OGH 14Os5/11h

OGH14Os5/11h1.3.2011

Der Oberste Gerichtshof hat am 1. März 2011 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart der Richeramtsanwärterin Mag. Bergmann als Schriftführerin in der Strafsache gegen Günther N***** wegen des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 15. November 2010, GZ 43 Hv 69/10p-23, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Günther N***** des Verbrechens der Brandstiftung nach §§ 15, 169 Abs 1 StGB schuldig erkannt.

Danach hat er zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt zwischen Ende 2006 und Mitte 2007 in S***** dadurch, dass er Vorhänge und die Decke (gemeint: Plafond im Wohnzimmer; vgl US 5) in dem im Hälfteeigentum der Edith H***** stehenden Wohnhaus mit einem Brandbeschleuniger besprühte und die Vorhänge sodann in Brand setzte, an einer fremden Sache ohne Einwilligung des Eigentümers eine Feuersbrunst zu verursachen versucht.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen vom Angeklagten aus Z 5, 9 lit b, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde verfehlt ihr Ziel.

Aktenwidrig (Z 5 fünfter Fall) ist ein Urteil, wenn es den eine entscheidende Tatsache betreffenden Inhalt einer Aussage oder einer Urkunde in seinem wesentlichen Teil unrichtig oder unvollständig wiedergibt. Die Behauptung eines Widerspruchs zwischen getroffenen Feststellungen und der Verantwortung des Angeklagten begründet hingegen nicht den Vorwurf von Aktenwidrigkeit (RIS-Justiz RS0099492).

Ein Feststellungsmangel wird geltend gemacht, indem unter Hinweis auf einen nicht durch Feststellungen geklärten, jedoch indizierten Sachverhalt eine vom Erstgericht nicht gezogene rechtliche Konsequenz angestrebt wird, weil dieses ein Tatbestandsmerkmal, einen Ausnahmesatz (§ 281 Abs 1 Z 9 lit a bis c StPO) oder eine andere rechtliche Unterstellung bei der rechtlichen Beurteilung nicht in Anschlag gebracht hat (vgl RIS-Justiz RS0118580).

Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit b) lediglich das Unterbleiben von Feststellungen dazu, ob in der Zeit zwischen einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien „zur Zahl 23BS25/10h vom 31.01.2010“ (gemeint: vom 31. März 2010, AZ 23 Bs 85/10h [ON 7]) und der Einbringung der Anklageschrift am 16. September 2010 das Ermittlungsverfahren fortgeführt wurde kritisiert, ohne auf entsprechendes, das Vorliegen des Verfolgungshindernisses nach § 263 Abs 4 StPO indizierendes Sachverhaltssubstrat hinzuweisen, gelangt sie nicht zu prozessordnungskonformer Ausführung.

Im Übrigen wurde der Staatsanwaltschaft die selbständige Verfolgung (§ 263 Abs 2 StPO) wegen des hier gegenständlichen Tatvorwurfs am 22. Juni 2010 vorbehalten (ON 10 S 11 f), die sodann beim Landesgericht Wiener Neustadt die dort am 17. September 2010 eingelangte Anklageschrift (fristgerecht; § 263 Abs 4 StPO) einbrachte (ON 13).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) reklamiert unter Hinweis auf RIS-Justiz RS0094846, dass Brandstiftungen an einer im Miteigentum des Täters stehenden Sache nicht unter Abs 1 sondern Abs 2 des § 169 StGB zu subsumieren seien, wozu das Urteil die erforderlichen Feststellungen nicht enthalte.

Zwar dürfen Rechts- und Subsumtionsrüge anstelle einer eigenständigen methodengerechten Ableitung aus dem Gesetz an in anderer Sache getroffene Entscheidungen des Obersten Gerichtshofs anknüpfen; jedoch muss dies innerhalb der von Logik und Grammatik gezogenen Grenzen geschehen (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 589 f; RIS-Justiz RS0116962). Eben jene Grenzen überschreitet der Beschwerdeführer, wenn er allein auf den in der - vereinzelt gebliebenen - Entscheidung 13 Os 122/75 enthaltenen Rechtssatz rekurriert, ohne sich mit der seit 9 Os 31/77 (= SSt 48/38; RIS-Justiz RS0094846 [T4]; zuletzt 13 Os 84/00) in mittlerweile ständiger Rechtsprechung vertretenen ausdrücklich gegenteiligen Ansicht des Höchstgerichts auseinander zu setzen.

Die Sanktionsrüge (Z 11 [erster Fall; vgl RIS-Justiz RS0125243]) kritisiert die unterbliebene Bedachtnahme gemäß § 31 StGB auch auf ein seit 25. Juni 2010 rechtskräftiges Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt, AZ 38 Hv 38/10t, ohne jedoch eine Missachtung der Voraussetzung einer Verknüpfung aller Vorurteile (im Sinn einer Begehung sämtlicher Taten vor dem ersten Urteil) durch das in § 31 Abs 1 StGB beschriebene Verhältnis (RIS-Justiz RS0112524) bezeichnen zu können, womit sie ebenso an prozessordnungsgemäßer Darstellung scheitert.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war demnach - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285d Abs 1 StPO) sofort zurückzuweisen, woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt.

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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