Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das Urteil des Berufungsgerichts wird aufgehoben. Dem Berufungsgericht wird die neuerliche Entscheidung aufgetragen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Text
Begründung
Die Kläger sind je zur Hälfte Eigentümer der Liegenschaft EZ 116, zu der das Grundstück 182/3 gehört. Die beklagte Partei ist Eigentümerin der davon östlich gelegenen Liegenschaft EZ 252, die unter anderem aus dem Grundstück 1569 besteht. Östlich von diesem Grundstück verläuft eine Landesstraße. Im Grenzbereich zwischen den Grundstücken 1569 und 182/3 verläuft der L*****bach, dessen linksseitiges Bachufer in der Natur im Wesentlichen die Grundstücksgrenze bildet. Dieser Bach ist öffentliches Gewässer (§ 1, § 2 Abs 1 lit c WRG) und Wildbacheinzugsgebiet. 1997/1998 führte er Hochwasser. Die Wildbach- und Lawinenverbauung, eine Dienststelle der beklagten Partei, veranlasste in der Folge eine Sanierung von Teilen des durch das Hochwasser in Mitleidenschaft gezogenen rechten Bachufers. Ein Hochwasser im August 2006 führte wieder zu Schäden an noch bestehenden alten Uferbauten im Bereich des rechten Ufers. In der Folge wurden die bereits 1997 begonnenen Maßnahmen bachaufwärts abermals durch Grobsteinschlichtungen erweitert. Das rechtsufrige Vorland wurde im Bereich der Grobsteinschlichtung zwischen dem Bach und der Landesstraße geebnet.
Die Kläger begehrten die Unterlassung von Einwirkungen (insbesondere durch Aus- und Wegschwemmen von Erdmaterial ihres Grundstücks), ausgehend vom Lauf des Bachs auf dem Grundstück der beklagten Partei. Die Befestigungen des rechten Ufers hätten den natürlichen Fluss des Bachs verändert und das linke Ufer durch Ausschwemmungen beeinträchtigt. Dabei handle es sich nicht nur um natürliche Einwirkungen, sondern um nach § 364 ABGB unzulässige Immissionen. Im Laufe der Jahre habe sich der Bach immer weiter in Richtung ihres Grundstücks ausgebreitet. Das Wasser suche aufgrund der Befestigung des rechten Ufers den Weg des geringsten Widerstands. Die Sicherung des rechten Ufers beeinträchtige ihr Grundstück, weil das Wasser auf die linke Seite drücke und Erdreich sowie natürlichen Bewuchs wegreiße. Die beklagte Partei sei als Eigentümerin des Bachbetts verpflichtet, den Wasserlauf so zu gestalten, dass das Nachbargrundstück nicht durch vorbeifließendes Wasser beeinträchtigt werde. Durch die Änderung des Bachlaufs verletze die Beklagte fortlaufend wiederholt das Eigentumsrecht der Kläger. Es bestehe die Gefahr weiterer Auswaschungen. Die Errichtung der Schutz- und Regulierungsbauten ohne wasserrechtliche Bewilligung iSd §§ 38 ff und 41 WRG bedeute einen Verstoß gegen Schutznormen und führe zur Haftung der beklagten Partei.
Die beklagte Partei bestritt insbesondere nachteilige Auswirkungen der Maßnahmen zur Sanierung des rechten Ufers. Die Sanierung der Uferbefestigung nach dem Hochwasser 2006 habe einen verbesserten Hochwasserabfluss geschaffen und bedürfe keiner Bewilligung. Im Zusammenhang mit der 1998 erfolgten Befestigung hätten die Kläger in einem wasserrechtlichen Verfahren Einwendungen erhoben, was zu einem wasserrechtlichen Berufungsverfahren geführt habe. Aufgrund der Einwendungen der Parteien seien Auflagen erteilt und auch eingehalten worden, weshalb diese Baumaßnahmen 1998 wasserrechtlich bewilligt worden seien. Die behaupteten Ausschwemmungen seien auf natürliche Einwirkungen durch einen Wildbach zurückzuführen, die nicht mit Eigentumsfreiheitsklage abgewehrt werden könnten. Abgesehen davon liege keine wesentliche Beeinträchtigung iSd § 364 Abs 2 ABGB vor. Die Kläger hätten nicht nachgewiesen, dass die Maßnahmen der beklagten Partei das Ausspülen der Wurzeln und das Abschwemmen von Erdmaterial verursacht hätten. Die Ersetzung der senkrechten Mauer durch eine Grobsteinschlichtung habe das Durchflussprofil vergrößert.
Das Erstgericht gab dem Unterlassungsbegehren in modifizierter Form statt, indem es die beklagte Partei verpflichtete, die von ihrem Grundstück 1559 (in der Folge berichtigt auf 1569) ausgehenden Immissionen, basierend auf „die“ auf der im Eigentum der beklagten Partei stehenden Liegenschaft 1998 und 2006 errichteten Hochwasserschutzbauten, auf das Grundstück der Kläger 182/3 im linken Uferbereich zwischen konkret bezeichneten, aus dem angeschlossenen Lageplan ersichtlichen Vermessungspunkten zu unterlassen. Zusätzlich zu dem eingangs wiedergegebenen unstrittigen Sachverhalt traf es noch folgende soweit noch relevant zusammengefasst wiedergegebene Feststellungen:
Nach dem Hochwasser 1997 war die Stützmauer des rechten Bachufers, die den Bereich der Landesstraße begrenzte, unterschwemmt. Diese einsturzgefährdete Betonmauer wurde durch eine dreireihige Grobsteinschlichtung ersetzt. Außerdem wurden zwei Sohlgurte hergestellt. Im Bereich des nördlicheren Sohlgurts wurde dabei auch die Bepflanzung auf dem linksseitigen Ufer [dem Grundstück der Kläger] in Mitleidenschaft gezogen, dieser Bereich wurde mit einem 8 m langen Steinwurf gestützt. Ein wasserrechtliches Prüfungsverfahren wurde nicht durchgeführt.
Nachdem sich die Kläger im Mai 1998 bei der Gewässeraufsicht über negative Einflüsse dieser Sanierung auf ihr Grundstück beschwert hatten, führte die zuständige Bezirkshauptmannschaft am 14. 10. 1998 an Ort und Stelle eine Verhandlung durch, der ein Amtssachverständiger beigezogen wurde. Festgehalten wurde, dass bei der durchgeführten Baumaßnahme eine alte, beinahe senkrechte und 35 m lange Ufermauer saniert und in einer Länge von 40 m mit einem Steinwurf bis zur nächsten, anschließenden Ufermauer verlängert worden war und die Herstellung des Uferschutzes eine Engstelle gegenüber dem natürlichen Bachbett auf einer Länge von 30 m geschaffen hatte. Der Sachverständige führte aus, dass die Steinwurfsicherung den Fließquerschnitt verengt, die Fließgeschwindigkeit erhöht hätte und das gegenüberliegende Ufer dadurch üblichen Angriffen im Außenbogen mehr als früher ausgesetzt sei. Er schlug vor, gegenüber der gesamten Länge des rechtsseitigen Steinwurfs auch am linken Ufer eine Sicherung durch einen mehrreihigen Steinwurf durchzuführen. Im September 1999 wurde erneut ein Lokalaugenschein durchgeführt. Ergebnis war, dass die auf einer Länge von 8 m [am linken Ufer] vorhandene zweireihige Steinwurfsicherung verändert werden sollte, indem plattig verlegte Großsteine in einer Mindesthöhe von 1,30 m angeordnet und gleichzeitig um 0,50 m in Richtung Bachbettmitte verschoben werden sollten. Die Bezirksverwaltungsbehörde forderte den Forsttechnischen Dienst der Wildbach- und Lawinenverbauung im Juli und im August 2000 zu einer entsprechenden Änderung der Ufersanierung auf. Im September 2000 zeigte der Forsttechnische Dienst die Beendigung der Ufersanierungsarbeiten an. Bei einer Besichtigung im November 2000 stellte die Gewässeraufsicht fest, dass im Wesentlichen eine Sanierung entsprechend dem Ergebnis des Lokalaugenscheins vom September 1999 erfolgt sei, jedoch entgegen dem Auftrag keine plattigen Steine verwendet worden seien.
Auch die nach dem Hochwasser 2006 durchgeführten Maßnahmen erfolgten ohne wasserrechtliches Prüfungsverfahren.
Beide Baumaßnahmen (1997/1998 bzw geringfügige Abänderung 2000 sowie 2006) griffen nicht unbeachtlich in das natürliche Fließverhalten des Bachs ein. „Durch die baulichen Uferschutzmaßnahmen ist die (Hoch-)Wasserabfuhrkapazität in Richtung rechtes Ufer, gegenüber dem natürlichen Ufer, begünstigt. Im natürlichen Abflussprofil treten im Vergleich zum baulich beeinflussten Abflussprofil aufgrund der geringeren Abflusskapazität (höhere Rauheit und dadurch auch höhere Wasserstände bei gleicher Abflussmenge) höhere Wasserstände auf. Das natürliche Ufer wird daher im naturnahen Bachabschnitt öfters belastet als im Bachabschnitt mit rechtsufriger Hochwasserschutzmauer oder Grobsteinschlichtung. Die Abschätzung der Sohlschubspannung weist darauf hin, dass die Grenzschleppspannung für die gegebene Uferböschung im Hochwasserfall auf alle Fälle überschritten werden kann und es dadurch zu örtlichen Böschungserosionen kommen kann.“
Im Bereich des linken Bachufers verläuft ein landwirtschaftlich genutzter Weg, den die Kläger vor allem in den Sommermonaten (Heuernte) und teilweise auch im Winter (Holzfuhren) benutzen. Der teilweise unmittelbar daneben fließende Bach beeinträchtigt(e), insbesondere bei Hochwasser, (ursprünglich) beide Uferböschungen und damit auch das linke Bachufer und die Seitenbegrenzung des Wegs.
Seit den Baumaßnahmen ist der rechte Uferbereich geschützt, während es im linken Uferbereich nach wie vor und zwischen 1998 und 2006 verstärkt zu Uferbeeinträchtigungen, insbesondere zu Ausschwemmungen kam. Im November 2008 fanden sich auf dem Grundstück der Kläger vier Auswaschungsgebiete im Gesamtausmaß von insgesamt 23 m².
Wenn auch „die zeitliche und örtliche Kausalität der rechtsufrigen Schutz- bzw Regulierungsbauten nicht konkret mit den linksufrigen Auswaschungen in Zusammenhang zu bringen ist“, steht für das Gericht mit hinreichender Sicherheit fest, dass die Baumaßnahmen am rechtsseitigen Ufer - insbesondere im Jahr 1998 samt Korrektur im Jahr 2000 - das Fließverhalten des Bachs verändert haben und dadurch das linke Bachufer beeinträchtigt wurde.
Es konnte nicht festgestellt werden, dass die Baumaßnahmen als Notmaßnahmen im Sinn von Gefahr bei Verzug bzw „zur augenblicklichen Verhütung der Gefahr von Ufer- oder Dammbrüchen“, notwendig wurden.
In der Beweiswürdigung finden sich zur Frage der Auswirkungen dieser Baumaßnahmen noch folgende - zusammengefasst wiedergegebene - Überlegungen:
Insgesamt ergibt sich somit sehr deutlich, dass die eigentlich problematische Baumaßnahme bereits im Jahr 1998 erfolgte und diese zu einer Einengung des Fließquerschnitts, damit auch Erhöhung der Fließgeschwindigkeit führte, wodurch das klägerische Ufer erhöhten Belastungen ausgesetzt war. Die über Beschwerde der Kläger erfolgte geringfügige Abänderung verengte - für sich betrachtet - den Fließquerschnitt an einer anderen Stelle, indem die am linken Ufer angebrachte Grobsteinschlichtung 0,5 m nach rechts in Richtung Bachbettmitte versetzt wurde. Damit wollte man offenbar nur einen bestimmten problematischen Bereich (Bereich des Steinwurfs auf dem rechten Ufer) entschärfen. Betrachtet man ausschließlich die im Jahr 2006 gesetzten Baumaßnahmen, ist anzunehmen, dass sich damit - allerdings wiederum nur in einem anderen (bachaufwärts gelegenen) Bereich - der Fließquerschnitt wieder erhöhte und damit die Fließgeschwindigkeit dort wiederum reduzierte. Inwieweit diese Maßnahme jedoch die Gesamtsituation wieder beruhigt(e) und vielleicht wieder an den „Urzustand“ heranführt, ist derzeit für das Gericht nicht feststellbar.
In der rechtlichen Beurteilung erachtete das Erstgericht den Unterlassungsanspruch auf Grundlage von § 39 Abs 1 WRG, § 413 ABGB (und zwar unabhängig vom Ausmaß der Beeinträchtigung und daher ohne Prüfung der Zumutbarkeit iSd § 364 Abs 2 Satz 1 ABGB) als berechtigt.
Das Berufungsgericht wies das Klagebegehren ab und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei. Es ließ die in der Berufung der beklagten Partei erhobene Tatsachen- und Beweisrüge, die (auch) die Feststellungen des Erstgerichts zur Änderung des natürlichen Fließverhaltens sowie deren Auswirkungen bekämpfte, unerledigt. Weder § 413 ABGB noch § 39 WRG könnten für sich alleine den Anspruch rechtfertigen. Letztere Bestimmung verbiete nur solche Änderungen der natürlichen Abflussverhältnisse, die sich zum Nachteil des Unterliegers auswirkten. Die Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse als Folge der Schutz- und Regulierungsbauten reiche für sich alleine daher nicht aus, um einen Unterlassungsanspruch unabhängig vom Ausmaß einer Beeinträchtigung und ohne Prüfung der Zumutbarkeit iSd § 364 Abs 2 ABGB zu bejahen. Voraussetzung sei vielmehr das Vorliegen einer Einwirkung iSd § 364 Abs 2 ABGB, welche die Kläger nach dem festgestellten Sachverhalt nicht bewiesen hätten. Das Berufungsgericht interpretierte die Feststellungen und Überlegungen des Erstgerichts dahin, dass der Bach an sich - auch ohne irgendwelche Schutz- und Regulierungsbauten der beklagten Partei - als Wildbach regelmäßige Beeinträchtigungen auch des linksseitigen Ufers insbesondere bei Hochwasser mit sich gebracht habe und dass durch die Baumaßnahmen von 1998 mit Abänderung im Jahr 2000 derartige Beeinträchtigungen insbesondere durch Ausschwemmungen ganz allgemein betrachtet vermehrt aufgetreten seien; dass aber nicht feststellbar sei, dass die Errichtung der Schutz- und Regulierungsbauten der beklagten Partei hiefür kausal gewesen sei. Damit sei den Klägern der Beweis der Kausalität der Baumaßnahmen für die von ihnen ins Treffen geführten Auswaschungen misslungen. Eine typische formelhafte Verknüpfung zwischen Schutz- und Regulierungsbauten in einem Flusslauf und Auswaschungen auf dem gegenüberliegenden Flussufer sei nicht anzunehmen, weshalb der Anscheinsbeweis zugunsten der Kläger nicht zulässig sei. Selbst eine andere Interpretation der Feststellungen im Sinn einer Verursachung konkreter Beeinträchtigungen (Auswaschungen) durch die Schutz- und Regulierungsbauten nütze den Klägern nichts. Der Unterlassungsanspruch scheitere nämlich jedenfalls an der fehlenden Verletzungs- oder Wiederholungsgefahr, welche die Kläger nachzuweisen hätten. Das Erstgericht habe keineswegs ausgeschlossen, dass die 2006 erfolgten Baumaßnahmen den „Urzustand“ wiederhergestellt hätten. Das Auftreten verstärkter Ausschwemmungen sei lediglich für die Jahre 1998 bis 2006 festgestellt worden, nicht aber für den Zeitraum danach.
Den Ausspruch über die Zulässigkeit der ordentlichen Revision begründete das Berufungsgericht mit fehlender höchstgerichtlicher Rechtsprechung zu der Frage, inwieweit § 413 ABGB iVm § 39 Abs 1 WRG für sich alleine betrachtet bei einer Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse unabhängig von der konkreten Beeinträchtigung dem Nachbarn einen Unterlassungsanspruch einräume.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision der Kläger ist zulässig und mit dem hilfsweise gestellten Aufhebungsantrag auch berechtigt.
1.) § 39 Abs 1 WRG verbietet dem Eigentümer eines Grundstücks die willkürliche Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse zum Nachteil des unteren Grundstücks. Nach Abs 2 ist auch der Eigentümer des unteren Grundstücks nicht zu einer Änderung der natürlichen Ablaufverhältnisse zum Nachteil des oberen Grundstücks berechtigt. Das in diesen Bestimmungen festgelegte, an sich verwaltungsrechtliche Verbot der Privatwillkür konkretisiert nachbarrechtliche Rücksichtnahmepflichten (Raschauer, Wasserrecht § 39 Rz 1; RIS-Justiz RS0082597). § 39 WRG verbietet nur jene Änderungen der natürlichen Abflussverhältnisse, die sich zum Nachteil des Unter- oder Oberliegers auswirken (Krzizek, Wasserrechtsgesetz, 183; Raschauer aaO Rz 3; Oberleitner, WRG2 § 39 Rz 3; RIS-Justiz RS0011049; 1 Ob 279/02i). Ob sich die Richtung oder die Schnelligkeit des Ablaufs ändert, macht keinen Unterschied: Auch eine Beschleunigung kann sich zum Nachteil auswirken (Krzizek aaO; 1 Ob 31/79 = SZ 53/11).
2.) § 41 Abs 1 WRG verlangt für alle Schutz- und Regulierungswasserbauten in öffentlichen Gewässern einschließlich der Vorkehrungen zur unschädlichen Ableitung von Gebirgswässern (mit hier nicht interessierenden Einschränkungen für Eisenbahnanlagen [§ 127 WRG]) die vor Errichtung einzuholende Bewilligung der Wasserrechtsbehörde. Diese Bewilligungspflicht gilt auch für eine erhebliche Änderung vorhandener Bauten (Raschauer aaO § 41 WRG Rz 3 mwN). Abs 2 leg cit betrifft die Bewilligung bei (hier nicht vorliegenden) Privatgewässern. Lediglich (schlichte) Stein-, Holz- und andere Uferverkleidungen an nicht befahrenen fließenden Gewässern sind nach § 41 Abs 3 WRG von der Bewilligungspflicht ausgenommen (Raschauer aaO § 41 Rz 5). Unter Schutz- und Regulierungsbauten sind alle wasserbaulichen Maßnahmen zu verstehen, deren ausschließliche oder hauptsächliche Aufgabe es ist, das Gerinne eines Gewässers zur Abwehr schädlicher Wassereinwirkungen zu beeinflussen, wie beispielsweise Uferbefestigungen/Uferbauten (Raschauer aaO § 41 Rz 2 mwN; Oberleitner aaO § 41 Rz 3), während §§ 38 und 39 WRG Maßnahmen mit Nebeneffekten auf den Wasserablauf betreffen (Oberleitner aaO Rz 2). Die Bewilligungspflicht der Zwecken des Hochwasserschutzes dienenden Maßnahmen der beklagten Partei aus den Jahren 1998 und 2006 (mit der behaupteten Folge der Änderung der Abflussverhältnisse und Beeinträchtigung des Grundstücks der Kläger) richtete sich demnach nach § 41 WRG.
3.) Verstößen gegen das Verbot eigenmächtiger Änderungen der Abflussverhältnisse (§ 39 WRG) und gegen die Bewilligungspflichten des § 41 WRG kann die Wasserrechtsbehörde in einem Verfahren nach § 138 WRG begegnen (Raschauer aaO § 39 Rz 6 mwN und § 41 Rz 10), etwa durch Aufträge zur Beseitigung eigenmächtiger Neuerungen und zur nachträglichen Einholung einer wasserrechtlichen Bewilligung (§§ 138 Abs 1 lit a, Abs 2 WRG). Parallele nachbarrechtliche Ansprüche nach § 364 ABGB, mit denen Eingriffen in das Eigentumsrecht als Folge einer behaupteten Änderung der Abflussverhältnisse (hier durch Maßnahmen des Hochwasserschutzes) entgegengetreten wird, bleiben aber unberührt (Raschauer aaO § 39 Rz 1 § 138 Rz 3; 1 Ob 23/85 = SZ 58/203; 1 Ob 13/92). Der Anspruch der Kläger zielt ja nicht darauf ab, dem Rechtsträger ein bestimmtes hoheitliches Handeln zu untersagen, wofür der Rechtsweg nicht zulässig wäre (RIS-Justiz RS0010522). Schutz- und Regulierungsbauten der öffentlichen Hand an einem Bachbett gehören nämlich so wie die bauliche Instandhaltung von Straßen zum Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung (1 Ob 20/80; RIS-Justiz RS0049787; vgl Spielbüchler in Rummel³ § 364 Rz 6). Den Klägern steht damit der Zivilrechtsweg zur Geltendmachung ihrer Unterlassungsansprüche offen.
4.) Nach § 364 Abs 2 Satz 1 ABGB kann der Eigentümer eines Grundstücks dem Nachbarn die von dessen Grund ausgehenden Einwirkungen durch (ua) Wasser insoweit untersagen, als sie das nach den örtlichen Verhältnissen gewöhnliche Maß überschreiten und die ortsübliche Benutzung des Grundstücks wesentlich beeinträchtigen (indirekte Immissionen). Unmittelbare Zuleitungen (direkte Immissionen) sind nach Satz 2 ohne besonderen Rechtstitel unter allen Umständen unzulässig.
5.) An die Stelle eines Unterlassungsanspruchs tritt der Ausgleichsanspruch des § 364a ABGB, wenn (ua) eine behördlich genehmigte Anlage betriebstypische indirekte Immissionen verursacht (Eccher in KBB³ § 364a Rz 4; Oberhammer in Schwimann, ABGB³ § 364a Rz 4 mwN) und betroffenen Nachbarn im behördlichen Genehmigungsverfahren rechtliches Gehör iSd Art 6 EMRK) gewährt wurde (Eccher aaO Rz 3 mwN; Oberhammer aaO Rz 3 mwN). Dass in dem hier zu beurteilenden Fall (entgegen den erstgerichtlichen Feststellungen) eine entsprechende Bewilligung der Waserrechtsbehörde (ursprünglich oder nachträglich [§ 138 Abs 2 WRG]) erteilt worden und deshalb der erhobene Unterlassungsanspruch ausgeschlossen wäre, behauptet die beklagte Partei im Revisionsverfahren nicht mehr.
6.) § 39 und § 41 Abs 3 WRG ähnliche Regelungen zu den Rechten und Pflichten der Eigentümer von Ufergrundstücken enthält § 413 ABGB. Diese Bestimmung wurde durch die Wasserrechtsgesetzgebung nicht außer Kraft gesetzt (1 Ob 31/79 = SZ 53/11; Klicka in Schwimann 3 § 413 Rz 4), sondern modifiziert und ergänzt (Mader in Kletecka/Schauer ABGB-ON 1.00 § 413 Rz 1; ähnlich Eccher in KBB3 § 413 Rz 1). Ihr Satz 1 berechtigt den Grundstückbesitzer zur Befestigung des eigenen Ufers gegen das Ausreißen des Flusses. Satz 2 verbietet das Anlegen solcher Werke oder Pflanzungen, die den ordentlichen Lauf des Flusses verändern oder (unter anderem) fremden Rechten nachteilig werden könnten. § 413 ABGB legt fest, welche Einwirkungen, die sich bei der Abwehr und Pflege der Gewässer ergeben, der Nachbar hinnehmen muss (Klicka aaO Rz 1). Das Gesetz räumt dem Anrainer eines Gewässers gewisse Rechte auf dessen Abwehr ein, verbietet ihm aber eine Änderung bzw Hinderung des natürlichen Wasserlaufs durch künstliche Vorrichtungen (Klicka aaO Rz 2 [dort „Hinderung“]; ähnlich Spielbüchler aaO § 413 Rz 1; Mader aaO). Die Pflicht zur Duldung des Abfließens von Wasser zu Lasten des Eigentümers eines benachbarten Grundstücks betrifft die natürlichen Abflussverhältnisse. Nur diese will der Gesetzgeber schützen, weil alles was die Natur schafft, hingenommen werden muss (RIS-Justiz RS0011058). Ebenso wie für § 39 WRG gilt, dass das in § 413 ABGB festgesetzte Verbot der Änderung der natürlichen Abflussverhältnisse einen Nachteil (ua) zu Lasten benachbarter Grundstücke voraussetzt, wobei sich auch eine Beschleunigung des Wasserablaufs zum Nachteil des Nachbarn auswirken kann (1 Ob 31/79 = SZ 53/11; vgl Krzizek aaO 182 f). Vergleichbar § 39 WRG konkretisiert § 413 ABGB als Spezialbestimmung für Maßnahmen zur Abwehr des Wassers das allgemeine in § 364 Abs 1 ABGB zum Ausdruck gebrachte nachbarrechtliche Rücksichtnahmegebot.
7.) Wäre eine durch Schutz- und Regulierungsanlagen verursachte Änderung der Abflussverhältnisse, aus der nachbarrechtliche, im Zivilrechtsweg geltend gemachte Unterlassungsansprüche abgeleitet werden, tatsächlich nur unter den Voraussetzungen des § 364 Abs 2 Satz 1 ABGB (ortsunübliche und wesentlich beeinträchtigende Immissionen) als unzulässig zu untersagen, bliebe dem in § 413 Satz 2 ABGB als zivilrechtlicher dem Regelung angeordneten Verbot praktisch kein Anwendungsbereich, soweit Unterlassungsansprüche betroffen sind. Diese Regelung wäre auf ein (abstraktes) Verbot ohne Einfluss auf eine Abwehr von Eingriffen in Rechte der Nachbarn reduziert. Dies lässt sich aber mit der Wertung des § 413 ABGB und des § 39 WRG als Schutznormen (RIS-Justiz RS0011053), deren schuldhafte Verletzung Schadenersatzansprüche auslösen kann (RIS-Justiz RS0082597 zu § 39 WRG), nicht in Einklang bringen. Ein nachbarrechtlicher Unterlassungsanspruch der Kläger hängt also entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht davon ab, dass es sich um nach § 364 Abs 2 Satz 1 ABGB unzulässige Einwirkungen handelt.
8.) Im konkreten Fall bewirkte die Sanierung der Uferbauten nach den (von der beklagten Partei in ihrer Berufung bekämpften) Feststellungen des Erstgerichts eine Verengung des Wasserbetts, eine Erhöhung der Fließgeschwindigkeit, geringere Abflusskapazitäten, höhere Wasserstände und eine höhere Belastung des natürlichen (linken) Ufers mit der Gefahr örtlicher Böschungserosionen im Hochwasserfall. Diese Auswirkungen durch einen höheren Wasserstand und eine höhere Belastung können eine nachteilige Einwirkung (§ 413 ABGB) auf das Grundstück der Kläger darstellen und daher Grundlage für den erhobenen nachbarrechtlichen Unterlassungsanspruch sein. Diesen möglichen Nachteil ließ das Berufungsgericht bei seiner Interpretation der Feststellungen außer Acht, wenn es sich auf den Kausalzusammenhang zwischen der Veränderung des Wasserlaufs (als Folge der Regulierungsbauten) und den aufgetretenen Ausschwemmungen konzentrierte und auf dieser Grundlage zur rechtlichen Beurteilung gelangte, den Klägern sei der Beweis der Kausalität der Baumaßnahmen für die von ihnen ins Treffen geführten Auswaschungen misslungen. Für die Berechtigung des (vorbeugenden) Unterlassungsanspruchs der Kläger kommt es nicht darauf an, ob bereits Schäden durch Landverlust (Auswaschungen) verursacht wurden. Ein Unterlassungsanspruch hat eben andere Voraussetzungen als ein Schadenersatzanspruch. Es schadet demnach nicht, dass das Erstgericht die (mit einem Gesamtausmaß von 23 m² festgestellten) Auswaschungen nicht ausdrücklich in kausalen Zusammenhang mit den rechtsseitigen Uferschutzbauten bringen konnte. Nach § 413 Satz 2 ABGB sind eben „Werke“ schon dann untersagt, wenn sie fremden Rechten nachteilig werden können; schon damit beginnt die Rechtsverletzung (s dazu RIS-Justiz RS0009357).
9.) Ob der Unterlassungsanspruch der Kläger mit einer iSd § 413 ABGB nachteiligen unzulässigen Einwirkung zu rechtfertigen ist, kann aber noch nicht abschließend beurteilt werden. Die beklagte Partei hat in ihrer Berufung die entscheidungswesentlichen Feststellungen zu sämtlichen Auswirkungen eines Eingriffs in das natürliche Fließverhalten bestritten und (auch) Ersatzfeststellungen begehrt, wonach ihre Hochwasserschutzmaßnahmen nicht nur keinen Nachteil mit sich gebracht, sondern das natürliche Fließverhalten zum Vorteil des Grundstücks der Kläger beeinflusst hätten. Ausgehend von seiner abzulehnenden Rechtsansicht, der Unterlassungsanspruch fordere den Nachweis bereits eingetretener Auswaschungen als Folge der Ufersanierung, setzte sich das Berufungsgericht mit diesen Fragen überhaupt nicht auseinander.
10.) Die Kläger beriefen sich zur Kausalität der Maßnahmen der beklagten Partei für die festgestellten Ausschwemmungen auf einen Anscheinsbeweis. Dieser ist aber nur bei einer typischen formelhaften Verknüpfung zwischen der tatsächlich bewiesenen Tatsache und dem gesetzlich geforderten Tatbestandselement zulässig (RIS-Justiz RS0040287; vgl RS0040266). Steht noch nicht einmal fest, ob die Maßnahmen der beklagten Partei nicht zu einer für die Kläger vorteilhaften Änderung des natürlichen Fließverhaltens geführt haben, ist diese Verknüpfung nicht gerechtfertigt. Die in § 26 Abs 5 WRG geregelte Vermutung, dass eine Gewässerverunreinigung von denjenigen verursacht wurde, die örtlich und nach der Beschaffenheit der Abwässer (Einwirkung) in Betracht kommen, nützt den Klägern ebenfalls nichts. Diese Vermutung ist zwar nicht nur auf Schadensverursachungen durch Wasserbenutzungsanlagen, sondern (analog) auch auf von Nachbargrundstücken ausgehende Immissionen anzuwenden, sie gilt aber nur für Schäden durch Gewässerverunreinigung (RIS-Justiz RS0010660; Raschauer aaO § 26 Rz 13).
11.) Die Ersteingriffs- oder Wiederholungsgefahr, die eine materielle Klagsvoraussetzung für den nachbarrechtlichen Unterlassungsanspruch der Kläger darstellt (Holzner in Kletecka/Schauer aaO Rz 16; RIS-Justiz RS0010553 [T1]) und nicht engherzig zu beurteilen ist (RIS-Justiz RS0010497), kann nicht schon damit verneint werden, dass nach den Feststellungen des Erstgerichts eine Verbesserung des Zustands durch die 2006 vorgenommene Sanierung der Uferbauten erzielt werden konnte, wenn bei verstärkter Belastung des linken Ufers die Gefahr von Bodenerosionen im Zuge von Hochwassern besteht. Dies ist eben noch zu klären. Entscheidend für das Vorliegen der Wiederholungsgefahr ist, dass ein fortdauernder Zustand dem Kläger keine Sicherheit vor weiteren Eingriffen in sein Eigentum bietet (RIS-Justiz RS0010497 [T3]).
12.) In seiner neuerlichen Entscheidung wird sich das Berufungsgericht also mit der Beweisrüge der beklagten Partei zu den Fragen der Änderung des natürlichen Fließverhaltens und ihrer Auswirkungen zu befassen haben.
13.) Der Kostenenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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