OGH 8Nc30/10v

OGH8Nc30/10v3.9.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras und die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Mag. T***** G*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Plankel, Dr. Herwig Mayrhofer und Mag. Stefan Ganahl, Rechtsanwälte in Dornbirn, wider die beklagte Partei A*****, vertreten durch Kraft & Winternitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 20.945,64 EUR sA, über den Delegierungsantrag der klagenden Partei in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Arbeitsrechtssache wird an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht überwiesen.

Text

Begründung

Die in der Steiermark wohnhafte Klägerin begehrt in ihrer beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebrachten Klage die Zahlung eines Ausgleichsanspruchs nach § 24 HVertrG. Sie habe das Vertragsverhältnis zur Beklagten aus von dieser verschuldetem, begründetem Anlass aufgelöst.

Nach umfangreichem Schriftsatzwechsel, aber noch vor Durchführung der vorbereitenden Tagsatzung beantragte die Klägerin die Delegierung des Verfahrens gemäß § 31 JN an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht. Nicht nur die Klägerin selbst, sondern auch 13 von ihr namhaft gemachte Zeugen hätten ihren Wohnsitz im Sprengel dieses Gerichts. Die Delegierung werde daher zu einer Verkürzung und Verbilligung des Prozesses führen.

Die Beklagte sprach sich gegen die beantragte Delegierung aus, zumal die Klägerin in Kenntnis ihres eigenen und des Wohnorts der Zeugen ihre Klage bewusst beim Arbeits- und Sozialgericht Wien eingebracht habe, obwohl sie nach § 4 Abs 1 ASGG auch die Zuständigkeit des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als Arbeits- und Sozialgericht in Anspruch nehmen hätte können. Die Erfahrung der Beklagten aus anderen, ähnlich gelagerten Verfahren lasse vermuten, dass die Klägerin in Wahrheit überhaupt keine Zweckmäßigkeitsüberlegungen, sondern nur prozesstaktische Absichten verfolge. Nachträglich für die Delegierung sprechende Umstände seien nicht hervorgekommen.

Das Erstgericht wies in seiner Stellungnahme darauf hin, dass der Klägerin trotz wiederholter Verbesserungsaufträge bisher keine hinreichend bestimmte Zuordnung ihrer Zeugen zu konkreten Beweisthemen gelungen sei. Zumindest derzeit erscheine daher eine Delegierung nicht zweckmäßig.

Rechtliche Beurteilung

Der Delegierungsantrag ist gerechtfertigt.

Gemäß § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung darf nur den Ausnahmefall darstellen und soll nicht zu einer Durchbrechung der an sich maßgeblichen gesetzlichen Zuständigkeitsordnung führen. Gegen den Willen der anderen Partei kann die Delegierung daher nur dann ausgesprochen werden, wenn die Frage der Zweckmäßigkeit eindeutig zu Gunsten aller Parteien des Verfahrens gelöst werden kann (RIS-Justiz RS0046589 ua).

Davon ist aber hier auszugehen. Nicht nur die Klägerin und die 13 von ihr beantragten Zeugen haben ihren Wohnsitz im Sprengel des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz, auch die Beklagte selbst hat zwei unter einer Grazer Adresse zu ladende Zeugen namhaft gemacht (AS 52). Lediglich bei einem einzigen Zeugen steht fest, dass er in Wien zu laden ist.

Zielsetzung der Delegierung ist eine wesentliche Verkürzung und/oder Verbilligung des Verfahrens (RIS-Justiz RS0053169). Das wird hier durch eine Delegierung des Verfahrens an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz erreicht, weil in diesem Fall das gesamte Beweisverfahren vor dem erkennenden Gericht durchgeführt werden kann, ohne dass die Zeugen eine weite und kostspielige Anreise in Kauf nehmen müssen. Ob tatsächlich sämtliche genannten Zeugen im weiteren Verfahrensverlauf zu vernehmen sein werden oder ob ihre Ladung teilweise mangels relevanten Beweisthemas unterbleiben kann, ist im Verfahren über den Delegierungsantrag noch nicht zu prüfen.

Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats steht es einer Delegierung auch nicht grundsätzlich im Weg, dass die Klägerin die Unzweckmäßigkeit ihrer Vorgangsweise hätte voraussehen können. Entscheidend ist vielmehr auch in diesem Fall, ob eine Delegierung immer noch zweckmäßig iSd § 31 Abs 1 JN ist (8 Nc 1/10d; 8 Nc 18/10d; RIS-Justiz RS0109590).

Stichworte