 AEUV]) zu beachten. Diese verbietet nicht nur Diskriminierungen von natürlichen Personen und Gesellschaften. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind auch sonstige nationale Maßnahmen, die die Ausübung der durch den AEU-Vertrag garantierten Grundfreiheiten behindern oder weniger attraktiv machen können, nur unter vier engen Voraussetzungen gerechtfertigt: Sie müssen in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, aus zwingenden Gründen des Allgemeininteresses gerechtfertigt sein sowie zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet sein, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist (zB EuGH 30. 9. 2003, Rs C-167/01 , Inspire Art, Slg 2003, I-10155 Rz 133 mwN; vgl 6 Ob 211/03b).

4.2. Die Verweigerung der Möglichkeit, von einer Niederlassung aus unter der Ursprungsfirma aktiv zu werden, ist nach zutreffender Ansicht als eine so intensive Einschränkung der Betätigungsmöglichkeit anzusehen, dass die Errichtung einer Zweigniederlassung als solche betroffen ist (Zimmer in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB² § 17 Anh Rz 15; Kalss/Adensamer in Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften² § 20 Rz 46; Schuhmacher/Fuchs in Straube, UGB I4 vor § 17 Rz 51). Deshalb muss unter dem Gesichtspunkt der europarechtlichen Niederlassungsfreiheit die im Gründungsstaat zulässig gebildete Firma einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft grundsätzlich unverändert und ohne Zusätze auch für im Inland errichtete Zweigniederlassungen verwendet werden dürfen (Schuhmacher/Fuchs in Straube, UGB I4 vor § 17 Rz 51; Burgstaller/Pilgerstorfer in Jabornegg/Artmann, UGB I² § 12 Rz 24; Zimmer in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB² § 17 Anh Rz 12 und 14 mwN; Krafka in HGB² § 13d Rz 18; Heidinger in MünchKomm HGB² vor § 17 Rz 97; Eidenmüller/Rehm, Niederlassungsfreiheit versus Schutz des inländischen Rechtsverkehrs: Konturen des Europäischen Internationalen Gesellschaftsrechts, ZGR 2004, 159, 183; weitergehend wohl Jung in Schwarze, EU-Kommentar² Art 48 EGV Rz 43, der gestützt auf Art 2 Abs 1 lit d RL 89/666/EWG vertritt, dass aus Gründen des nationalen Firmenrechts die Eintragung der Zweigniederlassung unter einer Firma, die mit der nach dem Recht eines Mitgliedstaats korrekt gebildeten Firma der Gesellschaft übereinstimmt, nicht verweigert werden darf. Art 2 Abs 1 lit d RL 89/666/EWG erstreckt die Pflicht zur Offenlegung auf die Firma und die Rechtsform der Gesellschaft sowie die Firma der Zweigniederlassung, sofern diese nicht mit der Firma der Gesellschaft übereinstimmt).

4.3. Beschränkungen des (aus der Niederlassungsfreiheit abgeleiteten) Rechts, eine in einem Mitgliedstaat zulässige Firma auch im Inland zu gebrauchen, durch nationale Firmenrechtsgrundsätze können der Rechtsprechung des EuGH entsprechend nur unter den zuvor genannten vier engen Voraussetzungen gerechtfertigt sein. Nach der Rechtsprechung des EuGH sind etwa inländische Vorschriften über das Mindestkapital nicht mit dem Gläubigerschutz als zwingendem Allgemeininteresse rechtfertigbar, sind doch die Gläubiger der ausländischen Gesellschaft hinreichend darüber unterrichtet, dass sie anderen Rechtsvorschriften als jenen unterliegt, die das Mindestkapital einer äquivalenten inländischen Gesellschaft regeln; der ausländische Gesellschaftszusatz reicht aus, um einen - potentiellen - Gläubiger zur Einholung weitergehender Informationen zu veranlassen (EuGH 30. 9. 2003, Rs C-167/01 , Inspire Art, Slg 2003, I-10155 Rz 135 mwN; „Informationsmodell“). Eine nationale Vorschrift, die die Verwendung einer Geschäftsbezeichnung als besondere Unternehmensbezeichnung zum Schutz des Inhabers einer Geschäftsbezeichnung vor Verwechslungen verbietet, ist nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls zum Schutz des gewerblichen und kommerziellen Eigentums gerechtfertigt (EuGH 11. 5. 1999, Rs C-255/97 , Slg 1999, I-2835, Pfeiffer, Rz 21, zu § 9 Abs 1 und 3 UWG [alt]). Als zwingendes Allgemeininteresse, dessen Schutz im vorliegenden Zusammenhang relevant ist, kommt der Verkehrsschutz (Schutz der Lauterkeit des Handelsverkehrs) in Betracht (vgl Urteil Inspire Art Rz 140; Behrens in Ulmer, Großkomm GmbHG I Einl B Rz 12 mwN). Es ist ferner für die Anwendung der Vorschriften über die Niederlassungsfreiheit ohne Bedeutung, dass eine Gesellschaft in einem Mitgliedstaat nur errichtet wurde, um sich in einem zweiten Mitgliedstaat niederzulassen, in dem die Geschäftstätigkeit im Wesentlichen oder ausschließlich ausgeübt wird (Urteil Inspire Art Rz 95 mwN). Der Gerichtshof hat auch entschieden, dass der Umstand, dass eine Gesellschaft in einem Mitgliedstaat nur gegründet wurde, um in den Genuss vorteilhafterer Rechtsvorschriften - zB bezüglich eines Mindestkapitals - zu kommen, keinen Missbrauch darstellt (Urteil Inspire Art Rz 96 mwN und Rz 98).

5. Bei der Auslegung und Konkretisierung des § 18 Abs 1 und 2 UGB ist demnach die Bedeutung der Niederlassungsfreiheit zu berücksichtigen (Zimmer in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB² § 17 Anh Rz 12 und § 18 Rz 39; Heidinger in MünchKomm HGB² vor § 17 Rz 76 ff; vgl Schuhmacher/Fuchs in Straube, UGB I4 § 18 Rz 30). Demnach verstieße die im Gründungsstaat zulässig gebildete Firma einer nach dem Recht eines Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaft gegen das Irreführungsverbot, wenn das nationale Regelungsinteresse am Schutz des inländischen Rechtsverkehrs das unionsrechtliche Interesse an freier und unbehinderter Niederlassung überwiegt und sich insbesondere keine milderen Mittel finden lassen, um eine Gefährdung des Rechtsverkehrs zu beseitigen (Zimmer in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB² § 17 Anh Rz 12).

6. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen ist die Firma des englischen Rechtsträgers „Academy of Business Consulting Ltd“ als Firma seiner inländischen Zweigniederlassung bei der gebotenen europarechtskonformen Auslegung nicht wegen eines Verstoßes gegen § 18 Abs 1 und 2 UGB unzulässig. § 18 UGB bezieht sich auch auf die geänderte Firma (6 Ob 133/09s mwN).

7.1. Nach § 18 Abs 1 UGB muss die Firma zur Kennzeichnung des Unternehmens geeignet sein und Unterscheidungskraft besitzen. Soweit Aussprechbarkeit gewährleistet ist, können auch fremdsprachige Worte zur Firmenbildung verwendet werden (vgl 6 Ob 242/08v; 6 Ob 218/07p; Ratka/Schenk in Straube, UGB I4 § 12 Rz 57; Herda in Jabornegg/Artmann, UGB I² § 18 Rz 14 je mwN). Sie müssen daher in lateinischen Buchstaben geschrieben werden, um zur Kennzeichnung geeignet zu sein. Dies gilt auch für ausländische Rechtsträger, die in das Firmenbuch einzutragen sind (Ratka/Schenk in Straube, UGB I4 § 12 Rz 57).

7.2. Nach einem Teil des deutschen Schrifttums sind Firmen von nach dem Recht eines anderen Mitgliedstaats gegründeten Gesellschaften inhaltlich nicht an den Anforderungen an Kennzeichnungseignung und Unterscheidungskraft nach § 18 Abs 1 dHGB (der § 18 Abs 1 UGB entspricht) zu messen (Zimmer in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB² § 17 Anh Rz 15; Heidinger in MünchKomm HGB² vor § 17 Rz 76; vgl K. Schmidt in Lutter, Europäische Auslandsgesellschaften, 29 - 32 aA zB Mankowski/Knöfel in Hirte/Bücker, Grenzüberschreitende Gesellschaften² § 13 Rz 71 mwN; Lamsa, Allgemeinbegriffe in der Firma einer inländischen Zweigniederlassung einer EU-Auslandsgesellschaft, IPRAX 2008, 239). Zu dieser Frage muss hier nicht abschließend Stellung genommen werden.

7.3. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu § 18 Abs 1 UGB sind reine Gattungsbezeichnungen oder Branchenangaben als - abgesehen von einem allenfalls erforderlichen Rechtsformzusatz - alleiniger Firmenbestandteil mangels Individualisierungswirkung zur Kennzeichnung nicht geeignet und daher unzulässig. Die Unzulässigkeit derartiger Angaben wird auch auf die Verletzung des Freihaltebedürfnisses des Rechtsverkehrs gegründet (6 Ob 133/09s; 6 Ob 188/07a je mwN). An Unterscheidungskraft fehlt es reinen Sach- und Gattungsbezeichnungen, aber auch bloß geschäftlichen Bezeichnungen, solange sie nicht Verkehrsgeltung erlangt haben, an die bei einem entsprechenden Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit allerdings hohe Anforderungen zu stellen sind, weil solchen Bezeichnungen ohne Verkehrsgeltung die zur Bejahung der Unterscheidungskraft hinreichende generelle und abstrakte Individualisierungseignung mangelt (6 Ob 133/09s; 6 Ob 188/07a je mwN). Der gleiche Maßstab an die Unterscheidungskraft ist grundsätzlich auch an eine Kombination derartig allgemein gehaltener Elemente anzulegen (6 Ob 133/09s; Canaris, Handelsrecht24 § 10 III Rz 22). Dies gilt auch, wenn die betreffende Bezeichnung fremdsprachig ist und sich leicht übersetzen lässt oder gar im Inland von einem durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer verstanden wird (Canaris, Handelsrecht24 § 10 III Rz 22; vgl 6 Ob 242/08v). Bei zusammengesetzten Firmenwortlauten entscheidet der Gesamteindruck, nicht eine zergliedernde Betrachtung (6 Ob 133/09s; 6 Ob 188/07a je mwN).

7.4. Gemessen an diesen Maßstäben des österreichischen Rechts mag der zur Eintragung angemeldeten, aus englischen, in Österreich einem durchschnittlichen Verkehrsteilnehmer verständlichen reinen, Art und Gegenstand des Unternehmens beschreibenden Sach- und Gattungsbezeichnungen gebildeten Firma für die Zweigniederlassung der Rechtsmittelwerberin die Unterscheidungskraft fehlen. Zu verneinen ist aber, wie die Rechtsmittelwerberin geltend macht, ein zwingender Grund des Allgemeininteresses daran, die Benützung der Firma gerade in ihrer für die Beurteilung maßgeblichen konkreten Zusammensetzung aus diesen englischen Bezeichnungen für die Zweigniederlassung zu verweigern. Im Gegensatz zu einer einzelnen verwendeten Sach- und Gattungsbezeichnung ermöglicht die Kombination dieser Begriffe zum einen die Unterscheidung von Firmen anderer Rechtsträger in der gleichen Branche. Zum anderen besteht kein Bedürfnis, die konkrete Verbindung englischer Begriffe im Inland firmenrechtlich freizuhalten. Dritte können nämlich entsprechende Begriffe der deutschen Sprache in zulässiger Weise zur Firmenbildung verwenden.

8.1. Gemäß § 18 Abs 2 Satz 1 UGB darf die Firma keine Angaben enthalten, die geeignet sind, über geschäftliche Verhältnisse, die für die angesprochenen Verkehrskreise wesentlich sind, irrezuführen. Das Irreführungsverbot ist Ausdruck des Prinzips der Firmenwahrheit, der als Teil des Firmenordnungsrechts in erster Linie dem Schutz des Verkehrs dient (6 Ob 242/08v mwN).

8.2 Die Bestimmung entspricht § 18 Abs 2 Satz 1 dHGB idF der HGB-Reform 1998, an dem sich der Gesetzgeber des HaRÄG 2005, BGBl I 2005/120, orientierte (vgl ErläutRV 1058 BlgNR 22. GP zu § 18, abgedruckt in Krejci, RK UGB § 18), sodass die für die Errichtung der Wesentlichkeitsschwelle in der deutschen Bestimmung ergangene Begründung des Gesetzesentwurfs der Bundesregierung, BR-Drucks 340/97, 53, für die Auslegung von Bedeutung ist (vgl 6 Ob 242/08v; Dehn in Krejci, RK UGB § 18 Rz 35; Schuhmacher/Fuchs, wbl 2009/181, 412 [EAN]). Das Kriterium der Wesentlichkeit soll sicherstellen, dass nicht auch solche Angaben als zur Irreführung geeignet angesehen werden und damit einer Eintragung entgegenstehen, die nur von geringer wettbewerblicher Relevanz sind oder für die angesprochenen Verkehrskreise nur eine nebensächliche Bedeutung haben (6 Ob 242/08v mwN; Zimmer in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB² § 18 Rz 36). Es soll „nicht allein auf das Verständnis eines 'nicht unerheblichen Teils' der angesprochenen Verkehrskreise, sondern - objektiviert - auf die Sicht der durchschnittlichen Angehörigen des betreffenden Personenkreises bei verständiger Würdigung ankommen“ (s Nw bei Dehn in Krejci, RK UGB § 18 Rz 35; 6 Ob 242/08v).

8.3. Die vom Rekursgericht nach den Maßstäben österreichischen Rechts dargelegte Täuschungseignung des Begriffs „Academy“ rechtfertigt die Beschränkung der Niederlassungsfreiheit der Rechtsmittelwerberin durch die Verweigerung der Eintragung der geänderten Firma in das Firmenbuch nicht. Dies zeigt die Rechtsmittelwerberin ausführlich auf.

8.3.1. Das Täuschungsverbot findet sich zumindest ansatzweise in den Rechtsordnungen der EU-Staaten (vgl 6 Ob 211/03b mwN; Möller, Firmenbildung von Kapitalgesellschaften in den EG-Mitgliedstaaten, GmbH-Rundschau 1993, 640 [641]; Zimmer in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB² § 17 Anh Rz 9). Insoweit wird dem Allgemeininteresse des Verkehrsschutzes bereits durch das Recht des Gründungsstaats der Rechtsmittelwerberin Rechnung getragen (vgl zu diesem Gesichtspunkt in der Rechtsprechung des EuGH bei der Rechtfertigkeitsprüfung von Beschränkungen der Verkehrsfreiheit Behrens in Ulmer, Großkomm GmbHG I Einl B 13). Im Hinblick auf die Eintragung des Namens der Rechtsmittelwerberin im Gesellschaftsregister für England und Wales, der für die Firma der inländischen Zweigniederlassung unverändert gebraucht werden soll, kann davon ausgegangen werden, dass bei einer Beurteilung nach den Grundsätzen des englischen Rechts zur Vermeidung einer Irreführung durch die Firmenbezeichnung selbst vom Firmenwortlaut „Academy of Business Consulting Ltd“ offenbar eine Irreführungsgefahr nicht besteht.

8.3.2. Im Bereich der Unternehmensberatung, dem Tätigkeitsbereich der inländischen Zweigniederlassung, sind Unternehmer die angesprochenen Verkehrskreise (6 Ob 242/08v), die in der Regel eine erhöhte Professionalität haben und deshalb in einem geringeren Maß schutzbedürftig sind (Schuhmacher/Fuchs, wbl 2009/181, 412 [EAN]).

8.3.3. Wenngleich die Lauterkeit des Handelsverkehrs grundsätzlich ein zwingendes Allgemeininteresse ist, dürfen die zu ihrem Schutz gestellten Anforderungen nicht überspannt werden (Eidenmüller/Rehm, Niederlassungsfreiheit versus Schutz des inländischen Rechtsverkehrs: Konturen des Europäischen Internationalen Gesellschaftsrechts, ZGR 2004, 159, 183; für eine Beschränkung der Anforderungen an den Wahrheitsgehalt einer Firma unter dem Gesichtspunkt der europarechtlichen Niederlassungsfreiheit auf das „strikte Minimum“ Bokelmann, Zur Entwicklung des deutschen Firmenrechts unter den Aspekten des EG-Vertrags, ZGR 1994, 325, 347 f, wonach eine ausländische Firma nicht zuzulassen ist, die den Eindruck erweckt, es handle sich um eine staatliche Institution, eine kirchliche, polizeiliche oder städtische Einrichtung oder ein gemeinnütziges Unternehmen).

8.3.4. Der Begriff „Akademie“ („Academy“) ist in Österreich nicht bestimmten Einrichtungen vorbehalten und nicht spezifisch geschützt. Für die Verwendung dieser auf eine Lehreinrichtung hinweisenden Bezeichnungen (Zimmer in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB² § 18 Rz 51; vgl Herda in Jabornegg/Artmann, UGB I² § 18 Rz 55; Umfahrer in Zib/Dellinger, Großkomm UGB § 18 Rz 39) außerhalb des Hochschul- und Fachhochschulbereichs bleibt ein Anwendungsspielraum (Hauser, Zur Schutzdimension von universitären bzw (fach-)hochschulischen Begriffen, zfhr 2009, 73 [75, 80]). Privatwirtschaftlich tätige „Akademien“ oder „academies“ sind - wie auch aus dem Firmenbuch zu ersehen ist und vom Rekursgericht festgestellt wurde - verbreitet. Der Firma der Rechtsmittelwerberin ist zu entnehmen, dass die Firmenträgerin ein ausländischer, privatrechtlich organisierter Rechtsträger ist. Ein Angehöriger des angesprochenen Verkehrskreises wird bei verständiger Würdigung dieser Umstände nicht den Eindruck gewinnen, er habe es mit einer öffentlichen oder unter öffentlicher Aufsicht stehenden Einrichtung zu tun.

8.3.5. Dass der Firmenbestandteil „Academy“ in Österreich die Fehlvorstellung hervorrufen kann, es liege eine private Lehranstalt vor, und dass diese Fehlvorstellung Unternehmensberatung suchende Unternehmer in ihrer Entscheidung beeinflussen könnte, ist eine Gefahr, vor der der inländische Rechtsverkehr nicht zwingend durch Verweigerung der Eintragung der unveränderten Firma der Rechtsmittelwerberin als Firma ihrer inländischen Zweigniederlassung geschützt werden muss. Zum einen ist der angesprochene Verkehrskreis geringer schutzbedürftig, zum anderen wäre diese Gefahr hinzunehmen, wenn die Rechtsmittelwerberin ihre nach dem Gründungsrecht zulässige Firma vom Gründungsstaat aus im inländischen Geschäftsverkehr gebraucht (s zu diesem, aus der Rsp des EuGH erschließbaren Gesichtspunkt der Beurteilung: Zimmer in Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB² § 17 Anh Rz 14 f; K. Schmidt in Lutter, Europäische Auslandgesellschaften, 15, 43).

Der von den Vorinstanzen herangezogene Abweisungsgrund trifft somit nicht zu. Dem Erstgericht, das über die anderen im Antrag gestellten Eintragungsbegehren noch nicht entschieden hat, war die Fortsetzung des Eintragungsverfahrens aufzutragen.

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