Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei wird zurückgewiesen.
Text
Begründung
Aufgrund eines rechtskräftigen und vollstreckbaren Versäumungsurteils vom 29. Jänner 2009 ist der Verpflichtete unter anderem schuldig, das Aufstellen und/oder Verbreiten der Äußerungen, die betreibende Partei sei des Versicherungsbetrugs verdächtig bzw die betreibende Partei bzw deren Besitzer sollen Schadenssummen völlig überhöht haben, es könne sich daher um versuchten Versicherungsbetrug und Verleumdung durch die betreibende Partei handeln, und/oder gleichsinniger Äußerungen zu unterlassen.
Am 27. April 2010 beantragte die betreibende Partei beim Erstgericht wegen des behaupteten Zuwiderhandelns gegen den Titel die Bewilligung der Exekution nach § 355 EO und die Verhängung einer Geldstrafe von 30.000 EUR. Der Verpflichtete habe am 2. März 2010 auf der (von ihm betriebenen) Website w***** unter dem Titel „Replik an F***** K*****“ unter anderem die folgende Behauptung veröffentlicht: „Im Übrigen wiederholt K***** unkritisch die völlig überhöhten Schadensmeldungen jener Personen, die dieses Verfahren gegen den Tierschutz ausgelöst haben, obwohl bereits längst bekannt ist, dass die entsprechenden Angaben um mehr als Zehnfache zu hoch liegen und es ein Strafverfahren wegen Versicherungsbetrug gegen die Betroffenen gibt.“
Das Erstgericht bewilligte die beantragte Exekution. Es werden über den Verpflichteten wegen des Zuwiderhandelns gegen den Exekutionstitel eine Geldstrafe verhängt werden. Die Festsetzung der Höhe der zu verhängenden Beugestrafe blieb vorbehalten.
Das Rekursgericht gab dem gegen die Bewilligung der Exekution gerichteten Rekurs des Verpflichteten Folge und wies den Exekutionsantrag ab. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Dem im Exekutionsantrag behaupteten Verstoß vom 2. März 2010 könne nicht entnommen werden, dass damit die betreibende Partei gemeint sei.
In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs macht die betreibende Partei geltend, dass das Rekursgericht von der höchstgerichtlichen Rechtsprechung abgewichen sei, dass Namensnennung für die Erkennbarkeit des von einer Berichterstattung Betroffenen nicht erforderlich sei; es reiche, dass die Identifizierbarkeit - auch aufgrund von Vorwissen oder Vorverständnis - nur für einige mit den Betroffenen in Kontakt stehende Personen bestehe (in diesem Zusammenhang wird Vorbringen zur Vorgeschichte erstattet, um zu erklären, dass für mit dem Verpflichteten in Kontakt stehende Personen klar sei, dass mit seiner Aussage die betreibende Partei angesprochen werde). Überdies fehle es an höchstgerichtlicher Rechtsprechung, ob für den Exekutionsrichter bei der Beurteilung, ob eine Berichterstattung identifizierend sei, dieselben Kriterien gelten wie für das Titelgericht.
Rechtliche Beurteilung
Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt:
1. Das Zuwiderhandeln gegen den Exekutionstitel ist eine bejahende Bedingung für den Eintritt der materiellen Vollstreckbarkeit iSd § 7 Abs 2 Satz 2 EO (RIS-Justiz RS0004747 [T2]; dieses muss vom betreibenden Gläubiger im Bewilligungsverfahren konkret und schlüssig behauptet werden (RS0004747 [T1]; vgl auch RIS-Justiz RS0004808 [T3], [T9] und [T12] und RIS-Justiz RS0113988).
2. Im vorliegenden Fall ist für die Beurteilung der Frage, ob die Veröffentlichung des im Exekutionsantrag angeführten Textteils auf der Website des Verpflichteten, gegen den Titel verstößt, entscheidend, ob sich der Äußerung entnehmen lässt, dass die darin erhobenen Vorwürfe gegen die betreibende Partei gerichtet sind.
2.1. Der Oberste Gerichtshof hat zu 3 Ob 160/06k ausgesprochen, dass die Frage, ob das Aufrechterhalten einer bestimmten Äußerung gegenüber einem Medium auch ohne explizite Wiederholung bereits einen Verstoß gegen ein auferlegtes Unterlassungsgebot bildet, nicht anders zu entscheiden ist als die Frage, wie eine Äußerung auszulegen ist (RIS-Justiz RS0031883 [T35]).
2.2. Die Frage, ob eine Person aufgrund einer bestimmten Äußerung auch ohne Namensnennung identifizierbar ist, hängt davon ab, wie die Mitteilung nach dem Verständnis der angesprochenen Verkehrskreise bei ungezwungener Auslegung verstanden wird (RIS-Justiz RS0031815 [T8]; RS0031883 [T7]).
2.3. Entgegen der Ansicht der betreibenden Partei liegt daher zur Frage der Beurteilung der Identifizierbarkeit im Exekutionsverfahren bereits oberstgerichtliche Rechtsprechung vor.
3. Wie eine Äußerung im Einzelfall zu verstehen ist, hängt von den Umständen des konkreten Falls ab, sodass dieser Frage keine darüber hinausgehende Bedeutung zukommt und sie daher keine erhebliche Rechtsfrage bildet (RIS-Justiz RS0031883 [T28]). In diesem Sinn geht die Beantwortung der Frage, ob ein bestimmtes Verhalten des Verpflichteten noch vom Exekutionstitel erfasst wird, nicht über den konkreten Anlassfall hinaus (RIS-Justiz RS0004662).
Wenn das Rekursgericht angesichts der konkreten Äußerung die Identifizierbarkeit der betreibenden Partei und damit einen Titelverstoß verneint hat, liegt darin selbst wenn eine andere Beurteilung der festgestellten Äußerung auch vertretbar wäre, keine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung. Für ihren Standpunkt sprechende Umstände nach dem vermittelten Gesamteindruck der beanstandeten Äußerung (RIS-Justiz RS0031883) zeigt die Revisionsrekurswerberin nicht auf.
4. Das Sachverhaltsvorbringen über einen Artikel auf der Website des Verpflichteten und die mediale Berichterstattung darüber und die daraus abgeleitete Identifizierbarkeit der Betreibenden aufgrund von Vorwissen der Adressaten der Äußerungen des Verpflichteten muss schon am Neuerungsverbot (RIS-Justiz RS0002371) scheitern.
5. Damit ist der außerordentliche Revisionsrekurs der betreibenden Partei zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)