OGH 14Os96/10i

OGH14Os96/10i24.8.2010

Der Oberste Gerichtshof hat am 24. August 2010 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Mag. Hautz in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Skrdla als Schriftführerin in der Strafsache gegen Dejan O***** und eine andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 127, 130 erster Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten Dejan O***** und die Berufungen der Angeklagten Mirjana M***** sowie der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 25. März 2010, GZ 112 Hv 31/10i-45, sowie über die Beschwerden beider Angeklagter gegen den gemeinsam mit dem Urteil gefassten Beschluss auf Widerruf bedingter Strafnachsicht und bedingter Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerden werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten Dejan O***** fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Dejan O***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls nach §§ 12 dritter Fall, 127, 130 erster Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 11. November 2009 in Salzburg mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, dazu beigetragen, dass Mirjana M***** Gewahrsamsträgern des Unternehmens B***** elf Parfums im Wert von 457,70 Euro wegnahm, indem er die Verkäuferin Karin E***** ablenkte, während die unmittelbare Täterin die Ware in einem mitgeführten Kinderwagen verbarg.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus dem Grund der Z 5 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Mit dem auf Z 5 fünfter Fall gestützten Einwand, die vom Erstgericht als den Beschwerdeführer belastend erachtete Aussage der Mirjana M***** vor der Kriminalpolizei könne im Gesamtzusammenhang gelesen und unter Berücksichtigung ihrer Verantwortung in der Hauptverhandlung „zwanglos dahin interpretiert“ werden, dass die Genannte den Tatort zwar gemeinsam mit Dejan O***** aufsuchte, den Diebstahl aber alleine und ohne dessen Wissen beging, wird übersehen, dass zwar die - hier gar nicht behauptete - unrichtige Wiedergabe des Inhalts eines Beweismittels Aktenwidrigkeit bewirken kann, nicht aber nach dem Beschwerdestandpunkt unrichtige Schlussfolgerungen (RIS-Justiz RS0099431, RS0099524, RS0099547).

Mit dem Vorwurf reiner Scheinbegründung der Feststellungen zur Beteiligung des Beschwerdeführers an der Tat (Z 5 vierter Fall) geht die - lediglich auf einen Halbsatz aus der ausführlichen Beweiswürdigung rekurrierende - Mängelrüge nicht von der Gesamtheit der Entscheidungsgründe aus und verfehlt solcherart den vom Gesetz geforderten Bezugspunkt. Sie ignoriert nämlich die insoweit zentralen Erwägungen der Tatrichter, die die kritisierten Urteilsannahmen - Gesetzen logischen Denkens und den grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend - auf die für glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugin Karin E*****, insbesonders deren Bericht über die Ergebnisse der Videoüberwachung, die Aussage der unmittelbaren Täterin vor der Kriminalpolizei, die tristen finanziellen Verhältnisse des Angeklagten und dessen erhöhten Geldbedarf für die Finanzierung seiner Suchtmittelergebenheit stützten (US 12 f). Soweit die Beschwerde im Folgenden aus diesen Verfahrensergebnissen für den Beschwerdeführer günstigere Schlüsse zieht als jene des Erstgerichts, überschreitet sie die Grenze zur im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung (RIS-Justiz RS0099647).

Ebensowenig zu beanstanden ist unter dem Aspekt der Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) die Ableitung der Annahme gewerbsmäßiger Tatbegehung aus einer verschränkten Betrachtung der angespannten finanziellen Situation des Angeklagten, seiner einschlägigen Vorverurteilungen und der Art der - aus einer Mehrzahl hochpreisiger und auf dem Schwarzmarkt leicht verwertbarer Parfums bestehenden - Diebsbeute (US 13). Indem die Beschwerde den Einwand unzureichender Begründung auf eine einzelne Urteilspassage stützt und die Ansicht vertritt, der Hinweis auf triste Vermögensverhältnisse sei nicht geeignet, die bemängelten Urteilsfeststellungen zu tragen, verfehlt sie erneut die prozessordnungsgemäße Darstellung des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes.

Weshalb die Verantwortung der Mitangeklagten Mirjana M*****, wonach sie glaube, kleptoman veranlagt zu sein (ON 44 S 5), die Entscheidung zu Gunsten des Beschwerdeführers beeinflussen hätte können und solcherart unter dem Gesichtspunkt mängelfreier Begründung der entscheidenden Urteilskonstatierungen erörterungsbedürftig im Sinn der Z 5 zweiter Fall sein soll, lässt die Rüge schließlich offen (vgl dazu Ratz, WK-StPO § 282 Rz 24 f).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die (implizierten) Beschwerden (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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