OGH 4Nc14/10m

OGH4Nc14/10m15.7.2010

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Senatspräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel und Dr. Musger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Christian Widl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei M***** B*****, vertreten durch Wurst & Ströck Rechtsanwälte Partnerschaft in Wien, wegen 3.350 EUR sA, über den Delegierungsantrag des Beklagten gemäß § 31 Abs 2 JN den

B e s c h l u s s

gefasst:

 

Spruch:

Zur Verhandlung und Entscheidung in dieser Rechtssache wird anstelle des Bezirksgerichts Bruck/Mur das Bezirksgericht Leopoldstadt bestimmt.

Text

B e g r ü n d u n g :

Die Klägerin ist ein Unternehmen mit Sitz im Sprengel des Bezirksgerichts Meidling. Sie begehrt vom Beklagten das Entgelt für einen von ihr veranstalteten Ausbildungslehrgang. Der Beklagte wendet mangelhafte Erfüllung, listige Irreführung und Verkürzung über die Hälfte ein. Die von den Parteien geführten Zeugen sind in Wien, St. Pölten, Klosterneuburg, Baden und Krems wohnhaft. Der Wohnsitz des Beklagten lag bei Einbringung der Klage im Sprengel des Bezirksgerichts Bruck/Mur; noch vor der vorbereitenden Tagsatzung verlegte er ihn jedoch in den Sprengel des Bezirksgerichts Leopoldstadt.

In der vorbereitenden Tagsatzung beantragte der Beklagte, das Verfahren aus Zweckmäßigkeitsgründen an das Bezirksgericht Leopoldstadt zu delegieren. Zur Begründung verwies er auf seinen neuen Wohnsitz und auf ein bei diesem Gericht anhängiges Verfahren, dessen Gegenstand ebenfalls ein Honoraranspruch der Klägerin gegen einen Kursteilnehmer sei.

Die Klägerin sprach sich gegen die Delegierung aus, da das Verfahren vor dem Bezirksgericht Leopoldstadt einen anderen Beklagten betreffe und „die jeweils individuelle Darstellung des streitverfangenen Verhaltens der Beklagten“ maßgebend sei.

Der Delegierungsantrag ist ungeachtet der ablehnenden Haltung der Klägerin berechtigt.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 31 Abs 1 JN kann aus Gründen der Zweckmäßigkeit auf Antrag einer Partei anstelle des zuständigen Gerichts ein anderes Gericht gleicher Gattung zur Verhandlung und Entscheidung bestimmt werden. Eine Delegierung ist zweckmäßig, wenn die Rechtssache von einem anderen als dem zuständigen Gericht aller Voraussicht nach rascher und mit geringerem Kostenaufwand zu Ende geführt werden kann (RIS-Justiz RS0053169). Zweckmäßigkeitsgründe sind insbesondere der Wohnort der Parteien und der zu vernehmenden Zeugen (RIS-Justiz RS0046540). Weiters kann für eine Delegierung die Möglichkeit sprechen, mehrere gleich gelagerte Rechtssachen bei einem Gericht zu verbinden (RIS-Justiz RS0046528; 6 Ob 88/65, 7 Nd 509/92, 7 Nd 511/99, 2 Nc 22/07v). Die Übertragung der Zuständigkeit muss im Interesse beider Parteien liegen (RIS-Justiz RS0046471); kann die Frage der Zweckmäßigkeit nicht eindeutig zugunsten beider Parteien beantwortet werden und widerspricht eine von ihnen, so ist von der Delegierung abzusehen (RIS-Justiz RS0046589).

2. Im vorliegenden Fall sind beide Parteien und mehrere Zeugen in Wien ansässig; der allgemeine Gerichtsstand des Beklagten liegt nun im Sprengel des Bezirksgerichts Leopoldstadt. Die übrigen Zeugen wohnen in Niederösterreich, sodass auch für sie eine Anreise zum Bezirksgericht Leopoldstadt mit geringerem Aufwand verbunden ist als zum Bezirksgericht Bruck/Mur. Zudem hat die Klägerin dem Vorbringen des Beklagten nicht substantiiert widersprochen, dass das Verfahren beim Bezirksgericht Leopoldstadt einen ähnlich gelagerten Sachverhalt betreffe. Damit könnte eine Delegierung auch die kostensparende Verbindung der Verfahren ermöglichen. Unter diesen Umständen ist kein nachvollziehbares Interesse der Klägerin an der Fortsetzung des Verfahrens beim Bezirksgericht Bruck/Mur erkennbar. Dem Delegierungsantrag ist daher stattzugeben.

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