Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 WEG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Text
Begründung
Beide Vorinstanzen wiesen das Begehren der Verwalterin auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit der ordentlichen Verwalterkündigung durch die Eigentümergemeinschaft ab.
In Übereinstimmung mit dazu ergangener Rechtsprechung legte das Rekursgericht zugrunde, dass infolge Unterlassung einer fristgerechten Anfechtung durch einen Wohnungseigentümer allfällige Mängel einer dem Rechtsschein nach zustande gekommenen Beschlussfassung saniert seien (RIS-Justiz RS0118450; 5 Ob 76/09a = wobl 2009/128). Ein Mehrheitsbeschluss sei jedenfalls dann rechtswirksam, wenn seine Rechtmäßigkeit im Anfechtungsverfahren evaluiert wurde oder aber seine fristgerechte Anfechtung durch die Mit- und Wohnungseigentümer überhaupt unterblieb. Ein Begehren auf Feststellung der Rechtsunwirksamkeit seiner Kündigung durch den Verwalter wäre nur dann berechtigt, wenn im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung an ihn kein wirksamer Mehrheitsbeschluss vorgelegen sei und dies auch nicht durch Unterlassung fristgerechter Anfechtung iSd § 24 Abs 6 WEG saniert wurde (5 Ob 76/09a).
Rechtliche Beurteilung
Zu der im außerordentlichen Revisionsrekurs als Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG aufgeworfenen Problematik, dass diese dargestellte Rechtsprechung zu einem „bedenklichen Rechtsschutzdefizit“ für den Verwalter führe, wenn er Willensbildungsmängel in der Eigentümergemeinschaft nicht geltend machen dürfe, hat der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 5 Ob 76/09a ausführlich Stellung genommen. Dort wurde von den Revisionsrekurswerbern die Gefahr einer „Konterkarierung“ des § 24 Abs 6 WEG bei fehlender Fristgebundenheit eines Feststellungsantrags nach § 52 Abs 1 Z 8 WEG releviert, im Ergebnis also dieselbe Frage wie hier im außerordentlichen Revisionsrekurs aufgeworfen.
Als Ergebnis steht daher fest, dass einem Verwalter im Willensbildungsprozess der Wohnungseigentümer, der das Ziel hat, eine rechtsgeschäftliche Erklärung der Eigentümergemeinschaft iSd § 21 Abs 1 WEG (ordentliche Kündigung eines auf unbestimmte Zeit geschlossenen Verwaltungsvertrags) zu bewirken, keine Parteistellung zukommt, weil er nicht Mit- oder Wohnungseigentümer der Liegenschaft ist (RIS-Justiz RS0109182; 5 Ob 76/09a mwN). Insofern sind seine Interessen nicht unmittelbar betroffen (vgl RIS-Justiz RS0110769; RS0108767). Der Verwalter ist derjenige, an den die durch den Willensbildungsprozess zustande gekommene rechtsgeschäftliche Willenserklärung der Eigentümergemeinschaft gerichtet ist, nämlich den mit ihm bestehenden Vertrag zu beenden. Dieses Verständnis negiert die Revisionsrekurswerberin aber, wenn sie mit eigenen wirtschaftlichen Interessen argumentiert, die ihr ein Recht vermittelten, am Willensbildungsprozess ihrer Vertragspartnerin in korrigierender Weise teilzunehmen. Der Verwalter ist daher an einen nach den Regeln des § 24 WEG zustande gekommenen oder zumindest mangels Anfechtung sanierten Mehrheitsbeschluss als rechtsgeschäftliche Erklärung ebenso gebunden, wie an die Erklärung einer natürlichen Person, das Verwaltungsverhältnis mit ihm zum Ende der Abrechnungsperiode iSd § 21 Abs 1 WEG aufzulösen. Ist also im Zeitpunkt des Zugangs der Auflösungserklärung an den Verwalter infolge Unterbleibens fristgerechter Anfechtung oder ihrem rechtskräftigem Scheitern ein Mehrheitsbeschluss der Wohnungseigentümer „endgültig bestandkräftig“ (nochmals 5 Ob 76/09a), so kann der Verwalter im Verfahren nach § 52 Abs 1 Z 8 WEG Mängel der Beschlussfassung nicht mehr relevieren.
Das ins Außerstreitverfahren nach § 52 Abs 1 Z 8 WEG verwiesene Begehren des Verwalters auf Feststellung der Unwirksamkeit einer Verwalterkündigung als Unwirksamkeit einer rechtsgeschäftlichen Erklärung kann also nur dann zielführend sein, wenn keine wirksame rechtsgeschäftliche Erklärung der Gemeinschaft vorliegt, weil etwa die Minderheit unter Ausschluss der Mehrheit einen Beschluss fasste, was mit unheilbarer Nichtigkeit sanktioniert wäre (vgl RIS-Justiz RS0118450) oder im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigungserklärung an den Verwalter noch kein endgültig bestandkräftiger Mehrheitsbeschluss vorläge (vgl auch RIS-Justiz RS0110769).
Im vorliegenden Fall hat das Rekursgericht im Sinne der dargestellten Rechtsprechung die Vorfrage geprüft, ob ein die Kündigung deckender rechtswirksamer Beschluss der Mehrheit der Mit- und Wohnungseigentümer existiert und diese Frage bejaht. Zur Frage des Zustandekommens eines schriftlichen Umlaufbeschlusses, zur Bindung an ein Abstimmungsverhalten und dazu, dass es ausreicht, das Ergebnis der Stimmabgabe binnen angemessener Frist und ohne sachlich nicht gerechtfertigte Verzögerung bekannt zu geben, liegt bereits umfangreiche höchstgerichtliche Rechtsprechung vor, an der sich das Rekursgericht ebenfalls orientierte (vgl RIS-Justiz RS0108769; RS0106052; 5 Ob 164/07i = wobl 2008/72 [Call]).
Rechtsfragen von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG werden auch in diesem Zusammenhang nicht releviert. Soweit die Revisionsrekurswerberin im außerordentlichen Revisionsrekurs die Behauptung aufstellt, dass „faktisch“ die Minderheit unter Ausschluss der Mehrheit einen Beschluss gefasst habe, ist dies mit den maßgeblichen Feststellungen nicht in Deckung zu bringen und ihre Rechtsrüge insoweit nicht gesetzmäßig ausgeführt.
Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin war daher zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)